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Neonlichter leuchteten aus den Fenstern und auf die Straßen. Der laute Bass ließ den Körper der kleinen Brünetten vibrieren. Ihre großen Augen mit den langen schwarzen Wimpern schimmerten im Licht. "Heute wird gefeiert, Lily!", rief Mina laut. Ihr Puppengesicht sprühte vor Energie und ihre Wangen hatten sich rot verfärbt. Auch das Gesicht ihrer Freundin neben ihr zeigte pure Freude.
"Versprichst du, dass du mich in den Ferien besuchen kommst?", sagte sie. Mina nickte mehrmals. "Was denkst du nur von mir? Es sind zwar sechs Stunden Fahrt, aber wir werden immer Freunde bleiben." Sie lächelte zu ihrer Freundin hoch. "Kleinerfingerschwur?", fragte Lily. "Kleinerfingerschwur!" Mina hob ihren rechten kleinen Finger und kreuzte ihn mit dem von Lily. "Ich schwöre, ich komme in den Ferien zurück, und wir werden genauso feiern wie heute!"
Lilys rote Haare wehten im Wind, und als das Neonlicht ihr Gesicht traf, konnte man die zahlreichen Sommersprossen um ihre Nase erkennen. Menschen gingen ein und aus um die beiden Freundinnen herum. Das Haus hinter ihnen war beinahe bis zum Platzen gefüllt, und der Alkohol wurde in Mengen konsumiert. Sie nickten sich noch einmal zu und betraten dann das Haus auf der Gartengasse vier.
Im Wohnzimmer bewegten sich Körper im Rhythmus der Musik, und Körper junger Leute schmiegten sich eng aneinander. Es wurde gelacht und getrunken. Mina und Lily hatten sich gleich am Anfang getrennt, jeder auf eigene Faust. Mina ging langsam Richtung Bar, während ihre Freundin die Treppe hochlief. Grinsend schnappte Mina sich ein Bier. "Sorry, Mom", flüsterte sie leise, "aber das habe ich mir mehr als verdient."
Während sie an der Glasflasche nippte, beobachtete sie die Tanzfläche. Mit etwas Glück würde sie heute einen hübschen Jungen aufgabeln. Langsam lief die Brünette durch das Haus. Die große Küche war ein Synonym für Unordnung. Überall lagen Essensreste, Blechdosen und leere Packungen. Man musste aufpassen, um nicht darauf zu treten.
Ihre Beine trugen sie hinaus in den Garten. Hier war es etwas leiser und ruhiger als drinnen. Mina lehnte sich an eine Birke und beobachtete das ganze Geschehen. Schnell wurde ihr klar, weshalb sich hier so wenige Menschen aufhielten. Die Wenigen, die hier standen, saßen oder lagen bereits und waren ganz ihrem Partner gewidmet.
Gerade als sie gehen wollte, tippte jemand sie an. Sie drehte ihren Kopf und stand einem äußerst schönen Jungen gegenüber. Sie lächelte und biss sich auf die Lippe. Jackpot! Er sagte etwas, aber wegen der lauten Musik verstand sie nichts. Sie schüttelte den Kopf und hob beide Arme. Der Junge studierte kurz ihre Position, bevor er sich zu ihr hinunterbeugte.
"Jordan", stellte er sich laut vor und reichte ihr eine Hand. "Mina", antwortete sie, bevor sie stutzte. Jordan, so war auch ihr Nachname – konnte es Zufall sein? Bestimmt! Sie schüttelte ihren Kopf, um diesen Gedanken loszuwerden.
"Lust auf ein Getränk?", fragte er sie. Im grellen Licht konnte sie keine großen Details erkennen. Hatte er grüne Augen? Braune? Und was war mit seinen Haaren? Mina hob ihre Flasche. "Ich habe noch", demonstrativ schüttelte sie die Flasche hin und her. Er hob eine Augenbraue – Mist, war er süß! "Da ist nichts", meinte er. Verwirrt schaute sie zur Flasche. Er hatte Recht, wie konnte sie es nicht bemerkt haben? "Oh", blieb Minas einzige Reaktion. "Also?", fragte er nach einem Moment Stille. Sie hatte das Gefühl, rot zu werden, als sie stotterte: "Joa... Warum, warum denn nicht?"
Er grinste sie an. Gemeinsam liefen sie Richtung Bar, die eigentlich nicht mehr existierte. Stattdessen standen und lagen dort Bierdosen und Flaschen sowie andere Alkoholgetränke, die Mina aber nicht wirklich identifizieren konnte. "Wie wäre es, wenn wir deine Freundin und meine Freunde einpacken und von hier verschwinden?", fragte er sie und reichte ihr dabei eine der Dosen. Das Lächeln verschwand von ihren Lippen. Jetzt gehen? Warum? "Ich weiß nicht", zögerte sie.
"Komm schon. Lilo ist echt nett, und die Jungs kennen sie auch." Minas Rücken wurde gegen eine Wand gedrückt. Die Kälte kroch ihr ins Knochenmark und ging durch ihren gesamten Körper. Jordan stand vor ihr. Eine Hand hatte er neben ihrem Kopf an der Wand platziert und versperrte ihr so einen Fluchtweg. "Woher kennst du Lily?", fragte die Brünette. Wer sollte Lilo sonst sein? Aber warum nannten sie sie mit so einem lächerlichen Namen?
"Eine alte Freundin", erwiderte er grinsend. Die noch volle Bierdose entglitt Minas Fingern und fiel scheppernd zu Boden. Der gelbe Inhalt schäumte auf und verbreitete sich auf dem Holz. Jordan wich dem Getränk aus und ließ Mina so aus ihrem Gefängnis. Erleichtert atmete sie aus und bewegte sich zum Tanzparkett, wo viel mehr Leute waren. Selbst dorthin folgte der Junge ihr. Jordan griff nach ihrer Taille und zog sie an sich. Langsam bewegten sie sich zur Musik, die sich mittlerweile etwas beruhigt hatte.
"Wenn man vom Teufel spricht", flüsterte Jordan Mina ins Ohr, "schau mal da." Jordan drehte sie so, dass Mina einen perfekten Blick auf den Rotschopf ihrer Freundin hatte. "Lily", flüsterte sie und rief in der Hoffnung, die Aufmerksamkeit ihrer Freundin zu erlangen. Tatsächlich drehte sich die hochgewachsene Teenagerin um und lief auf sie zu. "JJ!", begrüßte Jordan sie tatsächlich wie einen Freund und schloss ihn in ihre Arme. "Jay Jay?", ahmte Mina das Wort nach, "Und Lilo?! Könntet ihr mich bitte aufklären, was hier los ist?"
Wütend stemmte die kleine Brünette ihre Hände in die Hüften und sah die beiden mit zornigem Blick an. "Prinzessin, werde jetzt nicht gleich sauer", flüsterte JJ und strich mit einer Hand eine einsame Strähne aus ihrem Gesicht. Er ließ seine warme Hand auf ihrer Wange liegen und fuhr mit seinem Daumen über ihre Lippen. Sie wollte diese Hand wegschlagen, wirklich! Aber es ging nicht. Stattdessen ging sie einen Schritt nach hinten und stieß dabei gegen jemanden. "JJ, pass doch auf deine neue Freundin auf!" Wütend hob der Junge seine Arme und starrte Jordan an. Auch er kannte ihn offensichtlich.
"Té!", lauschte Jordan auf und klatschte mit seinem Freund ein. "Mina, das ist Té und der Typ neben ihm, das ist Pou." Erst jetzt widmete sie Té ihre Aufmerksamkeit. Eine kleine Brille lag auf seiner Nase und seine Haare standen in alle Richtungen ab. Der andere, Pou, war groß und hatte lange Haare, die ihm über die Schultern fielen. Er war wie einer der Surferboys aus Kalifornien.
"Kommst du mit uns?", riss jemand sie zurück in die Gegenwart. Anscheinend hatten sie etwas besprochen, zu dem JJ sie schon zuvor überreden wollte. "Komm schon Mina, bitte", quängelte Lily und griff dabei nach ihrer Hand. "Ja, okay", gab die kleine Brünette nach und ließ sich aus dem Haus ziehen. Alle vier stiegen in einen alten und offensichtlich nicht sehr guten VW, Pou zwängte sich auf den Fahrersitz und die anderen ließen sich auf Sitze im hinteren Bereich fallen. Sie würde es bereuen, das wusste sie, aber jetzt wollte sie es einfach. Vielleicht war der beträchtliche Alkoholpegel in ihrem Blut schuld, oder es war einfach ihr Charakter, aber verhindern ließ es sich nicht mehr.
Hinter JJ betrat sie das Auto. "Wohin fahren wir?", wollte sie wissen und kicherte. "Forbidden Lake", kam die Antwort von Pou. An ihrer eigenen Spucke verschluckte Mina sich. Das war kein guter Ort. "Was?", keuchte sie, als endlich wieder Luft in ihre Lunge kam. "Keine Sorge, Kleine, wir machen ein Lagerfeuer und verkriechen uns in Tés Garten. Seine Eltern sind weg, weißt du?", erklärte Pou. Nein, sie wusste es nicht. Sie kannte die Leute nicht einmal.
"Wir brauchen einen Namen für sie", durchbrachen Tés Worte die unangenehme Stille. "Ich bin Mina", erklärte sie irritiert, hatte sie es nicht schon erwähnt? "Ich meine einen Clubnamen", knurrte er wütend zurück. Offensichtlich war er genervt von ihr und sie war es auch. Der Abend entwickelte sich nicht so, wie geplant.
"Wie wärs mit M.? Wie der Boss aus James Bond. Oder MJ, sie heißt nämlich Jordan mit Nachnamen. Ist das nicht cool?", plauderte Lily freudig weiter. Mina bemerkte wie die anderen stockten, natürlich fiel es auch ihnen auf. Aber mehr als ein Zufall war es nicht, dass sie und JJ sich anscheinend einen Namen teilten... Am liebsten wollte Mina sie gegen das Schienbein treten, doch die Entfernung sowie die Anwesenden verhinderten das. "MJ ist cool, wie die aus Spider-Man", kam es von vorne. Auch JJ nickte. "Klingt es nicht irgendwie zu sehr nach JJ?", fragte Té nachdenklich.
"Ich weiß nicht was du meinst, die Hälfte dr Buchstaben ist komplett anders!", erwiderte JJ grinsend und offenbarte dabei sein weißes Zahnpastalächeln. "Dann ist es also klar?", fragte Lily. "Jap." Mina regte sich nicht. Man hatte sie nicht einmal gefragt und jetzt gehörte sie zu einem Club und hieß MJ, noch wusste sie nicht, ob es ihr gefiel...
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