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11. Überraschungen und Vereinbarungen

Als Annabella die Tür zu seiner Schreibstube öffnete, blieb Vitus der Mund offen stehen. Das triste Regenwetter vor seinem Fenster, das ab und an eine nasskalte, wohlduftende Brise durch seine Stube wehen ließ, passte überhaupt nicht zu der in ihm überkochenden Freude, die ihm ein Lächeln ins Gesicht meißelte. "Was ...?"

Er konnte seine Frage nicht beenden, da fiel sie ihm ins Wort. "Ich bin nicht wegen dir hier. Ich bin hier, weil ich deine Hilfe brauche - weil der Gouverneur deine Hilfe braucht", sagte Annabella mit leisem Nachdruck, nachdem sie die Tür geschlossen hatte und über die knarzenden Dielen an seinen Schreibtisch getreten war.

Voller Skepsis blickte er auf ihre wohlgeformte Gestalt. Heute trug sie ein fliederfarbenes Kleid, dessen Träger im Nacken zusammenliefen und die Schulterpartie aussparten. Ihr Rock war nicht so aufgebauscht wie sonst; vermutlich hatte sie den Unterrock weggelassen. Dafür war ihre Taille eingeschnürt wie bei einer Sanduhr.

"Und das kann er mir nicht selbst sagen?", fragte Vitus mit hochgezogenen Augenbrauen. Und außerdem:Wobei könnte er als primitiver Kriminalbeamter dem Gouverneur behilflich sein?

Ohne, dass er sie bitten musste, setzte sich Annabella und legte ihre Hände in den Schoß. "Es geht um die Akalua-Mine."

Vitus wippte mit seinem Sessel vor und zurück, sodass das Leder leise protestierte. Das Gewippe half ihm beim Denken und er kramte alle Informationen hervor, die er parat hatte. "Elf Sträflinge sind nicht mehr aufgetaucht. Entweder untergetaucht oder tot. Ansonsten …" Er rieb sich das Kinn. "… ist bis heute unklar, wer den Angriff ausgeübt hat."

"Deswegen bin ich hier." Ihre goldenen Augen starrten ihn an. "Rolf vasta Graudorn, der Minenverwalter, hat bei Gustav einen Vergeltungsschlag gegen die Ulakas gefordert."

"Aber der alte Gouverneur ist tot", fügte Vitus schulterzuckend an und bedankte sich dafür bei allen Naturgöttern und Aumakuas von Tarragoss für diese Wohltat. Und vor allem beim Mörder, den er in Annabella vermutete.

Mit versteinerter Miene schüttelte sie den Kopf. "Nur hatte Gustav vor seinem tragischen Ableben alles in die Wege geleitet und eine Kompanie vom Mutterland angefordert. Als gestern der Fünfmaster aus Kondal anlegte, landeten hier hundertzwanzig Soldaten, die jetzt darauf warten, Ulakas zu töten."

Die Information traf Vitus wie ein Schlag ins Gesicht. Für einen Moment desorientiert schüttelte er sich, doch ihm fehlten die Worte. Die Ulakas angreifen? Wegen unbestätigter Verdachtsmomente? Weil man keine anderen Verdächtigen hatte?

Annabella saß stocksteif da wie eine Klavierschülerin und räusperte sich. "Ich sage dir, was Tatsache ist: Mein Vater will die Ulakas nicht angreifen. Aber ich werde dir nicht erklären müssen, dass er damit seine bisher sichere Ernennung zum Gouverneur aufs Spiel setzt. Graudorn wird den Inselrat aufwiegeln und Wege finden, Vaters Reputation zu zerstören. Und hier kommst du ins Spiel."

"Ich, ähm, …" Vitus machte eine kreisende Handbewegung, als wollte er die richtige Schlussfolgerung ziehen, und rümpfte die Nase. Im Hintergrund prasselte der Regen gegen die Fensterscheibe und die Standuhr tickte. "… soll Graudorn verhaften?"

"Nein!", zischte sie. "Die Gendarmerie soll die Akalua-Mine noch einmal auf Spuren untersuchen, auf dass ihr irgendetwas findet, was auf den echten Schuldigen hinweist. Einen Attentäter aus Zeral oder Piraten von Vallagoss. Irgendwas!"

Vitus blies seine Wangen auf und pustete langsam aus. "Da stehen wir vor zwei Problemen. Zum einen ist die Untersuchung abgeschlossen, nachdem die Gendarmerie alle Spuren gesichert und die Leichen gezählt hat. Zum anderen wird sich nach über sieben Monaten nach dem Angriff wohl kaum noch irgendetwas finden lassen, das auf den Schuldigen hinweist." 

Ihr Gesicht nahm einen flehenden Ausdruck an. Fehlte nur noch, dass Annabella vor ihm auf die Knie ging. "Ihr müsst es wenigstens versuchen. Für meinen Vater." 

Und für die Ulakas. Vitus war sich der Dringlichkeit bewusst. Mit einem Ruck schnellte er in die Höhe, sein Sessel wippte nach. "Ich hol mir die Akte vom Rax. Komm mit und trage ihm dein Anliegen vor. Vielleicht gibt er ein paar seiner Männer frei", sagte Vitus und führte Annabella über die langen Korridore zur entsprechenden Schreibstube.

***

"Die Ermittlungen in dem Fall sind eingestellt", kommentierte Gotthart vasta Rax. "Ich kann mein Personal nicht zu einer Untersuchung in einem eingestellten Fall schicken." 

Der kleine, weißhaarige Herr saß wie ein Hama - der König der Ureinwohner - in seinem Sessel und wehrte Annabellas Anliegen ab.

Vitus stand in der Ecke, knetete Kinn und Lippe. Ihm dämmerte, was sein Vorgesetzter vorhatte. Eine Art Wiedergutmachung für das verpatzte Rendezvous vor drei Wochen. Sein alter Freund zerschmetterte vehement Annabellas Hoffnungen auf ein Wiederaufrollen der Untersuchungen.

Ihre Schultern sackten für einen kurzen Augenblick zusammen. Dann straffte sie sich und reckte das Kinn. "Mein Vater ist der Gouverneur und Euer Vorgesetzter. Würdet Ihr mit ihm reden, würdet Ihr die Untersuchung freigeben!"

Gotthart schüttelte geflissentlich den Kopf. "Aber nicht doch. Das liegt nicht daran, wer mir irgendwas sagt. Es ist nur so, dass die komplette Gendarmerie auf der Suche nach dem Drogenbaron ist. Außerdem geschahen letzte Woche wieder einige Morde an Kolonisten und wir haben keine Spur."

"Sagt den Kolonisten einfach, dass sie nicht mehr in den Puff zu den Makha-Weibern dürfen!", kreischte Annabella.

Für einen Moment blieb Vitus die Spucke weg. Er zuckte zusammen und starrte Annabella mit großen Augen an. Da war also das lose Mundwerk, das man der jüngsten Gouverneurstochter gerne nachsagte.

Der Prinzipal erhob beide Hände, als wollte er einen durchgegangen Gaul beruhigen. "Nicht doch. Ich habe einen Vorschlag für Euch. Arlstein ist mein bester Mann, den ich für einen Tag entbehren und zur Akalua-Mine schicken werde. Ist das in Ordnung?"

Vitus wäre beinahe ein Grunzen entflohen und er musste tief Luft holen, damit ihm nicht die Tränen vor Lachen in die Augen schossen. Manchmal meinte Gotthart es fast zu gut mit seiner Anpreiserei.

Mit verbissener Miene warf Annabella einen Blick über ihre Schulter zu Vitus. Der presste die Lippen fest aufeinander, damit man ihm nicht ansah, dass ihm das breiteste Grinsen im Gesicht lag. Dann zuckte er mit den Schultern; sie konnte selbst entscheiden, ob ihr das genügte oder nicht.

Annabella wandte sich wieder zu Gotthart und nickte. "Also gut, Euer bester Mann wird schon irgendwas in Erfahrung bringen." Ihr sarkastischer Unterton war nicht zu überhören.

"Aber ich erwarte ein Entgegenkommen des Gouverneurshauses", erwiderte Gotthart und erhob den Zeigefinger. Jetzt kam die Wiedergutmachung. Seine kleinen Augen fixierten Annabella. "Jemand von dort sollte ihn begleiten und seine - sofern es welche gibt - neuen Erkenntnisse bestätigen. Sonst denkt der Gouverneur, wir denken uns wer weiß was aus, nur um den Vergeltungsschlag auf die Ulakas zu unterstützen."

Ihre Stimme klang dunkel und monoton, als sie mit einer Gegenfrage antwortete: "Ist das Euer Ernst?" 

"Na glaubt Ihr, ich mache Späße?"

***

Unter demonstrativen Augenrollen hatte Annabella zugestimmt, Vitus Begleitung aus dem Gouverneurshaus zu sein. Eine gewisse Spannung lag in der Luft, als die beiden in der Kutsche der Gendarmerie saßen und sich nach Akalua fahren ließen. Die auf das Kabinendach prasselnden Regentropfen beschallten den Innenraum immerhin so, dass keine unangenehme Stille herrschte.

Die Situation war von Gotthart gut gemeint und schön eingefädelt gewesen, aber Vitus brachte das herzlich wenig. Wenn Annabella nicht wieder freiwillig mit ihm sprach, sondern nur, weil sie wegen eines Falls mit ihm eingesperrt war, würde ihr Hass auf ihn nur weiter wachsen.

So verhielt sich Vitus neutral und beobachtete die Vorgänge auf der Hafenpromenade von Manava. Menschen flüchteten sich vor dem Niederschlag unter die Vordächer, andere trotteten, als würde ihnen der Regen nichts ausmachen. Nach der Innenstadtmauer durchquerte das Gespann den äußeren Ring in Richtung Norden: Dort, wo der Dschungel beginnen würde, in dem sich der Tatort verbarg.

Er seufzte. "Mir scheint, als wärst du mein neuer Glücksbringer, was das Herantragen von Kriminalfällen angeht."

Spottend verzog sie einen Mundwinkel. "Löse die Fälle erstmal auf - dann kannst du immer noch von Glücksbringer sprechen." 

Die dreißig Kilometer zur Akalua-Mine führten durch sattes dunkles Grün. Hohe Bäume beschatteten den Dschungel als wäre es Nacht. Dank der Pferdekutsche war der Weg in etwa drei Stunden geschafft, sodass es bei der Ankunft bereits Mittag war. Mittlerweile hatte sich der Regen gelegt und der Boden dampfte, als Vitus vor Annabella aus der Kutsche stieg, um ihr die Trittstiege aufzuklappen. In ihrem fliederfarbigen Kleid passte sie zu den violetten Hibiskusblüten, die am Wegesrand blühten.

Vitus ging zum Gepäckraum und holte einen Koffer voller Standardausrüstung für Gendarmen. Darunter waren Papier und Stift, ein Seil, eine Lampe, eine Schere, Verbandszeug und allerlei nützliche Dinge für den Dienst.

Er kehrte zu Annabella zurück und bot ihr seinen Arm. Es waren zwar nur wenige Schritte bis zum ursprünglichen Eingang des Arbeiterlagers, weil die Kutsche direkt vor der Zufahrt gehalten hatte, aber irgendwie gehörte es sich für einen verdorbenen Kavalier, wie er einer war.

Dann wandte er sich dem Arbeiterlager zu und ihm fehlten die Worte. Bei der ersten Untersuchung war Vitus nicht dabei gewesen, sodass er auf den Anblick nicht vorbereitet war.

Umgeben von der Oase des Lebens war das Arbeiterlager nur noch ein Areal von Tod und Verderben. Ein niedergebranntes Fleckchen Erde, wo die Balken der Unterkünfte immer noch den bitteren Geruch von Rauch und Ruß verströmten.

Als er seinen Blick schweifen ließ, entdeckte er die vielsagenden Umrisse menschlicher Körper. Schädel und Rippenbögen ragten kreuz und quer aus dem Aschehaufen.

Annabella an seinem Arm trat einen Schritt zurück.

Auf ihre Regung hin wandte sich Vitus zu ihr. "Du musst hier keine verkohlten Leichen ansehen, ja? Lass mich das erledigen."

"Nein …", sagte sie mit zittriger Stimme. "Schon gut. Ich frage mich nur, warum man sie nicht bestattet hat."

"Wie das halt immer ist, wenn viele auf einmal sterben", meinte Vitus und suchte auf dem Boden nach einem freien Fleck, der nicht mit Knochen bedeckt war. "Die Kolonisten haben sich doch noch nie um die Bestattung von irgendwelchen Leuten gekümmert. Noch nicht mal die eigenen Soldaten, die einst hier gefallen sind, wurden mit den Totenriten beigesetzt. Warum dann Sträflinge?" Er zuckte zusammen, als unter seinem Gewicht ein Knochen knackte.

"Nicht die feine Art", kommentierte Annabella. "Aber nach der großen Schlacht von vor dreißig Jahren haben die Kolonisten die toten Ulakakrieger vergraben, oder hab ich das falsch im Kopf?" 

Vitus hielt ihre Hand, als er sich durch das unbedeckte Grab hin zum kahlen Minenhügel kämpfte und wartete, bis sie ihm gefolgt war. "So soll es geschehen sein."

"Wo gehen wir eigentlich hin?", fragte sie schließlich, als sie sich immer weiter von der Kutsche entfernten.

"Ich gehe mit der Gaslampe in die Mine. Laut den drei überlebenden Wachen, die heimgekehrt sind, sah es so aus, als würde der Hügel Feuer speien. Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass sich die Attentäter im Akalua-Hügel versteckt haben. Vielleicht finde ich dort was." 

Schockiert starrte Annabella Vitus an. "Aber hast du denn keine Angst, dass der Stollen einstürtzt und dich begräbt?"

Eine Nebelschwade leckte sich an dem Hügel in die Höhe.

Vitus winkte ab. "Ich kenne mich im Bergbau nicht aus, aber ich weiß, dass noch nie eine Graudorn-Mine eingestürzt ist. Das muss man ihm lassen. Seine Stollen sind statisch stabil."

Annabella runzelte die Stirn. "Ich hab gar nicht gewusst, dass der Graudorn soviel Wert auf die Unversehrtheit seiner Sträflinge legt."

Mit einem Stöhnen schob Vitus einen Rippenbogen weg, der in seinem Weg lag. "Ich glaub nicht, dass es um die Sicherheit seiner Arbeiter geht, sondern vielmehr darum, die Förderwege zu seinem Reichtum zu erhalten." Die schwarz verkohlte Erde knirschte unter jedem seiner Schritte. Den Weg am Fuß des verrußten Hügels hatte Vitus schnell ausgemacht und so machte er sich an den Aufstieg. Da der Weg frei war, gingen die beiden nebeneinander her. Dafür, dass seine Begleiterin halboffene Schuhe mit Absatz trug, hielt sie gut mit.

Annabella trat ein paar Steinchen los, die an der Steilwand des Hügels schallend in den Urwald stürzten. "Zumindest können wir davon ausgehen, dass diese Angreifer nicht von dort gekommen sind."

Vitus Blick folgte ihrem Kommentar. Sodann legte er eine Hand um ihre Taille und zog sie fester zu sich, damit sie nicht abstürzte - und natürlich, weil er sie bei sich haben wollte.

Am Stolleneingang angekommen legte Vitus den Koffer auf den Boden und öffnete die Schnallen. Er holte eine Gaslampe, eine Axt, einen Mundschutzlappen und einen aus Holz geschnitzten Helm raus, brachte alles an Ort und Stelle und wandte sich zum Mineneingang. "Wenn du etwas Verdächtiges hörst, dann renn weg."

"Pass auf dich auf", forderte sie.

Verdutzt blickte Vitus sie an. Hatte sie Angst um ihn?

"Ich will nicht nach dir suchen müssen", ergänzte Annabella harsch und verschränkte die Arme.

Er nickte und verschwand im Stollen, die Gaslampen vor sich haltend, während sein Körper von der Finsternis verschluckt wurde.

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