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Kapitel 8

Einen Moment lang hing Leo reglos da, dann klärte sich ihr Blickfeld, sie wandte den Kopf und erstarrte. Noch immer spürte sie jeden einzelnen Schlag des Prinzen, und seine Hand in ihrem Kragen begann, wie Feuer zu brennen. Trotzdem war Leo wie erstarrt. Jede Bewegung konnte die falsche sein. Aber auch keine Bewegung schien dem Prinzen nicht recht zu sein.

„Keine Ursache. Ich habe dich gerne da rausgezogen", sagte er auf eine Art und Weise, die es unmissverständlich machte, dass er ein Dankeschön erwartet hatte. Aber Leo brachte keinen Ton hervor.

Unsanft schubste der Prinz sie auf den Boden und ehe Leo den Schmerz realisieren konnte, kniete er auch schon über ihr. Panik ergriff sie, Energie schoss durch ihren Körper und der Schmerz war vergessen. Alles, was zählte, war zu entkommen. Es war nur eine Sekunde, eine Sekunde bevor Leos Verstand wieder einsetzte. Aber es war eine Sekunde zu viel.

Im Versuch, hochzukommen, stieß Leo gegen den Prinzen und ehe sie sich versah, hatten kräftige Hände sie an den Schultern gepackt. Als sie realisierte, was sie gerade getan hatte, wurde Leo schwindelig vor Angst, und die Tatsache, dass der Prinz keine Handlänge von ihr entfernt war, machte es nicht besser.

Seine bizarren Augen fanden ihre.

„Ich dachte, dass gestern war ein Versehen. Mach nichts, was mich eines Besseren belehren könnte." Die Stimme des Prinzen war gefährlich ruhig.

Leo konnte nicht sagen, was ihr wohl passiert wäre, wenn in diesem Moment nicht die reiche Frau und ihre Tochter fluchtartig Richtung Ausgang gehastet wären.

Blitzschnell sprang der Prinz auf, Leo fiel auf den Boden zurück, die Frau schrie, der Ladenbesitzer wimmerte.

„Nicht so schnell, meine Damen", säuselte einer der Raubritter, der den beiden ebenfalls in den Weg gesprungen war. Der Prinz streckte nur stumm die Hand aus. Die Frau wurde ganz blass und zitterte, aber sie suchte sofort ihre Geldbörse heraus.

Prüfend ließ Leo ihren Blick über die anderen Raubritter gleiten, die damit beschäftigt waren, sich gut an den Regalen, oder besser gesagt, an dem verstreuten Inhalt zu bedienen. Der ganze Laden sah aus, als wäre ein Wirbelsturm hindurchgefegt, dabei waren die Raubritter noch nicht einmal fertig mit ihrer Arbeit.

Einen Vorteil hatte das Chaos jedoch. Leo lag zwischen diversen Dosen und niemand, nicht einmal der Ladenbesitzer, achtete auf sie. Langsam, um ja keine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, griff Leo nach einer der Dosen und ließ sie in eine der Taschen gleiten, die auch an diesem Oberteil überall eingenäht waren. Wieder ließ Leo einen prüfenden Blick über die vielen Menschen streifen, dann verschwand noch eine Dose in ihren Taschen. Und noch eine.

Nur ärgerlich, dass ihre Stofftaschen unter dem Regal begraben lagen.

Aus den Augenwinkeln sah Leo, wie der alte Mann, der sich beim Kohl versteckt hatte, auf allen Vieren unbemerkt aus dem Laden robbte. Neidisch blickte Leo ihm hinterher. So unauffällig wie möglich kroch sie los, immer an der Wand entlang, aber für sie war es ein deutlich weiterer Weg bis zur Tür. Der Raubritter, der die Kasse geplündert und den Tresen mit kräftigen Tritten zerlegt hatte, war offensichtlich zufrieden mit seinem Job und wandte sich ab. Die reiche Frau und ihre Tochter legten ihren letzten Schmuck in die Hände des Prinzen. Der Ladenbesitzer saß Leo im Weg. Zum Glück war er so abgelenkt von dem Chaos in seinem Laden, dass er die Ausbuchtungen in Leos Oberteil nicht zu bemerken schien, trotzdem war sie gezwungen, den schützenden Schatten der Wand zu verlassen. Langsam robbte Leo weiter. Ihre Wunden und blauen Flecken schmerzten fürchterlich, aber sie konnte es sich nicht erlauben, jetzt zu schwächeln. Schon hatte sie die offen stehende Tür erreicht. Nur noch ein Meter, nur noch ein halber. Leo war schon fast um die Ecke, als die schneidende Stimme des Prinzen sie aufhielt.

„Hiergeblieben. Ich bin noch nicht fertig mit dir."

Leo erstarrte.

„Na geht doch. Und jetzt herkommen."

Als Leo sich langsam aufrichtete, hasteten Mutter und Tochter an ihr vorbei und warfen ihr noch einen letzten mitleidigen Blick zu, bevor sie verschwanden. Leo fühlte sich miserabel. Sie war sich nicht sicher, ob sie noch mehr Schläge verkraften konnte, und langsam fragte sie sich, was sie geritten hatte, als sie die Dosen eingesteckt hatte. Sie hatte ihrem Vater beweisen wollen, dass sie doch noch in der Lage war, etwas zu klauen. Jetzt konnte sie ihm höchstens beweisen, wie schnell sie vom Ladenbesitzer erschossen werden konnte.

Unauffällig sah Leo an sich herab. Ihr Oberteil war weit genug, als dass die Dosen nicht allzu offensichtlich zu sehen waren, aber wenn der Prinz sie wieder schlagen würde, würde er wohl früher oder später eine der Dosen treffen. Wenn er sich dabei die Finger brach, konnte Leo sich gleich vom Leben verabschieden. Dann würde sie wahrscheinlich vom Prinzen und vom Ladenbesitzer gleichzeitig umgebracht werden.

„Du wolltest doch nicht etwa schon gehen?", fragte der Prinz beinahe sanft. Nur seine Augen verrieten, dass er Leos Furcht genoss. Einer der Raubritter lachte und schubste Leo vorwärts, sodass sie beinahe gefallen wäre. Leo schrie auf. Tränen verschmierten ihre Sicht und der Schmerz verdrängte alles andere in ihr. Als sie auf die Knie sackte, spürte sie, wie ihr warmes Blut über den Rücken lief.

„Was ist denn das für eine Memme?", hörte sie den Raubritter spotten. Jemand kniete sich vor Leo. Durch ihren Tränenschleier konnte sie ein braunes und ein blaues Auge erkennen.

„Sie ist keine Memme", sagte der Prinz. „Wenn du so eine Wunde hättest, würdest du auch schreien."

„Ist doch egal. Schnappen wir uns ihr Geld und verschwinden."

Erleichterung machte sich in Leo breit. Das klang nach einer Vorgehensweise, die ihr Überleben nicht gefährdete. Langsam machte sich wieder Hoffnung in ihr breit. Doch das Glück schien nicht mehr auf ihrer Seite zu sein.

„Nein", sagte der Prinz. Leo, die es bisher vorgezogen hatte, stocksteif dazusitzen und gegen den Schmerz anzuatmen, hob vorsichtig den Kopf. Eigentlich hatte sie geglaubt, dass ihr inzwischen alles egal war, aber die Furcht, die sich nun in ihr breitmachte, belehrte sie eines Besseren. Was würde Sofia machen, wenn Leo nicht nach Hause kommen würde?

„Woher kommt diese Wunde?", fragte der Prinz. Er klang unfreundlich, fast wütend. Leo wünschte, sie könnte im Boden versinken. Zu Lügen traute sie sich nicht, aber die Wahrheit wollte sie auch nicht sagen. Nie zuvor hatte jemand sie auf ihre Verletzungen angesprochen, obwohl Mädchen selbst in dieser rauen Stadt selten so zugerichtet waren wie Leo. Sie hätte nicht gedacht, dass es ihr so unangenehm sein könnte, darüber zu reden.

„Sag es." Raue Finger aus Stoff legten sich unter Leos Kinn und zwangen sie, den durchdringenden Blick des Prinzen zu erwidern. Leo schloss die Augen. Ihr Oberteil klebte feucht an ihrem Rücken und sie war unendlich dankbar dafür, dass sie die drei Dosen vorne in die Taschen gesteckt hatte.

Es war erstaunlich still geworden, selbst die Raubritter, die den Laden in Schutt und Asche gelegt hatten, hielten inne.

„Mein Vater", sagte Leo leise. Die Worte kosteten sie Überwindung, und sie machte sich auf das Schlimmste gefasst. Ein Lachen. Ein abfälliges Kommentar. Schläge. Aber es blieb still. Schließlich sagte der Prinz leise: „Ausziehen."

Leo riss die Augen auf. Sie konnte nicht glauben, was sie da gerade gehört hatte.

„Das ist jetzt nicht dein Ernst", sagte einer der Raubritter ungläubig.

„Ich habe sie gestern geschlagen, ja, aber jetzt ist sie zugerichtet", sagte der Prinz. Noch immer ruhte sein Blick auf Leo. „So etwas sollte kein Vater mit seinem Kind machen."

„Na und? Das ist ihr Problem. Lass uns verschwinden", mischte sich ein weiterer Raubritter ein.

„Wir haben genug dabei, um sie zu verarzten", beharrte der Prinz. Obwohl Leo wusste, dass ihre Wunde sich wahrscheinlich im Laufe der nächsten Tage entzünden würde, hoffte sie doch darauf, dass der Prinz dem Willen der anderen Raubritter nachgab. Leo wusste, welche Kräuter sie sammeln musste, und sie wünschte sich in diesem Moment nichts mehr, als endlich von hier wegzukommen.

„Sie verarzten?" Der Raubritter, der Leo geschubst hatte, zog eine Grimasse und zermalmte ein Kohlblatt unter seinem Schuh. „Weil wir seit Neustem hilfsbereite, nette Bürger sind, hm?"

„Nein. Weil wir fair sind. Durch uns ist ihr mehr Schaden zugekommen, als sie verdient hat."

„Vielleicht war sie auch einfach nur frech und er hat sie deshalb geschlagen."

„Vielleicht hältst du einfach mal die Klappe und gibst mir was ich brauche, um diese Wunde zu versorgen?", fuhr der Prinz den Mann erbost an. Der Raubritter zuckte zusammen und kramte hastig in seinen Taschen. Auch die anderen wagten es nicht mehr, zu widersprechen. Wenn der Prinz wütend war, konnte er ziemlich furchterregend sein. Seine Augen blitzen wie die Klinge eines Messers, und der Stoff, der seine Haut ersetzte, ließ ihn unheimlich, nicht ganz menschlich wirken. Zu allem fähig.

„Und jetzt zieh das Oberteil aus, oder ich tue es", sagte der Prinz an Leo gewandt. Erschrocken sah Leo ihn an. Unter ihrem Oberteil trug sie zwar noch einen ehemals weißen BH, trotzdem war es ihr nicht ganz geheuer, sich vor all diesen Männern auszuziehen. Vom Prinzen ausgezogen zu werden, schien ihr jedoch noch schlimmer, nicht nur, weil er dabei mit Sicherheit die Dosen bemerken würde. Also begann Leo langsam, ganz langsam ihr Oberteil hochzuziehen. Vorsichtig, damit es nicht allzusehr wehtat. Ihren Oberkörper hatte sie dabei unnötig weit nach vorne gebeugt, damit man ja keine Dosen-Beulen sehen konnte.

„Gut. Und jetzt raus mit euch", sagte der Prinz, sobald er alles zum Verarzten bekommen hatte. Gehorsam trotteten die Raubritter nach draußen, gaben sich jedoch keine Mühe, ihren Missmut zu verbergen.

„Und du auch", fügte der Prinz mit einem vernichtenden Blick Richtung Ladenbesitzer hinzu.


Kurz darauf fiel die Tür ins Schloss. Es war, als hätte jemand die Geräusche ausgesperrt.

Leo war erstarrt, das Oberteil halb über dem Kopf. Wirre Gedanken schwirrten durch ihren Kopf.

Was sollte das? In ihrem BH war eine Nadel verborgen, nur für den schlimmsten Fall. Auch wenn kein Fall schlimmer sein konnte als das, was ihr blühen würde, sollte sie diese Waffe benutzen müssen.

„Jetzt komm schon. Du hast es fast." Raue Finger schoben ihr T-Shirt weiter hoch. Das Blut der Wunde klebte am Stoff und jeder Zentimeter hinterließ einen stechenden Schmerz. Leo biss die Zähne zusammen und versuchte nicht an die Warnungen ihres Vaters zu denken.

Sei niemals alleine mit einem Mann, die Anwesenheit anderer Menschen schützt dich.

Aber der Sommermann hatte gesagt, dass die Raubritter keine Mädchen raubten. Ihr konnte also nichts passieren.

Der Prinz zog das Oberteil über Leos Kopf und ließ es auf ihren Schoß fallen. Einen Moment verharrte er neben Leo, die ihren Blick nicht von dem blutverschmierten Stoff wenden konnte, dann stand er auf. Fast lautlos waren seine Schritte, als er hinter dem zerstörten Tresen verschwand. Dann kam er wieder, ein feuchtes Stück Stoff in der Hand. Als er sah, dass Leo aus den Augenwinkeln zu ihm herübersah, schlich sich ein kleines Lächeln auf seine Lippen.

Der feuchte Stoff war kühl auf Leos Haut, was ihr Zittern noch verstärkte. Während der Prinz ihre Wunde reinigte, starrte Leo auf ihren im Laufe der Zeit ziemlich grau gewordenen BH. Alles in allem gab sie einen verdammt erbärmlichen Anblick ab. Ihre Klamotten waren entweder blutverschmiert oder dreckig ohne Gleichen. Ihre Rippen standen hervor und überall verunzierten blaue Flecken und Striemen ihre Haut. Ihre Haare waren strubbelig und stellenweise leicht verfilzt, und obwohl die Raubritter nicht die ordentlichsten waren, fühlte Leo sich im Vergleich ziemlich schäbig und unhygienisch.

Außerdem fühlte sie sich ohne Oberteil schutzlos. All ihre Wunden waren wie dreckige Geheimnisse offengelegt, und der Mann, der sie gestern noch geschlagen hatte, versorgte nun ihre Wunde. Leo wusste, dass die Raubritter oft die ganz Armen mieden und nie so viel nahmen, dass sie das Überleben einer Person gefährdeten, aber trotzdem hatte Leo ihnen weder Gutherzigkeit noch Fürsorge zugetraut. Sie hatten Prinzipien, an die sie sich hielten, aber die meisten Prinzipien lauteten, jeden, der sich widersetzte zu Brei zu schlagen oder zu beseitigen.

Doch jetzt begann sie an manche der Gerüchte zu glauben, die über den Prinzen im Umlauf waren. Dass er seine Haut im Feuer verloren hatte, als er zwei Kinder rettete. Medizinisch gesehen konnten die Raubritter Wunder vollbringen. So wunderte es Leo nicht, dass sie dem Prinzen eine neue Haut aus Stoff geben konnten. Aber es wunderte sie, dass dieser Mann zwei Kinder aus dem Feuer geholt hatte, nachdem er deren Vater umbringen wollte.

„Wie heißt du?", fragte der Prinz plötzlich.

„Leo", sagte Leo und bereute das sofort. Obwohl es nicht gefährlich war, den eigenen Namen zu verraten, fühlte Leo sich doch nicht gut dabei. Inzwischen war der Prinz dazu übergegangen, eine brennende Substanz aufzutragen, sodass Leo die Finger in ihr Oberteil krallen musste, um Schmerzenslaute zu unterdrücken.

„Du bist ein mutiges Mädchen, Leo", sagte der Prinz und hörte endlich auf, die brennende Flüssigkeit aufzutragen. „Ich weiß, dass du dich mir nicht mit Absicht widersetzt hast. Aber ein weiterer Fehltritt, und wir werden die Konsequenzen nicht länger aufschieben können. Alle Augen sind auf dich gerichtet."

Leo schluckte. Die rauen Hände strichen über ihren Rücken, befestigten einen dünnen Stoff, der ihre Wunde bedeckte, mit Klebestreifen an ihrem Rücken. Die Berührung war beinahe sanft und jagte Leo einen Schauer über den Rücken.

„Jemand, der aussieht wie du, hat noch nicht gelernt, wann es besser ist, klein beizugeben. Ich würde dir also raten, jetzt lieber schnell zu lernen. Solange du noch kannst." Die Finger des Prinzen strichen über eine Wunde an ihrem Arm. Leo zuckte zusammen, ärgerte sich jedoch gleichzeitig über den amüsierten Blick des Prinzen. Sie war zwar schlau genug, es nicht zu zeigen, aber etwas an diesem Mann reizte sie bis auf die Knochen und ließ sie unvorsichtig werden. Vielleicht war es der durchdringende Blick, vielleicht aber auch die Art, wie er über ihre Wunden strich, obwohl er doch wissen musste, wie weh ihr das tat.

Leo atmete tief durch, schluckte ihre Wut und ließ die Neugierde siegen.

„Darf ich eine Frage stellen?", fragte sie leise. Der Prinz sah sie erstaunt an, dann nickte er und kniete sich vor sie, sodass er auf Augenhöhe war.

„Warum hast du damals die Kinder aus dem Feuer gerettet?"

Plötzlich verhärtete sich die Miene des Prinzen. Sein Blick, der vorher unverwandt auf Leo geruht hatte, verlor sich in der Ferne. Einen Moment fürchtete Leo schon, sie habe den Prinzen verärgert, oder das Gerücht sei gar nicht wahr, aber dann begann der Mann zu erzählen.

„Ich war damals noch nicht lange bei der Bande. Unser Ruf war noch nicht so zuverlässig wie heute. Ein reicher Geschäftsmann wollte uns nicht geben, was wir verlangt haben. In der Nacht sind wir zu ihm nach Hause gekommen, aber er hatte mit uns gerechnet. Zwei von uns hat er verletzt, bevor wir ihn ausschalten konnte."

Der Prinz machte eine Pause und sein Gesichtsausdruck wurde wütend.

„Weiß du, was er mit seiner letzten Kraft getan hat? Er hat sein Haus angezündet, damit wir nichts von seinem Hab und Gut bekommen konnten. Aber oben waren noch seine beiden Kinder. Zwei Jungs. Vier und sechs. Er hat das von Anfang an geplant gehabt. Kannst du dir das vorstellen?"

Leo schüttelte den Kopf. Der Blick des Prinzen ruhte nun wieder auf ihr, aber sie traute sich nicht, ihn zu erwidern.

„Du kannst dich jetzt wieder anziehen", sagte der Prinz. Ein amüsiertes Lächeln spielte um seine Mundwinkel. Leo kam der Aufforderung sofort nach, was jedoch gar nicht so einfach war, da der Prinz Leo nicht aus den Augen ließ und die mit Blut getränkten Stellen anfingen, fest zu werden. Aber entweder, der Prinz hatte die Dosen tatsächlich nicht bemerkt, oder er ging einfach nicht darauf ein.

Zügigen Schrittes lief er Richtung Tür. Kurz, bevor er aus dem Laden verschwand, drehte er sich noch einmal um.

„Nimm dich in Acht, Leo." Dann fiel die Tür hinter ihm zu und Leo kniete einen Moment alleine zwischen all den umgestürzten, kaputten Regalen und konnte nicht fassen, was gerade passiert war. Dann kam der Ladenbesitzer herein und brach sofort in Wegklagen aus, als er das Ausmaß der Zerstörung begutachtete.

„Ich helfe beim Aufräumen", bot Leo sich sofort an, obwohl ihr Rücken beim bloßen Gedanken daran protestierte.

„Nicht nötig", winkte der Ladenbesitzer ab. Dann sank er schluchzend auf die Knie. „Meine Frau, meine Kinder! Wir werden den Winter über hungern müssen."

Irritiert sah Leo sich um. Die Raubritter hatten zwar viel genommen, aber der Großteil der Lebensmittel war lediglich über dem Boden verstreut. Wenn Leos Familie so viele Lebensmittel besitzen würde, müssten sie den Winter über ganz sicher nicht hungern. Aber in Läden war das mit den Lebensmittel irgendwie anders. Man konnte nicht einfach sein ganzes Eigentum aufessen, sonst gäbe es im nächsten Jahr keinen Laden mehr. Trotzdem ging es dem Ladenbesitzer in Leos Augen doch ziemlich gut. Sie musste ständig hungern. Das war nicht schön, aber auch kein Drama. Ihre Familie drohte diesen Winter zu verhungern.

Wortlos stand Leo auf und holte ihre beiden Stofftaschen aus den Trümmern.

„Dann würde ich gerne bezahlen." Sie legte die Taschen vor die Überreste des Verkaufstresens und stellte die Wage wieder auf.

„Ja, natürlich." Der Mann wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln und kam zu Leo gelaufen. Beinahe tat es ihr leid, dass sie ihm auch noch etwas klaute, aber nur beinahe. Leo fand sein weinerliches Verhalten zu abstoßend, um wirklich Mitleid mit ihm zu haben.

Kurz darauf verließ sie mit drei geklauten Dosen (weiße und rote Bohnen), ein paar Kartoffeln und Körnern den Laden. Hinter ihr war das Hämmern des Ladenbesitzers zu hören, der mit den Reparaturen begann, aber die Straße lag ruhig im Sonnenschein. Als die Ladentür hinter ihr zufiel, umfing Leo eine angenehme Stille, die nur aus dem Zwitschern der Vögel und den entfernten Marktgeräuschen bestand. Einen Moment blieb sie stehen und machte nichts anderes, als tief ein- und auszuatmen. Stück für Stück fiel die Anspannung von Leo ab. Am liebsten wäre sie gegen eine Hauswand gesunken und hätte eine Weile lang gar nichts mehr gemacht. Aber das kam nicht infrage, erst recht nicht mit den gestohlenen Dosen in ihren Taschen. Es wurde Zeit, dass sie nach Hause kam, das Blut aus diesem Oberteil wusch und das andere endlich flickte.

Leo seufzte leise. Es gab wie immer viel zu viel zu tun.

Zügigen Schrittes lief sie nach Hause. Nur einmal blieb sie kurz stehen, den Kopf sehnsüchtig in den Nacken gelegt. Vor ihr ragte ein Hausskelett in die Höhe. Zehn, vielleicht elf Stockwerke. Zum obersten Stockwerk führte nur noch eine klapprige Feuerleiter, die nur noch an gefährlich wenigen Punkten am Haus befestigt war. Aber das störte das Pärchen nicht, das dort oben lebte. Wenn Leo die Störche beobachtete, zog es in ihrem Herzen, als wolle es mit den Vögeln davonfliegen.

Mit aller Kraft wandte Leo den Blick ab und lief weiter. Hier, in den vergessenen Straßen, war die Gefahr, Raubrittern zu begegnen, ziemlich gering. Aber Raubritter waren ja nicht die einzige Gefahr, die sich in den heruntergekommenen Straßen herumtrieb.

Erst, also Leo ihr Haus erreichte und kein ungewöhnliches Geräusch das Zwitschern der Vögel störte, ließ sie die Freude zu.

Sie hatte es geschafft! Entgegen der Befürchtungen ihres Vaters, war es ihr doch gelungen, etwas zu stehlen. Die Raubritter hatten sie nicht aufgeschlitzt, sondern ihre Wunde versorgt. Warum der Prinz gegen den Willen der anderen darauf bestanden hatte, war Leo schleierhaft, aber sie verspürte auch nicht das Bedürfnis, hinter dieses Rätsel zu kommen. Alles, was zählte, war, dass sie es wieder geschafft hatte, Essen mit nach Hause zu bringen.

Mit einem Lächeln auf den Lippen kletterte Leo durchs Fenster, stellte das Essen auf den Tisch und sah sich irritiert um.

„Sofia?"

Keine Antwort.

„Sofia?", rief Leo. Panik klang in ihrer Stimme mit. Ohne es wirklich wahrzunehmen, griff sie nach einem großen Küchenmesser. Wenn Sofia etwas passiert war ...

Leo konnte sich nichts Schrecklicheres vorstellen. Tränen traten ihr in die Augen, ihr Herz raste, aber gleichzeitig ergriff eine unbändige Wut von ihr Besitz. Ein Blick zur Feuerstelle verriet, dass heute niemand Feuer gemacht hatte. Dabei war inzwischen Mittagessenszeit. Sofia hätte schon längst mit Kochen anfangen müssen.


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