Kapitel III | 24. Dezember 1994
24. Dezember 1994
Gedankenverloren betrachte ich mich im Spiegel. An mir herunter hängt ein dunkelblaues, knöchellanges Kleid und meine Haare sind vorne leicht zurückgesteckt, während sie mir hinten locker über den Rücken fallen.
Angestrengt schnauf ich einmal laut auf und überdenke nochmal die Situation, die mich in diese missliche lange brachte. Vor ein paar Tagen war es eigentlich nur mein Ziel, vernünftig mit George über die ganze Situation zu sprechen, allerdings hat sich dieser dazu entschlossen abzublocken und die ganze Sache zu vergessen.
Nach ewigen betteln hat er mich dann tatsächlich dazu überredet mit ihm zu dem Ball zu gehen. Worauf habe ich mich da nur eingelassen?
Mein Ziel war es eigentlich nicht zu vergessen, ich war nie jemand, dem es leicht fiel einfach wegzurennen, sondern jemand, der sich lieber seinen Ängsten stellt. Aber welche Angst habe ich denn jetzt?
Durch den Spiegel sah ich mir selbst in die Augen. Sturmgrau, genau wie bei meinem Vater. Wäre er jetzt hier, dann könnte er mir bestimmt weiterhelfen. Allerdings gestaltet sich dieser Wunsch nach ihm etwas schwierig.
Das Leben wäre einfacher, wenn es nicht meins wär. Dann könnte ich den Menschen, denen ich wirklich nah sein will, auch nah sein.
Mit einem Seufzen wende ich mich vom Spiegel ab und gehe nach unten.
**
„Passt du kurz auf meine Begleitung auf, Freddie?", ohne auf eine Antwort zu warten verschwand George in einer Menge von aufgeregten Schülern. Zurück blieb ich mit Fred, der sich schon suchend nach Angelina umsah. Sie haben beschlossen, dass sie sich erst hier unten treffen.
„Stella, schau dir mal Hermine an!", rief Fred überrascht. Ich folge seinen Blick, durch den Menschentumult, auf die andere Seite des Raums. Da läuft sie, an der Seite von dem weltberühmten Quidditchspieler Viktor Krum und macht sich bereit für den Eröffnungstanz. Ihr Kleid war oben in einem zarten Rosa und raffte sich nach unten hin bis zu einem dunklen Lilaton. Ihr Partner, mit dem sie soeben die Tanzposition einnimmt, ist komplett in rot gekleidet und zusammen geben sie ein schönes Bild ab.
„Wow.", hauche ich. „Sie ist wunderschön."
Entschlossen nahm Fred meine Hand in seine und wieder spüre ich dieses kribbeln. „Du bist auch wunderschön Stella."
Erschrocken reiße ich meine Augen von den tanzenden Champions ab und blicke Fred direkt in die Augen. Ich versuche irgendeinen Anhaltspunkt auf eine Lüge zu finde, aber Fred's Lächeln war ehrlich. Und plötzlich spürte ich seinen warmen Atem auf meiner Haut. So warm, als würden seine Lippen direkt darauf liegen. Und keine Sekunde später, da wünschte ich mir, es wäre so.
In diesem Moment blieb fast die Zeit stehen und die Menschen um uns sind beinahe verstummt.
Doch in der nächsten Sekunde, sah er mich nicht mehr an, er blickt auf etwas hinter mir und ich bemerke wie sein Lächeln noch breiter wird.
„Angelina ist auch wunderschön."
Fuck, ich weiche einen Schritt von dem Rothaarigen weg, traue mich aber nicht mich umzudrehen. Ich will gar nicht wissen, wie perfekt Angelina aussieht.
Schnell lässt Fred meine Hand los und läuft ihr entgegen.
Ich werde einfach hier stehen gelassen, ohne das er ein Wort verliert.
Ich merke wie sich Tränen in meine Augen schleichen und ich versuche mich zusammenzureißen. Doch etwas in mir wurde gerade so sehr verletzt, dass ich einfach nicht zurückhalten konnte. Die Tränen platzen aus mir heraus und in dem Augenblick kam George wieder zurück. Als er mein Gesicht sieht, erstarrte er kurz. „Stella, was ist denn passiert?", fragt er mich erstaunt. Doch aus mir kommen keine Worte heraus, also schüttle ich nur leicht den Kopf.
Sofort schließt er seine langen Arme um mich und ich vergrabe meinen Kopf in seiner Brust. Am liebsten würde ich den großen Saal sofort verlassen, aber dann würde jeder meine Tränen sehen.
Da die anderen Paare längst angefangen haben zu tanzen, begann auch George sich langsam mit mir bewegen. Wahrscheinlich geben wir so ein seltsames Bild ab, aber meine Situation wird so niemanden auffallen. Am liebsten würde ich laut losschreien.
„Ich war nur zwei Minuten weg, was ist in der kurzen Zeit passiert?", versucht George erneut nachzufragen.
Ich zucke schwach mit den Schultern und schüttle erneut mit dem Kopf. „Ich kann's dir nicht erklären. Ich weiß es nicht.", nuschle ich leise gegen sein Hemd.
Seine Umarmung wird fester und wir bleiben wieder stehen. Für die anderen Leute sieht es wahrscheinlich aus, als wären wir ein verliebtes Paar.
„Versuch es doch wenigstens zu erklären.", seine Stimme klang fast schon verzweifelt. Langsam löse ich mich wieder von George und wische mir heimlich meine Tränen weg.
Ich schaue langsam zu Angelina und Fred rüber. Bei ihrem Anblick, zieht sich mein ganzer Magen zusammen. Sie sehen so glücklich aus.
„Ich ertrage es nicht die beiden so zu sehen.", flüstere ich George zu und er folgt meinem Blick.
„Ich auch nicht.", gesteht er mir leise. „Ich habe Angelina sehr gerne und wollte sie auch fragen, ob sie mit mir zu dem Ball geht." Fast schon wissend richte ich meine Augen wieder zu ihm. Doch diesmal ist er es, der den Kopf schüttelt. „Es ist okay für mich, wenn Fred sie mag. Solange er glücklich ist, kann er machen was er will."
Das Lied endet und George zieht mich zu einer kleinen Sitzgruppe am Rand des Saals.
„Was sollen wir tun?", frage ich ihn, während ich mich auf eine Stuhl setze. Fragend zuckt der Weasley mit den Schultern. „Wahrscheinlich können wir nichts tun. Wir können sie ja schlecht auseinanderreißen."
Ich senke meinen Blick auf den Boden und schwieg. Er hat recht mit seiner Aussage. Warum war das alles nur so kompliziert?
Ich ließ den Abend qualvoll über mich ergehen, wäre ich früher gegangen, hätte Fred mir nur irgendwelche Fragen gestellt, auf die ich keine Antwort habe. Also versuchte ich das beste draus zu machen. Ab und zu tanzte ich mit George, doch die meiste Zeit saß ich nur herum und beobachte die Menschenmasse. Zum Glück gab es noch weitere Leidtragende. Harry und Ron waren auch nicht sehr begeistert von ihren Begleitungen, also gesellte ich mich irgendwann zu ihnen, als die Patil-Zwillinge verschwunden sind.
„Na ihr verloren Seelen, wieso zieht ihr so lange Gesichter?", witzelte ich, während ich gegenüber von ihnen platz nahm.
„Das könnte ich dich auch fragen.", Ron's Laune schien definitiv im Keller zu sein.
„Ihr habt wohl auch nicht die Begleitung bekommen, die ihr euch gewünscht habt.", erkenne ich und trinke einen Schluck von meinem Glas Punsch. Er war fast schon ein bisschen zu süß.
Harry nickt leicht. Seit dem die Sache mit meinem Vater war, fühle ich mich Harry mehr verbunden. Es ist nicht so, dass ich ihn vorher nicht mochte, aber jetzt gehört er wirklich zu meiner Familie.
„Macht euch nichts draus.", versuche ich die beiden aufzuheitern. „Der Abend ist fast vorbei."
Und als hätte ich einen Startschuss losgelassen, steht Ron auf und stürmt in Richtung Ausgang.
Harry sieht mich entschuldigend an. ,,Keine Sorge, heute ist einfach nicht sein Tag.", sagt er. „Ich werde ihm mal folgen." Und keine Sekunde später ist er auch verschwunden. Mein Blick geht ihm noch einen Moment nach, bis sich meine Augen sich, fast schon automatisch, auf Fred richten, der gerade mit Angelina tanzt.
Auf seinen Lippen liegt ein bezauberndes Lächeln und ich wünsche mir, dass ich diejenige wäre, die gerade in seinem Armen liegt.
Und dann beugt sich Fred zu Angelina vor, um sie zu küssen.
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