31. Kapitel
Höher, schneller, weiter. Abstoßen, festkrallen, hochziehen. Halt suchen. Lorbeerpfote hatte ihren inneren Rhythmus gefunden und kletterte immer höher. Beinahe ein Viertelmond war seit dem ersten Training vergangen und sie war immer stärker geworden, auch, wenn sie jeden Morgen der Muskelkater gequält hatte. Lorbeerpfote fragte sich, wieso es bei Kätzinnen nicht Muskelkätzin hieß, das war wirklich sexistisch! Als würde ein Kater ihr diese Schmerzen zufügen und nicht sie sich selbst beim Training. Gestern hatte sie sich eine Kralle ausgerissen, als sie beinahe abgestürzt war. Ihre Vorderpfote schmerzte noch immer, doch davon wollte Lorbeerpfote sich nicht abhalten lassen. Heute wollte sie bis zur Baumkrone klettern!
Keuchend hielt sie inne. Tief unter ihr lief eine käfergroße Weidenbach entlang und gab den Schülern Tipps. Lorbeerpfote streckte den Kopf in die Höhe und genoss die leichte Brise. Sie brachte den Duft von Beute und Blumen mit sich. Lebendigkeit, Wachstum und Wärme. Roch so die Blattfrische? Nachdem Lorbeerpfote wieder Kraft gesammelt hatte, machte sie sich an den Abstieg. Sie hatte immer ein wenig Angst, zu fallen, auch wenn sie, anders als andere in ihrem Kurs, keine Höhenangst hatte. So schnell wie Glanzpfote würde sie jedenfalls niemals herunterklettern! Vom letzten Ast sprang sie einfach auf den Boden. Hunger nagte in ihrem Bauch und sie konnte es kaum erwarten, endlich jagen gehen zu dürfen. Erdpfote zog sich gerade keuchend einen Ast hoch, während Meerpfote skeptisch auf diesem entlangbalancierte und sich jedes Mal, wenn er ein wenig wackelte, erschrocken festkrallte. Strahlpfote war ebenfalls in der Krone angekommen, die anderen kletterten ebenfalls herum. Hinter ihr sprang Seidenpfote auf den Boden und stupste sie an. ,,Hey, Lorbeerpfote, wollen wir unsere Beute heute mit zum AbendClan nehmen?" Lorbeerpfote stellte erfreut ihre Ohren auf. ,,Das ist eine gute Idee", gab sie zurück. ,,Sagst du noch Blühpfote bescheid?" Seidenpfote nickte und wollte wieder hochklettern, als Weidenbach auf sie zu kam. ,,Wartet, ihr zwei, bleibt am besten gleich unten. Der Unterricht ist gleich zu ende und es würde sich nicht lohnen, nochmal hochzuklettern." Erleichtert nickte Lorbeerpfote und hörte, wie ihre Mentorin die anderen aus den Bäumen rief.
Lorbeerpfote trabte durch die Bäume und blieb immer wieder stehen, um die Luft zu prüfen. Heute wollte sie unbedingt ein Eichhörnchen fangen. Es war schon nach Sonnenhoch, als sie endlich eine Spur fand. Freudig folgte sie dem Geruch, bis sie das Eichhörnchen hinter einem Busch kauern sah. Schnell sank sie in eine Kauerhaltung und schlich sich an, doch das rotbraune Tier bemerkte sie und floh. Lorbeerpfote sprang auf und rannte hinterher. Auf keinen Fall wollte sie sich ihre Beute entgehen lassen! Sie war nah genug, um das Eichhörnchen daran zu hindern, auf Bäume zu klettern, doch sie konnte es nicht fangen. Plötzlich hörte sie einen überraschten Aufschrei und eine hellbraune Gestalt fiel von einem Baum direkt auf das Eichhörnchen und tötete es. Der Kater drehte sich zu ihr um, das Eichhörnchen im Maul und seine Augen weiteten sich. Er ließ das Eichhörnchen fallen und stürzte auf sie zu. ,,Lorbeerschatz!", rief er freudig und stupste sie an. Lorbeerpfote lachte glücklich, als sie Schattenpfote begrüßte. ,,Wo kommst du denn her? Ich dachte, ich sehe dich nie wieder", stammelte sie. Der goldbraune Kater legte den Kopf schief. ,,Ich hab versucht, Vögel auf den Bäumen zu jagen, als da plötzlich ein Eichhörnchen kam!" Sie mussten genau an der Grenze der Territorien von den beiden Akademien sein. ,,Hier, dein Eichhörnchen übrigens", miaute Schattenpfote und legte es vor ihr ab. Lorbeerpfote schnurrte. ,,Wir können es uns gern teilen", bot sie an. Schattenpfotes Augen leuchteten auf und er kauerte sich neben sie. Ein Weile fraßen sie schweigend. Lorbeerpfote schluckte den letzten Bissen herunter und putzte sich das Brustfell. Verlegen sah sie Schattenpfote an, dann brachen sie beide gleichzeitig das Schweigen: ,,Wie geht es dir eigentlich?" ,,Ich hab dich so vermisst, Lorbeerschatz!" Lorbeerpfote schnurrte. Sie kannte diesen Kater einen Tag, doch sie hatte das Gefühl, er wäre ihr sehr vertraut. ,,Ich hab dich auch vermisst, Schatzi!"
Sie unterhielten sich lange über alles mögliche. Schattenpfote erzählte ihr, dass es in der Akademie eine Flut gegeben hatte und sie alle Gänge ausfegen und trocknen mussten, was extrem viel Arbeit war. Sie unterhielten sich über den Unterricht, ihre Mentoren und andere Katzen aus ihrem Kurs. Das Gespräch floss wunderbar und Lorbeerpfote fühlte sich wirklich wohl. Sie wollte alles über Schattenpfotes Leben wissen und sie musste jedes Mal Lächeln, wenn sich ihre Blicke kreuzten. Auf einmal schrak Schattenpfote zusammen und stieß sie an. Lorbeerpfote sah ihn fragend an, dann fiel es ihr auf. Der Wald war in ein rotes Licht getaucht. Bald ging die Sonne unter! Sie hatten überhaupt nicht bemerkt, wie die Zeit vergangen war. ,,Wir bekommen so einen Ärger!", rief Lorbeerpfote aus. ,,Besser, wir rennen schnell nach Hause", stimmte Schattenpfote ihr zu. ,,Gute Nacht, Schatz!" Lorbeerpfote sah ihn an. Sie musste ihn wiedersehen! Sie durften jetzt nicht einfach nach Hause gehen und sich vielleicht nie wieder sehen! ,,Schatzi....", setzte sie zögerlich an. ,,Wollen wir uns wieder treffen?" Schattenpfote sah sie erfreut an. ,,Ja, gern! Aber besser nicht mehr am Nachmittag, sonst werden unsere Mentoren misstrauisch..." Lorbeerpfote atmete tief ein. ,,Wie wäre es, wenn wir uns nachts treffen?", schlug sie vor, ihr Herz klopfte. Der gelbbraune Kater nickte. ,,Morgen Nacht bei Mondhoch, hier?", miaute er und machte bereits ein paar Schritte zurück. Lorbeerpfote strahlte. Sie verabschiedeten sich und die Kätzin rannte. Als die Akademie in Sicht kam, liefen bereits die letzten Katzen herein und sie folgte ihnen. Voller Panik klopfte ihr Herz. Was, wenn jemand ihre Abwesenheit gemeldet hatte? Die Schüler in ihrer Höhle putzten sich gerade, einige schliefen schon. Sonnenpfote riss den Kopf herum. ,,Lorbeerpfote, dem SternenClan sei Dank! Wir dachten, du hättest dich schon wieder verlaufen!" Lorbeerpfote hielt inne. Eigentlich war das die perfekte Ausrede... Sie nickte. ,,Zum Glück hab ich gerade noch rechtzeitig zurück gefunden.", miaute sie und ließ sich in ihr Nest fallen. Alles in ihr wollte hüpfen und lachen und Wärme durchströmte sie. In der nächsten Nacht würde sie Schattenpfote wieder treffen! Schnell putzte sie sich und roch seinen Geruch an ihrem Fell, eine Mischung aus Wald und irgendeinem Kraut. Glücklich schlief sie ein.
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