Kalte Quelle
Flausch! Das ist Lizzys einziger Gedanke als Hans sie in der Wolfsgestalt abholt und sie sich in seinem Fell vergraben kann. „Danke...", murmelt sie und bekommt ein kurzes Grummeln seinerseits zu hören. Er hätte zwar jemanden in der Nähe gehabt der sie abholen könnte, aber die Erklärung will er sich wirklich nicht entgehen lassen und außerdem haben sie sich schon längere Zeit nicht gesehen. Und sie mag seine Wolfsform offensichtlich und er war schon länger nicht mehr in dieser, also gar nicht so schlecht. Irgendwann setzt sie sich ein wenig auf und er spürt wie sie sich auch richtig hinsetzt, was ihm die Sorge nimmt dass sie runterfallen könnte. „Meinst du wir können einfach noch ein wenig draußen sein? Nicht gleich in die Stadt?" Sie sieht wie die Ohren ein wenig herumspielen, ehe er im vollen Lauf die Richtung ändert und sie sich noch einmal festhalten muss. Lizzy steckt sich die Kopfhörer in die Ohren, packt einfach die Witcherplaylist drauf und fühlt sich irgendwie- Das ist ein unbeschreibliches Gefühl. Die weitausgreifenden Sprünge des weißen Wolfes unter sich, das weiche Fell welches sie zwischen den Fingern hat, der Wind der ihr dabei entgegen kommt und dann noch die Musik dazu? Sie fühlt sich wie in einem Fantasygame, nur dass das hier die Realität ist. Hans bringt sie, weit entfernt von der Stadt, zu einem Wald und spürt sofort wie sie sich anspannt. Stimmt, Wälder sind nicht wirklich ihr Ding, das hat er komplett vergessen! Somit bleibt er erst einmal stehen und dreht leicht seinen Kopf, sieht sie fragend an. Lizzy starrt aber nur in den Wald, fühlt sich alles andere als wohl. Erst nach ein paar Sekunden blickt sie runter und sieht ihm in die roten Augen. Sie wäre nicht allein, er kann sie beschützen wenn es wäre! Aber... kann sie schon wieder in einen Wald? Die eine Hälfte schreit ja! Die andere versteckt sich gerade und will es nicht. Zwar zieht sie den Kopf ein wenig ein, nickt aber zögerlich. Hans mustert sie noch einmal, sieht dann aber nach vorn und geht langsam zwischen den Bäumen hindurch in den Wald hinein. Es ist ruhig, kein Mensch oder übernatürliches Wesen ist hier außer sie beide. Dennoch spürt er die leichte Angst der auf ihm sitzenden Frau, kann man es ihr aber verdenken? Die Narbe auf der linken Seite hat sie auch nur weil sie damals im Wald unterwegs war, also ist es normal dass sie Angst hat. Dennoch ist er froh dass sie ihm genug vertraut um mit ihm in einen dieser Wälder zu gehen. Aus dem langsamen Trott wird ein gemütliches Traben und er achtet auf alles was ihm vielleicht ungewöhnlich vorkommen könnte. Gemeinsam erklimmen sie ein paar Hügel, springen über kleinere Schluchten und gehen an einem Bach entlang, bis sie dort ankommen wo Hans es sich ausgesucht hat. Die Quelle, in einem Umkreis von gut 50 Fuß ist alles frei, ein paar höhergelegenere Orte gibt es auch und es wächst ziemlich viel Gras auf welches man sich gemütlich hinsetzen kann. Das leise Plätschern hilft hoffentlich beim beruhigen und auch blühen die ein oder anderen Blumen und Kräuter um diese Quelle herum. Es ist ein Ort nur für übernatürliche Wesen und da sie mit ihm unterwegs ist, kann sie es auch sehen. Normalerweise ist dieser Ort für menschliche Augen nichts anderes als ein leicht modriger Sumpf den man gern meidet und der auch nicht gern von Menschen aufgesucht wird. Doch für alle übernatürlichen Wesen ist das hier eine der wenigen idyllischen Plätze die man noch als Rückzugs- und Ruheort in dieser Welt hat. Es existieren nur wenige Orte pro Land und die versucht man zu schützen. Hans legt sich hin, sodass sie absteigen kann. Lizzy nimmt die Ohrstöpsel raus, schaltet die Musik ab und verstaut alles wieder in der Hosentasche. Hier ist es- Es sieht friedlich aus. Sie spürt auch außer Hans niemanden und ihre Augen folgen einem kleinen Schmetterling der in aller Ruhe vor sich hin flattert. Ein Schnauben lässt sie umsehen und sie muss den Kopf in den Nacken legen da Hans direkt über ihr steht. Doch anstatt irgendein Wort der Erklärung herauszubringen, lehnt sie sich einfach nur an ihn und schließt die Augen. Der Werwolf setzt sich hin, ehe er sich vorsichtig hinlegt und sie erwartungsvoll anstarrt. Felicitas setzt sich vor ihn hin, immer noch ein wenig angespannt! Aber vielleicht vergeht es wieder. Sie wird sich nicht sofort wohl fühlen, ist die Frage ob sie sich jemals wieder in einem Wald wohl fühlen wird! Aber es geht für den Moment gut genug um sich nur auf Hans zu konzentrieren. Das ist schon einmal eine ziemliche Leistung dafür dass sie eigentlich gar nicht in einen Wald gehen wollte. „Ich weiß nicht ob du sauer sein wirst oder wie du darüber denkst, du redest ja irgendwie nicht. Aber... Uhm... Der Grund warum du mich mitten im Nirgendwo abholen musstest war folgender..." Und somit ist Lizzy an der Reihe zu erklären was passiert ist.
Schlussendlich weiß Hans nicht ob er lachen soll weil die Lady wahrscheinlich nicht damit gerechnet hat dass sie wirklich geht, oder ob er sauer sein soll weil er deswegen die Arbeit abgebrochen hat. Er ist sich einfach nicht sicher was er fühlen soll und bleibt deswegen auf neutralem Boden. So wie immer eben. Felicitas erwartet schon keine richtige Reaktion mehr, sondern lässt einfach nur den Kopf hängen. Vielleicht war es doch eine dumme Aktion die Klappe NICHT zu halten und somit für das Drama zu sorgen. Es wäre von Vorteil wenn sie ihre Aktionen durchdenkt, aber das einzige woran sie gedacht hat war einfach nur weg zu gehen. Eigentlich hat sie ja nur dem Wunsch der Lady entsprochen, oder nicht? Ugh, das bereitet ihr langsam wieder Kopfschmerzen und da hat sie von gestern noch genug. Hans stupst sie vorsichtig mit seiner Nase an, deswegen muss man nicht gleich vor sich hin vegetieren! Als das nicht wirklich hilft, nimmt er es sich einfach heraus ihr über die Wange zu lecken, hoffentlich wird sie ihm da nicht sauer sein! Doch sie hebt nur ihren Kopf, lächelt ihn leicht an. „Danke fürs Aufmuntern... man ey, sowas kann ich nie wieder gut machen!" Sie hat das Gefühl von allen Seiten irgendwie von Nettigkeiten nur so überrumpelt zu werden. Alucard, Hans, Seras, Pip, der Pater... Wollen sie alle irgendeinen Gefallen von ihr oder ist das ein gesunder Weg um Freundschaften aufzubauen? Einerseits findet sie es super! Andererseits liegt sie oftmals in der Nacht wach und denkt darüber nach was sie wohl irgendwann einmal als Gefallen dafür einlösen muss. Nachdenklich blickt sie in Richtung der leisen plätschernden Quelle und stellt sich erneut diese Frage. Immer und immer wieder, bis ein Räuspern zu hören ist. Lizzy dreht ihren Kopf und sieht sofort wieder auf die Seite. „Junge! Warum bist du nackt?!" Hans hat sich zurückgewandelt und sieht an sich hinunter und dann wieder zu ihr. Arbeitet sie nicht in einem Krankenhaus? Sollte sie es nicht gewohnt sein, nackte Leute zu sehen? Außerdem... es ist Haut, was hat sie daran auszusetzen? An sich war er vorhin auch nackt, nur mit Fell bedeckt. „Habt ihr keine Kleidung wenn ihr euch wandelt?" Ein verneinendes Brummen, da sie sich weigert in seine Richtung zu sehen. Obwohl er einen Hauch an rot auf ihrem Gesicht sehen kann, welches seitlich zu sehen ist. Ungeniert steht er auf und geht zur Quelle, ehe er sich dort hineinsetzt. Bis zur Hüfte ist nun alles mit dem Wasser bedeckt, was nicht gerade warm ist! Aber es ist angenehm und er weiß dass es frisch ist. Lizzy hat ihm kurz hinterher gesehen als er aufgestanden ist, ihr Blick ging aber sofort wieder vor sich auf den Boden. Er hat einen guten Hintern, ja! Aber- Das ist nicht der Punkt! Vorsichtig sieht sie zu ihm, aber er an sich ist nur noch sein Oberkörper zu sehen, puh! Hans sieht dass sie ihre Schüchternheit wohl überwunden hat und winkt sie zu sich. Okay, jetzt dreht er aber komplett am Rad, oder? Sie soll wirklich- Warum kann sie nicht einfach hier sitzenbleiben? In einem angemessenen Abstand, wenn man das noch hinzufügen dürfte. Aber sie sollte daran gewöhnt sein, nackte Menschen zu sehen! Warum geniert sie sich so? Weil es eine Person ist die sie kennt und weil es nicht das Krankenhaus ist, deswegen! Aber sie muss ihn nur wie einen Patienten behandeln, oder zumindest so denken. Geht das eigentlich? Nur zögerlich steht sie auf und setzt sich mit ein wenig Abstand zu ihm hin, immerhin kann sie sich nicht direkt neben ihn an den Rand hinsetzen, weil sie sonst Gefahr läuft die privaten Areale zu sehen die man nicht einfach so anstarren sollte. Auf der anderen Seite der Quelle wäre das Starren aber noch ein größeres Problem, weswegen sie einfach drei Fuß von ihm weg sitzt und hat so nicht die direkte Einsicht. Vorsichtshalber legt sie ihr Handy und die Kopfhörer auf die Seite, das sieht hier ziemlich rutschig aus. Hans deutet ihr an sich auch hineinzusetzen, doch sie schüttelt den Kopf. „Nein, danke. Erstens ist mein Immunsystem nicht das beste was kaltes Wasser angeht, zweitens ziehe ich mich nicht aus weil ich nicht so viel... Selbstbewusstsein habe wie du hier einfach nackt rumzulaufen und drittens sind da drin Algen. Ich- Nein. Wenn da irgendetwas an meinen Fuß kommt, dann- Ich bin weg. Ich geh auch nicht in irgendwelchen Seen schwimmen und bin fast am austicken wenn mich im Meer etwas berührt wo ich weiß da sollte nichts sein." Huh, er dachte sie wäre pflegeleichter! Aber das mit den Algen ist wirklich ziemlich... eigenartig. Was ist so schlimm daran? Er sitzt darauf und er lebt noch, also warum sollte sie solche Panik davor haben? Seufzend schüttelt er nur den Kopf, was für ein Umstand. Aber damit er sofort zur Stelle wäre wenn etwas sein sollte, überwindet er die restliche Strecke und sitzt nun fast genau vor ihr. Das, was sie verhindern wollte.
Ach, was für schöne Bäume! Lizzy sucht nun alles mit ihren Augen ab, um ja nicht nach unten starren zu müssen. Sie hat sich in den Schneidersitz gesetzt und trommelt mit ihren Fingern auf ihrer Jogginghose herum. Schön dass er es genießt, aber sie könnte sich nicht auf ein Wort konzentrieren wenn sie mit ihm reden sollte. Sie ist auch nur eine Frau und er- Er sieht einfach gut aus, okay? Diese dunklere Haut, dann noch die Muskeln dazu, die weißen Haare als Kontrast und die roten Augen... Definitiv ist sie dahingehend eine der schlimmsten Gafferweiber die sie kennt. Um also nicht zu unhöflich zu sein, sieht sie ihn erst gar nicht an. Hans jedoch holt sich ihre Aufmerksamkeit mit einer kleinen Handbewegung vor ihren Augen und sie atmet tief ein. „Hans, ich hab dich wirklich gern. Wirklich! Aber wenn ich jetzt zu dir hinuntersehe, dann werde ich nur Starren, kein vernünftiges Wort rausbringen und egal was du mir jetzt andeuten willst, ich werde es nicht mitbekommen. Nur um jetzt einmal ehrlich zu sein, ich glaube du verträgst das." Kurz öffnet er den Mund, schließt ihn aber wieder und denkt für einen Moment nach. Ein Blick zu ihr hoch sagt ihm, dass sie es wirklich ernst meint, denn sie starrt nur gerade aus. Die Sekunden vergehen, ehe er seinen Arm hebt den er im Wasser hatte, eine Hand auf ihren Rücken legt und sie eiskalt in die Quelle schubst. Das überraschte Kreischen wird gleich von ein paar blubbernden Blasen abgelöst als sie untertaucht. Hans kann sich das Schmunzeln nicht verkneifen. Lizzy braucht einen Moment um unter Wasser die Augen zu öffnen und alles verschwommen zu sehen, ehe sie sich aufsetzen kann und Luft holt. Zitternd, denn das Wasser ist eiskalt. „H-Hans du A-Arsch!" Sie kann sein Lachen hören und steht vorsichtig auf. Durch die Algen ist es aber so rutschig dass sie wieder hinfällt und kurzzeitig unter Wasser landet. „Lach nicht! H-Hilf mir!" Doch der weißhaarige muss sich nach vorn lehnen beim Lachen, sie sieht einfach nur aus wie ein begossener Pudel. Ein erneutes Platschen beim dritten Versuch aufzustehen lässt ihn noch lauter Lachen und er bekommt schon leichte Bauchschmerzen. Wann hat er das letzte Mal so lachen müssen? „Hans!" Tief luftholend hebt er seinen Oberkörper und kann sich einzelne Lacher nicht verkneifen, ehe er aufsteht und zu ihr geht, ehe er ihr eine Hand hinhält die sie auch nimmt. Langsam zieht er sie auf die Beine und hält ihr auch die zweite Hand hin, ehe sie so gemeinsam zum Ufer gehen und er noch einmal aufpassen muss da sie weggerutscht ist. Am Ufer angekommen klettert sie sofort auf das trockene Gras und sieht ihn bitterböse an. Er setzt sich aber nur grinsend wieder an seinen vorherigen Platz und schließt die Augen. Das musste sein. Lizzy kommt eine Idee und so steht sie auf, stellt sich direkt hinter ihn und wringt ihr Shirt über seinem Kopf aus. Überrascht dreht er seinen Kopf und bekommt das Wasser erst einmal in die Augen, weswegen er sich das erst einmal wegwischen muss bevor er sie mit einer hochgezogenen Augenbraue ansieht. Musste das wirklich sein? Felicitas hingegen geht nur in die Hocke und schmunzelt leicht. „Rache ist süß, Hans." Das glaubt er sofort. Er hebt sich ein wenig aus dem Wasser raus, stupst ihre Nasenspitze mit seiner an und lässt sich wieder in das Wasser sinken, ehe er sich entspannt. Im nächsten Moment hört er hinter sich nur das Reiben der nassen Kleidung und spürt die Nässe im nächsten Moment im Nacken! Doch auch eine gewisse Wärme. Er ist groß genug sodass sich Lizzy nur ein wenig hinter ihm sitzend nach vorn beugen muss, aber sie lässt sich die Chance nicht nehmen ihn die gesamte Zeit über daran zu erinnern dass er der Grund für die kalte, nasse Kleidung ist und auch wenn das vorher unerwartet und süß war, ihr ist kalt und er hat ein bisschen Wärme die er sicherlich abgeben kann. Hans merkt schnell dass sie diese Nähe nicht sucht weil sie kuscheln möchte oder sonst etwas, er erkennt den Grund ziemlich schnell und findet die kalten Tropfen an seinem Nacken sehr, sehr unangenehm. Vielleicht sollten sie so bald es geht wieder zurück, er hatte seinen Spaß und sie könnte krank werden. Er spürt ihre kalten Finger an seinen Schultern und wie sie sich versuchen an seiner Körperwärme zu laben und selbst Temperatur zu bekommen. Sie sollten vielleicht wirklich zurück und er bringt sie in ihre Wohnung um sich warm zu duschen und sich neue Klamotten zu besorgen. Das wäre vielleicht das Beste!
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