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𝟸𝟸. 𝚠𝚊𝚜 𝚖𝚊𝚗 𝚊𝚋𝚕𝚎𝚌𝚔𝚝, 𝚍𝚊𝚛𝚏 𝚖𝚊𝚗 𝚋𝚎𝚑𝚊𝚕𝚝𝚎𝚗

Nach seiner kryptischen Aussage wandte sich Rhys zum Gehen und ließ mich allein zurück. Schon wieder.

So langsam gefällt mir das echt nicht, dass er mich immer so stehen lässt. Nicht, dass ich in ihm eine Bedrohung meines Eigenbewusstseins sehe, weil er meine dramatischen Abgänge in den Schatten zu stellen versucht, aber es gefällt mir eben nicht besonders.

Weil es definitiv immer noch zu früh ist an diesem Sonntag, entscheide ich mich dafür, mich noch mal aufs Ohr zu legen. Ich bin immer noch recht zuversichtlich, irgendwann auch wieder einen normalen Schlafrhythmus zu haben. Doch lange kann ich nicht schlafen, auch wenn es trotzdem sehr erholsam war.

Ich habe übrigens geträumt. Ich träume selten und wenn, dann sind es Albträume. Jetzt kann ich nicht sagen, was für eine Art Traum es war. Ich träumte von Augen wie zwei strahlende Onyxe und einem dunklen Sturm, schreiend lachenden Hexen, fliegenden Äffchen, die mir meinen Milchreis wegnehmen wollten und einem verboten gut aussehenden Berg Waffeln, aber Eliza war da und hat mir verboten, die Waffeln zu essen. Sie war so gemein.

Beim Aufwachen hatte ich so ein typisches What the fuck-Gefühl, wenn man nach einem Traum aufwacht, bei dem das Unterbewusstsein Magic Mushrooms eingeschmissen haben musste, so etwas zu entwickeln.

Wo ich aber schon mal wach bin, nutze ich die Zeit, um meine Reisetasche zu packen. Morgen ist Montag und morgen fahren wir auf diesen bescheuerten Ausflug.

Bitte nicht Cardiff.

Bitte nicht Cardiff.

Bitte, bitte, bitte nicht Cardiff. Ich hasse Cardiff, weil – Oh mein Gott, es ist eben Cardiff!

Muss ich mehr dazu sagen? Ich denke nicht. Alles Wichtige wurde gesagt.

Pfui Cardiff!

Meine Tasche zu packen erweist sich jedoch lange nicht als so zeitaufwendig, wie ich hoffte. Knapp zehn Minuten später bin ich schon fertig. Da ist keine Ahnung habe, wo es hingeht, kann ich auch schlecht packen. Aber das, was ich habe, wird schon reichen. Hosen und Unterwäsche zu wechseln, genauso Oberteile und eine Regenjacke. Alles andere ergibt sich dann ja schon irgendwie. Zahnbürste und Zahnpaste packe ich morgen ein.

Und jetzt? Dumme Frage. Ich weiß genau, was ich jetzt mache. Dank Charlotte und Rhys habe ich in der letzten Woche beunruhigend wenig Zeit auf dem Dachboden verbracht. Manchmal fühle ich mich ja wie dieser alte Ghul aus Harry Potter, der im Fuchsbau bei den Weasleys auf dem Dachboden haust, aber ich sehe bedeutend besser aus! Bedeutend besser!

Es ist erst später Nachmittag und somit ziemlich riskant, gerade jetzt hochzugehen, aber das Risiko ist mir tatsächlich gerade ziemlich egal. Wird schon nichts passieren und ich muss meinen Kopf dringend ausschalten.

Adam hat einmal einen Skizzenblock von mir in die Finger bekommen. Diesen hatte ich auf meinem Schreibtisch liegen lassen. Es war dumm und leichtsinnig. Der arme kleine Adam hat sich fast in die Hosen geschissen bei dem, was er darin sah. Zu meiner Entschuldigung, es waren lediglich grobe Kohlezeichnungen. Was kann ich dafür, wenn diese meinen ganz persönlichen Irrwicht darstellten, – wenn wir schon mal bei den Harry Potter-Referenzen sind – und das auf eine höchst blutrünstige Art und Weise? Mein Irrwicht, Dämon, Geist aus der Vergangenheit, der leider viel zu sehr mit der Gegenwart verknüpft ist. Nennt ihn, wie ihr wollt, Fakt ist nur, dass es eben jede Gestalt ist, die auch meine Albträume heimsucht. Dass ich genau diesen Skizzenblock offen liegen ließ, war schon wirklich ziemlich dumm von mir. Deswegen befindet sich seitdem jeder noch so kleine Bleistiftstummel auf dem Dachboden.

Auf nackten Sohlen schleiche ich die Flure entlang, erklimme Treppen und komme zu der halb verborgenen Holztür und schließlich zu der Holzleiter. Ich wette um hundert Pfund, dass ich, bis ich oben bin, mir einen Splitter in den Fuß gezogen habe.

Ich glaube, ich war nicht mehr hier, seit ich hier eingeschlafen bin. Egal wie lange es her ist, es ist zu lange her. Abgestandene, trockene Luft schlägt mir entgegen, die nach trocknender Farbe, scharfem Terpentin und Staub duftet. Das Aroma des alten Holzes, der Dachbalken und der Leinwände kann ich förmlich schmecken. Ich sollte mal wieder lüften, sonst ersticke ich bald hier oben. Ein Streichholz würde ich angesichts der Terpentindämpfe hier nicht mehr anzünden. Ich sollte wirklich lüften. Wie gut, dass ich nicht rauche.

Ich hasse Zigaretten! Den Geruch, den Geschmack, die Hitze, den brennenden Tabak, die Hitze... Oh Gott, diese Hitze. Schaudern schüttele ich mich, als könne allein der Gedanke an Zigaretten einen halb vergessenen Schmerz wieder heraufbeschwören. Unruhig kratze ich mir die Brust, während ich auf die kleine Dachluke zu gehe, um sie ein wenig aufzuschieben. Viel Luft kommt da zwar nicht durch, aber besser als nichts ist es auf jeden Fall. Wenn ich mich auf die Zehenspitzen stelle, kann ich ein wenig durch die Lucke sehen. Der Blick nach vorn in Richtung der Weide, die mir den Blick zu dem Baum versperrt, was mich wieder an das Theater von heute Morgen erinnert.

So ein Pech, das Maya lesbisch ist. Auf jeden Fall habe ich keine Lust, mir weiter Gedanken darum zu machen. Denn wenn ich über Maya nachdenke, denke ich auch über Charlotte nach und wenn ich über Charlotte nachdenke, denke ich über Rhys nach.

Und genau deshalb denke ich trotzdem darüber nach.

Wer bin ich denn, dass sich mein genialer Verstand so einfach ausschalten ließe? Grins.

Ich stehe aber ziemlich auf dem Schlauch, kann das sein? Erst dieser seltsamen Andeutungen von Rhys und Charlotte am Morgen nach der Party, weil ich offensichtlich im Vollrausch etwas getan habe, an das ich mich nicht mehr erinnere, dann der Verweis darauf, ich wüsste genau, welchen Baum Rhys meinte und dann diese kryptische Antwort von ihm vorhin.

»Wieso müssen die, die man will immer vom anderen Ufer sein?«
»Wem sagst du das.«

Er hat so enttäuscht ausgesehen...

Was übersehe ich?

Nachdenklich reibe ich mir über die Lippen. Sie prickeln, als würden sie sich an etwas erinnern, woran ich mich nicht erinnere. Ob ich bei der Party jemanden geküsst habe? Möglich wäre es auf jeden Fall. Ich war so betrunken, dass ich sicher– Oh Gott.

Die Erkenntnis trifft mich wie ein Schlaganfall. Ja, ich weiß, darüber sollte man keine Witze machen. Das ist ein ernstes Thema. Aber ich fühle mich trotzdem, als hätte ich einen.

Rhys war eifersüchtig!

Als Maya auftauchte und sie und Charlotte stritten! Eifersüchtig!

Und er hat es verstanden, als ich davon sprach, dass die, die wir wollen, immer vom anderen Ufer sind. Wie konnte ich das nur übersehen?!

Völlig fertig lasse ich mich auf die verstaubte und ausgebeulte Couch nieder, greife nach meinem Skizzenblock und ein paar Stiften und versuche meine Gedanken zu ordnen. Probieren wir es mit einer Liste von Dingen, die ich ganz sicher weiß.

Erstens, auf der Party war ich betrunken und es ist irgendwas passiert, an das ich mich nicht erinnere.
Zweitens, ich bin in Rhys Bett aufgewacht, weil mich Charlotte mit dreckigen Witzen weckte und mir dabei sehr nah kam.
Drittens, Rhys war ziemlich eifersüchtig auf Maya.
Viertens, er sagte, wem sagst du das.

Oh mein Gott. Gebt mir endlich den verdammten Nobelpreis. Ich bin ein verfluchtes Genie!

Rhys ist verknallt!

Er ist – verknallt!

Verknallt in Charlotte!

Ich muss irgendwas falsch verstanden haben. Vielleicht ist er gar nicht schwul, sondern bi! Nur weil ich ihn mit Hunter beim Rummachen gesehen habe und er ein oder zwei Mal Blicke auf meinen Prachtarsch geworfen hat, habe ich es total verallgemeinert und das auf all seine Rummach- und möglichen Sexpartner geschlossen. So viel zu Vorurteilen...

Und Charlotte ist zwar bi, aber mutmaßlich liegt ihre Präferenz auf Frauen! Oh mein Gott, das erklärt ja alles!

Deswegen ließ mich Rhys auch in seinem Bett schlafen. Das hatte nichts mit Sorge um mich zu tun (was fast verletzend ist) sondern damit, dass er hatte verhindern wollen, dass ich mit Charlotte im Bett lande. Demnach habe ich sie wahrscheinlich wirklich geküsst.

Mein Gott, wie betrunken war ich denn da?!

Unfassbar, dass ich mich nicht daran erinnere. Mir tut Rhys ja beinahe leid, dass Charlotte offenbar mehr Interesse an dieser wunderschönen, aber lesbischen Kriegergöttin mit den Onyxaugen hat. Aber mir kann man doch nichts vorwerfen, oder? Ich meine, ich war sturzbetrunken und offensichtlich nicht bei Sinnen!

Wenn ich so darüber nachdenke, erinnere ich mich tatsächlich jemanden geküsst zu haben... Oh, ich muss wirklich verdammt betrunken gewesen sein! Das muss auf meiner Betrunkenheitsskala Phase vier gewesen sein, wenn ich mich sogar an die böse Hexe des Westens ran mache!

DAS WARS. Nie wieder Alkohol!

Das Zeichnen hilft tatsächlich beim Zusammenfassen der Dinge, die ich weiß und der Dinge, auf die ich aufgrund meines Wissens schließen kann. Ich glaube, Rhys tut mir leid. Es ist wie in einer dieser komischen Teenie-Schnulzen. Der unscheinbare beste Freund verliebt sich in seine schillernde beste Freundin und wird von ihr nicht bemerkt, weil er ja nur der beste Freund ist. Armer Rhys.

Ich habe sogar so viel Mitleid, dass ich gerade dabei bin, ihn zu zeichnen. Gerade versuche ich die Form seiner Lippen richtig hinzubekommen, aber irgendwie werden sie nicht so, wie ich sie in Erinnerung habe. Im Schneidersitz auf der Couch sitzend, mit dem Block auf den Knien und einem Bleistift in der Hand ist es leicht, die Welt außerhalb des Dachbodens zu vergessen. Und solange noch genug Tageslicht durch die Dachluke fällt, kann ich hierbleiben und absolut nichts an diesem Zustand ändern.

»Hier versteckst du dich also vor dem Rest der Welt...«
Oder eben auch nicht.

Völlig verstört hebe ich den Blick vom Zeichenpapier und starre wie erstarrt zu der Person, die gerade aus dem Schatten tritt.

Notiz an mich selbst: Defibrillator besorgen.

Sobald ich glaube, dass mein Herz wieder zu schlagen beginnt, schaffe ich es sogar etwas hervorzubringen, was keinem hilflosen Röcheln gleichkommt.
»Rhys«

»Das ist mein Name.« Idiot.

Ich gehe mal nicht davon aus, dass ich schon mal gesagt habe, wie sehr ich diesen Menschen verabscheue? Nur noch mal zur Sicherheit: Ich verabscheue diesen Menschen.

Ich glaube, ich habe doch kein Mitleid mehr mit ihm. Dafür macht er mich zu wütend. Selbst die Art, wie er atmet, ist nervig! Kein Wunder also, dass Charlotte eher Interesse an Maya hat.

Hätte ich Rhys als besten Freund, der in mich verknallt ist, würde ich auch lesbisch werden wollen. Moment – WAS REDE ICH DENN DA?!
Charlotte ist bi und nicht lesbisch, Ash. Nachdenken bitte!

Aber kommen wir zurück zum Wesentlichen: Rhys ist auf meinem Dachboden.

»Du bist auf meinem Dachboden«
Er ist auf meinem Dachboden!

»Du – Du bist auf meinem Dachboden!«
Er ist immer noch auf meinem Dachboden! Was will er auf meinem Dachboden?!

»Was willst du auf meinem Dachboden?!«

Merkt man wie meine Stimme vor Panik zu zittern beginnt? Nein? Dann ist gut. Ich habe hier nämlich gerade ÜBERHAUPT KEINE PANIK! Und so unverschämt wie Rhys eben ist, steht er da völlig locker, die Hände in seinen Hosentaschen vergraben, als wäre das hier sein Dachboden! So nicht Freundchen! Notfalls lecke ich hier alles ab! Was man ableckt, darf man behalten, weiß doch jedes Kind.

»Dein Dachboden?« Skeptisch hebt er in beinahe perfekter Manier eine Augenbraue und ich kann nicht anders, als ihn dafür zu verabscheuen. Ihn und sein dämliches Grübchen, was auf seiner Wange erscheint, als er zu seiner Skepsis noch halb zu grinsen beginnt. JAHA! Mein Dachboden! Wieso klingt er so überrascht? Schnell klappe ich den Skizzenblock zu. Ich will irgendwie nicht, dass er die Zeichnung sieht. Nicht, dass er denkt, ich würde hier über die Form seiner Lippen träumen und deshalb so sehr schmachten, dass ich diese zeichne. Das wäre zwar völlig absurd, aber was weiß ich schon, was in seinem Kopf so vor sich geht?

»Bist du mir gefolgt?«, beantworte ich seine Frage mit einer Gegenfrage.

Ich pinkle auch gerne in eine Ecke, um mein Revier zu markieren, wenn ablecken ihm nicht reicht. Ich meine es ernst!

Jetzt sieht er doch wieder fast verlegen aus und fährt sich durch seine Locken, die aussehen wie ein Nest aus weichen Federn. »Vielleicht? War jetzt auch nicht allzu schwer. Du läufst durch die Flure wie ein Elefant im Porzellanladen.« Seltsam. Ich dachte immer, ich habe mehr Ähnlichkeiten zum Phantom der Oper.

Ich glaube, mein Herzschlag hat sich immer noch nicht eingestellt, anders kann ich mir nicht erklären, wieso ich absolut keine Ahnung habe, was ich jetzt tun soll. Rhys ist auf meinem Dachboden. Auf dem Dachboden der für mich einen sicheren Zufluchtsort darstellt. Der einzige sichere Zufluchtsort. Wieso also raste ich nicht völlig aus?

Rhys nimmt sich derweilen das Recht heraus, sich umzusehen. Er hat mir immer noch nicht gesagt, was er von mir will, und ich frage auch nicht weiter nach. Mittlerweile kenne ich Rhys doch gut genug, um zu wissen, dass er früher oder später mit der Sprache rausrücken wird. Er hält vor einer Ansammlung an der Wand gelehnten Leinwänden inne und geht in die Hocke. Rotzfrech wie er ist, sieht er sie sich alle ganz genau an. Ist jetzt nicht so, als wären das irgendwelche Kunstwerke, die meisten sind aus Langeweile entstanden, aber privat sind sie dennoch.

»Lass – lass das bitte!«, ringe ich mich endlich dazu durch meine Klappe aufzureißen. Mein Hals ist ganz trocken, als hätte ich Staub eingeatmet. »Ich sagte, hör auf!«, huste ich hervor und fasse mir an die Brust, als würde dort ein schweres Gewicht drauf liegen, dass mir die Luft zum Atmen nimmt. »Geh da weg! Geh da weg! Ich sagte, du sollst weggehen!«, werde ich nun hysterisch, springe auf und bin mit wenigen Schritten bei ihm und reiße ihn an der Schulter von den Bildern weg.

Er plumpst nach hinten auf seinen Hintern, bleibt sitzen und sieht getroffen zu mir auf. »Ash! Ich wollte nicht– Ich wollte bloß–«, stammelt er und rauft sich mit beiden Händen das Haar. Ich antworte aber nicht und reiche ihm nur meine Hand, um ihm aufzuhelfen. Es ist eine seltsam vertraute Geste. Rhys hat mir schon mehr als einmal die Hand gereicht, um mir aufzuhelfen. Er ergreift sie, wenn auch zögernd und richtet sich auf, klopft sich den Staub von der Hose und lässt sich schließlich neben mich in die ausgebeulten Polster der alten Couch sinken.

»Ich hatte keine Ahnung.«, sagt er irgendwann leise, nachdem sich die Stille über uns abgesenkt hatte wie die aufgewirbelten Staubwirbel auf den Holzdielen. »Das ich male? Jeder braucht ein Hobby.« Gleichgültig zucke ich mit den Schultern und das, obwohl das Malen das Einzige ist, was mir nicht gleichgültig ist.

»So meinte ich das nicht... Dass du malst, dachte ich mir schon. Du hast manchmal Farbe in den Haaren, auf deiner Kleidung und an den Händen. Oder Kohlestaub vom Zeichnen.«

Erstaunt, dass er mich offenbar so aufmerksam beobachtet hatte, wende ich ihm meinen Blick zu. Wir sitzen hier wie zwei Fremde auf einer Parkbank nebeneinander auf einem Dachboden, von dem bis eben nur ich wusste, und er offenbart mir, dass er mich offenbar genau beobachtet hat. Schräg irgendwie, aber nicht so, dass ich mich frage, ob ich es mit einem stalkenden Axtmörder zu tun habe, sondern nur, wieso Rhys bitte mir so viel Aufmerksamkeit schenkt.

»Also entweder hast du mit Kunst zu tun oder arbeitest nachts als Schornsteinkehrer und streichst gleichzeitig ein paar Gartenzäune.«, versucht er einen Scherz. Rhys sollte das lassen. Witze sind doch eher mein Ding.

»Oh nein, das machen andere für mich. Gestatten? Huckleberry Finn mein Name.« Auch nicht gerade meine Glanzleistung, aber es ist hier immer noch so stickig, dass es mir schwerfällt klar zu denken. Der Terpentingestank hält sich hier ganz schön fest. »Und ich dachte du wärst Pinocchio.«, entgegnet er.

Was ist das bitte für ein Gespräch? Ich kann es nicht einordnen, geschweige denn erkennen wohin es führt. Rhys sieht mich nicht länger an, dafür kann ich jetzt sein Profil betrachten.

Himmel... Er hat verdammt lange Wimpern. Seine Nasenspitze hat so einen leichten Knick, was ihm fast eine Stupsnase verpasst, dafür sind aber seine Kiefer, als hätte man sie mit einem Geodreieck ausgemessen. Und trotzdem... Seine Wimpern und seine Lippen geben ihm fast etwas Feminines, aber dennoch ist er eben ein – Kerl. Wobei ihm aber anzusehen ist, dass er alles andere als diese Machotypen ist.

Er deutet mit einem Kopfnicken in Richtung des nun umgekippten Stapels Leinwände und sagt was. Ich kann jede seiner Bewegungen sehen, wie sie sich unter seiner Haut abzeichnen und sich seine Gesichtszüge beim Sprechen formen. Faszinierend.

Nein, echt! Das ist jetzt nicht mal sarkastisch gemeint! Es ist – faszinierend.

»Hm?«, reißt es mich aus meiner Betrachtung. »Was?« Er wendet sich wieder mir zu und schnaubt belustigt. »Ich wollte nur wissen, wieso du die Sachen versteckst. Sie sind gut. Also wirklich gut, wenn auch ziemlich deprimierend.«

Ey! Die sind nicht deprimierend! Sie sind höchstens – ernst. »Sie sind ernst. Und ich verstecke sie nicht!« Ich verstecke sie doch.

Ich habe nicht mal Kunst gewählt, sondern Musik, damit niemand sieht, wie ich male. Das ist wie, wenn man sich die Arschhaare rasiert. Dabei will man ja auch nicht von anderen beobachtet werden. Nicht, dass ich mir die Arschhaare rasiere. Würde ich niemals tun.

»Du findest einen verbrennenden Schmetterling ernst? Das ist deprimierend! Wieso sollte man einen Schmetterling anzünden? Das ist barbarisch.«

Stimmt. Aber ich zucke nur wieder mit den Schultern, als wäre es mir egal, was er über meine Bilder sagt. Ist es ja auch. Ehrlich!

»Der Schmetterling steht in den meisten Kulturen für etwas Unschuldiges, für etwas was den Wandel und eine Wiedergeburt symbolisiert. Der Inbegriff der Freiheit, würde ich sagen. Im Zweiten Weltkrieg und zur Zeit der Revolutionen nach dem napoleonischen Krieg wurden Bücher verbrannt, die als aufrührerisch galten oder eben von Juden geschrieben wurden. Dabei dienten sie nur dazu, den Menschen zu vermitteln, dass sie ein Recht auf Freiheit hätten. Die Welt verbrennt einen, wenn man versucht, anders zu sein, sich weiterzuentwickeln, sich zu verändern, sich nach Freiheit zu sehnen.«

Nervös kratze ich mir die Brust und spüre unter dem dünnen Stoff die unregelmäßigen Erhebungen auf meiner Haut. Ich hatte keine Ahnung, dass dieses Bild eine solche Bedeutung für mich hat, bis ich es gegenüber Rhys laut ausgesprochen habe.

Er sagt nichts dazu, sieht mich von der Seite weiterhin an, während ich vor mich hin ins Leere starre und einfach am Leben bin. Wir schweigen und das ist schön. Wir schweigen sehr lange. Er macht keine Anstalten zu gehen und ich keine ihn wegzuschicken.

Wir sitzen einfach immer noch wie zwei Fremde auf einer Parkbank, nur dass wir uns, glaube ich jetzt ein wenig weniger fremd sind. Vielleicht sollte ich was Tröstendes sagen, weil er offensichtlich in Charlotte verliebt ist und deswegen die ganze Zeit so unglücklich und ernst ist. Ich sage nichts dergleichen.

Ich weiß nicht, wie lange wir da auf dem Dachboden gesessen haben, aber irgendwann sind wir runter in mein Zimmer gegangen. Dort haben wir uns auf mein Bett gesetzt und auf meinem Laptop Batman - The Dark Knight Rises angesehen.

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