48. Kapitel
Louis:
Harry schließt die Tür. Ich stehe noch nicht einmal am Aufzug, als ich es höre. Ich atme tief ein und wieder aus. Nein, du drehst dich jetzt nicht um. Es hat all meine Selbstbeherrschung gekostet, ihn gerade nicht zu küssen. Fuck. Der Abend hat so viel mehr verändert, als ich dachte. Um genau zu sein, dachte ich, es verändert überhaupt nichts. Falsch. Harry in der Buchhandlung derart glücklich zu sehen hatte ich nicht erwartet. Er ist aufgetaut und hat sich wohlgefühlt. Mein Herz schlägt schneller als sonst. Das ist seltsam. Noch schlimmer war es vorhin, als ich seine Hand genommen habe. Ich hatte nie das Bedürfnis, so durch die Gegend zu laufen. Liam liebt es, Niall und Amy machen es auch ständig. Ich fand es immer lästig, nicht beide Hände frei zu haben.
Vorhin war es auf einmal ganz anders. Es hat mich nicht nur nicht gestört, ich wollte ihn am liebsten gar nicht mehr loslassen. Ich wollte ihn küssen, vor dem Eiffelturm wie in einem seiner Bücher, im Aufzug und in seinem Zimmer. Ich wollte ihn die ganze Zeit über küssen. Nicht, um direkt mit ihm zu schlafen, nicht des körperlichen wegen. Es war etwas anderes, das ich bisher nicht kannte. Ich möchte ihm nah sein, so nah wie möglich, so oft wie möglich. Scheiße! Gottverdammte scheiße!
Ich laufe über den Flur in der zweiten Etage zu meinem Zimmer. All diese Dinge hat Niall immer beschrieben, als er sich in Amy verliebt hat. Das ist ganz, ganz übel. Ich verschwinde in meinem Badezimmer unter der Dusche. Ich könnte es leugnen. Ich könnte einfach so tun, als wäre nichts, bis wir bald alle wieder nach Hause fliegen und uns nicht mehr sehen werden. Ein flaues Gefühl macht sich in mir breit. Harry wird nach England fliegen, ich nach Irland. „Fuck", murmle ich und merke, wie falsch dieser Gedanke sich anfühlt. England und Irland ist nicht so weit auseinander, aber es ist nicht einmal die gleiche Insel. Ich bin so dämlich. Ist nicht eine der wichtigsten Regeln hier, sich nicht auf jemanden einzulassen, der nicht dem eigenen Team angehört? Dumm, Tomlinson. Ziemlich dumm.
Ich stöhne genervt und ich lege den Kopf in den Nacken. Deswegen war Cayla so begeistert davon, dass ich mich mit Harry treffe. Sie wusste vorhin schon, wie dieser Tag enden wird. Ich schüttle den Kopf. Das konnte sie doch gar nicht wissen. Und außerdem reicht ein Abend sicherlich nicht aus, um plötzlich herzflattern zu kriegen. Herzflattern. Verdammte scheiße, ich klinge schon genauso schlimm wie Liam. Das darf doch nicht wahr sein.
Plötzlich klopft es an meiner Tür. Irritiert stelle ich das Wasser aus, schnappe mir ein Handtuch und binde es mir um die Hüfte. „Sekunde", sage ich etwas lauter und gehe zur Tür. Ich öffne und friere förmlich in meiner Bewegung ein. Harry steht mir gegenüber, er trägt noch immer das hellblaue Hemd und die schwarze Hose. Das steht ihm so verdammt gut. „Uhm... sorry, ich wusste nicht, dass du schon duscht", sagt er schnell. „Ich... uhm... gehe einfach besser wieder", bringt er heraus. Sein Blick wandert meinen Körper hinunter und hinterlässt ein kribbelndes Gefühl auf meiner Haut. Scheiße, ist das normal? Gehört das dazu? „Du musst nicht gehen, alles gut", antworte ich schnell. „Ich war eh gerade fertig."
Er zögert. Dann nickt er. „Uhm... die Tüte mit den Büchern", fängt er an. Fragend sehe ich ihn an. Er hält die Tüte fest in seinen Händen. „Da... uhm..." – „Möchtest du reinkommen?", frage ich ihn kurzerhand. „Uhm..." Er sieht an mir herab. „Okay, Sekunde. Ich ziehe mir im Bad was über und du setzt dich schon einmal", beschließe ich und schnappe mir ein paar Klamotten. Die Tür zum Zimmer lasse ich offen. Als ich im Bad bin und mir die Klamotten überziehe, höre ich, dass die Zimmertür geschlossen wird. Ich atme tief durch verlasse das Bad wieder. Kurz habe ich überlegt, nur eine Shorts anzuziehen, aber da ich vermute, dass Harry sich dadurch unwohl fühlen würde, sitze ich jetzt in Jogginghose hier. Er sitzt in einem der beiden Sessel. Er hat das große Fenster geöffnet und sieht nach draußen. „Hi." Ich setze mich gegenüber. Die Tüte mit dem Buch liegt auf seinem Schoß. Er umklammert sie immer noch fest. Harry sieht mich an. Hätte ich noch ein Shirt anziehen sollen? Plötzlich hält er mir die Tüte wortlos hin. Fragend sehe ich ihn an, ohne die Tüte anzunehmen.
„Uhm... das ist deins", sagt er schließlich. Ich schüttle den Kopf. „Du weißt, ich lese kaum." – „Aber... uhm..." Ich schmunzle. „Es ist deins, Harry." – „Was? Nein. Das habe ich nicht gekauft!", widerspricht er mir sofort und sieht auf die Tüte. Ich strecke eine Hand aus. Er gibt sie mir. Ich hole das alte Buch heraus und lege die Tüte einfach auf den Tisch. Dann reiche ich ihm das Buch. „Ich bin sehr sicher, bei dir ist es besser aufgehoben als bei mir."
„Aber...du kannst doch nicht einfach so viel Geld ausgeben." – „Doch." – „Aber doch nicht für mich!", antwortet er direkt. Ich schüttle den Kopf. „Gerade für dich kann ich das." Harrys Augen werden groß. Er sieht auf das Buch. Er hat es nach wie vor nicht angenommen. „Du hast doch schon das Essen bezahlt." – „Das zahlst du eben das nächste", antworte ich, ohne darüber nachzudenken. „Das Nächste?"
Ich seufze und zwinge mich, nicht seine Lippen zu sehr anzustarren. „Es war ziemlich spontan, dass ich es gekauft habe. Du hast dich so darüber gefreut, diese Ausgabe zu finden, dass ich es bezahlt habe, als du selbst zu der anderen Kasse gegangen bist", erkläre ich ihm. „Ich weiß, dass du es nicht magst, wenn andere Personen für dich Geld ausgeben und ich kenne dich vermutlich noch nicht lange genug, um das einschätzen zu können, aber ich habe das Gefühl, dass du spätestens auf dem Rückflug nach England überlegt hättest, ob es nicht besser gewesen wäre, das Buch doch zu kaufen."
Harry sieht auf das Buch. Dann nimmt er es endlich. Vorsichtig streicht er über das Cover und den Einband. Er klappt es auf und blättert die Seiten um. Seine Bewegungen sind so bedacht, man könnte meinen, er hat Angst, dass das Buch kaputt geht. Dann schaut er wieder mich an. „Danke, Louis." Sofort lächle ich. „Gerne." Er sieht wieder auf das Buch. „Hast du es schon einmal gelesen?" – „Nur auf Englisch, nicht auf Französisch." Klar. Nicht auf Französisch. „Es ist wirklich schön. Du könntest irgendwann mal die englische Version lesen." – „Vielleicht." Ich zucke mit den Schultern. Einen Moment lang sehe ich ihn einfach nur an.
Ich erwische mich dabei, wie ich daran denke, wie es wohl ist, ihn zu küssen. Ich denke nicht einmal an Sex, nicht direkt zumindest. Ich denke viel eher daran, seinen Körper kennenzulernen und ihm all das zu zeigen, was er bisher nie erfahren hat. Vielleicht ist es primitiv, aber zu wissen, dass ihn bisher nie jemand berührt hat, macht mich wahnsinnig. „Uhm... kann ich es meiner Schwester erzählen?" – „Klar, wieso nicht?" – „Weil sie dann wüsste, dass wir essen waren. Vielleicht denkt sie, es war ein Date, so wie Niall und Cayla es auch denken." – „Soll sie es doch denken", antworte ich nur. Harrys Augen werden groß. „Was?" Wieso denke ich nicht einfach mal nach, bevor ich etwas sage?
„Wäre es schlimm, wenn sie denken, es wäre ein Date?", möchte ich wissen. „Uhm... wenn sie... wieso sollten sie... uhm...", stottert er vor sich hin. Ich habe so verdammt schiss, dass ich zu schnell bin und dass ich alles wieder kaputt mache. Gleichzeitig will ich nicht warten. „Ich weiß nicht." Er zögert. „Ich denke... uhm... es wäre ein gutes erstes Date gewesen. Mit dem Eiffelturm und so." Er zuckt mit einer Schulter. „Aber wieso fragst du das? Er war doch kein..., oder? Weil du hast doch Oliver und... müsste ich nicht wissen, wenn ich auf ein Date gehe?" Er errötet ein wenig. Ich schmunzle. Er ist so süß. Fuck.
„Wenn wir auf ein Date gehen, weißt du es." – „Wenn, wie falls? Oder eher zeitlich gemeint?", fragt er irritiert. „Welche Antwort gefällt dir besser?" Ich spiele ihm den Ball zurück. Ich lasse ihn entscheiden, was er lieber möchte. „Ich möchte kein Date, wenn ich die Person danach nie wieder sehe", antwortet er mir. „Und wenn du die Person wiedersehen wirst?" – „Dann... uhm... meinst du das ernst?"
Ich rutsche mit dem Sessel etwas näher. Ich schiebe meine Finger zwischen Harrys und drücke seine Hand leicht. „Ich fände es sehr schade, wenn wir uns nicht mehr wiedersehen, Curly. Ich weiß, dass das alles ziemlich viel gerade ist, deswegen stopp mich einfach, wenn es dir zu schnell geht. Ich würde dich sehr gerne auf ein Date ausführen. Das heute war kein Date, das wäre nicht fair. Du solltest wissen, wenn du auf dein erstes Date gehst." – „Du... was? Du willst mich auf ein Date einladen? So ein richtiges Date?", fragt er perplex. Man könnte meinen, ich hätte ihm gerade ein Weltwunder präsentiert. „Ja, möchte ich. Natürlich nur, wenn du möchtest."
Harry blinzelt ein paar Mal. „Aber... ich? Wieso ich?" – „Genau deswegen. Wegen dir", antworte ich geradeheraus. „Aber..." – „Kein Aber." Harry sieht mich immer noch an, als hätte ich vollkommen einen an der Klatsche. „Du musst nicht sofort antworten", sage ich schließlich. „Doch... ich möchte schon, aber... was ist, wenn Olympia vorbei ist?", möchte er von mir wissen. „Dann schauen wir weiter. Das klappt schon." – „Du willst mich ausführen, ohne zu wissen, was hiernach sein wird?" – „Ich bin optimistisch." Harry zögert. Er sieht auf unsere Hände. Dann nickt er leicht. „Okay... uhm... ja."
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Love, L
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