• zwanzig •
John Herondale
Ich erinnerte mich an Lukes Fünften Geburtstag. Er wollte nicht in den Kindergarten, also hatten meine Frau und ich Urlaub genommen gehabt, Leo hatten wir ebenfalls zu Hause gelassen.
"Leo, sieh nur!" Luke hielt einen blauen LEGO-Stein vor Leos Nase. Mein kleiner Sohn grinste nur und nahm den Stein, steckte ihn in den Mund. "Nicht essen", erwiderte ich und nahm ihm den Stein schnell aus dem Mund.
"Ih! Den will ich nicht mehr." Leicht lächelte ich. Meine wunderbare Frau kam mit einem Tuch und wischte den Spielstein ab. Wie an jedem Tag um diese Zeit baute Luke neue Sachen aus seinen LEGO-Steinen und wir sahen ihm immer zu.
Leon auf meinem Schoß quiekte. "Daddy!" Fröhlich kuschelte er sich an mich und lachte. "Daddy?" Luke sah mich mit seinen grünen Augen an. "Darf ich heute bei dir und Mummy schlafen?" "Ausnahmsweise", lächelte ich und sah meine Frau an, welche sich neben mich setzte.
"Dann können wir dich zu Tode knuddeln", grinste sie. "Nee, ich bin doch schon Fünf!", meckerte Luke. Jaja, aber bei uns schlafen wollen.
"Daddy?" Luke kam zu mir. In seiner Hand hatte er sein Plüschtier. "Ich hatte einen bösen Traum. Darf ich hier schlafen?" Ich nickte. "Du musst nicht fragen", lächelte ich und schlug die Bettdecke zurück. Luke lächelte müde und krabbelte neben mich.
Seinen Kopf legte er auf meine Brust. "Versuche wieder zu schlafen", flüsterte ich und strich durch seine roten Haare. Zugegeben, ich fand es gar nicht toll, dass er seine Haare hat färben lassen, aber wenn es ihn glücklich machte, dann störte dies mich nicht weiter.
"Denkst du, Husky kommt morgen wieder?" "Ich weiß nicht. Schließlich hat er Schule." "Aber danach. Ich vermisse ihn ganz doll."
Mir war von Anfang an klar gewesen, dass Luke eher auf Jungs stand, als auf Mädchen. Und das störte mich auch nicht. Ich hatte nur Angst, dass er verletzt werden würde. Und es würde ihn umbringen. Und ich konnte ihn nicht verlieren, dann hätte ich in dieser Welt keinen Halt mehr, so viel stand fest. Er war das letzte, was ich an Familie besaß.
Nur er brachte mich dazu, jeden Tag wieder aufzustehen. Denn im Grunde hatte ich nichts mehr. Ich hatte meine große Liebe verloren und einen meiner zwei Söhne. Luke hingegen hatte zwar überlebt, aber nur gerade so und mit Schweren Folgen. Er würde nie auf eigenen Beinen stehen können.
"Daddy? Erzählst du mir eine Geschichte?" Sanft fuhr ich ihm durch seine Haare.
"Es war einmal ein Junger Mann, welcher gerade Zwanzig Jahre geworden war. Er stand am Rande eines unglaublich bösen Nervenzusammenbruchs, weil er so aufgeregt war", fing ich an zu erzählen. "Wieso denn?", fragte Luke leise. "Weil er ganz nervös war. Er stand vor ganz vielen Menschen und wartete darauf, dass sein geliebtes Mädchen endlich erschien. Doch nach fünf Minuten des Wartens kam sie immer noch nicht und der Mann fragte sich, ob sie nicht abgehauen war... Weitere zehn Minuten vergingen, als endlich die große weiße Tür geöffnet wurde und das Mädchen in einem weißen Kleid zum Vorschein kam."
Ich wurde immer leiser beim erzählen. "Der Mann war überglücklich, dass sein Mädchen doch noch kam. Das Mädchen lächelte aufgeregt und kam auf den Mann zu. Und irgendwann, es waren gefühlte Jahre, konnten sie endlich Händchen halten."
Vorsichtig sah ich zu Luke, welcher bereits schlief. Lächelnd deckte ich ihn zu und dachte weiter an meine Hochzeit zurück.
"Hiermit erkläre ich Sie zu Mann und Frau. Sie dürfen die Braut nun küssen." Grinsend sah ich mein Mädchen an. "Wieso hat das so lange gedauert?" "Ich musste nun mal perfekt aussehen", kicherte sie und unsere Lippen trafen aufeinander. Es war das beste Gefühl auf der Welt!
"Ich liebe dich!" "Ich liebe dich auch!" Und noch ein Kuss. Wie immer ignorierten wir beide die Menschen um uns herum. Denn nur wir beide zählten in diesem Moment.
Traurig sah ich auf das Bild auf meinen Nachttisch, welches meine wundervolle Frau und meine zwei Söhne zeigte. Wie sehr ich Caroline und Leon doch vermisste!
Luke schnaufte leise und kuschelte sich enger an mich. Liebevoll legte ich die Decke wieder richtig über ihn. "Schlaf gut, mein Junge", sagte ich leise und schaltete das Licht aus, versuchte eine angenehme Schlafposition zu finden, ohne Luke zu wecken.
Ich wusste noch genau, wie ich sie kennengelernt hatte. Es war an meinem 16. Geburtstag, meine Freunde hatten mich zu einer Party geschleppt. Und dann sah ich sie. 18 Jahre, kurz vor ihrem 19. Geburtstag. Und ich sprach sie an. Wir redeten die ganze Nacht über und ich hatte mich gleich von Anfang an in sie verliebt gehabt.
Luke brummte wie immer leise und krallte sich in mein T-Shirt. Er war mein kleines Baby und ich würde ihn für jeden Preis beschützen, das stand fest! Das hatte ich ihr versprochen.
"Ich liebe dich, Luke", erwiderte ich leise. "Dich lasse ich mir nicht von so einem Typen weg nehmen. Nicht dich auch noch." Leicht drückte ich Luke an mich.
Und es freute mich, dass Luke nun schon das Alphabet konnte. Aleksander merkte es vielleicht nicht, doch er half meinem Sohn gewaltig. Luke hatte sogar akzeptiert, dass Leon gestorben war. Und vielleicht spürte Luke ja wirklich die Anwesenheit seines Bruders. So etwas sollte es geben, darüber hatte ich mich informiert.
Und vielleicht konnte ich Luke irgendwann sagen, dass er einen großen Halbbruder hatte. Doch alles zu seiner Zeit. Erst einmal mussten wir uns diesen Typen vom Hals schaffen, welcher Luke unbedingt in eine Irrenanstalt einweisen lassen wollte.
Und mein Luke war nicht Irre.
Er war anders.
Ich musste dieses Kapitel einfach schreiben 😭❤️
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