6. Kapitel/ Memories
Wie habe ich das nur übersehen können? Ich will das nicht wahrhaben. Das Datum. Das Todesdatum ist der dreiundzwanzigste Oktober. Mein Geburtstag. Was ist passiert, dass meine Familie ausgerechnet an meinem Geburtstag diesen Unfall hatte? Warum mussten sie an diesem Tag sterben? Wo sind wir hingefahren?
Eine ganze Zeit lang starre ich nur auf diese eine Zahl, bis ich dann die heißen Tränen auf meinen Wangen spüre. Warum weine ich denn jetzt? Das darf doch nicht sein. Mein Geburtstag ist in sechzehn Tagen und das ist auch der Tag, an dem meine Familie vor sieben Jahren verstorben ist? Warum kann ich nicht auch tot sein? Ich will nicht mehr leben.
Langsam drehe ich mich zu Hidan um, mache mir nicht einmal die Mühe die Tränen wegzuwischen und schaue ihm in die Augen. „Können wir wieder fahren...?", frage ich leise. „Ich will hier nicht mehr sein... Es war ein Fehler herzukommen..." Ich kann Hidan ansehen, dass er mit der Situation überfordert ist. Hat er noch nie einen anderen Mann weinen sehen? „Bitte...", dränge ich weiter, als er mich einfach nur weiter anstarrt und sich nicht bewegt. Und dann stelle ich eine Frage, die ich niemals erwartet hätte ausgerechnet ihn zu fragen, aber sie kommt einfach über meine Lippen. „Oder...kannst du mich zumindest in den Arm nehmen...?" Jetzt wische ich doch über meine Wangen, da mich die Tränen inzwischen nerven. Es soll aufhören. Einfach alles soll aufhören.
Dann geschieht etwas, was ich noch weniger erwartet hätte, als meine Frage gerade. Hidan macht einen Schritt auf mich zu und legt dann vorsichtig und etwas unbeholfen die Arme um mich. Ich mache es ihm nach und drücke mich im nächsten Augenblick auch schon an ihn. Er ist warm und riecht gut, nach dem Waschmittel und sich selbst. Und irgendwie fühle ich mich auch geborgen.
„Er war sieben... Kawarama war sieben Jahre alt, als er gestorben ist... Warum...?" Und dann brechen plötzlich alle Dämme und ich beginne zu schluchzten, während mir die Tränen weiter über die Wangen fließen. „Ich... Ich weine um Menschen, an die ich mich nicht einmal mehr erinnern kann... Das ist einfach..." Ein weiteres Schluchzen unterbricht meinen Satz und sorgt dafür, dass ich auch aufhöre zu reden.
Hidan sagt nichts, hält mich einfach nur fest, während ich mich an ihn drücke und um meine verstorbene Familie weine. Ich gehöre wohl zu den Menschen, die Glück im Unglück haben. Aber wenn, dann will ich nur eins von beidem haben, denn diese Mischung ist verdammt scheiße.
Irgendwann beruhige ich mich etwas und merke erst jetzt, dass er angefangen hat mir durch die Haare und über den Rücken zu streichen. Machen Mütter das nicht auch so? Sofort breitet sich wieder ein Kloß in meinem Hals aus. Nein, Hashirama, du hast jetzt genug geheult. Das reicht für das nächste halbe Jahr.
Einen ganzen Moment lang bleibe ich noch so stehen und genieße das Gefühl von Sicherheit, bevor ich mich ganz langsam und eigentlich auch widerwillig von ihm löse. Denn jetzt bin ich wieder in der Realität angekommen und später wird Hidan mir bestimmt wieder auf die Nerven gehe. Oder ich ihm? Ist immerhin alles Ansichtssache. „Danke...", flüstere ich. Vermutlich denkt er, es ist auf das Taschentuch bezogen, das er mir gerade hin hält, da er nickt. Deswegen füge ich noch ein „Für alles..." hinzu. Das ist einer der Momente, in denen er kein Arschloch ist und so kann er auch gerne bleiben. Doch leider ist das nicht der Fall. So ist Hidan nicht. Er braucht jemanden, den er ärgern kann. Und dieser jemand bin nun mal ich. Kurz putze ich mir die Nase und wische noch einmal die Tränen weg, bevor ich ihm deutlich mache, dass wir zurück zum Auto können und mich auch auf den Weg dorthin mache.
Auf der Rückfahrt ist es genauso still wie auf dem Hinweg. Ich schaue die ganze Zeit aus dem Fenster und kann mich selbst darin sehen, da es schon dunkel wird. Den Bonsai halte ich fest in meinen Händen und streiche mit den Daumen über den Topf. Irgendwie beruhigt mich diese Pflanze.
„Ich dachte, du wolltest das Ding zu den Blumen stellen", durchbricht Hidan die Stille und ich kann mich spontan nicht daran erinnern, wann er das letzte Mal von alleine ein Gespräch angefangen hat.
„Nein. Der hat mir gefallen und dann wollte ich ihn für die Wohnung oder mein Zimmer mitnehmen. Je nachdem, wie es für dich in Ordnung ist", antworte ich und sehe ihn an.
„Ich bin dagegen nicht allergisch, deswegen ist es mir eigentlich ziemlich egal, wo das Teil steht. Hauptsache es ist nicht im Weg."
Ich nicke zustimmend und drehe den Kopf wieder zum Fenster. „Ja, ich passe auf, dass du nicht darüber stolpern kannst. Außer du tanzt nachts heimlich auf dem Tisch?" Die Vorstellung lässt mich schmunzeln. Hidan müsste wohl komplett betrunken sein, um sowas überhaupt zu machen. Nur glaube ich nicht, dass ich jemals in den Genuss dazu kommen werde.
„Sowas mache ich nicht, nein", sagt er ausdruckslos, was mich die Augen verdrehen lässt. So ein Langweiler. „Aber du vermutlich, mit deinem Hüftschwung."
„Woher willst du wissen, ob ich einen Hüftschwung habe oder nicht?", frage ich interessiert und hebe eine Augenbraue.
„Weil der, wenn du läufst, nicht zu übersehen ist."
Ich versuche mir mein Erstaunen und meine Belustigung nicht anmerken zu lassen. „Du guckst mir beim Laufen also auf den Arsch?"
„Nein", gibt Hidan zurück. „Das habe ich nicht gesagt."
„Es muss aber der Fall sein. Oder hältst du mich von hinten immer für eine Frau?"
Dazu sagt er nichts mehr, auch wenn ich ihn mindestens drei Minuten lang abwarten angucke. Doch er schaut nur auf die Straße und würdigt mich keines Blickes mehr. So wie fast eigentlich immer.
Nachdem wir das Auto zurückgegeben und zur Wohnung gelaufen sind – wobei es auf dem Weg auch noch angefangen hat zu regnen – verschwinde ich, klitschnass wie ich bin, erst einmal im Badezimmer. Als ich mir schon die ekelhaft klebenden Sachen ausziehen will, fällt mein Blick auf meine Hose. Langsam drehe ich mich um und begutachte mich im Spiegel. Ich habe schon einen schönen Po. Kann zwar etwas eingebildet klingen, aber er hat eine gute Form – ist schön rund und nicht irgendwo so komisch abgeschnitten. Außerdem liegt er gut in der Hand – stelle ich fest, als ich mit der Hand darüber fahre. Doch im nächsten Augenblick zucke ich erschrocken zusammen, weil plötzlich Hidan in der Tür steht und mich mustert.
„Was machst du hier?", will ich natürlich sofort wissen und stelle mich wieder normal hin.
„Das wollte ich dich gerade auch fragen", gibt dieser zurück und guckt dabei irgendwie so, als wäre ich ein Alien.
„Ich habe aber als erstes gefragt", erwidere ich und verschränke die Arme vor der Brust, woraufhin er sich in den Türrahmen lehnt. Gut, er hat mich erwischt, wie ich meinen Hintern angucke, aber das heißt noch lange nicht, dass ich das einfach so hinnehme. Außerdem ist das ja nicht verboten oder seit neuestem doch?
„Ich hatte eigentlich vor mich umziehen."
„Das kannst du auch in deinem Zimmer machen? Außerdem hast du doch gesehen, dass ich hier rein gegangen bin."
„Nur ist hier der Wäschekorb und ich will keine Wasserflecke auf dem Boden haben. Und ich wollte noch duschen."
Eins zu – zwei zu null für Hidan.
„Na und? Ich will auch duschen und–"
„Wir können es ja zusammen machen. Die Dusche ist groß genug", unterbricht er mich, während sich langsam ein Grinsen auf seine Lippen schleicht.
Einen Moment lang bin ich etwas mit mir selbst überfordert. Einerseits würde ich schon verdammt gerne mit Hidan duschen gehen, den Grund dafür muss ich glaube ich nicht noch einmal erklären. Andererseits – nein. Nein, das geht nicht. Das kann ich nicht machen. Deswegen überwinde ich die kurze Distanz zu ihm und lege die Hände auf seine Brust, um ihn aus dem Badezimmer zu schieben.
„Wirklich nett das Angebot, aber ich verzichte lieber", sage ich und erstarre, als ich seine Hand kurz darauf erst auf meinem Rücken und dann auf meinem Arsch spüren kann. Ich schaue ihn aus großen Augen an und dann aus noch größeren, als er mich zu sich zieht.
„Komm schon, Hashirama." Mein Name ist ein einziges Schurren und verpasst mir schlagartig am ganzen Körper eine Gänsehaut. „Du musst dich nicht schämen. Ich habe dich schon mal nackt gesehen. Lass uns einfach ein bisschen Spaß haben, dazu kommt es nämlich automatisch, wenn man zusammen duschen ist. Ich weiß das." Seine Stimme ist immer noch total verführerisch und – Verdammt, ja! Ich will mit ihm zusammen duschen gehen! Ich will ihn küssen und noch viel mehr! Doch ich Idiot, wie ich halt einer bin, schüttle den Kopf.
„Nein." Statt eines richtigen Wortes ist es nur ein leiser Hauch, da ich ihm einfach nur in die Augen sehen kann. Ich bekomme eine noch stärkere Gänsehaut, als er die freie Hand unter mein Oberteil schiebt und über meine Taille streicht, bevor er sie dort liegen lässt. Seine Hand ist einfach so verdammt warm erst jetzt werde ich mir bewusst, wie unterkühlt ich eigentlich bin. Und Hidan ist verdammt heiß und das vermutlich auf alle Weisen, die es gibt.
„Jetzt stell dich doch nicht so an", fordert er leise und bewegt dann langsam seine Hand auf meinem Arsch.
Es fühlt sich komischerweise verdammt gut an. Und das ist nicht gut. Ganz und gar nicht gut. Ich habe keine Ahnung, ob ich in meinem Leben schon einmal Sex gehabt hatte, aber was ich weiß ist, dass ich unbedingt welchen haben will. Und das nicht zum ersten Mal und irgendwie habe ich das Gefühl, dass sich das auch langsam in meiner Hose bemerkbar macht. Nicht gut, ganz und gar nicht gut. Endlich schaffe ich es wieder Kontrolle über mich zu bekommen, zumindest so halb, und stoße Hidan von mir weg. Zwar nicht wirklich stark, da ich ihn am liebsten noch näher ziehen würde, aber immerhin ist jetzt etwas Abstand zwischen uns. „Ich habe nein gesagt", maule ich nun los und meine Stimme ist nicht einmal wackelig.
Überrascht hebt Hidan die Augenbrauen und schiebt die Daumen bei sich in die Hosentaschen. „Du willst also nicht mit mir duschen? So könnten wir uns näher kommen und du mir mehr vertrauen."
Was redet der da nur wieder für einen Unsinn? „Du willst mich doch sowieso nur verarschen, warum sollte ich mich also darauf einlassen?", will ich nun wissen und ziehe selbst die Augenbrauen hoch.
„Warum sollte ich dich mit sowas verarschen? Wenn wir zusammen duschen gehen, dann sparen wir nebenher auch noch Wasser", erwidert er und kommt langsam wieder auf mich zu.
Ich weiche sofort zurück und stoße dann tatsächlich mit dem Rücken gegen die Duschkabine. Schnell schaue ich nach rechts und links, doch vermutlich komme ich nicht an ihm vorbei. Was soll ich jetzt machen? Eine Hand legt sich unter mein Kinn und hebt es langsam etwas an. Er soll aufhören. Langsam kommt er mir immer näher, doch ich kann nichts machen, als ihn aus großen Augen anzustarren. Als ich seinen Atem auf meiner Wange spüren kann, bin ich vollkommen überfordert.
„Ich–" Doch bevor Hidan den Satz auch nur ansatzweise beenden kann, habe ich ihn wieder von mir gedrückt und bin in mein Zimmer geflohen, wo ich mich direkt an die Tür lehne. Das war verdammt knapp. Fast hätte ich ihn doch geküsst und dann hätte er bekommen, was er will. Mich, wie ich mich mal wieder vollkommen idiotisch anstelle.
-x-
In der Nacht schlafe ich verdammt schlecht. Erst schaffe ich es nicht einmal überhaupt einzuschlafen und dann schleicht sich auch noch etwas in mein Unterbewusstsein.
„Hashirama, bist du jetzt fertig?"
„Ja, Moment."
„Wenn es noch dauert, dann bist du auch noch nicht fertig."
„Du weißt doch, wie das gemeint ist."
„Es ist dein Geburtstagsessen, also beeile dich jetzt bitte."
„Man Mom, jetzt gib mir doch noch mal zwei Minuten. Dann bin ich fertig."
„Hundertzwanzig, hundertneunzehn, hundertachtzehn, hundertsiebzehn–"
„Mom! Ich hab es ja jetzt!"
„Pass auf, dass du die Treppe nicht runterfällst."
„Mache ich nicht."
„Kannst du vielleicht Kawarama bei den Schuhen helfen? Du weißt doch, dass er keine Schleifen binden kann."
„Wenn es sein muss."
„Danke, Schatz. Du bist wirklich toll."
„Jaja, ich weiß."
Akemi schmunzelt und streicht ihrem ältesten Sohn kurz durch die Haare, bevor sie ihm einen Kuss auf die Stirn gibt. „Irgendwann wirst du mich verstehen", sagt sie lächelnd, während sie sich eine Jacke anzieht.
Hashirama sagt dazu nichts mehr und hilft seinem Bruder bei dessen Schuhen.
„Seid ihr fertig?", fragt Butsuma und bleibt neben seiner Frau stehen.
Diese nickt woraufhin sich die ganze Familie auf den Weg zum Auto macht. Zwei Erwachsene und vier Kindern. Anfangs ist noch alles gut, doch dann fängt Kawarama auf einmal an zu quengeln, dass er sein Stofftier vergessen hat und es unbedingt braucht. Da er keine Ruhe gibt bittet Akemi ihren Mann zurückzufahren und es zu holen, damit alle zufrieden sind. Dieser kommt der Bitte nur äußerst widerwillig nach und wartet dann ungeduldig auf seine Frau und seinen Sohn. Als sie erneut auf der Autobahn sind, beginnt der Jüngste wieder zu mosern, da Itama ihm den Teddybären abgenommen hat.
„Gib den wieder her!", kreischt der Junge.
„Itama, gib deinem Bruder bitte den Teddy zurück", fordert Akemi, kann jedoch nicht in das Geschehen eingreifen, da sie die beiden nicht erreicht. „Tobirama", zieht sie den zweitältesten Sohn zur Hilfe, damit dieser den Streit schlichtet, was ihm jedoch nicht gelingt.
„Und jetzt verpassen wir auch noch die Reservierung im Restaurant", murrt Butsuma schlecht gelaunt, als er einen Blick auf die Uhr wirft. „Und das nur, weil du unbedingt zurück musstest."
„Ich musste zurück?", fragt Akemi ungläubig und schaut den Mann empört an. „Ich wollte nur nicht, dass wir uns den ganzen Abend Gejammer anhören müssen. Der werte Herr hätte ja aber auch nicht zurück fahren müssen." Trotzig verschränkt sie die Arme vor der Brust.
„Jetzt ist es auch noch meine Schuld?", fragt dieser entrüstet und hebt die Augenbrauen. Das merke ich mir fürs nächste Mal!"
„Wie gesagt, du hättest ja auch nicht zurück gemusst. Aber irgendwann wäre es uns allen auf die Nerven gegangen."
Und so beginnen die beiden zu diskutieren, wessen Schuld die verpasste Reservierung nun sei. Tobirama versucht seine Eltern und jüngeren Geschwister auseinander zu bringen, doch es gelingt ihm nicht. Hashirama reagiert nicht auf das ganze Stimmengewirr und schaut aus dem Fenster. Seine Eltern streiten nicht oft, doch wenn, dann meistens über unwichtige Sachen. So wie in diesem Moment. Wirklich unwichtig ist es nicht, da es sein Geburtstag ist und er will nicht, dass sie sich an ausgerechnet diesem Tag streiten. Doch er kann dagegen nichts unternehmen und lässt alles an sich vorbei rauschen. Der Abend kann nur noch besser werden.
Butsuma schaut einen Moment zu lange nicht auf die Straße, doch als er es tut ist es bereits zu spät. Vor ihnen wechselt ein LKW gerade die Spur. Sofort drückt er die Bremse durch, während seine Frau neben ihm panisch schreit. Doch es gibt keinen Ausweg mehr. Das Auto rast in das Fahrzeug vor ihnen und alle werden nach vorne geschleudert. Die Airbags gehen auf, helfen jedoch nicht wirklich. Die Ladung des LKWs ist wacklig und schon fallen Steine auf das Auto und zertrümmern die Windschutzscheibe. Einer davon trifft Butsuma am Kopf, der daraufhin zur Seite und auf seine Frau kippt, die erneut schreit. Dann dreht sich Akemi zu ihren Kindern und muss feststellen, dass drei von ihnen bewusstlos sind. Panisch schaut sie zu Hashirama, der sie aus großen Augen anstarrt.
„Du musst hier raus! Nimm Kawarama mit!" Sie versucht Tobirama und Itama wach zu rütteln, bleibt jedoch erfolglos. Tränen fließen über ihre Wangen. „Meine Babys..."
Eifrig nickt Hashirama, der fast nichts abbekommen hat und schnallt sich hastig ab. Als er das Gleiche bei dem Gurt von Kawarama versucht, lässt sich dieser jedoch nicht lösen. Er beginnt selbst zu weinen und zerrt daran herum. „Er klemmt", sagt er mit zittriger und vor Tränen erstickter Stimme.
„Dann steig alleine aus, ich komme mit den anderen nach. Ich liebe dich", versucht sie ihn zu beruhigen, woraufhin er nickt.
„Versprichst du es?", fragt er und öffnet angestrengt die Tür und steigt aus. Doch bevor er eine Antwort bekommen kann, fällt ein weiterer Stein auf das Auto hinab und trifft Akemi am Hinterkopf. Ihr Oberkörper kippt etwas nach vorne, während der Kopf schlaff nach unten hängt.
Hashirama beginnt zu schreien und rüttelt an der Türklinke, die sich jedoch nicht öffnen lässt. Von starken Armen wir er zurückgezogen, wehrt sich jedoch dagegen, während seine Wangen nass werden.
„Jetzt wach schon auf!" Diese Worte reißen mich aus dem Schlaf und sofort sitze ich aufrecht im Bett. Alles prasselt auf mich ein und ich habe das Gefühl unter all dem erdrückt zu werden. „Was ist los?", fragt Hidan und ich kann Sorge in seiner Stimme hören und in seinen Augen sehen.
Dass er sich eigentlich nicht für mich interessiert und das somit etwas Besonderes ist, bemerke ich in diesem Augenblick nicht. Das Licht ist an und ich schaue mich hektisch um. Erst als ich sicher bin, dass soweit alles in Ordnung ist, wage ich es Hidan in die Augen zu sehen. Erleichterung macht sich in mir breit und ich kann nichts gegen die Tränen unternehmen, die sich aus meinen Augen schleichen.
„Hashirama, was ist los?", fragt er nun eindringlich und mustert mich.
„Alles okay. Mir geht es gut." Diese Lüge hätte sogar ein Blinder mit Krückstock erkannt.
„Lüg mich nicht an. Wenn alles in Ordnung wäre, dann hättest du nicht wie am Spieß geschrien und um dich geschlagen."
Seine Worte lassen mich schlucken. Habe ich das wirklich gemacht? Er lügt bestimmt. Aber warum sollte er in einer Situation wie dieser Lügen. Kann ich ihm vertrauen? „Ich erinnere mich", sage ich schließlich leise, woraufhin er einen überraschten Ausdruck im Gesicht bekommt.
„Woran?" Es war klar, dass er diese Frage stellen würde, doch die Antwort kommt mir schwerer über die Lippen als ich gedacht hätte.
„An alles..." Meine Stimme ist nur ein leises Flüstern, doch er hat es definitiv verstanden. Ein zweites Mal werde ich das nicht noch einmal sagen. Zumindest glaube ich, dass es alles ist. Aber wer kann sich schon an jede Einzelheit seines Lebens erinnern?
„Wie, an alles?" Hidan ist mit Abstand die dümmste Person, die mir in meinem ganzen Leben über den Weg gelaufen ist. Und das weiß ich, weil ich mich wieder daran erinnere.
„Was ist bei ‚an alles' denn bitte nicht zu verstehen, du Trottel? Ich weiß wieder wer ich bin. Ich erinnere mich an meine Vergangenheit. Kapierst du es jetzt?", frage ich und bin etwas verärgert.
„Das ist doch gut", sagt er dann nach einer kurzen Pause. „Oder nicht?"
Ich senke den Blick und zucke mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Irgendwie ist es merkwürdig. Mit einem Mal habe ich doch wieder eine Identität aber sie hilft mir nicht wirklich weiter." Theoretisch könnte ich jetzt zurück und mein Studium fortführen doch was würde mir das bringen? Ich müsste mir eine Wohnung suchen, weil mein Elternhaus nichts anderes mehr als Asche ist. All die Gedanken, die mir jetzt gerade kommen, sagen mir jedoch nicht zu. Ich habe so viele Möglichkeiten, was ich mit meinem Leben anfangen könnte, habe jedoch nur eine Sache im Kopf. Ich will hier nicht weg. Jetzt, da wieder alles zurück ist, wird Hidan vermutlich versuchen mich so schnell wie möglich wieder loszuwerden. Es ist nicht so, als hätte er es nicht bereits früher versucht, aber jetzt kann er mich wirklich einfach rauswerfen. Die Vorstellung lässt mich schlucken und ich kralle die Finger in die Decke.
„Und was jetzt?", stellt Hidan die Frage, die mir schon die ganze Zeit durch den Kopf schwirrt.
„Ich weiß nicht", gebe ich zu. „Du kannst mich rauswerfen oder sonst was machen. Immerhin kann ich mir ja irgendeinen Job suchen."
„Und wie willst du das anstellen? Ich glaube kaum, dass du deine Zeugnisse und alle anderen Dokumente gerettet hast. Du hast nichts außer das hier."
Er hat recht. Alle wichtigen Sachen sind von dem Feuer verschlungen worden. Auch wenn ich mich wieder erinnern mag, bin ich ohne irgendeinen Ausweis trotzdem ein Niemand. Tränen sammeln sich in meinen Augen, doch ich blinzele sie angestrengt weg. Vor Hidan habe ich schon zu oft geheult. Oder wegen ihm. Irgendwas scheint er zu bemerken, denn langsam legt er eine Hand auf meine. Seit wann macht er sowas? Ich hebe wieder den Kopf und schaue in seine Augen.
„Du bleibst erst mal hier und überlegst dir, was du machen könntest. Vor die Tür setzen werde ich dich deswegen nicht. Auch wenn ich es manchmal gerne machen würde. Und bevor du jetzt noch mit irgendeinem Kitsch und Dankesküssen anfängst, mache ich lieber Frühstück."
Bevor ich etwas sagen kann, ist er wieder aus meinem Zimmer verschwunden. Und jetzt erst realisiere ich, dass er nackt ist. Er muss wirklich aus dem Bett gefallen sein.
Ich ziehe mich an und binde mir die Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen, da sie gerade einfach nur nerven. Ja, ich habe Hidan dazu überreden können mir Haargummis zu kaufen. Zwar habe ich mich wie ein Kind verhalten, das seine Mutter anfleht ihm Süßigkeiten zu kaufen, aber letzten Endes hat er nachgeben und das ist die Hauptsache.
In der Küche reicht Hidan mir eine Tasse und nach einer kurzen Geruchsprobe stelle ich fest, dass es sich um Kakao handelt. Vorsichtig trinke ich einen Schluck und schließe dann genüsslich die Augen. Er hat nichts Ekelhaftes drunter gemischt. Ich setze mich auf den Tisch und beobachte ihn dabei, wie er Pancakes macht und flucht, als sie immer wieder zerbrechen. Irgendwann kann ich mir das nicht mehr ansehen, stelle die Tasse ab und schiebe ihn zur Seite. „Du bist wirklich ein furchtbarer Koch", sage ich und gebe neuen Teig in die Pfanne.
„Kann halt nicht jeder so perfekt sein wie du", gibt er beleidigt zurück, was mich schmunzeln lässt.
„Ich bin noch Lichtjahre davon entfernt überhaupt ansatzweise perfekt zu sein", sage ich und wende geschickt den luftigen Teig. „Was möchtest du gerne dazu essen?", frage ich nun und schaue ihn an. Sein Blick liegt ebenfalls auf mir und ich warte auf eine Antwort, die jedoch nicht kommt. „Hidan?", spreche ich ihn noch einmal an und dann reagiert er auch.
„Was? Hast du was gesagt?"
Wieder schmunzele ich und nicke. „Ich habe dich gefragt, was du zu den Pancakes essen möchtest."
„Rührei?", gibt er zurück und ich weite überrascht die Augen, bevor ich anfange zu kichern. „Was ist daran denn falsch?", fragte er hat wieder diesen niedlich beleidigten Gesichtsausdruck.
„Ich glaube nicht, dass du sie mit Rührei belegen willst. Was hältst du von Honig? Oder Nougat-Creme? Und vielleicht solltest du dich noch einmal hinlegen, denn so verpeilt wie du gerade bist kann es heute nichts mehr werden."
Er streckt mir die Zunge raus und schneidet dabei eine Grimasse. „Ich bin topfit und wenn ich einmal richtig wach bin, dann kann ich auch nicht mehr schlafen. Sollte ich heute also wegen zu wenig Schlaf unerträglich sein, dann–"
„Dann singe ich dir was vor, damit du schlafen kannst", gebe ich so ernst wie möglich zurück, muss mich aber umdrehen, da meine Mundwinkel mir widersprechen und machen was sie wollen.
„Ich höre deine Stimme schon oft genug. Da musst du nicht noch anfangen zu singen", gibt er zurück und ich drehe mich schmollend zu ihm.
„Ich singe aber gerne", sage ich und gebe etwas Honig auf den fertigen Pancakes.
„Das ist mir egal. Du kannst nicht singen", erwidert Hidan und lehnt sich an den Tisch.
„Woher willst du das wissen?", frage ich ziehe dabei die Augenbrauen hoch.
„Du singst unter der Dusche und es klingt wie eine sterbende Katze."
Entrüstet schaue ich ihn an und habe ihm, bevor ich es selbst realisiert habe, sein Frühstück ins Gesicht geworfen. Nun, ich habe den Teller nicht richtig geworfen, sondern ihm den einfach ins Gesicht geklatscht, und grinse jetzt zufrieden. Doch Hidan sieht gar nicht begeistert aus, weswegen ich mich schnell kichernd aus dem Staub mache.
„Senju!", sagt er wütend und läuft mir nach.
Leider ist die Wohnung nicht groß genug, als dass ich mich lange verstecken könnte und somit finde ich mich kurz darauf wieder an die Wand gedrückt wieder und sehe in ein wütendes Gesicht. Ausnahmsweise hat er mal nicht meine Hände festgenagelt, sondern drückt mich an den Schultern dagegen.
„Du scheinst das wohl wirklich lustig zu finden!", motzt er sofort wieder los, was mich innerlich die Augen verdrehen lässt.
„Das nennt man Neutralisation", sage ich ganz aus dem Kontext heraus und kichere leise, als er mich mehr als verirrt anschaut. „Du bist sauer, aber der Honig macht dich wieder süß. Also muss deine Laune jetzt neutral sein", erkläre ich und lecke meinen Zeigefinger ab, mit dem ich etwas von dem goldenen Aufstrich aus seinem Gesicht gewischt habe. Mein Blick wandert zu seinen Lippen und sofort spüre ich das unbändige Verlangen den Honig wegzuküssen. Oder ihn einfach überhaupt zu küssen. Wenn er nicht gleich etwas Abstand nimmt, dann mache ich es wirklich. Und das wollen wir ja nicht. Also ich will schon, aber seine Reaktion darauf muss ich nicht unbedingt erfahren. Es ist sehr eindeutig, dass ihn diese Geste verwirrt hat, denn er schaut mich einfach nur an und sagt nichts mehr. Ich tippe noch einmal seine Nase an und schlüpfe dann unter seinem Arm hindurch. Erst als ich zurück in der Küche bin, taucht er nach ein paar Minuten wieder auf und hat sich das Gesicht gewaschen. Ich decke den Tisch und stelle dann einen weiteren Teller mit den fertigen Pancakes dazu. „Essen ist fertig", sage ich, als ich mich zu Hidan drehe, der im Türrahmen lehnt, und ihn anlächle. Langsam kommt er zu mir und setzt sich an den Tisch. Ich setze mich ihm gegenüber und wir fangen an zu essen. Doch schon den ersten Bisschen spucke ich nach ein paar Sekunden auf den Teller zurück und er verzieht angewidert das Gesicht.
„Ich glaube ich habe den Zucker mit dem Salz verwechselt", bringt er hustend hervor und trinkt einen großen Schluck Kaffee, was ich ihm mit meinem Kakao sofort nachmache.
„In wen bist du denn verliebt?", frage ich dann belustigt und kratze den Honig mit meiner Gabel runter.
„Wie meinst du das?", will er wissen und mal wieder kann ich nur die Augen verdrehen.
„Es heißt doch, dass man das Essen versalzt, wenn man verliebt ist. Aber der Spruch scheint dir wohl fremd zu sein." Ich schiebe mir die Gabel in den Mund und stehe dann auf, um das Essen wegzuwerfen. „Und was frühstücken wir jetzt?" Schnell werfe ich einen Blick in den Kühlschrank und hole ein paar Zutaten heraus. „Mach mir hier mal ein bisschen Platz", fordere ich und deute auf die benutzen Küchenutensilien. Ohne etwas zu erwidern, dass ich ihm nichts zu sagen habe oder es selbst machen soll, steht Hidan auf und räumt die Sachen zur Seite. Ich nehme mir ein Brett und ein Messer und beginne das Gemüse zu waschen und klein zu schneiden. „Du kannst schon mal die Eier in eine Schüssel geben."
„Wie viele?", fragt er und holt eine Schüssel und einen Schneebesen aus dem Schrank.
„Acht, würde ich sagen?" Kurz schaue ich zu ihm und achte dann wieder auf meine Hände.
Er macht mir nach und schlägt dann die einzelnen Eier auf. „Was jetzt?" Hidan wirft die Schalen in den Müll schaut mich abwartend an.
„Du schneidest das Gemüse weiter. Wir wollen ja nicht, dass da wieder zu viel Salz dran kommt." Schmunzelnd zwinkere ich ihm zu, woraufhin er die Augen verdreht.
„Haha, wirklich sehr lustig."
„Das ist es wirklich", kichere ich und tausche mit ihm Plätze. Schnell habe ich auch die restlichen Sachen zusammen und gebe verschiedene Gewürze zu den Eiern, bevor ich sie verquirle. „Du musst oben das Grüne bei den Tomaten abschneiden", weise ich Hidan an und demonstriere es ihm einmal.
„Warum kannst du eigentlich so gut kochen?", frag er und beobachtet mich dabei.
„Ich habe früher meiner Mutter dabei geholfen." Sofort spüre ich einen stechenden Schmerz in meiner Brust, lasse mir jedoch nichts anmerken. „Außerdem wollte ich mich nicht für den Rest meines Lebens von Fertiggerichten und Fast Food ernähren. Wie du es die letzten Jahre ausgehalten hast kann ich mir nicht vorstellen. Aber dir brennt bei den Spaghetti vermutlich schon das Wasser an."
Hidan schubst mich leicht mit der Schulter an, woraufhin ich mir fast in den Finger schneide, jedoch nichts sage. „Du denkst wohl ich kann gar nicht kochen, aber das stimmt nicht. Nudeln zu kochen bekomme ich hin. Und Kartoffeln schälen auch. Ein Schnitzel schaffe ich sogar auch. Und Pommes sind einfach"
„Dann kannst du mir deine Kochkünste doch einfach heute Abend demonstrieren. Ich lasse dich in Ruhe machen und du zauberst uns etwas zu essen, das man dann auch essen kann."
„Challenge angenommen. Und was bekomme ich dafür?", will er schließlich noch wissen.
„Kannst du dir aussuchen. Aber ich werde nicht alles machen, also komm nicht auf irgendwelche dummen Ideen."
„Ich überlege mir was", sagt er noch und danach herrscht Schweigen. Es ist jedoch kein unangenehmes Schweigen, ganz im Gegenteil.
Nach dem Frühstück gehen wir einkaufen, da jetzt einige wichtige Lebensmittel fehlen. Wieder einmal finde ich etwas, das ich unbedingt haben will – heute ist es ein Eis – doch Hidan ist der Meinung, dass es dafür im Oktober schon zu kalt sei. Schließlich verlassen wir beide mit einem Eis in der Hand den Supermarkt. Den Nachmittag über machen wir nichts Besonderes und dann ist endlich Abend. Ich sitze im Wohnzimmer auf dem Sofa und höre Musik, während Hidan in der Küche hantiert. Als er mich zum Essen ruft und ich die Küche betrete, herrscht dort ein riesen Chaos, wo ich mich frage, wie man das anrichten kann. Wie ich bereits vermutet habe, gibt es Pommes und Schnitzel, aber immerhin hat er die Pommes auch selbst gemacht. Insgesamt stand er zwei Stunden lang in der Küche und hat immer wieder geflucht. Er wartet auf meine Reaktion, als ich anfange zu essen und schaut mich fragend an.
„Schmeckt gut", sage ich lächelnd und schiebe mir sofort noch mehr in den Mund. „Du bist doch nicht sooo schlecht, wie ich dachte, aber einen Kochkurs solltest du vielleicht trotzdem noch mal besuchen."
„Ich werde ganz bestimmt nicht irgendeinen Kurs besuchen, das kannst du schön vergessen. Und ab sofort kochst auch wieder du, das ist mir alles zu aufwendig", beschließt er und beginnt dann selbst zu essen.
„Wir können auch gemeinsam kochen", schlage ich vor, doch Hidan schüttelt den Kopf.
„Das kannst du schön alleine machen. Ich meide die Küche so gut es geht."
Wieder muss ich schmunzeln, bin jedoch ruhig und esse weiter. Es war zumindest ein Versuch wert gewesen, aber wir haben heute fast nicht gestritten. Schön wäre es, wenn das auch so bleiben würde. Die Hoffnung stirbt immer noch zuletzt. Und ich habe viel Hoffnung, also wird es lange dauern, bis sie irgendwann stirbt.
Nach dem Essen schaffe ich es noch Hidan dazu zu überreden einen Film mit mir zu gucken, obwohl er dabei eigentlich die ganze Zeit am Laptop sitzt – das Ladekabel hat er inzwischen wiedergefunden. Na ja, der Gedanke zählt. Ich kann mir einfach vorstellen, dass wir zusammen sind und uns jetzt einen gemütlichen Abend machen, bevor wir dann ins Bett gehen. Nur darf ich mich nicht dazu veranlassen mich irgendwie an ihn zu lehnen. Deswegen sitze ich an der Armlehne, während mich ein Kissen zwischen uns auf Abstand hält. Sonst passiert wirklich noch etwas. Ein weiteres Kissen habe ich auf dem Schoß, damit mein Bedürfnis zumindest irgendwie gestillt werden kann. Ich frage mich, wie ich das noch viel länger aushalten soll, aber irgendwie werde ich es schon schaffen. Es gibt Menschen, die lassen sich ihre Gefühle jahrelang nicht anmerken, doch leider bin ich recht emotional, weswegen das doch schwer wird.
Irgendwann stellt Hidan den Laptop weg und ich schiele kurz zu ihm rüber. Er hat den Blick auf den Fernseher gerichtet und scheint den Film zu gucken. Irgendwie macht mich das total glücklich.
Den Rest des Abends kann ich nicht mehr aufhören zu lächeln, auch nicht, als Hidan mich irgendwann komisch von der Seite anschaut. Als der Film dann vorbei ist, steht er auf und sagt, dass er ins Bett gehen würde. Es ist erst neun Uhr, aber er ist wegen mir auch früh aufgestanden. Ich wünsche ihm eine gute Nacht und gehe selbst noch einmal duschen, bevor ich mich ins Bett lege und Probleme beim Einschlafen habe, weil ich immer noch lächeln muss.
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