Kapitel 5 • falling for you?
Shanghai, 13. April 2019
Ich wollte gerade erst meine letzte Flying Lap im dritten freien Training starten, als mein Renningenieur mich zurückrief.
„Yellow flag im letzten Sektor, fahr in die Box", wies er mir an und somit fuhr ich auch zur Pitlane.
„Was ist passiert?", hakte ich nach, als ich den ganzen Rauch links von mir entdeckte, welcher von der Strecke zur Boxengasse herüberwehte. Irgendjemand musste einen Unfall gehabt haben und ein ungutes Gefühl beschlich mich. Es könnten nur zwei Personen gewesen sein, denn nur zwei waren so unmittelbar vor mir, dass sie infrage kamen. Einmal war es ein Haas, ich glaubte, dass es Kevin war, und anderseits Alex. Allerdings war der Haas in meinem Sichtfeld gewesen, als mein Renningenieur sich gemeldet hatte. Das ungute Gefühl wurde immer größer.
„Albon hatte einen Unfall", wurde meine Vermutung nun bestätigt und augenblicklich wurde mir schlecht. „Red flag, das Training wird beendet."
Diese letzte Information nahm ich schon gar nicht mehr richtig wahr, sondern fuhr einfach stumpf in die Box, wo meine Mechaniker auf mich warteten.
Ich sprang sofort aus dem Wagen, als er zum Stehen kam und blickte mich nach jemandem um, der irgendwas zu Alex wissen könnte.
„Ich bin gleich wieder da", meinte ich hektisch zur nächstbesten Person, bevor ich mich in Richtung des Kommandostandes meines Teams begab. Meine Schritte führten mich bis an das Gitter, welches ihn von der Strecke abtrennte und mein Blick glitt nach links. Dort konnte man Alex' Wagen sehen, komplett zerstört, und überall lagen Einzelteile auf der Strecke zerstreut herum. War er schon ausgestiegen oder saß er noch darin?
„Ach du Heilige...", brachte ich geschockt über die Lippen. Tausend verschiedene Fragen kreisten in meinem Kopf herum, allerdings setzte sich eine durch: War er okay?
„George!", riss mich eine Stimme aus meinen Sorgen und ich wandte schweren Herzens meinen Blick von der Unfallstelle ab, um nach dem Besitzer der Stimme zu suchen. Schließlich fand ich ihn in Lando. Seine Gesichtszüge zeigten genauso wie meine puren Schock. Der Jüngere kam vor mir zum Stehen und blickte kurz an mir vorbei zur Strecke.
„Weißt du irgendwas über seinen Zustand?", fragte ich ihn fast schon verzweifelt. Innerlich betete ich so sehr, dass er mir Entwarnung geben würde.
„Ja, ich war eh in der Box und habe den Crash auf den Monitoren gesehen. Ihm geht es gut und er wird jetzt ins Medical Center gebracht", beruhigte er mich und ich wäre ihm am liebsten um den Hals gefallen. Pure Erleichterung machte sich in mir breit, während ich einen Stoß an Luft entließ.
„Scheiße, ich hatte glaube ich noch nie in meinem Leben so Panik", hauchte ich und fuhr mir durchs Gesicht. „Was ist genau passiert?"
„Er ist aufs Gras gekommen und hat dann die Kontrolle verloren, bevor er in die Bande geknallt ist", erklärte Lando und spielte mit seinen Händen das Geschehen nach. „Sei einfach froh, dass du den Crash nicht live sehen musstest."
„Lieber live sehen als unwissend sein", widersprach ich ihm. „Ich hatte keine Ahnung, was passiert ist."
Ich zwang mich dazu, tief durchzuatmen, damit ich nicht komplett meine Fassung verlor. „Ich gehe in sein Motorhome und warte dort auf ihn. Kommst du mit?" Fragend blickte ich Lando an, welcher schwer seufzte.
„Ich habe gleich noch eine Besprechung", murrte er. „Aber ich komme vorbei, sobald sie fertig ist."
„Na gut, dann sehen wir uns später", stimmte ich ihm zu, bevor ich den Kommandostand inspizierte. Sofort fand ich die Person, nach der ich gesucht hatte. Ich verabschiedete mich mit einer einfachen Handbewegung von Lando, bevor ich zu Claire ging, welche mit ein paar Mitarbeitern redete.
„Claire?", unterbrach ich ihr Gespräch und meine Teamchefin wandte sich mir auffordernd zu. „Ich würde gerne nach Alex schauen gehen. Ist das in Ordnung?"
„Klar, mach das", lächelte sie sanft, bevor sie einen Blick auf die Uhr warf. „In einer dreiviertel Stunde haben wir noch eine Besprechung, bis dahin solltest du also zurück sein."
„Bin ich", versprach ich ihr sofort. „Danke, danke, danke!"
Sie hatte gar keine Möglichkeit mehr, mir zu antworten, da ich direkt verschwand. Ich rannte quasi schon durch unsere Box und den Paddock, bis ich vor dem Motorhome von RedBull und somit auch Toro Rosso stand. Kurz atmete ich durch, dann betrat ich ihn. Ein paar Mitarbeiter bemerkten mich, wussten aber natürlich, warum ich hier war. Es war immerhin kein Geheimnis, dass Alex und ich gut miteinander befreundet waren.
„Alex ist noch im Medical Center, aber er kommt bestimmt bald", meinte eine jüngere Frau zu mir, ohne dass ich etwas sagen musste. „Warte doch in seinem Zimmer. Erster Stock, erste Tür rechts." Sie deutete in Richtung einer Treppe.
Ich bedankte mich artig bei ihr und folgte der Beschreibung. Auf dem Schild neben der Tür stand ,Alexander Albon', hier musste ich also richtig sein. Ich öffnete die Tür und trat ein, bevor sie hinter mir zurück ins Schloss fiel. Nervös nahm ich auf der kleinen Couch Platz. Mein Blick glitt zur Uhr, die an der Wand hing. Ich hatte noch knapp 35 Minuten, bis ich zurück bei meinem Team sein musste, das reichte hoffentlich.
Es dauerte allerdings deutlich länger als erwartet, bis sich die Tür endlich öffnete. Hoffnungsvoll sah ich zu der nun geöffneten Tür, in welcher Alex stand.
„Hey", lächelte er mir müde entgegen und sofort war ich auf den Beinen. „Was machst du hier?"
„Soll das ein Scherz sein? Ich habe mir Sorgen um dich gemacht!", meinte ich, als ich langsam auf ihn zukam. „Wie geht es dir?"
„Gut, soweit." Er zuckte leicht mit den Schultern. „Quali fällt für mich ins Wasser, das Auto kriegt man bis dahin nicht wieder repariert. Hoffentlich schaffen sie es bis morgen."
„Bestimmt", ermutigte ich ihn. Die Bilder des Unfalles kamen wieder hoch und ich unterdrückte mir jetzt ein paar Tränen. „Ich hatte echt Angst, dass dir was schlimmes passiert ist. Am liebsten wäre ich zu deinem Wagen gerannt, um endlich zu wissen, ob es dir gut geht", gab ich leise zu und blickte zu Boden.
Seufzend zog er mich in seine Arme und sofort presste ich ihn nah an mich. Jetzt seine Nähe spüren zu können war besser als alles andere auf dieser Welt.
„Keine Sorge", murmelte er in meine Haare. „Ich lasse dich nicht so schnell alleine. Irgendjemand muss dir ja Konkurrenz machen, wenn du in ein paar Jahren mit Mercedes den Weltmeistertitel holen willst."
Ein leichtes Lachen entwich meinen Lippen und ich trat jetzt einen Schritt zurück, um ihn wieder anblicken zu können. „Ich bin wirklich froh, dass dir nichts schlimmeres passiert ist."
„Ich auch, glaub mir. Da ist noch so viel, was ich machen will", seufzte er und setzte sich aufs Sofa.
„Und das wäre?", fragte ich ihn gespannt.
„Rennen gewinnen, Familienausflüge, Zeit mit meinen Freunden verbringen", zählte er mithilfe seiner Finger auf, bis sich ein Grinsen auf seine Lippen schlich. „Mal was mit einem Mann haben."
Fassungslos schüttelte ich den Kopf. „Dass du jetzt schon wieder so scherzen kannst...Bitte bleib ernst, die Situation ist nicht zum scherzen gerade."
„Ich bin ernst!", beharrte er. „Ich will es mal ausprobieren. Vielleicht macht es ja klick und ich merke, dass Männer besser sind als Frauen."
Einen Moment lang blickte ich ihn stumm an und konnte nicht leugnen, dass mein Herz durch diese Aussage schneller schlug. Irgendein neues Gefühl machte sich in mir breit...Hoffnung? Warum fühlte ich nach diesen Worten Hoffnung in mir aufkeimen?
„Warum schaust du so? Wärst du dann nicht mehr mein bester Freund?", hakte Alex prüfend nach und ich schnaubte beleidigt.
„Entschuldigung? Was denkst du bitte von mir?", beschwerte ich mich. „Natürlich wäre ich noch dein bester Freund, rede keinen Schwachsinn!"
„Ist ja gut", schmunzelte er leicht und hob verteidigend seine Arme. „Du hast nur so komisch geschaut."
„Habe ich gar nicht", murrte ich. Alex grinste schief, bevor er ein neues Thema anschnitt: „Wollen wir heute nach dem Qualifying irgendwann mit Lando was essen gehen?"
„Ja, klingt gut."
Wie sich später herausstellte, fand Lando keine Zeit für uns, da er bereits mit Carlos verabredet war. Dafür hatten Alex und ich einen umso schöneren Abend zu zweit, in der wir unsere Gedanken über Landos und Carlos' mögliche Beziehung vertieften. Der Unfall war schon fast wieder vergessen, allerdings nur fast.
Spät abends lag ich in meinem Hotelbett und ließ den Tag Revue passieren. Als ich an den Unfall dachte, zog sich mein Herz schmerzhaft zusammen. Es zeigte, wie schnell etwas lebensveränderndes geschehen konnte. Ein Leben ohne Alex war für mich unvorstellbar und ich wollte ihn niemals verlieren, dafür würde ich alles geben. Meine Gedanken schweiften zu all den Berührungen ab, die wir immer wieder austauschten und die stets ein Kribbeln in meinem Bauch hinterließen. Dazu die Reaktion meines Körpers, als er von einer Beziehung mit einem Mann geredet hatte...
Eine neue Erkenntnis erschütterte mich daraufhin. Konnte es sein, dass ich mich gerade in Alex verliebte? Nein, sicherlich war das alles nur situationsbedingt, dass ich so fühlte. Jetzt gerade war ich einfach nur zu müde, um einen klaren Gedanken zu fassen.
Etwas beruhigter von dieser Vorstellung, schloss ich meine Augen und driftete ab.
Ich bin sehr glücklich über George in P2🥺 aber umso trauriger wegen Alex und Lando...naja, die Punkte holt man ja sonntags und nicht samstags, also wird es morgen hoffentlich besser🖤
Kommentar von dreaming_t :
[ah ja, situationsbedingt also.🤔 Ich bin mal gespannt, wie lange Georgie versucht sich das einzureden... nichtsdestotrotz ist es wirklich cute, wie er sich um Alex sorgt und sofort zu ihm geht. What an angel.<3 Wie toll geschrieben]
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