3.3 Wirkung - Darius
Müde streckte er sich auf der recht unbequemen Couch von Gustav aus und gähnte. Heute würde er schlafen wie ein Baby, dessen war er sich sicher.
So wie Ana ihn gequält hatte ...
Es hatte immerhin etwas Gutes. Auf diesem Sofa konnte man nämlich die Nacht nicht verbringen, wenn man einen zu leichten Schlaf hatte. Somit würde ihm hoffentlich ein stündliches Aufwachen erspart bleiben. Damit hatte Darius nämlich bereits seine Erfahrungen gemacht. Als kleiner Junge hatte er ja einfach zu Gustav ins Bett klettern können, das war jetzt aber eben nicht mehr der Fall. Der Clown gurgelte hinter ihm gerade mit dem ekelhaften Mundwasser, das er Darius auch immer aufzwingen wollte.
Es fühlte sich immer an, als würde es einem die Schleimhäute wegätzen.
Darius schüttelte es bei dem Gedanken an das komische Zeug. Er gähnte noch einmal.
„Benimm dich, Junge." Der Clown werkelte hinter ihm noch ein wenig geschäftig herum.
„Dann leg dich aufs Ohr. Ich will schlafen." Darius grinste bei seinen eigenen Worten und schloss schon mal die Augen, während er immer noch versuchte, eine gute Schlafposition zu finden.
Sein Versuch wurde aber von Gustav zunichte gemacht. Das alte Sofa knarzte unwillig, als der Ältere sich zu Darius Füßen auf dem doch recht beengten Sofa niederließ. Der durchdringende Blick des Schaustellers, mit dem er jetzt bedacht wurde, gefiel Darius dabei ganz und gar nicht.
„Wieso hast du dich vorhin so unmöglich aufgeführt?"
Stöhnend wollte er sich die Decke über den Kopf ziehen, was gar nicht so einfach war, denn Gustav saß ja drauf. Also musste er sich grummelnd damit begnügen, sie zumindest bis zum Kinn anzuziehen. Reden wollte Darius trotzdem nicht.
Es war doch nicht seine Absicht gewesen war, Helena bloßzustellen.
„Ihr habt sie doch total bedrängt. Ich wollte ihr doch nur helfen", versuchte er sich zu verteidigen.
Gustav runzelte perplex die Stirn. „Indem du ihr dabei das Gefühl gibst, dass das, was sie tut, gar nicht so toll ist, wie sie behauptet? Und dass du und Anastasia ja schon so viel mehr erreicht haben?"
Er zog das o und das ie spöttisch in die Länge und schenkte Darius einen weiteren ungläubigen Blick. Der fühlte sich immer unwohler und sah dem Freund nun nicht mehr ins Gesicht.
„So meinte ich das nicht! Aber mein Ton war nicht der richtige", gab er grummelnd zu.
Er hatte wegen der ganzen Sache ja ohnehin ein schlechtes Gewissen gehabt. Allerdings hatte Helena ja eben selbst zugegeben, dass sie ihm eigentlich dafür dankbar gewesen war.
Gustav tätschelte ihm die Hand, mit der er etwas verkrampft die Decke oben hielt. Darius sah immer noch beleidigt zu ihm auf. Der Clown aber lächelte – scheinbar wieder besänftigt – und der Artist witterte die Chance zum doch recht unfairen Gegenschlag.
„Sie wollte doch offensichtlich gar nicht über sich reden", warf er ihm jetzt vor und sah den Freund genauso eindringlich an, wie der eben noch ihn selbst gemustert hatte.
Gustav machte jedoch nur eine wegwerfende Handbewegung.
„Manchmal muss man Menschen eben aus ihrer Reserve locken", war seine Begründung, doch so schnell gab sich Darius nicht geschlagen.
„Auch wenn man sie gerade erst kennengelernt hat?"
Gustav wirkte nun tatsächlich ein wenig schuldbewusst. „Touché, mein Lieber."
Noch einmal tätschelte der Clown ihm die Hand, dann stand er auf. Darius ließ sofort die Decke los, um sie nicht wegen der plötzlichen Entlastung versehentlich von seinen Füßen wegzuziehen. Gustav wünschte ihm eine gute Nacht, ehe er sich in sein Bett verkroch und das Licht ausschaltete. Und obwohl Darius sich hundemüde fühlte, gelang es ihm nicht sofort einzuschlafen.
Seine Gedanken kreisten noch eine Weile um Helena. Dieses seltsame Mädchen, das so offensichtlich Hilfe gebraucht hatte, dass er einfach nicht anders gekonnt hatte, als sie ihr anzubieten. Ein Mädchen, das sogar Schwierigkeiten hatte, unbefangen über ihr Hobby zu reden.
Ob sie ihm erzählen würde, was vorgefallen war?
Er würde sie jedenfalls nicht fragen. Darius war einfühlsam genug, um zu wissen, dass man Menschen nicht einfach mal so nach ihren Problemen aushorchte. Er würde ihr ja auch nicht all seine Geheimnisse anvertrauen. Dafür bedurfte es eben einer soliden Basis des Vertrauens zueinander. In Darius' Leben waren es Gustav und Anastasia, die diese Basis mit ihm errichtet hatten. Vielleicht noch Manfred. Aber nicht einmal der Rest vom Zirkus kannte seine ganze Geschichte und seine Gefühle gegenüber der eigenen Vergangenheit. Er verstand also, vielleicht besser als jeder andere, dass sie mit Sicherheit nicht mit ihm über ihre eigenen Gedanken reden wollte.
Auch wenn er wissen wollte, was hinter ihrem schüchternen Auftreten verborgen lag ...
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