『36
,,W-Woher weißt du davon?"
Mein Gegenüber antwortete mir erst nicht. Er blinzelte hinüber zum Spiegel, bevor er wieder mich anschaute. ,,Als ich letztens bei dir war, habe ich den Zettel im Flur auf der Kommode liegen sehen." Ich ballte die Fäuste. Scheiße. ,,Und ich weiß, ich bin daran schuld." Vor Scham traute ich mich nicht, ihm in die Augen zu sehen. Er wusste jetzt, dass ich Depressionen hatte, seinetwegen. Jungkook atmete aus und sah mich ernst an.
,,Jimin, kann es sein, dass du etwas für mich empfindest? Bist du deswegen so fertig gewesen, als ich abgehauen bin?"
Als er mich das fragte, musste ich zusammenzucken. Ich sah wieder hinunter auf den Boden. Keine Ahnung, was ich ihm darauf antworten sollte. Ich liebte Jungkook. Dank ihm fühlte ich nach Jahren wieder, wie es ist, jemanden zu lieben. So oft hatte er schon mein Herz höher schlagen lassen, aber er hatte es auch gebrochen.
Finster sah ich wieder zu Jungkook auf. ,,Nein." zischte ich leise. ,,Tu ich nicht." Ich erwartete, dass er mich jetzt genauso finster anschauen und wütend werden würde, aber das tat er nicht. Er sagte für eine gefühlte Ewigkeit nichts und schaute mich nur stumm an. ,,Aber...warum warst du dann..." begann Jungkook irgendwann wieder und kam mir näher, doch ich wich von ihm weg. ,,Nein! Hör auf dich in mein Leben einzumischen! Du sollst daraus verschwinden!" Jungkook senkte die Hand, die er erst nach mir ausgestreckt hatte wieder.
Bevor er noch etwas sagen konnte, drehte ich mich von ihm weg und lief aus dem Klo. Ich dachte, dass Jungkook mir hinterherlaufen und mich aufhalten wollen würde, doch das tat er nicht. Niemand lief hinter mir her. Jungkooks Hand griff nicht nach meiner.
Als ich wieder an der Bar war, machte ich mir erst gar nicht die Mühe meine Freunde zu suchen. Ich war viel zu schwach. Meine Gedanken brachten mich um. Ich liebte Jungkook so sehr, aber gleichzeitig wollte ich, dass er aus meinem Leben verschwand, weil ich Angst hatte, dass er mich wieder in irgendeiner Weise verletzten würde. Wenn er in meiner Nähe war, endete es nie gut, aber wenn er nicht in meiner Nähe war, vermisste ich ihn. ,,Scheiße." murmelte ich und stütze mich mit meinen Händen auf der Bartheke ab. Wann endet das alles?
Auf einmal legte jemand seine Hand von hinten auf meine Schulter. ,,Jimin! Wo warst du denn? Wir haben dich gesucht." Es war Wooyoung. Lachend setzte sich mein Mitbewohner neben mich auf einen Barhocker. ,,Jimin?" Ich wischte mit über die Augen, doch leider bemerkte Wooyoung meine Tränen noch. ,,Was ist passiert?!" Alarmiert rückte Wooyoung näher an mich ran, wobei sein Barhocker laut am Boden entlang scharrte.
Mit wässrigen Augen schaute ich in seine. ,,Ich hatte Sex mit Jungkook." ,,Was?!" fragte Wooyoung ungläubig. ,,Gerade eben. Auf dem Klo." sagte ich und wischte mir wieder übers Gesicht. Mein Nebenmann blinzelte mehrmals und wusste anscheinen nicht, was er sagen sollte.
,,Ist das...was Gutes oder was Schlechtes?" Bei seiner Frage rollten mir wieder Tränen über die Wangen. ,,Ich weiß es auch nicht." Verzweifelt vergrub ich mein Gesicht in meinen Händen und weinte leise in diese hinein. Wooyoung legte einen Arm um mich und seinen Kopf auf meine Schulter, um mich zu trösten.
Somit war der Abend, der so gut angefangen hatte, wieder versaut. Und das alles nur, weil ich so dumm war, Jungkook immer noch zu lieben.
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Kopfschmerzen plagten mich, als ich am nächsten Morgen die Augen öffnete. Ich blinzelte und starrte an die Decke, nicht dazu fähig, mich zu erheben, da mein ganzer Körper schmerzte. ,,Ah." zischte ich als ich mich langsam auf die Seite drehte. Ich lag in meinem Bett, nur in Boxershorts und einem
weiten T-Shirt. Ich konnte mich nicht mehr daran erinnern, wie ich nach Hause gekommen war. Alles nach meinem kleinen Zusammenbruch an der Bar, war verschwommen. Ich konnte mir denken, dass ich meinen Frust letzte Nacht in Alkohol ertränkt hatte und danach verdammt betrunken gewesen war, sodass mich Wooyoung und Yoongi nach Hause bringen mussten.
Meine Zimmertür öffnete sich. ,,Jimin? Bist du wach?" Wooyoung lugte hinein. Auf seine Frage hin schüttelte ich den Kopf. ,,Hab den Kater meines Lebens." Mein Mitbewohner lachte. ,,Naja. Gestern Abend hast du dich wirklich nicht zurückgehalten, so wie du es vorhattest." Amüsiert schüttelte ich den Kopf und schmunzelte. ,,Ach übrigens, der Typ von gestern Abend ist gerade in unserem Bad und blockiert die Dusche." sagte Wooyoung noch, woraufhin ich verwirrt die Stirn runzelte. ,,Welcher Typ?"
Gerade als Wooyoung wieder zum Sprechen ansetzen wollte, hörten wir, wie sich die Badezimmertür im Flur öffnete und nur wenige Sekunden später, stand ein großer Typ mit einem Handtuch um die Hüften gewickelt neben Wooyoung. Meine Augen weiteten sich. Ich erkannte den Kerl. Es war der, mit dem ich letzte Nacht im Club auf der Tanzfläche getanzt hatte, um Jungkook eifersüchtig zu machen. Fuck.
,,Ach, auch schon wach?" grinste mich der Dunkelhaarige an. Panisch stand ich von meinem Bett auf, meine Schmerzen waren wie weggeflogen. ,,Ähm. Ja." Ich ging auf den Fremden Typen zu, wobei mir Wooyoung einen ernsten Blick zuwarf. Als ich an meine Schlafzimmertür trat und somit ins Wohnzimmer schauen konnte, sah ich, wie Yoongi und Hobi auf der ausgeklappten Couch schliefen und Taehyung, Jin und Namjoon auf Matratzen auf dem Boden. Nur San fehlte, aber der schlummerte wohl noch in Wooyoungs Bett.
,,Kann ich mal mit dir reden?" fragte ich den halb nackten Typen mir gegenüber. Bevor er antworten konnte, zog ich ihn in mein Zimmer und schloss die Tür. ,,Hast du Klamotten für mich, die mir passen? Ich habe schon welche von dir anprobiert. Die sind zu klein." plapperte der Fremde einfach drauf los, ohne sich anzuhören, was ich zu sagen hatte. ,,Du hattest meine Sachen an?!" fragte ich etwas entsetzt. Angesprochener zuckte nur mit den Schultern. ,,Du hast noch gepennt und ich wollte eigentlich schon früher gehen. Da konnte ich doch nicht anders." Ich schüttelte den Kopf und wechselte das Thema. ,,Wer bist du?"
,,Seungwoo." antwortete mir der Typ. ,,Hab ich dir doch schon gestern Abend gesagt." ,,Okay, Seungwoo. Also, ich kann mich an rein gar nichts von gestern Abend erinnern. Was ist passiert?" Abwartend sah ich ihn an und verschränkte die Arme vor der Brust. ,,Hatten wir Sex?" Seungwoo deutete auf den Boden. ,,Rate doch mal." Erst jetzt sah ich meine Klamotten von gestern Abend, die auf dem Boden lagen, so als wären sie einfach dort hingeschmissen worden.
,,Oh, Scheiße." murmelte ich und fuhr mir angespannt durch die Haare. Ich spürte Seungwoos Blick auf mich. ,,Was denn? Was hast du denn gedacht, was ich hier mache? Nach der Nummer von gestern Abend auf der Tanzfläche wär es sicher nicht nur beim Tanzen geblieben. Du bist zwar kurz abgehauen, aber dann kamst du irgendwann wieder und hast mich mit zu dir nach Hause genommen." Ich seufzte. ,,Ja, aber, das war ein Fehler. Ich war betrunken und nicht bei Sinnen. Du solltest gehen." Seungwoo nickte verstehend. ,,Ja, wollte eh gerade abhauen. Hast du nun Sachen für mich?" Ich überlegte. ,,Ich denke nicht. Und meine zwei Mitbewohner sind ungefähr so groß wie ich und haben dieselbe Größe. Du musst wohl oder übel deine Sachen von gestern anziehen."
Bevor ich Seungwoo alleine in meinem Zimmer ließ, damit er sich umziehen konnte, zog ich mir noch schnell eine Jogginghose an. Ich setzte mich neben Wooyoung an den Esstisch im Wohnzimmer. Der Blondhaarige aß gerade eine Schüssel Cornflakes, während der Fernseher lief, sodass wir den Verlauf der Morgennachrichten wenigstens noch mit unseren Ohren verfolgen konnten.
,,Und? Hast du mit dem Typen geredet? Habt ihr gestern Abend gevögelt?" Ich atmete schwer aus. ,,Leider. Zum Glück kann ich mich nicht mehr daran erinnern." ,,Aber der sieht schon gut aus, oder nicht?" grinste mich Wooyoung an und steckte sich einen weiteren Löffel Froot Loops in den Mund. ,,Aber nicht besser als Jungkook." sagte ich sofort und verschränkte die Arme. ,,Ich will das Seungwoo geht. Ich hab mit zwei Typen an einem Abend geschlafen. Wahrscheinlich habe ich bereits AIDS."
In diesem Moment kam Seungwoo aus meinem Schlafzimmer, seine Klamotten angezogen. Als er sah, wie Wooyoung neben mir am Tisch Cornflakes aß, leckte er sich hungrig über die Lippen. ,,Darf ich bei euch noch schnell was essen, bevor ich gehe?" fragte er mit leuchtende Augen. Ich schmunzelte und stand von meinem Stuhl auf. ,,Klar. Ich kann dir auch Cornflakes machen." Normalerweise machte ich Typen, mit denen ich ein One-Night-Stand hatte, nie Frühstück, da sich diese schon immer am selben Abend aus dem Staub machten, aber diesmal war es nun mal anders.
Gerade als sich Seungwoo mit einer Schüssel Froot Loops auf die Tischkante des Esstisches setzte, klingelte es an der Tür, worauf Yonngi auf der Couch erschrocken aus seinem Schlaf erwachte. ,,Was?! Wer ist da?!" Wooyoung zuckte mit den Schultern. ,,Keine Ahnung. Eigentlich kann das niemand sein, den wir kennen. Alle unsere Freunde schlafen hier auf den Boden." ,,Ich geh schon." winkte ich ab, begab mich hinüber in den Flur und öffnete die Wohnungstür.
Sofort verfinsterte sich mein Gesicht, als ich sah, wer da an der Tür geklingelt hatte. ,,Was machst du hier?" zischte ich Jungkook böse an. Der Schwarzhaarige hatte tiefe Ringe unter den Augen und trug noch, genauso wie Seungwoo, die selben Klamotten wie am Abend davor. ,,Ähm...also." kratzte sich mein Gegenüber am Nacken und schien wohl nach den richtigen Worten zu suchen, doch ich ließ ihn erst gar nicht sprechen. ,,War dir das, was ich dir gestern gesagt habe, nicht deutlich genug?" ,,Doch." seufzte Jungkook. ,,Ich weiß, dass du mich nicht sehen willst. Das kann ich verstehen, aber ich brauche deine Hilfe." Ich rollte mit den Augen. ,,Ach? Musst du wieder eine Beziehung für irgendjemanden Vorspielen?"
,,Nein. Es hat nichts damit zu tun." schüttelte der Schwarzhaarige den Kopf. ,,Es ist etwas sehr Wichtiges." Nun war ich neugierig geworden und lehnte mich gegen den Türrahmen. ,,Also, ich bin praktisch obdachlos. Ich brauche irgendwo einen Ort, wo ich wohnen kann." ,,Was ist mit deinem Haus in L.A. huh?" fragte ich schnippisch. ,,Wieso gehts du da nicht wieder hin?" Jungkook sah mich ernst an. ,,Auch wenn ich bei unserem Streit damals etwas anderes gesagt habe, ich werde nicht wieder zurück nach L.A. gehen, nur damit du mich noch mehr hasst."
Ich schaute hinunter auf den Boden und versuchte meine Freude darüber, dass er nicht wieder nach Los Angeles ging, zu verbergen. ,,Und...wieso gehts du nicht in ein Hotel?" Jungkook blickte nun ebenfalls auf den Boden. ,,Die Sache ist die. Niemand außer meine Geschwister wissen, dass ich wieder in Seoul bin. Die Paparazzi wird mich sofort verfolgen, wenn die mich in ein Hotel laufen sehen und ich will nicht, dass meine Eltern erfahren, dass ich weg aus L.A. bin."
Ich fragte erst gar nicht, wieso er so Schiss vor seinen Eltern hatte. Wahrscheinlich hatte er wieder irgendeinen Streit mit seinem Vater, zu dem er auch sonst nicht die beste Beziehung hatte. ,,Jedenfalls wollte ich dich fragen, ob ich eine Weile bei dir wohnen kann." Erschrocken sah ich zu ihm hoch. Jungkook? Bei mir? Ich wusste nicht, ob das so eine gute Idee war, aber trotzdem wollte ich ihm helfen. ,,Ich weiß nicht..." ,,Bitte, Jimin!" unterbrach mich der Schwarzhaarige. ,,Ich werde dir auch so gut wie möglich aus dem Weg gehen! Sag mir deine Forderungen, ich mach, was du willst!"
Ich schluckte und blinzelte überrumpelt. ,,Ähm..." Sollte ich ihn wirklich bei mir wohnen lassen? ,,Bitte." schaute mir Jungkook verzweifelt in die Augen. Mitleidig schaute ich zurück. Ach, verdammt. ,,Na schön, du darfst." Die Miene des Schwarzhaarigen erhellte sich. ,,Danke!" Erfreut zog er mich in eine unerwartete Umarmung. Woah. Überrascht erwiderte ich seine Umarmung, ehe sich Jungkook auch schon wieder von mir löste.
,,Komm rein." sagte ich und nickte in Richtung Flur. Freudig lief Jungkook hinter mir her, ins Wohnzimmer, wo noch immer all meine Freunde auf dem Boden lagen und schliefen. Die haben letzte Nacht eindeutig übertrieben. ,,Wooyoung." wandte ich mich an meinen Mitbewohner, welcher verwundert die Augen weitete, als er Jungkook erblickte. ,,Jungkook wohnt ab heute bei uns." Der Blondhaarige stand entsetzt von seinem Stuhl auf. ,,Wie bitte? Aber..." Bittend sah ich Wooyoung an, bevor er noch irgendetwas sagen konnte. Lächelnd stand Jungkook neben mir. Anscheinen war er sehr froh, dass ich ihn bei uns wohnen ließ.
,,Oh, ist das dein Freund?" fragte Seungwoo plötzlich, welcher noch immer auf der Kante des Esstisches saß und seine Schüssel bereits darauf abgestellt hatte. ,,Wenn ja, dann erzähl du es ihm, oder ich tu es. Denn ich helfe ganz sicher nicht dabei, einen Betrug zu vertuschen." Sofort spannte sich alles in mir an. ,,Wovon redet er?" fragte mich Jungkook verwirrt. Sofort klärte ich Seungwoo auf, in der Hoffnung, das Thema damit aus der Welt geschafft zu haben. ,,Ä-Ähm. Er ist nicht mein Freund. Wir sind nicht zusammen." ,,Ach so, okay." zuckte Seungwoo mit den Schultern. ,,Dann ist das ja kein Thema, dass wir miteinander geschlafen haben. Ich dachte ihr wärt zusammen und du hättest ihn betrogen. "
Als er das sagte, traute ich mich nicht, Jungkook anzusehen, da ich seinen wütenden Gesichtsausdruck nicht sehen wollte. Es lag plötzlich etwas Kaltes im Raum und ein Schauer lief mir über den Rücken. ,,Naja, ich geh denn mal. Danke fürs Frühstück und gestern Nacht, Jimin." Seungwoo schlenderte aus dem Wohnzimmer, anscheinen nicht darauf bestehend, dass ihn jemand zur Tür begleitete.
Sobald Seungwoo weg war, wandte ich mich an Jungkook, wessen Zorn ihm eindeutig anzusehen war. Sein gerade noch so fröhliches Lächeln, war verschwunden. Ehrlich gesagt, wusste ich nicht ganz genau, wieso Jungkook wegen Seungwoos Bemerkung so sauer war. Eigentlich müsste ihn das gar nicht interessieren, aber er wirkte genauso eifersüchtig, wie an dem Galaabend, an dem Jaehyun mich geküsst hatte. Ich werde ihn niemals verstehen.
,,Du schläfst hier auf der Couch." sagte ich zu dem Schwarzhaarigen in einem ausdruckslosen Ton. ,,Und nicht bei mir."
Mit diesen Worten drehte ich mich um und verschwand in meinem Schlafzimmer, Jungkooks eisigen Blick im Rücken spürend.
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