08 Heimat
Guten Abend!
Ja, ich bin zurück. Mehr oder weniger. Ich hatte einfach Lust auf ein Kapitel und hier ist es. Ist zwar nicht besonders lang, aber für den Anfang ganz gut und zufrieden bin ich auch. Bitte denkt aber nicht, dass ich wieder regelmäßig update, soweit bin ich dann doch nicht. Aber mal sehen, was die Zukunft so bringt.
Nun viel Spaß beim Lesen!
Kapitelname: Heimat
Wörterzahl: 1062
Vorkommende Personen: Sven Kruspe, Gordon Kruspe, Till Lindemann, Oliver Riedel, OC
Sicht: Sven/Richard
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Je näher ich dem Zielort, unserem alten Treffpunkt, an dem ich sie vermute, komme, desto nervöser werde ich. Ich sehe sie bereits dort sitze, auf dieser einsamen verrotteten Holzbank am See. Wie immer sitzt Till auf der Lehne, es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese abfällt. Obwohl es Winter ist, hat er die Ärmel seines vermutlich selbst gestrickten Pullovers nach oben gekrempelt. Olli sitzt daneben und wirft Steine in ein Loch des gefrorenen Sees. Vermutlich hat Till hier Tage zuvor Fische geangelt.
„Wen erblicken meine Augen denn da? Der verschollene Junge aus dem Kruspe Haus", ertönt Tills dunkle Stimme und zieht die Augenbrauen nach oben.
Auch Olli blickt zu mir und ist sichtlich überrascht.
„Wo haben sie dich denn ausgegraben? Wir dachten schon, du seist in den Westen abgehauen und lebst jetzt ein entspanntes Leben bei den Reichen", sagt er.
„Da wollte ich auch hin, bin aber nur bis Berlin gekommen."
„Ost oder West. Bei West kriegst du meinen Respekt", Till grinst.
„Nur Ost. Ich stand vor der Mauer, aber bis zur endgültigen Flucht kam ich nicht. Darf ich?"
Meine beiden besten Freunde nicken und ich setze mich zu ihnen auf die eiskalte Bank. Ich erzähle ihnen von Paul und von der Familie Landers. Davon, wie Berlin so ist, denn Till und Olli waren noch nie dort, und was ich dort gemacht habe.
„Selbst zur Schule bist du da gegangen. Scholle, du hast meinen Respekt wirklich verdient. Nein, ich meine das Ernst. Ich hätte mich nicht getraut, hunderte Kilometer weg von zu Hause. Dass auch noch allein, irgendwann schaffst du es auch noch nach drüben", Till lacht, denn ich weiß, dass er meine Fluchtpläne in den Westen für bescheuert hält.
Ehrlich gesagt waren und sind sie auch bescheuert und ich werde es wohl – Stand jetzt – nicht noch einmal probieren. Zumindest solange alles gut läuft und was soll ich denn auch da drüben? Ich habe festgestellt, dass ich es doch gut hier habe. Vor allem bin ich froh, dass Till und Olli mir nicht böse sind.
„Habe ich denn irgendwas während meiner Abwesenheit verpasst?", hake ich nach.
„Hier war nichts Interessantes, außer dass die Kriminalpolizei nach dir gesucht hat. Ich glaube, wärst du für tot erklärt worden", erzählt Till und wirft ebenfalls einen Stein in das Loch.
„Hätten sie mal, dann wäre ich dortgeblieben und hätte vielleicht doch noch irgendwann die Seite gewechselt. Von mir aus hätte ich auch einen Tunnel gegraben."
„Oder die Stasi hätte Hackfleisch aus dir gemacht", Till zwinkert, während Olli zusammenzuckt.
„Mach unserem Kleinen nicht so viel Angst", ich tätschele grinsend Ollis Kopf, welcher daraufhin den Kopf schüttelt.
Olli mag es nicht, als „Kleiner" bezeichnet zu werden, nur weil er jünger ist als Till und ich. Trotzdem ziehen wir ihn immer wieder damit auf. Manch einer wundert sich auch über unser Trio. Wir sehen wohl merkwürdig untereinander aus, durch den Altersunterschied. Uns ist das egal, denn wir haben uns gerne und dass ist das Wichtigste. Eine zweite Familie zum Entfliehen.
Wir sitzen lange am See, sprechen über die vergangenen Monate und darüber, was nun auf uns zukommen wird. Ich werde hier wieder zur Schule gehen müssen, wird ein komisches Gefühl sein, wieder in meine alte Klasse zu kommen mit meinen alten Mitschülern. Mittlerweile wäre ich doch gerne lieber in Berlin geblieben oder besser doch in den Westen geflohen.
Ich verwerfe diesen Gedanken lieber und mache mich als letzter von uns drei auf den Nachhauseweg. Es ist bereits dunkel, nur die Laternen erleuchten meinen Weg. Hoffentlich macht sich meine Familie nicht wieder Sorgen. Schließlich habe ich beim letzten Mal auch gesagt, dass ich zu Till gehe.
Als ich zu Hause ankomme, wartet meine Mutter schon mit dem Essen auf mich. Es gibt Suppe, was mich nicht sonderlich begeistert. Dennoch wärmt sie mich auf, vermutlich hat sie aus diesem Grund die Suppe gekocht.
„Hat die Familie in Berlin dich denn auch gut ernährt?"
„Sonst wäre ich ja wohl vom Fleisch gefallen", antworte ich.
Sie guckt mich angegriffen an und seufzt, dabei habe ich das doch gar nicht böse gemeint.
„Sie haben sich wirklich sehr gut um mich gekümmert, Mutter", ergänze ich also.
„Dann ist ja gut."
Gordon mustert mich belustigt, ich werfe ihm einen warnenden Blick zu.
„Deine Schule weiß schon Bescheid, ich habe ihnen auch gesagt, dass du in Berlin zur Schule gegangen bist. Damit du nicht eine Klasse noch einmal machen musst. Dein Klassenlehrer freut sich über dein Wiederkommen."
Damit er mir wieder weiß machen kann, dass ich ein dummer Nichtsnutz bin? Schon mehrfach hat er mir das an den Kopf geworfen, zu Herzen nehme ich es mir jedoch nicht. Wenn er der Meinung ist, sich mit Niedermachungen besser zu fühlen, bitte. Ich bin nicht so eine schreckliche Art von Menschen und das ist auch gut so. Außerdem weiß ich, dass ich nicht dumm bin, denn meine Schulnoten sprechen gute Worte.
„Hast du denn auch ein Zeugnis bekommen auf der Berliner Schule? Du musst es morgen mitnehmen."
„Mache ich", sage ich und esse zu Ende, damit ich endlich auf mein Zimmer kann.
Nun liege ich zu später Stunde in meinem Bett und kann nicht einschlafen. Es fühlt sich fremd und falsch an, nicht wie meine Heimat wie sie es einst war. Dass ist nicht mehr mein Bett, nicht mehr mein Zimmer. Am liebsten würde ich wieder weglaufen, doch ich bleibe unter der wärmenden Bettdecke. Auf die Seite gedreht, die Beine angezogen und die Augen offen. Ich vermisse Paul, morgen wären wir wieder zusammen zur Schule gelaufen. Jetzt bin ich in Schwerin, hunderte Kilometer von ihm entfernt bei meiner Familie und ich fühle mich so einsam wie schon lange nicht mehr. Eine einsame Träne sucht sich ihren Weg über meine Wange, ich streiche sie mit meinem Plüschteddy weg. Ich drücke diesen fest an mich und kneife die Augen zusammen. War es nicht doch die falsche Entscheidung, Familie Landers die Wahrheit zu sagen. Ja, dass war es.
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