Kapitel 32
Tiaras POV
Langsam öffnete ich meine Augen und blickte mich um. Die letzten Stunden waren eine Tortur unter Schmerzen. Aus Reflex griff ich an die Wunde unter meiner Brust, doch dort war keine zu spüren. Verwirrt blickte ich auf die Stelle, wo vor einigen Stunden noch eine Wunde zu sehen war. Doch es war nichts.
Ich hörte Schritte, sie kamen auf mich zu.
Ich blickte von mir selbst hoch und realisierte jetzt erst, wo ich war. Es war genauso wie letztens. Eine wolkenartige, schwerelose Masse umgab mich und alles war still. Nichts, rein garnichts war zu sehen. Nur Wolken. Und alles war so, so friedlich.
„Tia?", hörte ich nun eine vertraute Stimme sagen, „du bist es schon wieder?"
Schlagartig drehte ich mich um und blickte in die vertrauten Augen meiner besten Freundin. Wie war das alles möglich? Innerhalb von kurzer Zeit hatte ich sie jetzt schon zweimal getroffen.
„Aber du bist doch tot?", hauchte ich und merkte, wie sich meine Augen mit Tränen füllten.
„Das bin ich. Aber du noch nicht, du bist kurz davor, aber du wirst nicht sterben. Auf keinen Fall. Du wirst jetzt sofort in die reale Welt zurückkehren, wo Milo auf dich wartet. Du gibst nicht auf!" Den letzten Satz schrie sie förmlich und sie wirkte relativ nervös, fast ein wenig ängstlich. Doch ich ließ mich davon nicht beeindrucken. Ich würde sie nicht wieder alleine lassen. Niemals.
Deshalb schüttelte ich nur den Kopf. Sie fasste nun mit ihren Händen an meine Schultern. „Schau mich an, mein Engel." Ich blickte zu ihr hoch und sah, wie eine Träne über ihre Wange kullerte. „Ich bin doch auch froh, dich wieder zu sehen. Du glaubst mir nicht, wie langweilig es ohne dich ist. Aber Milo und die ganze Welt da unten braucht dich, okay? Lass deine Gefühle für Milo zu und lass zu, dass er dich liebt.", sagte sie jetzt ruhiger und schaute mich dabei mit ihrem typischen Lächeln an.
Wieder schüttelte ich meinen Kopf, doch bevor sie etwas sagen konnte, fing ich an zu reden: „Ich werde diese Gefühle nicht an mich ranlassen. Ich habe die Liebe zu Milo schon zu stark rangelassen und wenn ich sie noch mehr zulasse, wird er mich verlassen. So wie alles, was ich bisher geliebt habe. Ich kann das nicht mehr, seitdem auch du von mir weggerissen wurdest."
„Tia, du musst leben. Leb für mich. Tu all das, was wir alles zusammen machen wollten. Wir hatten so viel vor, Tia, unser ganzes Leben war geplant. Aber das Schicksal war eben anderer Meinung. Das heißt nicht, dass du ohne mich nicht glücklich sein darfst. Du musst und du darfst glücklich sein. Verbiete es dir nicht, nur weil ich nicht mehr da bin. Mach was aus deinem Leben." Während sie redete, liefen die Tränen wie ein Wasserfall über ihre Wangen. Doch sie war nicht traurig, sie war glücklich. Voller Zuversicht. So wie ich sie immer gekannt hatte.
„Ich will dich nicht nochmal verlieren.", schluchzte ich.
„Wirst du nicht und hast du nie. Ich bin immer noch da und ich lebe in deiner Erinnerung. Und irgendwann, wenn die Zeit reif ist, werden wir uns genau hier wieder sehen. Dann werden wir für immer vereint sein. Das verspreche ich dir. Aber lass Milo nicht alleine. Ich weiß, wie sehr dieser Junge dich liebt. Er liebt dich über alles, du musst es nur zulassen.", antworte sie und drückte sanft meine Schultern, an denen sie noch immer ihre Hände hatte.
„Warum tut es so weh, Maila? Warum?" Ich schluchzte, denn ich wusste, es war an der Zeit mich zu entscheiden. Zwischen Maila und Milo. Doch ich wusste, wen ich wählen musste. Ich musste das Leben wählen. Ich musste für Maila leben. Alles würde ich tun um sie glücklich zu machen.
„Ich will, dass du glücklich wirst, okay? Alles wird gut, mein Engel." Mit verweinten Augen lächelte sie mich an.
Ich nickte zaghaft und zog sie dann in meine Arme. Wir umarmten uns lange und das war genau das, was ich so lange gewollt hatte. Meine beste Freundin.
„Jetzt geh. Wir werden uns wieder sehen. Hab dich lieb, Tia. Für immer und ewig. Vergiss das niemals. Und jetzt leb für uns."
Sie trat ein paar Schritte zurück und je mehr sie zurückging, desto verblasster wurde ihr Erscheinungsbild. Ich ging ihr nach, doch es war zu spät. Maila war wieder weg. Und ich musste zu Milo.
—
Ruckartig riss ich die Augen auf. Ich fühlte mich wie gelähmt. Über mir sah ich grelle Deckenleuchten an einer hohen, weißen Decke.
Wo war ich? Wo war Maila? Wo war Milo? Noch etwas verschwommen senkte ich meinen Kopf und damit meinen Blick ein wenig und bemerkte, dass jemand an meinem Bett saß.
Ein gewaltiger Stein fiel von meinem Herzen, als ich ihn erkannte.
„Baby.", hauchte ich mit einer heiseren Stimme und versuchte meine Hand nach ihm auszustrecken. Doch es geling mir nicht. Ich war so unfassbar müde und schwach.
„Tiara?" Mit großen Augen schaute Milo mich an und brach kurz darauf in Tränen aus, als er sah, dass ich wach war.
Auch mir rollten nun die Tränen über die Wangen. Ich hatte ihn wieder. Mein Leben.
Sanft nahm Milo meine Hand und strich mit seiner anderen eine Haarsträhne hinter mein Ohr. Fast so, als wäre ich zerbrechlich.
„Wie geht es dir?", fragte er und wendete dabei kein einziges Mal seinen Blick von mir ab.
Ich versuchte zu antworten, doch mein Hals war staubtrocken und ich bekam keinen Ton heraus.
Milo hielt mir direkt einen Becher Wasser hin, aus dem ich dankbar ein paar Schlucke nahm.
Erschöpft ließ ich mich wieder in mein Kissen sinken und fast fielen mir wieder die Augen zu. Doch ich wollte meinen Blick nicht von Milo abwenden. Allerdings wurde meine Müdigkeit immer stärker und auch Milo schien das zu merken.
„Es ist alles gut, ruh dich aus. Ich bleib hier, versprochen."
Er drückte vorsichtig meine Hand und schließlich schloss ich die Augen. Er würde da sein, wenn ich wieder aufwachen werde, da war ich mir sicher. Von diesem Moment an waren wir unendlich. Und genau für diesen Bruchteil meines Lebens fühlte ich mich okay. Sorglos. Frei. Weil ich ihn hatte.
Neun Monate. Neun Monate ohne Maila.
Und so langsam wurde es besser. Aufgrund von Milo. Meinem Ein und Alles.
Und irgendwann, ja da war ich mir sicher, irgendwann würden wir alle vereint sein.
Irgendwann, nachdem ich und Milo zusammen das wundervollste Leben gelebt hatten.
Allerdings stand uns bis dahin noch einiges vor...
-Das Ende vom Anfang-
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro