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Am nächsten Tag gehe ich dann endlich mit passender Kleidung zum Maxton Hall, also mit Bluse und kurzem Rock. So wie es sich hier gehört. Ich fühle mich mit dem Minirock zwar nicht so hundertprozentig wohl, aber immerhin ist das hier nun mal die Schuluniform. „Guten Morgen Larissa! Ich hoffe du hast heute etwas essbares fürs Frühstück dabei?", begrüßt mich Kieran direkt auf dem Hof vor der Schule mit einem freudigen Lächeln. „Guten Morgen, Kieran! Ja, ich habe etwas zu essen dabei. Außer es wird mir gleich wieder von James Beaufort kaputt getreten.", scherze ich verzweifelt. „Ich werde höchstpersönlich dafür sorgen, dass das nicht passiert. Versprochen.", erwidert Kieran, was mich leise lachen lässt. Doch mein Lachen bleibt mir im Hals stecken, als plötzlich das schwarze teure Auto von gestern angerast kommt und direkt vor uns in eine schlammige Pfütze fährt, sodass Kieran und ich komplett nass beziehungsweise dreckig werden.
Wütend schaue ich zu dem Auto und erkenne keinen geringeren als James Beaufort am Steuer. „Wenn man vom Teufel spricht.", faucht Kieran und wischt sich den Dreck von seinem Hemd. Das Auto kommt mit quietschenden Reifen vor uns zum Stehen und James steigt mit einem hämischen Grinsen auf dem Gesicht aus. „Was soll denn das?", frage ich ihn und bin mal wieder überrascht darüber, dass ich ihm gegenüber so selbstsicher bin. „Ja, verdammt was soll das James?!", höre ich nun auch Lydia's Stimme, die im selben Moment aus dem hinteren Teil des Autos aussteigt. „Deshalb wolltest du heute nicht, dass Percy uns fährt. Damit du wieder irgendeine Scheiße abziehen kannst.", beschwert sie sich weiter, was James nur mit einem Augenrollen erwidert. Währenddessen streife ich mir ebenfalls den Dreck von meinem Rock und meiner weißen Bluse, die ich jetzt wahrscheinlich auch in die Tonne hauen kann. „Du hast mir meine Frage noch nicht beantwortet.", fauche ich James hinterher, der schon seinen Weg in Richtung Eingang angesteuert hat. „Als ob ich dir irgendwas beantworten müsste. Ich muss mich weder vor dir rechtfertigen noch geschweige denn mit dir reden. Das mache ich nur, wenn ICH gerade LUST darauf habe. Und das wird niemals der Fall sein. Verstanden?", antwortet er mir unfreundlich und zieht dann ab. Lydia schaut nur entschuldigend zu mir und geht dann ebenfalls, ihm hinterher.
„Der Typ ist so ein Arsch.", murmle ich, was Kieran mit einem Kopfnicken erwidert. „Ein richtiges rich kid eben. So war er schon, seitdem ich ihn hier auf dem College kennengelernt habe. Das scheint aber auch in den Genen der Beauforts zu liegen. Sein Dad ist auch so.", erklärt er mir, während er seine Brille von dem Dreck der schlammigen Pfütze säubert. Nichts gegen seine Brille, aber ohne sieht er wirklich sehr hübsch aus. Okay, ich sollte aufhören schon wieder solche Sachen zu denken. Ich habe einen Freund, nach wie vor. „Warum genau ist seine Familie eigentlich so reich? Ich habe vorher noch nie was von dem Namen Beaufort gehört. Wahrscheinlich lebe ich dahingehend hinterm Mond.", frage ich Kieran daraufhin, um meine Gedanken wieder etwas loszuwerden. „Den Beauforts gehört ein riesiges Modeunternehmen mit mehreren Modeläden. Da ich mich mit Lydia etwas besser verstehe als mit ihrem Bruder, habe ich auch schon einige Geschichten darüber erzählt bekommen. Lydia hat die ganze Kollektion von young beaufort, einer Tochtermarke der Modelinie, entworfen. Allerdings will ihr Vater unbedingt, dass James das gesamte Unternehmen später alleine übernimmt und sich auch die Lorbeeren für young beaufort mit einheimst.", beantwortet er mir meine Frage. „Lydia gefällt das natürlich überhaupt nicht.", fügt er noch hinzu.
„Verstehe ich vollkommen.", entgegne ich. „Und James? Was denkt er darüber?", überlege ich eher laut für mich selbst, anstatt ihn direkt zu fragen. „Keine Ahnung. Aber ich schätze, er wird da voll drauf eingehen und sich selbstverständlich mit den Lorbeeren seiner Schwester schmücken.", antwortet Kieran auf mein lautes Denken. „Sag ich doch: der Typ ist ein Arsch.", bestätige ich nochmal meine Aussage von vorhin. „Wollen wir reingehen? Der Unterricht geht gleich los.", wechselt der andere dann das Thema, wofür ich ihm echt dankbar bin und wir machen uns auf den Weg nach drinnen. „Sag' mal...ich weiß...wir...kennen uns nicht...noch nicht, aber...hättest du vielleicht Lust, mal mit mir Essen zu gehen? Dabei könnten wir uns ja kennenlernen und ich erzähle dir dabei mehr über unser College, den Unterricht, die Kurse und die AGs...", fragt mich Kieran plötzlich, während wir auf unser Klassenzimmer zulaufen. Überrascht und total perplex darüber, dass er mich das gerade gefragt hat, bleibe ich wie angewurzelt stehen. „Sorry, ich...ich wollte dich mit meiner Frage nicht überrumpeln, ich...es tut mir Leid, vergiss' es einfach...", lenkt Kieran sofort ein, noch bevor ich etwas sagen kann. „Nein, du...musst dich dafür nicht entschuldigen, Kieran. Die Sache ist nur...ich habe einen Freund...", erkläre ich ihm und sehe, wie sich seine Gesichtszüge sofort verändern.
„...aber wir können trotzdem gerne Essen gehen und uns kennenlernen...freundschaftlich. Wenn das für dich okay ist.", spreche ich weiter und erkenne zwischen der Enttäuschung, die ihm ins Gesicht geschrieben steht, wieder ein kleines Lächeln. „Ja, na klar. Gerne, kein...kein Problem, wenn das für deinen Freund auch okay ist, ich meine...ich würde dich sehr gerne auf freundschaftlicher Basis kennenlernen.", stottert er herum und ich lächle sofort nickend. „Das wird sicherlich okay für ihn sein.", bestätige ich Kieran und hole mein Handy heraus. „Wollen wir unsere Nummern austauschen? Dann können wir leichter ein Treffen ausmachen.", schlage ich ihm vor und seine Wangen erröten etwas, nachdem ich ihm diese Frage gestellt habe. „Klar! Klar, klar, klar, natürlich...warte kurz...", entgegnet Kieran sofort und kramt nervös in seiner Tasche herum, bis er ebenfalls sein Handy hervor holt. Nachdem wir unsere Nummer in das Handy des jeweils Anderen eingetippt haben, unterhalten wir uns noch über alles mögliche miteinander. Es ist ein wirklich schönes und intensives Gespräch. Wir tauschen uns über unsere Interessen und Vorhaben für die Zukunft aus, wobei wir feststellen dass wir echt einige Gemeinsamkeiten haben. Kieran erzählt mir auch, dass er gemeinsam mit seiner besten Freundin Ruby Bell das Veranstaltungskomitee der Schule besucht, welches quasi für die Partyplanungen des Colleges verantwortlich ist. Das finde ich echt ziemlich cool und interessant, weil ich auch gerne Sachen plane und entwerfe. Als ich nach einiger Zeit auf die Uhr schaue stelle ich jedoch mit Erschrecken fest, dass ja der Unterricht schon längst angefangen hat und wir viel zu spät dran sind.
„Shit! Es ist gerade mal mein zweiter Tag hier und ich komme schon zu spät zum Unterricht!", fluche ich und Kieran schaut auch nicht gerade begeistert drein. Zusammen stürmen wir zum Klassenzimmer und als ich die Tür öffnen will stolpere ich dabei unglücklicherweise über meine eigenen Beine. Dadurch reiße ich Kieran peinlicherweise auch noch mit nach unten und zur Krönung fallen wir gemeinsam durch die Tür, in den Unterrichtssaal, auf den Boden. Kieran liegt jetzt direkt auf mir und die gesamte Klasse starrt uns an. Inklusive James Beaufort, von dem ich eigentlich dachte dass er einen anderen Kurs besucht. Innerlich bekomme ich gerade totale Panik, weil ich solche unangenehmen Situationen eigentlich überhaupt nicht leiden kann. Doch Kieran grinst mich so süß und aufmunternd an, während er noch auf mir liegt, dass ich alles um mich herum für einen Moment vergesse. „Miss Jackson! Mr. Rutherford! Ich unterbreche Ihren Moment der Zweisamkeit ja nur ungern, aber ich würde jetzt gerne meinen Unterricht weiter führen. Wenn Sie beiden sich bitte auf Ihre Plätze begeben würden?", bittet uns Mr. Sutton daraufhin und ich merke, wie ich knallrot anlaufe, genauso wie Kieran, der auch schon einer Tomate ähnelt. Schnell setze ich mich neben Lydia und versuche dabei den wütenden Blick von James zu ignorieren, der gerade auf mir liegt. „Von wegen du hast einen Freund! Du und Kieran?", neckt sie mich leise und hebt grinsend ihre Augenbrauen. „Ich HABE einen Freund. Kieran und ich...das ist nur freundschaftlich.", erkläre ich ihr und lege meine Unterlagen auf den Tisch. Währenddessen werfe ich nochmal einen Blick zu James, der mittlerweile Kieran ins Visier genommen hat. Wenn Blicke töten könnten...würde Kieran jetzt wahrscheinlich schon unter der Erde liegen. Was ist nur los mit diesem James?
„Wenn du meinst...für mich sah das eben schon ein bisschen anders aus.", scherzt Lydia weiter, was ich nur mit einem Augen rollen erwidere. Als der Unterricht bei Mr. Sutton dann seinen Lauf nimmt, sehe ich plötzlich eine Nachricht von meinem Freund auf meinem Handy. „Hast du gerade kurz Zeit zum telefonieren?", schreibt er mir, was mich schon etwas wundert. Er weiß ja, dass ich jetzt in der Schule bin und noch keine Pause habe, er selbst müsste ja auch auf der Arbeit und beschäftigt sein. Anscheinend ist es etwas Wichtiges, also frage ich Mr. Sutton, ob ich auf die Toilette gehen kann und verlasse dann das Klassenzimmer. Tatsächlich gehe ich wirklich in den Waschraum, denn ich will ja nicht auf dem Gang erwischt werden, wie ich während des Unterrichts telefoniere.
Einige Minuten später
Geschockt aber doch auch irgendwie befreit kralle ich mich an einem der Waschbecken fest und blicke in den Spiegel vor mir. Mein Freund hat tatsächlich gerade mit mir Schluss gemacht, warum auch immer. Einen genauen Grund konnte er mir nicht nennen, wobei es ja schon etwas länger zwischen uns gekriselt hat. Deshalb habe ich ihm auch nicht widersprochen, denn es sollte wohl einfach so sein. „Vielleicht können Kieran und ich uns dann doch auf einer mehr als nur freundschaftlichen Basis kennenlernen...", murmle ich grinsend vor mich hin und will die Toilette gerade wieder verlassen, als plötzlich die Tür zum Waschraum auffliegt und jemand vor mir steht. James Beaufort. „Was willst du denn hier?", frage ich ihn genervt und ich will mich an ihm vorbei durch die Tür quetschen. Doch plötzlich hält er mich an meinem Arm fest und zieht mich schwungvoll an sich heran. „Ich will dich.", raunt er mir entgegen und...küsst mich.
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