Christmas
Es war Samstagmorgen, Heiligabend, und ich saß am Flughafen auf meinem Koffer und wartete darauf, dass die Schlange sich fortbewegen würde. Die Sonne würde sich noch eine Weile nicht blicken lassen und auch die Mitarbeiter des Flughafens trudelten erst nach und nach ein. Der Flug würde in drei Stunden gehen und trotzdem mussten die Fluggäste, anders als das Personal, deutlich früher am Flughafen sein und trotz der frühen Morgenstunden hatte sich eine recht beachtliche Schlange gebildet, die mit jeder verstrichenen Minute länger wurde.
„Wow... es ist ganz schön viel los", sagte eine junge Frau zu ihrem Mann und gab ihrem kleinen Kind im Kinderwagen etwas zu trinken. Kurz blickte ich lächelnd in den Kinderwagen des kleinen Kindes und hoffte für die jungen Eltern, dass sie eine entspannte Reise haben würden. Aber allein die Tatsache, dass sie mitten in der Nacht am Flughafen waren, versprach eher das Gegenteil.
Und obwohl es eigentlich nicht meine übliche Zeit war auf den Beinen zu sein, so war ich hellwach. Wahrscheinlich, weil die Vorfreude einfach zu groß war, da ich endlich meine Familie wieder sehen würde. Dieses Jahr war alles ein wenig anders gekommen und ich machte mich kurz vor knapp auf dem Weg zu ihnen. Der Flug sollte um 6 Uhr starten, dann würde ich am Mittag in Australien sein, wo meine Schwester mich abholen würde. Wir würden gemeinsam nach Hause fahren, wo die anderen schon auf uns warteten und am Abend würden wir ein wunderschönes Weihnachtsessen haben. Mit leckerem Putenbraten und Plumpudding und Bescherung gab es am ersten Weihnachtstag geben. Ich liebte unser australisches Weihnachten, es war so anders, als hier in Korea und auch wenn ich dieses Land und die Kultur liebte, so war Weihnachten doch vollkommen unterschiedlich. Während es bei uns üblich war, die Feiertage eng mit der Familie zu feiern, so war das hier ganz anders. Man hatte keinen Weihnachtsbaum, keine geschmückten Häuser und verbrachte Weihnachten entweder mit Freunden auf einer Party oder veranstaltete einen romantischen Abend mit seinem Partner. Beides hatte natürlich seinen Reiz, aber ich freute mich schon auf das üppig geschmückte Haus bei uns in Australien. Auf die schwitzenden Weihnachtsmänner in den Einkaufszentren und auf das Barbecue im Park.
Während die Zeit verging, merkte ich, dass mich langsam die Müdigkeit einholte und ich ließ mich, ich hatte mich zwischenzeitlich ein wenig bewegt, auf meinem Koffer nieder. Beobachtete, wie sich die Menschen unterhielten und die Schlangen größer und größer wurden. Mittlerweile kollidierten mehrere Reihen miteinander und Mitarbeiter des Flughafens liefen umher und machten immer wieder darauf aufmerksam, welche Schlange zu welchem Flug gehörten. Ein paar Fluggäste reagierten schon genervt, meckerten mit ihren Freunden und Familienangehörige über die lange Wartezeit. Die Mutter mit dem kleinen Kind spazierte derweil über den Flughafen, das Kind steckte in einem Tragetuch, und immer wieder kam sie zu ihrem Mann zurück, setzte sich anschließend wieder in Bewegung, um das Kind durch das Schaukeln zum Schlafen zu bringen.
Ein zufriedenes Raunen ging durch die Menge, als endlich die Schalter geöffnet wurden und die ersten Passagiere einchecken konnten. Gähnend richtete ich mich auf, nahm den Koffer in die Hand und setzte mich in Bewegung. Es dauerte noch ziemlich lange, bis ich an der Reihe war und meinen Koffer abgeben konnte, doch die Vorfreude stieg noch weiter. Ich war einen Schritt näher bei meiner Familie. Mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen sah ich mich kurz um, um mich zu orientieren, wohin ich als nächsten gehen musste. Es war nicht mein erster Flug, dennoch war es, jedes Mal, unter diesen Massen, nicht ganz einfach den Überblick zu behalten. Ich war froh, dass mich bisher, aufgrund einer Maske und einer Mütze, keiner erkannte, sodass ich ohne Probleme die Zeit am Flughafen absitzen konnte. Wahrscheinlich rechnete von den Fluggästen hier keiner damit, dass am Morgen von Heiligabend ein Idol allein am Flughafen saß und auf einen Flug wartete. Deswegen war es auch kein Problem, unauffällig zu meinem Gate zu gelangen.
Die Anzeige klärte mich auf, dass der Flug nach Australien eine Stunde Verspätung hatte. Es dämpfte minimal die Vorfreude, doch würde es darauf zum Glück nicht ankommen. Ich holte mein Smartphone aus der Jackentasche und öffnete den Chat meiner Schwester, um ihr mitzuteilen, dass sie erst eine Stunde später am Flughafen sein müsste. Natürlich würde ich jetzt noch keine Nachricht von ihr erhalten, da es in Australien noch mitten in der Nacht war, sie müsste jetzt noch am Schlafen sein. Zumindest hoffte ich das.
Anders als erwartet verging die Stunde erstaunlich schnell, doch als wir eigentlich uns bereit machen sollten, ins Flugzeug zu steigen, tat sich gar nichts. Neugierig beobachtete ich das Flugpersonal und die weiteren Passagiere, die langsam ungeduldig wurden. Auch ich wurde es mit der Zeit und blickte hinaus aus den großen Fenstern. Bisher war noch kein Flugzeug bei uns angekommen, in das wir einsteigen konnten.
Nervös kaute ich auf meinen Fingernägeln herum, versuchte mitzubekommen, was eigentlich los war. Doch die nächsten zehn Minuten ging nichts und uns teilte auch niemand etwas mit, sodass der Unmut immer größer wurde. Verständlich, auch ich wollte langsam ins Flugzeug und etwas schlafen. Der Hunger und die Müdigkeit sorgten ebenfalls dafür, dass die Geduld langsam zur Neige ging. Als uns schließlich mitgeteilt wurde, dass wir noch zwei weitere Stunden warten mussten, da das Flugzeug noch immer nicht bereit war und kein anderes zur Verfügung stand, stöhnte ich genervt. Eigentlich sollte man glauben, dass an einem Flughafen wie Seoul so etwas nicht passierte, doch schien auch das Wetter einen Strich durch die Rechnung zu machen. Es schneite wohl außerhalb von Seoul recht stark und das Schneegestöber schien auch demnächst hier bei uns anzukommen. Schnee war zwar durchaus angesagt gewesen, doch hatten die Meteorologen nicht erwartet, dass es ganz so schlimm werden sollte. Na toll... Ich blickte mich etwas um und immer mehr Menschen machten ihren Missmut deutlich. Einige schienen mittlerweile Angst zu haben, dass sie an Weihnachten nicht mehr pünktlich bei ihrer Familie sein würden und ich verstand sie. Ich hatte mich so sehr darauf gefreut.
Die Zeit verging und als endlich eine Durchsage durch die Lautsprecher schallte, horchte ich auf und versuchte zu verstehen, was gesagt wurde. War gar nicht so einfach. Ich kniff angestrengt meine Augen zusammen und als ich verstand, dass aufgrund eines aufkommenden Schneesturms erst einmal keine weiteren Flugzeuge starten oder landen würden, hielt ich die Luft für einen kurzen Augenblick an. Unzufriedenes Raunen, Fluchen und weinen, es war alles dabei und auch mir kamen schon die ersten Tränen. Irgendwie war es doch klar, dass mir das heute passieren musste. Ich hatte mich so sehr gefreut und alles war auf dem letzten Drücker, sodass ich das Schicksal fast schon herausgefordert hatte und es schien, dass ich verloren hätte. Doch ich wollte nicht so schnell aufgeben. Ich erhob mich von meinem Platz und machte mich auf die Suche nach dem Infoschalter. Tatsächlich dauerte es nicht lange und ich kam an, doch viele andere Passagiere hatten das Bedürfnis sich zu beschweren oder nachzuhaken, was zu tun war.
Auf dem ganzen Gate herrschte Chaos. Alle Leute redeten wild durcheinander, versuchten an Informationen oder irgendwohin zu kommen. Keiner schien so wirklich zu verstehen, was los war und auch das Flugzeugpersonal wirkte alles andere als vorbereitet und recht überfordert.
„Es tut mir leid, aber wir können Ihnen nicht sagen, ob sich die Wetterlage noch ändern wird. Heute werden keine Flugzeuge mehr starten", versuchte die junge Dame gegen den Lärm anzukommen und mitleidig sah ich sie an. Ich würde nicht mit ihr tauschen wollen. „Wir können Ihnen anbieten, den Flug umzubuchen und an einem anderen Tag nach Australien zu fliegen."
Laute Beschwerden erklangen und die junge Frau zuckte erschrocken zusammen.
„Sie kann doch auch nichts dafür", sagte ich, als sich neben mir jemand laut beschwerte und die junge Frau sogar beleidigte.
„Ach halt deine scheiß Klappe!", fuhr mich der Mann an und schubste mich weg, ehe er kehrtmachte und verschwand. Entgeistert sah ich ihm hinterher und schüttelte meinen Kopf.
„Sie können warten, ob es weitere Informationen gibt, ansonsten bitte ich Sie, den Flug umzubuchen und sich nach einer Unterkunft umzusehen."
Seufzend drehte ich mich um und lief zurück zum Gate. Ich würde erst einmal weiter warten. Komischerweise hatte ich noch Hoffnung, dass sich das Wetter beruhigte und doch noch ein Flugzeug startete, sodass ich einfach später in den Flieger steigen konnte. Jetzt war ich schon ein paar Stunden da, auf weitere kam es dann auch nicht mehr an. Zumal ich unbedingt meine Familie sehen wollte und jetzt wäre der Andrang den Flug umzubuchen sowieso viel zu groß.
Ein Blick auf das Smartphone verriet mir, dass einige Stunden wieder vergangen waren. Ich war tatsächlich eingedöst und spürte deutlich, wie mein Nacken und die Glieder steif waren. Ich blickte um mich herum und versuchte zu realisieren, was gerade los war. Es saßen noch einige weitere Fluggäste am Gate und warteten wie ich auf ein Wunder. Sobald ich aus dem Fenster sah, konnte ich außer Schnee nichts erkennen, da der Schnee einem die Sicht versperrte.
Ich erhob mich und lief zum Fenster, in der bescheuerten Hoffnung, dann mehr erkennen zu können.
„Da kannst du lange nach einem Flugzeug suchen", richtete sich jemand an mich und verwundert drehte ich mich zu der Person. Es war ein älterer Mann, der mich schief anlächelte. „Vor einer halben Stunde wurde abermals mitgeteilt, dass heute keine Flugzeuge mehr abheben und alle Fluggäste den Flughafen verlassen sollten." Während er das sagte, konnte ich eine Spur Traurigkeit in seinen Augen erkennen.
„Sicher? Wir haben doch noch mitten am Tag?", fragte ich vorsichtshalber nach und der alte Herr legte aufmunternd eine Hand auf meine Schulter, tätschelte sie.
„Mach dir lieber nicht zu viele Hoffnungen, schau, dass du nach Hause kommst oder zu irgendjemanden, bevor die Straßen vollkommen zugeschneit sind." Er lächelte mich noch einmal aufmunternd an, ehe er von mir abließ und das Gate verließ. Ich konnte nicht sagen, wie lange ich ihm noch hinterher gesehen hatte, doch nach und nach verließen immer mehr Leute den Flughafen und schienen die Hoffnung aufgegeben zu haben, heute noch nach Australien fliegen zu können. Ich konnte selbst gar nicht sagen, wieso ich mich nicht aufraffen konnte, zurück ins Dorm zu gehen, immerhin war ich so klar bei Verstand, dass ich es nur zu gut wusste, dass heute hier nichts mehr passieren würde. Und trotzdem stand ich noch immer hier, den Blick in die Richtung, in der der alte Mann verschwunden war. Ob es die kleine Hoffnung war, dass sich die Wolkenfront öffnete und das Wetter besserte? Oder ob es daran lag, dass ich nicht zurück in mein leeres Zuhause wollte? Ich wusste im Moment nicht einmal, was die anderen eigentlich machten. Die letzten Tage war ich einfach zu sehr aufgeregt gewesen, dass ich zu meiner Familie konnte, sodass ich gar nicht nach den Plänen der anderen gefragt hatte. Ob sie bei ihren Familien waren? Oder hatte jemand heimlich ein Date? Ging einer auf eine Party? Irgendwie stimmte es mich noch ein Stück trauriger, dass ich vollkommen vergessen hatte, mit den anderen über ihre Pläne zu reden. Sicher ... sie waren mir deswegen bestimmt nicht böse, immerhin war die koreanische Kultur was Weihnachten anging eine komplett andere, dennoch war ich von mir selbst enttäuscht.
Langsam setzte ich mich wieder in Bewegung, ließ mich auf den Sitz fallen, auf dem ich die letzten Stunden schon gesessen war. Zwar schmerzte mir langsam mein Hintern, doch war mir das egal. Ich wollte die Hoffnung nicht aufgeben, heute doch noch zu fliegen und meine Familie zu sehen.
Mein Handy vibrierte und ich nahm es zur Hand. Eine Nachricht meiner Schwester. Sie fragte mich, ob es denn irgendwelche Neuigkeiten gäbe. Kurz wägte ich ab, was ich ihr antworten sollte, blieb aber bei der Wahrheit. Es würde sowieso nichts bringen, ihr etwas vorzugaukeln. Schnell tippte ich die Antwort und beschloss etwas Musik zu hören, damit die Zeit schneller verging und ich auf andere Gedanken kam. Ich bekam mit, dass meine Schwester mir wohl geantwortet haben musste, doch war ich so in Gedanken und der Musik versunken, dass ich nicht nachsah. Es würde mich in diesem Moment sowieso nur traurig stimmen, da sie sicherlich ihr Beileid kundtat. Sie würde mich vermissen und hoffen, dass ich bald mit einem anderen Flieger nach Sydney kommen konnte, dass ich mir in Seoul ein schönes Weihnachtsfest machen sollte. Und das wären alles Nachrichten, die ich jetzt nicht lesen wollte.
Während die sanften Klänge von 'Snowman von Loi' durch die Kopfhörer in meine Ohren drangen, schloss ich die Augen. Gab mich der melancholischen Melodie hin und nahm den Text des Liedes in mich auf. Musik half mir schon immer mich auf andere Gedanken zu bringen, doch schien dieser Song gerade viel besser zu meiner Stimmung zu passen, als ich im ersten Moment bemerkt hatte. Ich legte meinen Kopf in den Nacken und träumte ein wenig vor mich hin, ehe ich wieder die Augen öffnete und die hohe Decke des Flughafens betrachtete. Langsam ließ ich meinen Blick durch den nun mittlerweile leeren Gate wandern und richtete mich auf. Die Musik in den Ohren sorgte dafür, dass die komplette Außenwelt von mir abgeschirmt war und ich lief durch die große Halle. Es schien kein weiterer Fluggast mehr hier am Flughafen zu sein und als mich einer der Mitarbeiter bemerkte, schien er mit mir zu reden. Doch außer den Mundbewegungen bekam ich sonst nichts mit. Ohne ihm weiter großartig Beachtung zu schenken, lief ich weiter in Richtung Ausgang. Meine Beine trugen mich ganz alleine dorthin und als ich endlich an der großen Glastüre angekommen war, blickte ich auf das weiße Chaos vor mir. Wild wehten große weiße Flocken durch den Himmel, landeten auf dem Boden, den Autos, auf der Halle des Parkhauses. Obwohl es früher Mittag war, schien es schon so dunkel, dass man glauben konnte, der Abend sei schon angebrochen. Oder konnte es sogar schon sein, dass es Abend war?
Ich zog mein Smartphone endlich aus der Tasche und war überrascht, als mir das Display anzeigte, dass wir mittlerweile 17 Uhr hatten. War ich unbemerkt wieder eingedöst? So musste es wohl gewesen sein, immerhin war ich die halbe Nacht wach gewesen und es war alles andere als abwegig, dann unbemerkt einzuschlafen. Seufzend entsperrte ich das Smartphone und musste mit Erstaunen feststellen, dass ich einige verpasste Nachrichten und Anrufe zu verzeichnen hatte. Die meisten waren von Chan und auch Hyunjin hatte sich einige Male bei mir gemeldet. Nervös kaute ich auf meiner Unterlippe. Wollten sie wissen, ob ich angekommen war oder hatten sie mitbekommen, dass ich nicht in einem Flieger sitzen konnte? Hoffentlich hatte ich ihnen nicht allzu große Sorgen bereitet.
Ohne die Nachrichten noch durchzulesen, versuchte ich die beiden zu erreichen, doch machte mir das fehlende Netz einen Strich durch die Rechnung. Tatsächlich hatte ich keinen Empfang und es war ja fast schon amüsant, wie sehr das alles einem Klischee entsprach. Doch da ich tatsächlich in dieser Situation steckte, war es leider nur halb so witzig und ich verzog mein Gesicht. Was sollte ich denn jetzt tun? Ich hatte keinen Empfang, demnach konnte ich kein Taxi rufen und mein Blick nach rechts und nach links zeigte mir, dass auch kein Taxi mehr zu sehen war. Wahrscheinlich hatten sie mehr als genug zu tun und konnten bei diesem Wetter noch lange nicht so schnell voran kommen, wie es sonst der Fall war. Wahrscheinlich sollte ich mich damit abfinden, dass ich die Nacht am Flughafen verbringen würde, wenn ich jetzt nicht zu Fuß irgendwohin gehen wollte. Bei diesem Wetter aber irgendwohin zu laufen, wäre alles andere als eine gute Idee, das war mir durchaus bewusst.
Frustriert, ich wusste immerhin, dass es nichts brachte weiter darüber nachzudenken, drehte ich mich um, oder sagen wir, ich wollte mich umdrehen, da bemerkte ich aus dem Augenwinkel, dass ein Auto vor dem Flughafen zum Stehen kam. Es war ein Taxi und es schien, als hätte ich heute endlich etwas Glück. Mit einem breiten Grinsen wandte ich mich ganz zum Fahrzeug, stockte in meiner Bewegung, als ich erkannte, dass jemand hinten auf der Rückbank saß.
Als sich schließlich die Türe öffnete und als erstes blaue Haare zu erkennen waren, schien es, als würde mein Herz für einen Moment aussetzen. Verwirrt und ungläubig betrachtete ich Hyunjin, der mir amüsiert entgegenblickte, doch recht schnell wurde sein Blick wütend und mit großen Schritten kam er auf den Eingang des Flughafens zu. Bedacht, dass er nicht ins Stolpern geriet, was doch recht amüsant aussah. Doch ich konnte nicht über den Anblick lachen, so war ich einfach nur erleichtert und unglaublich glücklich ihn hier zu sehen. Gleichzeitig war ich baff und konnte die ganzen Gefühle, die mich zu überrollen drohten, nicht recht zuordnen. Bevor Hyunjin auch nur ein Wort sagen konnte, kam ich ihm die letzten Meter entgegen, schlang meine Arme um seinen Nacken und drückte ihn fest an mich,
„Yongbok...", fing er an, doch unterbrach ich ihn.
„Danke. Danke Jinnie."
Hyunjin erwiderte nichts, stattdessen legte er nun ebenfalls seine Arme um mich und so standen wir einen Moment da, ehe ich mich von ihm löste und ihn ansah. Besorgt musterte er mich, von seiner Wut war nichts mehr zu sehen.
„Wieso hast du nicht auf unsere Nachrichten reagiert?", wollte er wissen und jetzt war mir auch klar, woher der Unmut rührte, der zuvor noch sein Gesicht geziert hatte. Sie hatten sich tatsächlich Sorgen um mich gemacht.
„Tut mir leid, ich bin wohl zuvor eingeschlafen und mittlerweile habe ich kein Netz mehr." Ich kratzte mir verlegen den Hinterkopf und sah den Anderen entschuldigend an. Wirklich zufrieden schien er mit der Erklärung nicht zu sein und ich konnte mir auch schon vorstellen, was ihm durch den Kopf ging. Mittlerweile kannte ich ihn einfach schon sehr gut. „Wieso bist du denn hier?", wollte ich schließlich von Hyunjin wissen, der eine Augenbraue hob.
„Wenn du meine Nachrichten gelesen hättest, dann wüsstest du das", erhielt ich als Antwort und ich konnte an seinem Ton erkennen, dass er nicht erfreut war.
„Tut mir leid, ich hatte erst jetzt bemerkt, dass ihr mich versucht hattet mich anzurufen." Ich zog ihn wieder zu mir und umarmte ihn. „Danke, dass du gekommen bist", sagte ich und lächelte Hyunjin an. Meine Wangen fühlten sich warm an und ich glaubte, eine leichte Röte zierten diese. Doch das war mir egal, vor Hyunjin war mir so etwas nie peinlich. „Ich werde es wiedergutmachen, versprochen."
„Dann komm mit." Hyunjin ergriff meine Hand und zog mich zum Taxi. Eine angenehme Wärme breitete sich von der Hand bis in die Tiefe meines Herzens aus. Warm lächelte ich Hyunjin an, während er mich in das Taxi bugsierte und anschließend selbst in das Fahrzeug einstieg. „Wohin entführst du mich denn?", scherzte ich, immerhin gab es nur einen Ort, zu dem wir uns jetzt aufmachen konnten. Und irgendwie stimmte es mich traurig. Sollte Hyunjin heute nicht bei seiner Familie sein? Oder würde er mich im Dorm absetzen und dann wieder zu seiner Familie gehen?
„Tut mir leid, dass du hier bei mir bist und nicht bei deiner Familie", flüsterte ich leise, doch schien mich Hyunjin sehr wohlverstanden zu haben. Kurz ruhten seine Augen auf mir, ehe er seufzte und meine Hand drückte.
„Yongbok ... ich wäre jetzt nirgendwo lieber als bei dir", antwortete er mir leise und ich glaubte mein Herz deutlich in der Brust schlagen zu spüren. „Mach dir keine Gedanken darüber. Wenn ich dich an Heiligabend sehen kann, dann ist es das schönste Weihnachten für mich." Er drückte abermals meine Hand, die er noch immer fest in seiner hielt. Beschämt senkte ich meinen Blick.
„Du musst wahnsinnig viel auf dich genommen haben, bei dem Wetter zum Flughafen zu kommen", hörte ich mich leise sagen.
„Und genau deswegen sollte dir bewusst sein, wie viel du mir bedeutest."
Überrascht hob ich den Blick und starrte Hyunjin an, der seinen Blick aus dem Fenster gerichtete hatte. Ein warmes Lächeln legte sich auf meine Lippen und ich lehnte mich an ihn. Genoss die Fahrt, während das Auto langsam seinen Weg durch die Straßen fand und uns zum Dorm brachte. Die Fahrt ging erstaunlich lange, doch genoss ich die Nähe zu Hyunjin, sodass mir das gar nichts ausmachte. Seit mich Hyunjin eingesammelt hatte, waren meine traurigen Gedanken wie weggeblasen und es schien nicht einmal mehr halb so schlimm, dass ich dieses Weihnachten nicht mit meiner Familie verbringen konnte.
„Danke", sagte ich und weiß, dass es nicht das erste und letzte Mal an diesem Abend sein würde, dass ich dies sagte. Ich spürte deutlich Hyunjins fragenden Blick auf mir. Statt den Kopf zu heben und ihn anzusehen, hatte ich die Augen geschlossen und genoss die Wärme, die der andere ausstrahlte. Erst als das Taxi zum Stehen kam und sich Hyunjin bewegte, öffnete ich wieder meine Augen und stieg aus dem Wagen. Wie vermutet hatte mich Hyunjin zum Dorm gebracht und anders als am Flughafen noch erwartet, erfreute mich der Anblick. Vielleicht lag es aber auch einfach nur daran, dass ich gemeinsam mit Hyunjin hier war. Auch wenn ich jetzt noch nicht wusste, wie es eigentlich weiter ging. Ob ich den Abend alleine hier verbringen würde.
„Lass uns hineingehen", sagte Hyunjin und machte somit klar, dass er zumindest noch mit hereinkommen würde.
„Machst du dich gleich wieder auf den Weg?" Ich konnte mir die Frage einfach nicht verkneifen, doch erhielt ich von Hyunjin keine Antwort. Stattdessen sah er mich nur kurz an und ich hatte keine Ahnung, was dieser Blick zu bedeuten hatte. Abermals biss ich auf die Unterlippe und folgte Hyunjin nach drinnen. Wärme umfing mich, als ich in den Flur trat und Jacke und Schuhe auszog. Ich hielt in meiner Bewegung inne, als leise Weihnachtsmusik an meine Ohren drang und verwirrt drehte ich mich zu Hyunjin um. Musterte ihn fragend, der dann einfach weiterging und mich fragend stehen ließ. Hastig folgte ich ihm, holte auf und wollte gerade fragen, was denn los war, da hörte ich freudiges Lachen. Lachen, das mir nur zu gut und meine Augen wurden groß. Ich beschleunigte meine Schritte, um zur Tür zum Wohnzimmer zu gelangen, um dort überrascht stehen zu bleiben und das Szenario vor mir zu betrachten. Am Tisch saßen die Jungs, unterhielten sich prächtig miteinander und vor ihnen stand typisch australisches Weihnachtsessen.
Zwei Arme schlagen sich von hinten um mich und ich spürte, wie Hyunjin sein Kinn auf meiner Schulter ablegte. Gleich darauf hörte ich ihn sagen: „Merry Christmas, Yongbok" und die anderen schienen uns nun auch bemerkt zu haben und freudig riefen sie nach mir.
A/N:
Ich hatte vor Weihnachten diesen kleinen OS vorbereitet, doch bin ich jetzt erst damit fertig geworden ^^ Es ist eigentlich nichts besonderes, dennoch hatte ich meinen Spaß, ein wenig über Felix Gedanken zu philosophieren, wenn es nicht nach Plan klappt. Seine Gedanken sind zwar kurzzeitig recht traurig, doch ist es zum Ende hin ja noch gut für den Sonnenschein ausgegangen.
Ich hoffe ihr hattet alle schöne und entspannte Feiertage :)
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