Kapitel 24
»Heilige Scheiße, wie bitte? Dein Bruder und Joanna bekommen ein Baby?«, Poppys Augen weiteten sich und ihr Kiefer klappte herunter. »Hat er beim Sexualunterricht nicht aufgepasst oder bekommt er irgendwie Torschlusspanik oder so?«
Ich rollte mit den Augen, während ich mich meiner Sportkleidung entledigte.
»Poppy, das ist nicht lustig!«
Poppy stieß ein spöttisches Lächeln aus, während sie ihre Kleidung aus dem Spind herausholte.
»Was denn? Meine Fragen sind doch berechtigt.«
»Klar, weil deine Fragen ja auch so erwachsen sind«, konterte ich mit vor Ironie triefender Stimme.
»Na schön«, Poppy seufzte und zog sich ebenfalls ihre Sportsachen aus. »Ich nehme mal an, es war nicht geplant?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein war es nicht. Aber ich wollte, dass du es von mir erfährst, bevor es die Runde macht.«
Poppy nickte. »Danke, Drea.«
In ihrer Stimme schwang Dankbarkeit mit. Mir war klar, dass Poppys toughe Art nur Fassade war. Selbstverständlich war die Sache zwischen ihr und Lukas längst vorbei. Poppy war mit Timmy zusammen und sie schien glücklich zu sein. Doch nichtsdestotrotz hatte Lukas ihr sehr viel bedeutet. Wer wäre sie, wenn die Nachricht über Lukas' und Joannas Schwangerschaft, von der wir vor zwei Wochen erfahren hatten, einfach so an ihr vorbeiging?
Genau aus diesem Grund hatte ich mich in der Position gefühlt, es ihr zu erzählen. Auch wenn Lukas mein Bruder war - so war Poppy meine beste Freundin. Sie hätte dasselbe für mich getan, wäre sie in meiner Situation gewesen.
»Ich hoffe die beiden werden glücklich«, sagte Poppy schließlich, während ihr Blick für einen kurzen Augenblick gedankenverloren abschweifte. Doch genauso schnell fing Poppy sich wieder und ein schelmisches Grinsen umspielte ihre Lippen. »Denn sind wir mal ehrlich, jemanden wie mich, wird er nie wieder finden.«
Typisch Poppy. Sie konnte es nicht lassen.
»Aber genug von mir, hast du nochmal etwas von unserem Mr Adonis gehört? Immerhin sind es nur noch zwei Wochen, bis ihr es offiziell miteinander treiben dürft«, sie wackelte verschwörerisch mit den Brauen.
»Poppy!«, zischte ich und spürte, wie ich errötete. »Rede etwas leiser!«
»Sei nicht so paranoid, wir sind die letzten hier in der Kabine, außerdem sind es nur noch zwei Wochen und dann kann euch niemand mehr etwas anhaben«, sie zuckte mit den Schultern.
»Ja und genau das ist das Problem, Poppy, nur weil es noch zwei Wochen sind, dürfen wir nicht unvorsichtig werden. Ganz im Gegenteil. Es gehen so viele Gerüchte um Logans Kündigung umher, genau aus diesem Grund müssen wir umso achtsamer sein.«
»Meinst du achtsamer im Sinne von es noch einmal im Klassenzimmer treiben, bevor ihr das nicht mehr könnt?«, sie grinste breit.
»Ach Poppy, du verstehst das nicht«, kopfschüttelnd streifte ich mir mein Pullover über.
Poppy seufzte.
»Doch klar verstehe ich das«, entgegnete sie. »Nur solltest du dich auch mal entspannen.«
»Entspannen?«, meine Brauen schossen in die Höhe. »Poppy, gegen meinen Cousin wurde ein Strafverfahren eingeleitet, weil ich ihn angezeigt habe. Meine Tante steht deshalb kurz vor einem Nervenzusammenbruch und als wäre das nicht schon genug habe ich auch noch eine heimliche Beziehung zu meinem Englischlehrer, der ganz nebenbei bei der Polizei aussagen musste. Außerdem gehen Gerüchte über seine Kündigung umher. Unschöne Gerüchte, Poppy. Und du sagst, ich soll mich entspannen?«
»Drea, die Gerüchte haben wir entkräftet, schon vergessen? Du musst diese zwei Wochen nun einfach aussitzen. Ihr wartet nun schon so lange, da sind diese zwei Wochen doch ein Klacks. Ihr schafft das.«
Ich setzte gerade zu einer Antwort an, als sich Poppys Blick auf etwas hinter mir richtete. Ihre Gesichtszüge verzogen sich zu einer verärgerten Grimasse.
»Hey du Spanner! Falsche Umkleide«, rief sie und hielt sich schützend die Hände vor den Oberkörper. Ich folgte Poppys Beispiel und warf einen Blick über die Schulter. Doch alles was ich noch mitbekam, war die Tür zur Umkleide, die ins Schloss fiel.
»Verdammt, wer war das?«, fragte ich und drehte mich hektisch wieder zu Poppy um.
»Beruhig dich, Drea«, Poppy sah mich durchdringend an. »Das war nur irgendeiner vom Football Team, er trug eine Bulldog-Jacke, dachte wahrscheinlich er könnte einen Blick auf ein paar Möpse erhaschen«, erwähnte Poppy beiläufig und streifte sich ihr Kleid über.
»Hat er uns gehört?«, angsterfüllt drehte ich mich nochmal um und sah zur Tür, als könnte der Beobachter nochmal auftauchen und Gesicht zeigen.
»Drea! Herrgott jetzt komm mal runter!«, Poppy trat näher an mich heran und packte mich bei den Schultern. »Es wird alles gut, hörst du? Sag's mir nach! Es wird alles gut.«
Mit einem auffordernden Blick sah sie mich an.
»Das ist doch lächerlich«, entgegnete ich und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Das ist ganz und gar nicht lächerlich, jetzt sprich mir endlich nach.«
»Na schön«, ergeben warf ich die Arme in die Luft. »Es wird alles gut. Zufrieden?«
Poppy hob skeptisch eine Braue.
»Wenn du in Logans Laken genauso lustlos bist, dann wird das nichts mit euch beiden.«
Ich spürte, wie mir die Röte in die Wangen schoss, dann schlug ich ihre Hände von meinen Schultern und wandte ihr den Rücken zu.
»Komm schon, lass uns in die Mittagspause gehen.«
Poppys Antwort bestand aus einem schallenden Gelächter.
∞
»Hey Danny, sei so freundlich und richte deinen Teamkollegen aus, dass sie das nächste Mal nicht so glimpflich davonkommen, sollten sie sich nochmal in die Mädchenumkleide schleichen, um zu spannen, klar?«, Poppy wandte sich an Danny, der gerade zu uns gestoßen war und sich am Tisch niederließ.
»Was soll ich ausrichten?«, Danny wirkte sichtlich verwirrt, während er sich seinen Apfel vom Tablett nahm und einen Bissen nahm.
»Na einer deiner Teamkollegen hat sich vorhin in unsere Umkleide geschlichen und Drea und mich beim Umziehen beobachtet.«
»Hm seltsam«, erwiderte Danny und begutachtete seinen Apfel. »Unser Training wurde überzogen, deshalb sind wir auch eben erst zur Pause gekommen.«
»Vielleicht hat sich ja einer vom Training weggeschlichen. Naja, wie auch immer, ihr Footballspieler werdet doch eh niemals erwachsen«, machte Poppy ihrem Ärger Luft.
Danny hob lediglich eine Braue, dann zuckte er mit den Schultern und konzentrierte sich wieder auf sein Essen.
Nachdem auch Ruby und Timmy zu uns stießen, waren wir schließlich vollzählig. Wir verbrachten die Mittagspause damit, über unseren Abschlussball im kommenden Juni zu reden sowie über die Final Exams, die schon in zwei Monaten anstanden. Ich konnte noch immer nicht so ganz fassen, dass sich die High School Zeit nun dem Ende neigte. Es fühlte sich so unwirklich an.
Doch vor allen Dingen konnte ich nicht glauben, dass es nur noch zwei Wochen waren, bis Logan seinen letzten Tag hier an der Garfield High hatte.
»Hey Leute, was hält ihr davon, wenn wir eine kleine Abschlussfeier für Mr Black vorbereiten?«, fragte Ruby in die Runde herein.
Für einen kurzen Moment herrschte Stille und ich spürte, wie Poppy und Dannys Blicke sich auf mich richteten. Es war seltsam zu wissen, dass alle an diesem Tisch von meiner Verbindung zu Logan wussten. Nun ja, fast alle - ausgenommen von Timmy. Der saß ahnungslos neben Danny und inspizierte seinen Gemüseburger.
»Klar, warum nicht?«, Danny lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Er hat sicher an seinem letzten Tag etwas anderes geplant, als Unterricht. Wir könnten den Klassensaal etwas herrichten«, schlug Ruby vor.
»Klingt nach ner super Idee, ist gebongt«, warf Poppy ein.
Ich mied es mich zu dem Thema zu äußern. Stattdessen räusperte ich mich verlegen und wechselte das Thema.
Mir fiel auf, dass Ruby den Rest der Pause ziemlich ruhig war und sich kaum in unsere Gespräche einklinkte. Stattdessen stocherte sie lustlos in ihrem Essen herum. Irgendwann stieß ich sie mit meinem Ellbogen an.
»Hey, alles gut bei dir?«, fragte ich besorgt. »Du bist so still.«
Ruby zuckte mit den Schultern. »Ach, es ist nur, ich habe schon ewig nicht mehr mit Madison gesprochen. Ich kann nicht glauben, dass sie jetzt mit deinem Cousin zusammen ist, ich meine, war das alles mit mir nur eine Lüge?«, Ruby warf ihre Gabel ins Essen und sah mir direkt in die Augen.
»Ich verstehe es auch nicht, Ruby, aber ich glaube nicht, dass die Sache zwischen euch nur eine Lüge war. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass Madison einfach nur Angst hat.«
Ruby seufzte.
»Ja, das glaube ich auch. Aber sie reagiert ja nicht einmal auf meine Anrufe oder SMS.«
»Hast du versucht, sie hier in der Schule mal abzupassen, um mit ihr zu reden?«, fragt ich.
Ruby nickte. »Natürlich habe ich das versucht, aber seit ein paar Tagen kommt sie nicht einmal mehr zur Schule!«
»Sie kommt nicht mehr zu Schule?«, fragte ich und zog verwirrt die Brauen zusammen. »Das ist wirklich seltsam.«
»Naja, vielleicht wechselt sie nach den ganzen Gerüchten ja die Schule oder so. Wer weiß das schon«, Ruby nahm ihr Tablett in die Hand und erhob sich. »Ich bin fertig, bis später, Leute.«
Mit diesen Worten verabschiedete sie sich und ging davon.
Ruby tat mir unendlich leid. Ich wusste nur zu gut, wie unfassbar schmerzhaft Liebeskummer war. Und noch schlimmer, wenn die geliebte Person einen ignorierte. Ich fühlte mit Ruby...
Als der Schultag endlich ein Ende fand, schlenderte ich gemeinsam mit Poppy die ausladende Steintreppe hinab zum Parkplatz.
»Hey, Drea«, Poppy ergriff meinen Arm und hielt mich zurück. »Ich wollte mich nochmal bei dir entschuldigen wegen vorhin.«
»Entschuldigen?«, ich sah Poppy verwirrt an.
»Naja, in der Umkleidekabine. Ich schätze ich war wohl etwas zu schroff zu dir. Ich kann verstehen, dass du momentan so angespannt bist, ich glaube mir erging es nicht anders, wäre ich an deiner Stelle.«
»Poppy, du musst dich nicht entschuldigen, nicht dafür.«
»Doch, Drea«, Poppy schüttelte vehement den Kopf. »Das muss ich. Ich bin deine beste Freundin und in der letzten Zeit habe ich mich nicht unbedingt dementsprechend verhalten. Außerdem habe ich mich nie dafür entschuldigt, dass ich Lukas angerufen hatte und ihm von dem Vorfall mit Madison erzählt hatte. Es tut mir leid, das war nicht richtig von mir.«
»Ach Poppy, du hast dir doch nur Sorgen gemacht, ich kann verstehen, dass du...«
»Nein. Ich weiß, du versuchst immer das Gute in allem zu sehen, Drea, aber diese Entschuldigung war schon längst überfällig. Ich weiß, dass ich oft übers Ziel hinausschieße, ohne es zu bemerken, also brauche ich dich, um mir gewaltig in den Hintern zu treten, sollte so etwas nochmal passieren, okay?«
Ich grinste.
»Heißt das, dass ich dir auch jetzt in den Hintern treten soll?«, fragte ich grinsend.
Poppy hob zweifelnd eine Braue.
»Wenn du meinen Handabdruck in deinem Gesicht willst, dann nur zu.«
Ich brach in Gelächter aus, während ich Poppy zum Parkplatz folgte.
∞
Mit einem breiten Lächeln, welches mir jedoch sogleich wieder vergehen sollte, bog ich in meine Straße ein. Als ich mich unserem Haus näherte, konnte ich einen blau-weißen Streifenwagen erkennen, der in unserer Auffahrt stand.
Sofort blieb mein Herz stehen und Angst überkam mich. Ich erinnerte mich an Moms Unfall zurück und somit galt mein erster Gedanke meinem Dad. War mit ihm alles in Ordnung? Ging es ihm gut? Und Lukas und Mia?
Eilig parkte ich meinen Wagen und stürmte aus dem Auto zur Haustür, wobei ich um ein Haar über meine eigenen Beine gestolpert wäre. Meine Hände zitterten so sehr vor Furcht, dass ich beinahe den Schlüssel nicht ins Schloss bekommen hätte.
Nachdem ich die Tür öffnetet und eintrat, schien alles wie immer zu sein.
»Dad? Lukas?«, rief ich schließlich, wobei sich die Sorge in meiner Stimme kaum verbergen ließ.
»Wir sind in der Küche«, hörte ich Dads Stimme durch den Flur schallen.
Erleichterung überkam mich, als ich ihn reden hörte und so durchquerte ich eiligen Schrittes den Flur, bis ich in der Küche ankam.
Lukas lehnte mit verschränkten Armen am Küchenthresen. Auf seinem Gesicht konnte ich eine Mischung aus Verärgerung und Sorge erkennen. Mein Blick wanderte weiter und nahm meinen Dad in Augenschein, der am Esstisch saß, die Hände, auf dem Tisch ruhend, miteinander verschränkt. Seine Miene war undurchdringlich, doch ich glaubte eine Spur des Kummers darauf ablesen zu können. Neben ihm am Tisch erkannte ich Tante Carolyn. Sie mied meinen Blick strikt und starrte stattdessen stur auf die Tischplatte.
Doch was mich am meisten beunruhigte, war die Tatsache, dass ihm gegenüber zwei Polizisten saßen. Einer davon erkannte ich wieder, es handelte sich dabei um Detective Carter. Bei ihr hatte ich vor zwei Wochen meine Anzeige gegen Adam aufgegeben.
»Was ist hier los?«, wollte ich wissen, nachdem ich mir einen groben Überblick verschafft hatte.
»Drea, möchtest du dich nicht erst einmal setzen?«, begann Dad das Gespräch und sah mich nun direkt an.
Ein ungutes Gefühl braute sich in meinem Magen zusammen. Ging es hierbei um Logan? Hatte jemand geplaudert und uns verraten? Musste Logan ins Gefängnis? Angst überflutete mich wie eine Welle.
»Ich will mich nicht setzen«, erwiderte ich harsch. »Ich will wissen, was hier los ist.«
Detective Carter erhob sich von ihrem Stuhl und kam ein paar Schritte auf mich zu. Sie war nicht sonderlich hochgewachsen, sogar ein paar Zentimeter kleiner, als ich es war. Und trotzdem versprühte sie diese Art Präsenz, die einen in seinen Bann zog. Sie strahlte eine gewisse Willensstärke und ein Verantwortungsbewusstsein aus, das wohl jeden einschüchterte
»Drea, ich habe eine gute und eine schlechte Nachrichte für Sie«, sie legte eine bedeutungsvolle Pause ein uns sah mich mit ihren klaren, blauen Augen direkt an. »Die gute Nachricht ist, dass wir aufgrund der Zeugenaussagen und Beweise ein Strafverfahren gegen ihren Cousin Adam Chambers einleiten konnten. Die schlechte Nachricht allerdings ist, dass ihr Cousin nicht auffindbar ist. Es wurde ein Haftbefehl gegen ihn erlassen.«
Mein Kopf dröhnte und mir wurde schwindelig. Einerseits verspürte ich eine immense Erleichterung darüber, dass Logan in Sicherheit war. Andererseits aber jagte mir die Tatsache, dass Adam noch immer auf freiem Fuß war eine Heidenangst ein.
Mein Blick wanderte zu Tante Carolyn, die noch immer regungslos auf dem Platz am Tisch neben meinem Dad war. Sie fing meinen Blick auf und als hätte sie meine unausgesprochene Frage gehört, begann sie zu reden.
»Seit er aus der Psychiatrie geflohen ist, habe ich meinen Sohn nicht mehr zu Gesicht bekommen. Er hat mich einmal auf meinem Handy angerufen. Ich habe ihm von deiner Anzeige erzählt, Drea, ich habe ihn gebeten, ihn angefleht endlich nach Hause zu kommen«, Tränen schimmerten in ihren Augen. »Ich habe ihm versprochen, dass wir eine Lösung finden würden. Aber er wollte nicht auf mich hören. Er war sehr verärgert, hat geschimpft und war außer sich vor Wut. Dann hat er aufgelegt. Ich habe keine Ahnung, wo er sich aktuell aufhält, wo er schläft, ob er überhaupt etwas zu Essen bekommt...«, Tante Carolyns Stimme brach und sie ließ das Gesicht in ihre Hände sinken. Dad legte mitfühlend eine Hand auf ihre Schulter.
Es tat mir unendlich leid, Tante Carolyn derart leiden zu sehen. Ich konnte ihr auch kaum in die Augen schauen, immerhin hatte ich ihren Sohn bei der Polizei gemeldet. Ich war Schuld daran, dass sein Leben derart aus der Bahn geriet. Zumindest fühlte ich mich in diesem Moment so.
Doch tief im Innern war mir klar, dass es nicht meine Schuld war.
Nein, es war Adams Schuld.
Er war selbst dafür verantwortlich, dass sein Leben derart aus den Fugen geraten war. Jeder Mensch war für sein eigenes Handeln und Tun zuständig. Und Adam hatte sich dafür entschieden, mir das Leben zur Hölle zu machen. Nun musste er den Preis dafür zahlen.
»Drea, falls er Sie irgendwie zu kontaktieren versucht oder Sie einen Hinweis darauf erhalten, wo er sich aktuell aufhalten könnte, dann bitten wir Sie darum, uns zu kontaktieren. Hier ist meine Karte«, Detective Carter hielt mir ein kleines Visitenkärtchen hin. Wortlos nahm ich es entgegen und las die ersten Zeilen.
Detective Linda Carter.
Der Name passte zu ihr.
»Ich rufe an, wenn ich etwas weiß«, entgegnete ich und steckte mir die Visitenkarte in die Hosentasche.
Detective Carter nickte und gab ihrem ihrem Kollegen zu verstehen, dass sie gingen.
»Wir melden uns ebenfalls bei Ihnen, falls sich etwas neues ergibt. Bis dahin, seien Sie vorsichtig, Drea.«
An der Tür angekommen, drehte sich Detective Carter ein letztes mal zu mir um. Sie schaute mich mit eindringlichem Blick an.
»Drea, ich weiß, was Sie gerade durchmachen. Als ich in Ihrem Alter war, ist mir etwas Ähnliches widerfahren. Seither setzte ich mich für Frauen ein und bin in verschiedenen Hilfsorganisationen tätig. Es wäre also gut, wenn Sie sich psychologischen Beistand suchen. Auch wenn es zu einer Verhandlung kommt, ist dies von großem Wert. Ich kann Ihnen auch gerne jemanden empfehlen.«
Es war mehr als offensichtlich, dass Missbrauch ein Thema war, das Detektive Carter sehr am Herzen lag. Dies war mir schon aufgefallen, als ich meine Anzeige bei ihr aufgegeben hatte. Während unzähligen Missbrauchsopfern nicht richtig zugehört oder der Sache nicht richtig nachgegangen wurde, hatte Detective Carter sich direkt für mich eingesetzt und Ermittlungen in die Wege geleitet. Und nun, nach nur zwei Wochen, waren schone erste Erfolge sichtbar.
Noch immer konnte ich nicht glauben, dass ich die Sache tatsächlich durchgezogen und Adam bei der Polizei angezeigt hatte. Es erfüllte mich mit Stolz und Angst zugleich.
Denn einerseits musste Adam endlich für das bestraft und zur Rechenschaft gezogen werden, was er mir angetan hatte. Andererseits aber hatte ich Angst davor, wozu er imstande war. Was wenn er meine Beziehung zu Logan der Polizei verriet? Dies war fast so sicher wie das Amen in der Kirche. Selbstverständlich könnte ich es abstreiten und behaupten, dass Logan lediglich ein guter Freund meines Bruder war. Aber würde man mir Glauben schenken oder der Sache nachgehen?
Hinzu kam noch die Tatsache, dass Adam zurzeit auf freiem Fuß war, was wenn er mir auflauerte? Eine Gänsehaut überfiel mich.
Sogleich schüttelte ich diesen Gedanken ab. Nein, das würde nicht passieren. Die Polizei würde ihre Arbeit erledigen und ihn finden.
Ich lächelte Detektive Carter an und teilte ihr mit, dass ich bereits in psychologischer Behandlung wegen des Vorfalls war. Dennoch bedankte ich mich bei ihr und schloss schließlich die Tür, als sie die Veranda hinabstiegen und zu ihrem Polizeiwagen liefen.
Es würde alles gut werden.
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