Chào các bạn! Vì nhiều lý do từ nay Truyen2U chính thức đổi tên là Truyen247.Pro. Mong các bạn tiếp tục ủng hộ truy cập tên miền mới này nhé! Mãi yêu... ♥

𝚔𝚊𝚙𝚒𝚝𝚎𝚕 7.1

7. März 14:12 Uhr, Highschool , Halcolne

Für Kilian war es entsetzend zu sehen, dass die Schule einfach ihren normalen Betrieb wieder aufgenommen hatte. Keine Trauer, kein Gedenken an Alice oder die ganzen Toten und Verletzten. Entweder es interessierte keinen hier oder sie wollten einfach nur ihr Image pflegen. Wahrscheinlich war letzteres der Fall. Denn Kilian war sich ziemlich sicher, dass es deutlich auffiel, wenn plötzlich einige Schüler und Lehrer an der Schule fehlten und einige davon auch nie wieder zurückkehren würden.

„Und du bist dir sicher, dass du nicht noch mit dem Direktor sprechen möchtest, Kilian?", fragte Maeve ihn skeptisch, während sie die Treppen zum Eingang heraufstiegen. Ihn erinnerte all das hier an diesen einen Moment vor vier Tagen. Einen Moment, an den er nicht gern zurückdachte.

„Ja, bin ich. Der wird mir exakt dasselbe sagen, was Reyna uns mitteilen wollte. Nur deutlich höflicher und professioneller ausgedrückt. Für sie alle ist Alice die Schuldige..." Kilian begann schon wieder, sich in Rage zu reden. Dabei war es nur noch dieses eine Gespräch heute. Mehr würde er gar nicht führen müssen.

„Rein rechtlich gesehen ist das auch die Wahrheit", erwiderte Maeve kleinlaut und Kilian hasste es unendlich sehr, ihr nicht widersprechen zu können.

„Aber es geht doch auch um die Moral. Man kann doch nicht jahrelang ein Mädchen schikanieren und dann nicht erwarten, dass sie völlig durchdreht. Sogar die Lehrer wussten von den Vorfällen und haben sie einfach ignoriert. Als wäre Alice nur eine lästige Fliege."

Es war kaum zu fassen, dass die Lehrer tatsächlich die verschiedensten Mobbingvorfälle einfach ignoriert hatten. Kilian nahm sich vor, dagegen etwas zu unternehmen. Er wusste noch nicht was, allerdings musste irgendetwas dagegen getan werden. Das stand zumindest fest. Alles was er wusste, war, dass er das nicht länger so stehen lassen durfte.

Nachdem sie von der mit Arbeit überhäuften und überforderten Sekretärin der Schule angemeldet wurden, fragte sie direkt, wo sie hinwollten. „Wir wissen, wo es langgeht, keine Sorge. Meine Tochter besucht diese Schule ebenfalls und da kenne ich mich ein wenig aus."

Bevor die ältere Dame weiter nachhaken konnte, verschwanden Maeve und er aus dem Sekretariat und begaben sich in den Kellerbereich. „Ich weiß von Jane, dass hier das Kunstzimmer sein muss", murmelte er vor sich hin und zog Maeve mit sich.

Es gab nur eine einzige Tür im gesamten Gang, die bunt angemalt war und glücklicherweise offen stand. Das richtige Zimmer hatten sie jedenfalls gefunden.

Höflich klopfte Kilian an die Tür und die merkwürdig aussehende Frau schreckte hoch. Sie war höchstens dreißig Jahre alt. Ihren Klamotten nach zu urteilen war sie allerdings in den 60er Jahren und der Hippiezeit stehengeblieben.

Als sie erkannte, dass Maeve und Kilian zu ihr wollten, stand sie ruckartig auf und schwebte praktisch in ihrem viel zu weiten Tunika und dem knöchellangen Rock in Batikoptik auf sie zu. Ihre Haare kringelten sich und hatten einen ähnlichen kupferroten Ton wie Maeves Mähne.

Maeve starrte die Frau vor ihnen allerdings fassungslos an. Sie selbst war zu jedem Zeitpunkt in schwarzen Hosenanzügen gekleidet. Sehr selten variierte sie in ihren dunklen Farben.

„Hallo... Ähm... Wir sind Colebrook und Lynch von der Kriminalpolizei Halcolne", stellte Kilian sich und seine Kollegin vor und zeigte abwechselnd auf sich und anschließend auf seine Assistentin.

„Kriminalpolizei? Grundgütiger! Was ist denn geschehen? Kommen Sie rein und setzen sie sich!" Sie huschte wieder zurück in das Kunstatelier und bot den beiden einen Sitzplatz vor ihrem Schreibtisch an. Irritiert nahmen sie das Angebot an, fragten sich jedoch, ob die Frau vor ihnen überhaupt mitbekommen hatte, was vor vier Tagen hier geschehen war.

„Es geht um Alice, Ms... Wie heißen Sie nochmal?", fragte Maeve, um während des Redens höflich die angebotene Teetasse abzulehnen.

„Ms Bluebird. Aber Sie können mich auch gern Ivy nennen, da ich diese ganze gespielte Höflichkeit nicht so sehr mag." Dabei musterte sie mit zusammengekniffen Augen Maeve, was Kilian erschrak. Er hätte nicht gedacht, dass diese Ivy Bluebird so aufmerksam in den Geschehen um sie herum war. Vielleicht war das ein Vorteil für die Ermittlungen.

„Also... Sie sagten, es ginge um Alice?" Nachdem sie Maeve ausreichend angestarrt hatte, hatte sie sich ihnen gegenüber an ihren Schreibtisch gesetzt und zuerst einen kräftigen Schluck Tee getrunken. Natürlich ließ die Gelegenheit nicht aus, über die Vorteile des Tees gegenüber Kaffee zu erzählen, doch ein böser Blick seitens Kilian genügte, damit sie das ursprüngliche Thema wiederfand.

„Ja. Ich kann aus... privaten Quellen sagen, dass Alice sehr talentiert in Kunst gewesen sein muss. Stimmt das?" Die private Quelle war seine Tochter, die diesen Fakt aus bester Nähe beurteilen konnte. Sie waren seit Jahren in einer gemeinsamen Klasse. Da wusste man über Talente des anderen Bescheid. Selbst, wenn man sich nicht ausstehen konnte...

„Oh ja! Alice ist eine begnadete Künstlerin. Seit ich sie unterrichte, gibt es praktisch nichts, was ich ihr neu beibringen kann. Einfach von Natur aus begabt. So etwas habe ich ganz ganz selten." Mit einem zuckersüßen Lächeln schwärmte Ivy von ihrer Schülerin und zeigte auch ein Bild von Alice, welches sogar im Klassenzimmer aushing.

Darauf war ein kleines Mädchen in einem knallpinken Kleid zu sehen. In der linken Hand hielt es einen abgenutzten Teddybären, während die rechte unberührt am Körper baumelte. Um sie herum waren zahlreiche Nebelschwaden zu sehen, die sich in düstere Gestalten verwandelten und das Kind bedrohten. Diese Farbauswahl und Umsetzung faszinierten Kilian sehr. Sie musste wirklich sehr talentiert sein. Nur dieser Teddybär beunruhigte ihn. Er war in der linken Hand. Dabei waren die meisten Menschen Rechtshänder. Außer Alice Mayberry. Sie war Linkshänderin. Konnte das bereits ein erstes Zeichen gewesen sein?

„Wann hat sie dieses Bild gemalt?", fragte Kilian daraufhin eindringlich, was ihm zusätzlich einige fragende Blicke von Maeve einbrachte. „Oh, das kann ich Ihnen nicht mehr genau sagen. Vielleicht vor zwei, drei Jahren?" Klang plausibel. Wenn der Hass und die Verzweiflung damals schon so groß waren, wie mussten sie dann vor einigen Wochen – kurz vor dem Amoklauf – gewesen sein?

„Aber denken Sie ja nicht, Alice war nur künstlerisch begabt. Ihr Mathelehrer, Mr Campbell, berichtete nur das Beste von ihr. Was für einen analysierenden Verstand sie hat. Wie logisch sie im Vergleich zur restlichen Klasse denken kann. In jedem mathematischen Schulfach waren ihre Noten ausgezeichnet. Vielleicht hat das ihre Mitschüler so sehr gestört." Ivy neigte dazu, in Monologe zu verfallen. Sie erzählte munter weiter und schweifte unter anderem zu den verschiedenen Klassenkameraden ab.

Doch anstatt ihr zuzuhören, dachte Kilian darüber nach, was für einen Widerspruch er finden konnte. Nur die Tatsache, dass Campbell laut Jane das erste Opfer war. Wieso würde Alice ihn töten, wenn er so viel Gutes von ihr hielt? Wahrscheinlich war dieser Mann ein Mitläufer, der beliebt in der Klasse sein wollte und dafür alles in Kauf nahm. Trotzdem schien er Alice insgeheim für ihr Wissen und Können bewundert zu haben, sonst hätte er Ivy nicht solche Sachen erzählt. Denn bei genauerem Hinsehen und Betrachten der Frau wurde ihm recht schnell klar, dass sie wahrscheinlich gar nicht lügen konnte. Sie wirkte wie jemand, der durchgehend die Wahrheit sagte.

Viel aus ihr herauszuholen gab es allerdings leider auch nicht. Kilian hatte sich sehr gewünscht, noch einen neuen, bahnbrechenden Fakt zu erfahren, doch die Mühe, hierherzukommen, war vergeblich.

Um der Kunstlehrerin nicht das Gefühl von Enttäuschung zu geben, fragte Kilian höflich, ob er und Maeve nicht das letzte gemalte Bild von Alice sehen könnten. Freudig sprang die Frau auf und eilte ins Nachbarzimmer, als könnte sie diesen Moment gar nicht richtig abwarten.

„Warum wolltest du unbedingt mit ihr reden?", zischte Maeve ihm in den wenigen unbeobachteten Sekunden zu. „Wir erfahren von ihr nur Sachen, die wir schon längst wissen. Das hier ist nutzlos! Wir können genauso gut wieder zurückfahren."

„Denkst du, Maeve", erwiderte Kilian mit einem süffisanten Lächeln. Er liebte die Ungeduld seiner jungen Kollegin. Sie zeigte nur, wie unerfahren sie noch war. Man bekam in diesem Job nicht auf Anhieb das, was man brauchte geschweige denn wollte. Die richtige Zeit würde schon dafür kommen. „Ich denke, dass es wichtig ist, das Schulleben unserer Täterin aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Ich könnte mir zahlreiche Menschen anhören, die mir vorjammern was für eine schreckliche Person Alice ist. Doch viel interessanter ist es eigentlich, sich die Kehrseite anzuschauen. Ivy Bluebird ist eine der wenigen Menschen dieser Welt, die Alice schätzen und bewundern. Das hilft uns, sie nicht nur einseitig zu sehen."

Nach dieser Aussage ließ Maeve ihren Blick von Kilian wegschweifen. Seine Anmerkung ließ sie gänzlich unkommentiert. Sicherlich dachte sie gerade darüber nach, was er ihr gerade gesagt hatte. Denn so aus der Luft gegriffen, fand er, waren diese Worte nicht.

Wenig später eilte die strahlende Frau wieder zu ihnen mit einem großen Stapel voller Bilder in den Händen. „Ich... Ich habe es noch nicht geschafft, mir die letzten abgegebenen Arbeiten anzusehen."

Kilian und Maeve halfen ihr beim Sortieren und fanden schließlich ein Kunstwerk, auf dessen Rückseite in fein säuberlicher Schrift der Name Alice Mayberry stand. Sie waren fündig geworden.

Alle drei starrten das Bild, welches nun von den anderen getrennt auf dem Tisch lag, an. In der Mitte war wieder ein Mensch. Nur dieses Mal kein kleines Mädchen mehr. Es handelte sich um eine gänzlich in Schwarz gekleidete Person mit einer Waffe in den Händen. Um sich herum waren viele tote Silhouetten zu erkennen, einige sahen erschreckend real aus. Das Blut, welches sie gemalt hatte, war so detailgetreu dargestellt, dass Kilian fast glaubte, es wäre echtes. Im Hintergrund war noch viel mehr Elend in Form von zerstörten Gebäuden zu sehen.

„Was war die Aufgabe?", fragte Maeve mit leicht verschluckter Stimme. Es war nicht einfach, sich zu einem solchen Bild, das gleichzeitig Kunstwerk und Abscheu war, zu äußern.

Ivy überlegte einen Moment. Sie kniff die Augen ein wenig zusammen und schien innerlich mit sich selbst zu reden. „Sie sollten ein Bild zu einem Wort ihrer Wahl malen. Das gesamte Endergebnis steht sinnbildlich für ein oder maximal zwei Wörter."

Sie brauchte diese Wörter nicht zu nennen. Es war Kilian bereits bewusst, welche Wörter Alice Mayberry sich ausgesucht hatte.

Rache. Vergeltung.

„Können wir das zu Ermittlungszwecken mitnehmen?", fragte Kilian anschließend, nachdem die Lehrerin langsam wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzukommen schien. Anstatt irgendetwas zu sagen, nickte sie nur stumm und setzte sich auf ihren Stuhl, neben dem sie bereits stand.

Wortlos nahm Kilian das Bild zu sich und betrachtete es erneut. Dieses Mal von nahem. Er erschrak fast zu Tode, als er erkannte, dass einige tote Personen auf diesem Bild reale Menschen aus Alices Schulalltag sein sollten.

Da war Reyna. Einige davon waren ihre Freunde. Auch einige Lehrer waren zu erkennen. Kilian kannte nicht alle. Jedoch wusste er genau, dass eine der älteren Frauen die Sportlehrerin von Alices Klasse war. Denn bei den Basketballspielen seiner Tochter, zu denen er sie gelegentlich begleitete, traf er auch immer die stolze Lehrerin, die sich sehr über den Erfolg ihrer Schützlinge freute.

Mit einem kurzen Seitenblick verständigte Kilian Maeve, dass es Zeit war, aufzubrechen.

Sie gaben Ivy Bluebird sogar die Hand zum Abschied und wünschten ihr alles Gute für die Zukunft. Kilian fragte sich, ob diese Frau schon immer so war oder erst durch einen bestimmten Vorfall in ihrem Leben zu dieser merkwürdigen Person wurde. Vorhin war sie noch fröhlich auf sie zugegangen. Als sie sich zum Gehen wandten, hatte sich ihre Laune um 180 Grad gedreht und sie hatte das Bild des kleinen Mädchens abgenommen. Es lag nun vor ihrem Arbeitsplatz und die Frau war mit nichts anderem beschäftigt, als stumm und regungslos darauf zu blicken.

Vielleicht machte sie sich Vorwürfe. Vielleicht hätte man bereits an den Bildern, die Alice in der Schule malte erahnen können, was passieren würde. Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. 

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro