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𝟺. 𝚜𝚌𝚘𝚝𝚝𝚢 & 𝚍𝚎𝚛 𝚜𝚌𝚑𝚊𝚌𝚑𝚔𝚕𝚞𝚋

Ich frage mich so langsam, wer hier wen aus dem Hut gezaubert hat. Doktor Freud das Kampfkaninchen oder vielleicht umgekehrt?

Ich habe mich also tatsächlich zu einer Laborratte degradieren lassen.

Die zwei haben mich ausgetrickst. Irgendwie haben sie mich ausgetrickst! Der ruhige Rhys ist doch nicht so ruhig und Charlotte ist einfach nur – genau das, was ich erwartet habe.

»Ist doch am Ende gar nicht so schwer gewesen, Ashilein.«, säuselt Charlotte mit ekelhaft Honigsüßer Stimme, die falscher nicht sein könnte.

Ich will sie umbringen.

Irgendwann werde ich sie umbringen.

Ganz sicher werde ich sie umbringen.

»Ich habe nie gesagt, dass es schwer wäre. Ich halte es nur für Mumpitz, Charlotte.«

»Lotta«
»Ash«
»Ich bin absolut nicht erfreut.«
»Ganz meinerseits. Und da wir die Formalitäten jetzt geklärt hätten, verratet ihr zwei mir jetzt mal, wie ihr euch das vorgestellt habt.«

Vorstellungsrunde? Check.

Ich werde sie trotzdem nicht Lotta nennen. Nur über meine Leiche.

Hilfesuchend blickt Charlotte zu Rhys herüber, der sich nur genervt die Nasenwurzel massiert. Ich würde ja gern sagen, dass ich ihn gewarnt hätte, allerdings habe ich das nicht.

Aber ich habe daran gedacht ihn zu warnen!

Als er bemerkt, dass er von uns beiden angesehen wird, hebt er seinen Kopf etwas und sieht uns skeptisch an. »Was schaut ihr mich dabei ein. Lotta?« Genervt pustet sich die Angesprochene eine rote Locke aus der Stirn. »Ich dachte, du hast einen Masterplan, so wie du das eben vorgeschlagen hast.«

»Ja, ich hab es vorgeschlagen, aber nicht gesagt, dass ich auch direkt einen Entwurf für die Durchführung aus dem Ärmel zaubern kann.«

Siegmund sieht mittlerweile etwas erschöpft aus und massiert sich jetzt die Schläfen, so als habe er starke Kopfschmerzen.

Ach komm schon! So anstrengend, dass man meinetwegen Kopfschmerzen bekommt bin ich nun auch wieder nicht. Charlotte vielleicht, aber ich doch nicht! Meine Anwesenheit erfüllt die Menschen normalerweise mit Glückseligkeit und dem Bedürfnis sich an meinen Intellektuellen Ergüssen zu laben!

Aber der Fakt, dass ich Rhys Welsh in meinem Kopf auf Siegmund Freud umgetauft habe – was sogar ein Kompliment ist, weil dieser Mann einfach ein Genie war, auch wenn ich ihm in gewissen Punkten widerspreche und nicht alle seine Ansichten teile, aber ich komme schon wieder vom Thema ab.

Also der Fakt, dass ich ihn in meinem Kopf umgetauft und Charlotte zum Kampfkaninchen erklärt habe, gepaart mit der Aussage von Rhys, er würde den genauen Ablauf des Experiments nicht aus dem Ärmel zaubern können, entsteht in meinem Kopf bereits eine Karikatur dieses genialen Mannes – ich spreche von Doktor Freud, nicht von Rhys – der ein rotes Pfefferkaninchen aus dem Hut zaubert.

Manchmal bin ich schockiert, was meine Genialität in eigentlich konzentrierten Situationen für einen Schwachsinn ausspuckt. Das ist genauso wie, als wenn man auf einer Beerdigung laut zu Lachen beginnen würde. Aber ich weiß, dass wenn ich diese Karikatur nicht zu Papier bringe, wird sie mich die nächsten Tage bis in meine Albträume verfolgen, weshalb ich gleich Latein schwänzen werde. Mal davon abgesehen, dass ich das sowieso vor hatte...

»Großartig. Wirklich großartig eure Teamkommunikation.« Dramatisch langsam klatsche ich in die Hände und lege mein ganzes Schauspielerisches Talent in meine Mimik, die ihnen zeigt, wie unglaublich begeistert ich bin.

Der Sarkasmus und die Ironie treiben es miteinander wie die Kaninchen und sorgen für Multiple Ergüsse solcher Witze und Vergleiche.

Und irgendwie klang das abartiger, als erwartet. Gott sei Dank habe ich das nicht laut ausgesprochen.

»Nicht vergessen, du bist jetzt Teil des Teams, Kit. Das ergänzende Teil unserer Trinität.«

Ich hasse es, wenn er mich Kit nennt. Ich bin verdammt noch mal kein sprechendes Auto!

»Mein Gott nochmal, dann erstellt einfach eine Liste die ich abarbeiten kann, um diese Farce hinter mich zu bringen, wenn ihr euch schon nicht einigen könnt! Und damit das klar ist, ich werde niemals, niemals, niemals nie an einem Lagerfeuer sitzen und Kumbaya oder dergleichen singen.«, stelle ich zumindest eine meiner Bedingung ganz deutlich klar.

Ich hasse Feuer. Ich hasse Lagerfeuer. Ich hasse den Geruch von Rauch in der Kleidung. Und ich hasse diese John Lennon-Brillen tragenden Hippies, die mit ihrer Gitarre am Lagerfeuer sitzen, weil sie sich für die Reinkanation John Lennons halten und lieber durch den dunklen Wald rennen, um Feuerholz zu suchen, aber den dabei offensichtlichsten Brennstoff ignorieren:

Die Gitarre.

Ich ernte verblüffte Blicke von Rhys und Charlotte, letztere kräuselte schon wieder ihre Nase. »Ich sag es ja nicht gerne und glaub mir, ich sage es wirklich nicht gerne, aber ich glaube, der Arsch hat Recht. Du hast vorgeschlagen, dass wir ihm zeigen, was wir haben und ihn mit einbeziehen. Und das bedeutet auch, dass wir mit ihm das machen, was wir so normalerweise machen, da wäre eine Liste vielleicht gar nicht schlecht.«

Ich bin mir zwar ziemlich sicher, dass zwischen den beiden nichts läuft, aber vielleicht sollte ich noch mal anmerken, dass ich zu keinem Dreier bereit bin, sollte ich mich doch getäuscht haben...

Rhys kratzt sich nachdenklich am Hinterkopf und legt dabei den Kopf etwas schief. Dabei mustert er mich, als wolle er abschätzen, ob er nicht vielleicht doch einen Fehler gemacht hat. Irgendwie sieht er dabei wie ein treudoofer Dackel aus, mit seinen Schokoladenbraunen Augen und den genauso Schokoladenbraunen Locken.

»Und mit einer Liste lassen sich auch besser die Veränderungen und Fortschritte beobachten.«, ergänzt er irgendwann.

Ich hasse es, wenn die beiden so sprechen, als wäre das hier irgendeine kranke Studie und ich nicht anwesend. Streng genommen ist das hier auch ganz schön Krank. Um zu beweisen, dass ich an keine zwischenmenschlichen Beziehungen glaube, muss ich mich mit denen anfreunden, beziehungsweise werde dazu gezwungen.

»Dann erstellt ihr die Liste und ich arbeite alles ab. Und am Ende werden wir feststellen – oh, welche Überraschung das nur sein wird – dass ich Recht habe.«

Jetzt ist es zu spät. Jetzt gibt es kein Zurück mehr und ich stecke voll mit drin.

»Ganz genau! Wobei noch offen steht, wer derjenige sein wird, der recht hatte. Und ihr zwei Schätzchen entschuldigt mich jetzt bitte. Scotty ruft.« Ohne eine weitere Erklärung rafft Charlotte ihr Zeug zusammen und lässt uns allein, nicht ohne Rhys einmal kurz zu umarmen und mir einen Hasserfüllten Blick zuzuwerfen.

Jetzt sind Rhys und ich alleine und sehen gerade noch, wie ihr roter Lockenschopf hinter der nächsten Ecke verschwindet.

»Scotty?«, frage ich skeptisch nach sobald sie außer Sicht ist und noch bevor eine peinliche Stille aufkommen kann. Ich hätte nicht gedacht, dass Charlotte tatsächlich einen Freund hat. Der Arme Trottel der sie abbekommen hat.

»Schülerzeitung«, erklärt Rhys und sieht dabei immer noch zu der Stelle, an der sie verschwunden ist.

»Wir haben eine Schülerzeitung?« Ich hätte nicht gedacht, dass wir eine Schülerzeitung haben!

»Ja? Der Scottsdale Letter oder Scotty, wie die meisten ihn nennen.«

Es folgt eine kurze Stille.

»Wir haben eine Schülerzeitung?«, wiederhole ich meine Frage erneut, als wäre ich schwer von Begriff.
Wow... das ist die letzten Jahre ja völlig an mir vorbeigegangen!

Ich meine ein belustigtes Schnauben von Rhys gehört zu haben und werfe ihm daher einen fragenden Blick zu. Was war daran bitte witzig? »Entschuldige, aber mich wundert nicht wirklich, dass du das nicht gewusst hast.« Rhys reibt sich über das Kinn und versucht zumindest nicht all zu offensichtlich zu Grinsen. Das gelingt ihm allerdings nicht wirklich, da ich das Grübchen, das sich in seine linke Wange gegraben hat und irgendwie sein gesamtes Gesicht verändert, genau sehen kann.

Verrückt, aber irgendwie sieht er ganz anders aus, wenn er so grinst. Es sieht besser aus, als wenn er dieses andere Grinsen grinst, wenn Lotta versucht ihn zum Lachen zu bringen. Jetzt ist es fast schon ein Lächeln.

Skeptisch hebe ich meine Augenbraue und lasse mir meine Gedanken nicht anmerken. »Mittlerweile wissen die Menschen, dass unser Universum Heliozentrisch angelegt ist. Aber du gehörst zu den Ausnahmen, die Galileo Galilei damals unter Hausarrest gestellt hätten, als er allen erklärte, dass nicht die Erde das Zentrum des Universums ist. Du bist dein eigenes Universum, Asher Knight, und nimmst nur wahr, was du wahrnehmen willst. Alles andere blendest du aus, weil es für dich doch keine Bedeutung hat. Deshalb gibt es in deinem Universum auch keinen Scotty

Ich kneife meine dunklen Augenbrauen zusammen und funkle ihn verärgert an. Ich kann es gar nicht leiden, wenn solche Menschen wie Rhys versuchen mich zu verstehen. Es ist nur eine Schülerzeitung! Was kümmert es mich, ob unsere Schule eine hat oder eben nicht?!

»Kann es sein, dass du und Charlotte eure Pillen getauscht habt?«

Das Grübchen in Rhys Wange ist auf einmal wie zugeschüttet und ich kann sehen, wie seine Kiefer aufeinander malen. Anscheinend habe ich irgendeinen Nerv bei ihm getroffen.

»Hör auf so schlecht von ihr zu sprechen. Du kennst sie doch überhaupt nicht!«

Bingo.

Du meine Güte, unser Milchrhysbubi kann ja richtig laut werden, wenn er will.

»Aber du oder wie?«
»Ja, das tue ich. Lotta ist meine beste Freundin und bedeutet mir alles. Sie hat ein gutes Herz und ist einer der liebsten Menschen die ich kenne. Du kennst sie nicht und verurteilst sie.«

»Und du kennst mich nicht, glaubst aber mich vollkommen durchschauen zu können. Du weißt gar nichts über mich.«

Beinahe das gleiche habe ich Charlotte auch schon vorgeworfen, aber ändern tut es nichts daran. Was die beiden und alle anderen in dieser Anstalt glauben zu wissen, ist das, was ich sie wissen lasse. Aber mich kennen sie nicht. Sie wissen nicht, wer Asher Knight ist. Sie wissen nicht, wer ich bin, was meine Vorlieben sind und wieso ich so bin, wie ich eben bin. Und ein Rhys Welsh hat kein Recht darauf zu glauben, er wüsste wie ich ticke.

»Du stehst auf sie.« Gemeint ist Charlotte.

Angriff war schon immer die beste Verteidigung und ich spreche das offensichtliche aus. So, so... Das Kampfkaninchen bedeutet also alles für ihn.

»Oh glaub mir, ganz sicher nicht. Sie bedeutet mir so viel, wie eine Schwester einem bedeuten könnte.«

»Ja, ja, verschließe ruhig deine Augen vor der Wahrheit. Das können du und Charlotte ja besonders gut.«

Schwester... Ja, ne, ist klar.

Aber statt das gewünschte Ziel zu erreichen, nämlich Rhys zu provozieren, wie er mich provoziert, fängt er wieder an zu Grinsen. Das Grübchen Grinsen. Du weißt schon. Er grinst leicht und schüttelt dabei belustigt den Kopf. Seine Locken wabern dabei etwas um seinen Kopf und eine Locke bleibt dabei auf seiner Stirn.

Er schiebt sie nicht weg.

Wieso schiebt der sie nicht weg?! Ich kann irgendwie nicht aufhören drauf zu starren. Es lenkt ab.

Zartbitterschokolade, schießt es mir plötzlich durch den Kopf. Seine Haare haben die Farbe von Zartbitterschokolade.

»Was ist schon wieder so lustig?!«, will ich entrüstet wissen. Wieso habe ich immer das Gefühl, dass er sich entweder über mich lustig macht oder tatsächlich dabei ist mich zu durchschauen? Wobei ich auf ersteres hoffe. Damit könnte ich immerhin umgehen.

»Du«, ist Rhys schlichte Antwort. Endlich schiebt er sich die Locke hinters Ohr und räumt, so wie eben Lotta, seinen Collegeblock und seine Bücher zusammen, verstaut alles in seiner Tasche. Augenblicklich kann ich mich wieder konzentrieren. Diese Locke ist wie ein Autounfall gewesen. Es war unmöglich einfach wegzusehen.

»Und jetzt entschuldige mich, mein Schätzchen.«, imitiert er Charlotte grottenschlecht und schultert dabei seinen Rucksack. »Ich hätte da auch noch eine Verabredung.«

Ernsthaft?

Aber mir soll es recht sein. Also die Verabredung und nicht die Tatsache, dass er, obwohl er Charlotte imitiert hat, mich sein Schätzchen nannte. Zum Glück habe ich selbst noch andere Pläne, ansonsten wäre die Aktion jetzt echt scheiße gewesen. Ich meine das abhauen und nicht den neuen Kosenamen. Ich erwähnte zwar bereits das Schwänzen des Lateinunterrichts, aber dennoch kann ich mir ein verächtliches Schnauben nicht verkneifen. Eigentlich sollten wir ja anfangen an der Facharbeit und der Präsentation zu arbeiten...

»Wirst du etwa auch von Scotty erwartet?«, will ich sarkastisch wissen. Mich würde es tatsächlich nicht wundern, wenn Rhys ebenfalls in der Schülerzeitung wäre. Ich glaube es gibt sehr wenig, was Ying und Yang getrennt voneinander unternehmen. Diese Siamesischen Zwillinge... Und ich soll Teil davon werden. Allein der Gedanke daran, lässt mich unangenehm schaudern.

»Nicht ganz. Sein Name ist Hunter.«

Rhys hat die Hände in seinen Hosentaschen vergraben und verlässt mit federnden Schritten die Bibliothek, dabei sieht es allerdings so aus, als versuche er sich extra nicht zu beeilen, weil das zu viel Aufsehen erregen könnte.

Wenn Scotty unsere Schülerzeitung ist, ist Hunter dann der Schachklub?

Rhys sieht zumindest so aus, als würde er Schach spielen. Auch wenn ich nicht genau sagen kann, wie jemand aussieht, der Schach spielt.

Kopfschüttelnd und seufzend höre ich auf ihm hinterher zu starren, als habe mich eben meine große Liebe zurück gelassen. Noch einmal seufzend, als wäre ich eine Trauerweide, schlage ich meinen Collegeblock auf und will gerade zu schreiben ansetzen, als ich bemerke, dass ich ja eigentlich gar nicht hier sein will. Schnell räume ich meine Sachen zusammen und verstaue sie in meinem Rucksack. Ein Blick auf die große Uhr, die über der Flügeltür der Bibliothek hängt, verrät mir, dass die Mittagspause fast zu Ende ist. Wenn ich also keinem meiner Lehrer über den Weg laufen will, die mich freundlicherweise darüber aufklären, dass der Lateinraum doch in der entgegengesetzten Richtung liegt, sollte ich mich schleunigst beeilen.

Ich hänge mir meine Tasche über die Schulter und sehe mich auf den belebten Fluren um. Schüler so weit das Auge reicht, aber kein Lehrkörper. Sooft wie ich schon Latein geschwänzt habe, werde ich garantiert im Auge behalten wo ich mich aufhalte, wenn ich eigentlich in Mister Garveys Lateinklasse sein sollte.

Big Brother is watching you.

Ich bahne mir einen Weg durch die Wogen dunkler Hosen, Röcke, weißen Hemden und den Königsblauen Blazern und Krawatten mit dem Weiß-Goldenen Schulemblem.

Hey, wenn schon klassisches englisches Internat, dann auch nur mit Schuluniform und eigenem Emblem, dass die Werte unserer Schule repräsentiert.

Zwei gekreuzte goldene Schreibfedern, weil unser Wissen und unsere Weisheit die einzigen Waffen sind, die wir in der modernen Gesellschaft brauchen. Über den Federn steht eine ebenso goldene Biene. Bienen leben in Gemeinschaften und arbeiten alle zusammen. Sie sind fleißig. Fleiß, Gemeinschaft, Wissen und die Weisheit sind die vier Pfeiler der Scottsdale Prep.

Ja klar, in einer Utopie funktioniert das vielleicht. Ich mache mir, im Gegensatz zu den anderen hier, nichts vor.

Mein Weg führt mich über die Seitenflure durch das Hauptgebäude. Hier ist es wesentlich ruhiger, weniger Schüler und weniger Lehrer. Hier erreiche ich auch einen der Seitenausgänge.

Normalerweise löst es den Feueralarm aus, wenn man diese Türen öffnet, aber ich hab schon vor zwei Jahren eine Möglichkeit entdeckt, diesen grünen Kasten direkt unter der Türklinke auszuschalten. Klein wenig strafbar, aber für die Sache ist es mir das wert. Weiß ja keiner, dass ich das war oder, dass das Ding nicht mehr funktioniert und ich jetzt in der Lage bin ganz einfach die Tür zu öffnen. Ich atme die frische Luft ein. Besser, viel besser als die stickige Luft innerhalb des Gebäudekomplexes. Es kommt einer Erlösung gleich.

Meinen Plan schnell querfeldein über die Grünflächen zu rennen, fällt aber genau dann flach, als ich von weitem den Hausmeister sehe, der mit dem Rücken zu mir gerade einer der Hecken am Jungstrakt stutzt. Würde er sich jetzt umdrehen wäre ich sowas von Aufgeflogen.

Also muss ich den Umweg um das ganze Gebäude herum nehmen, um zum Hauptweg zu kommen. Das hat es aber jetzt gebracht meinen Schleichweg zu nutzen. So, als würde ich immer um das Gebäude schleichen, vergrabe ich meine Hände in den Hosentaschen und schlendere die hohen Mauern entlang. Immer schön unauffällig auffällig bleiben.

Der Hauptweg verläuft auf der gegenüberliegenden Seite des Gebäudes, also zwei Mal links entlang der Rückf- und Seitenfront. Es ist erstaunlich wie einfach ich hier entlang spazieren kann über den perfekt gestutzten Rasen und keinem fällt was auf! Normalerweise achten die Lehrer und das Hauspersonal mit Argusaugen darauf, dass keiner die Rasenflächen betritt.

Sobald ich unweit der Hausecke bin höre ich aber eindeutige Geräusche die verraten, dass mindestens zwei weitere Personen gerade dabei sind die Schulregeln zu brechen. So kann man die Mittagspause natürlich auch verbringen. Wieso bin ich nicht darauf gekommen? Als ich um die Ecke biege sehe ich auch schon die zwei Menschen, die anscheinend genauso viel von der Schulordnung halten wie ich.

Einer der beiden wird vom jeweils anderen gegen die Wand gedrückt, während sie heftig miteinander rummachen. Scheinbar bin ich gerade in die Generalprobe zu einem Softporno geplatzt.

»Die Herren«, begrüße ich die zwei jungen Männer lässig. Beide fahren augenblicklich wie vom Blitz getroffen auseinander.

Och, meinetwegen hätten die sich von mir nicht stören lassen müssen.

Dass das zwei Typen sind, die miteinander rumgemacht haben schockiert mich nicht wirklich. Ich meine es ist das einundzwanzigste Jahrhundert! Auch wenn hier in Scottsdale die Zeit eingefroren ist und die hier mit Homosexualität anscheinend ein Problem haben, weil das ja nicht in ihr Heile Welt Bild passt.

Was mich aber wesentlich mehr schockiert ist, dass einer der beiden Herren niemand anderes ist, als Rhys Welsh.

»So so... Schachklub also.« Auf meinen Lippen liegt ein verflucht breites und unschuldiges Grinsen. Ich ergötzte mich geradezu an den Fassungslosen Blicken mit denen sie mich ansehen, als hätte ich gerade gefragt ob ich mitmachen dürfte. Rhys leckt sich nervös über die leicht geschwollenen Lippen. Er war derjenige gewesen der an die Wand gedrückt worden war und sich immer noch Halt suchend an diese anlehnte. Beinahe aufgebracht fährt er sich jetzt durch die dunklen Locken, damit sie nicht mehr ganz so zerzaust aussehen.

Hoffnungslos.

Seine Zartbitterlocken stehen in beinahe alle Richtungen ab und sehen aus als hätte eine ganze Vogelfamilie darin den Löffel abgegeben.

»Oh, last euch von mir nicht unterbrechen.«, gebe ich vollkommen unschuldig von mir. Ich meine, ich bin ja auch schließlich unschuldig. Hätte ich denn ahnen können, dass ich bei meinem kleinen Spaziergang um das Schulgebäude auf ein paar Regelbrecher treffe, die ihre Sexualität zelebrieren?

»Weitermachen, die Herren.« Ich mache eine einladende Handbewegung und kann einfach nicht aufhören so unverschämt zu Grinsen. Aber so langsam sollte ich den zwei Bienchen mal wieder etwas Privatsphäre gönnen, nicht dass sie am Ende noch auf die Idee kommen mich zu mitzumachen einzuladen.

»Milchrhys«, ich nicke ihm zu und sehe dann zu dem anderen, der sogar um einiges größer ist als ich. Ich muss fast den Kopf in den Nacken legen. Der Typ ist bestimmt zwei Meter riesig und ich will mal für Rhys hoffen, dass der Typ seine zwei Meter nicht nur auf seine Körpergröße proportioniert hat.

»Hunter« Es scheint ihn zu überraschen, dass ich seinen Namen kenne, denn er reißt erschrocken die Augen auf und sieht hilfesuchend zu Rhys, der sein Gesicht in den Händen verborgen hat und aussieht als würde er sich wünschen im Erdboden verschwinden zu können.

Upsi.

Das war ihm jetzt wohl ein bisschen peinlich. Ich vergrabe meine Hände wieder in meinen Hosentaschen und gehe leichten Fußes meiner Wege. Ich kann es mir gerade so verkneifen, ein Liedchen zu pfeifen. Zwar habe ich mit aller Wahrscheinlichkeit bei den beiden die Stimmung gekillt, aber ich komme nicht umhin mich über diese Situation zu amüsieren. Herrlich dieser erschrockene Blick von Rhys.

So wie er sich eben noch über mich lustig gemacht hatte, darf ich das jetzt auch.

Auf dem Weg zu meinem Zimmer muss ich jedesmal, wenn ich an seinen Gesichtsausdruck denke wieder zu grinsen beginnen.

Also jetzt hat er mich überzeugt, dass er definitiv nichts von Lotta will.

Es kann mir ja egal sein, dass der gute Milchrhys auf Kerle steht, aber sein Gesicht eben, war ein Anblick für die Götter!

Immer noch grinsend, wie ein bekiffter Blauwal, trete ich durch die Tür des, abseits vom Hauptgebäude liegenden, Jungstraktes. Die Fassade ist beinahe ganz von Efeu überwuchert und verleiht dem Haus wieder diesen leichten Jane Austen Touch. Im Haus renne ich beinahe schon die Stufen in den ersten Stock hoch, wo die meisten Räumlichkeiten liegen. Nur die riesige Gemeinschaftsküche und der große Aufenthaltsraum liegen im Erdgeschoss.

Erleichtert schmeiße ich mich in meinem Zimmer erst einmal auf mein Bett und reibe mir mit den Händen über das Gesicht, um irgendwie dieses verfluchte Grinsen los zu werden. Aber es geht nicht!

Zumindest sieht mein Zimmer noch genauso aus, wie ich es vor nur wenigen Stunden zuvor verlassen habe. Also war mein Zwangsgestörter Zimmernachbar, der neben der Angewohnheit meine Süßigkeiten zu klauen, auch immer das Bedürfnis hat aufzuräumen, noch nicht hier.

Nach ein paar Minuten in denen ich nur reglos auf meinem Bett gelegen habe, entledige ich mich nach und nach meiner Schuluniform. Ich will mich nur schnell umziehen, denn ein T-Shirt und eine dunkle Jeans reichen mir für das was ich vorhabe und wofür ich mein Zimmer auch wieder verlassen muss.

Barfuß steige ich die Treppen empor bis in das oberste Stockwerk. Eine kleine, unscheinbare hölzerne Tür am Ende des Flures ist mein Ziel. Sie ist so unscheinbar, dass ich glaube, dass kaum einer von ihrer Existenz weiß. Deshalb ist sie auch nicht abgeschlossen. Direkt dahinter befindet sich eine Leiter die hoch zu meinem Heiligtum führt. Das ist mein Ziel und nach und nach steige ich barfuß die hölzerne Leiter empor, die so trocken ist, dass sie unter meinem Gewicht immer leise zu knarren beginnt.

Das ist mein Ziel: Eine andere Welt.

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