Chapter fourteen
Die Stadt. Nach drei weiteren Tagen sind wir nun da.
Schon aus weiter Ferne konnten wir die Lichter sehen, und Schemenhaft die Gebäude erkennen, die in den Himmel ragen. Aus der Nähe ist alles noch viel imposanter. Sobald man die Stadt betritt, fühlt man sich klein, unwichtig, bedeutungslos. So viele Natus, so viele Geschäfte, so viel High Tech. Und im Restlichen Land gibt es nichts davon. Naja, zumindest was Gebäude und Verkehr angeht.
Überall rauschen Autos die Straßen entlang, die blinkenden Ampeln irritieren mich, der Gasgestank brennt in der Nase und der Lärm ist erdrückend. Große Werbeanzeigen für die verschiedensten Läden hängen überall, auf digitalen Stelzen, und die Gebäude würden selbst einen Dracon klein wirken lassen. Das mit Abstand eindrucksvollste von ihnen, war das Rathaus. Das, was eigentlich eher einer Festung ähnelt. Große Mauern ragen davor empor, Stacheldraht ist so weit das Auge reicht darauf verteilt, und das Tor ist massiv und undurchsichtig. Das Ratsgebäude dahinter ist nur zu erahnen, die wenigsten gehen dort regelmäßig hin. Bis auf den hohen Rat der Natus natürlich.
Officer Jones bedeutet uns anzuhalten.
"Also, hört jetzt mal zu. Ich werde uns anmelden und Bescheid geben, dass wir hier sind. Es wird einige Zeit dauern bis ich eine Audience erlange. Ihr habt die Erlaubnis euch in der Stadt umzusehen, aber ich erwarte, dass ihr in spätestens zwei Stunden wieder da seid!"
Viele erfreute Gesicher. Nicht darunter; das von Alex, und das von mir.
Bevor ich etwas machen kann, zieht Jonas mich schon mit.
"Ich hab dahinten einen Eis Stand gesehen! Und-" Ich halte ihn fest, als er ohne zu gucken über die Straße gehen will. Ein Auto rast an ihm vorbei.
"Wir wollen doch nicht, dass unser Nudelheld an ein paar Großstadtautos scheitert." grinse ich und führe den vor Schock erstarrten Mitchell über einen Zebrastreifen der ein paar Meter weiter liegt. Bei dem dritten Streifen zucken Bilder vor meinem inneren Auge. Ein junger Alex, gerade mal vier Jahre, der von dem Streifen davor auf den nächsten hüpft. Nur diese kurze Vision. Als ich zurück in die Gegenwart gerissen werde, taumele ich und versuche mir nichts anmerken zu lassen. Schnell gehe ich die letzten Meter über die Straße.
Mein bester Freund fängt sich schnell wieder und läuft weiter auf den Eis Laden zu. Ich muss mich beeilen um ihn nicht zu verlieren, hauptsächlich damit er nicht überfahren wird.
Auf dem Weg sehe ich auf eine Werbetafel, und das Bild darauf ändert sich vor meinen Augen in eine Anzeige für Motorräder von vor neun Jahren. Eine winzige Piper springt immer wieder hoch, und versucht die Anzeigetafel zu erreichen. Ihr Dad nimmt sie hoch, setzt sie sich auf die Schultern und sagt: "Wenn du groß bist dann kriegst du so eins."
Ich reiße mich aus der Vergangenheit los und sehe mich nach Jonas um, der schon weiter gegangen ist. Schnell richte ich meine Aufmerksamkeit wieder auf den Eis Stand.
Dort angekommen fällt ihm auf, dass er gar kein Geld dabei hat.
"Muss jetzt der Diener dir ein Eis bezahlen?" frage ich seufzend und krame zehn Euro aus der Tasche. Er grinst nur schief und bestellt uns beiden ein Eis. Der Verkäufer reicht Jonas seins, und vor meinen Augen sehe ich den kleinen Alex danach greifen. Ich nehme mein Eis schnell, bevor mich noch eine Vision einholt. Diese Stadt macht mich fertig!
Mit dem Eis laufen wir dann durch die Stadt, ich zeige Jonas die Attraktionen und könnte fast vergessen, warum ich hier weg gegangen bin.
Alles ist so voll, laut und modern. Genau wie in meiner Erinnerung.
Bis mir das Lachen vergeht. Wir sind am Stadtrand angekommen, mit einem halb zerfallenem Haus ein paar Meter vor uns. Direkt davor steht jemand und sieht das Haus einfach nur an.
"Jonas? Kannst du vielleicht kurz allein weiter gehen? Wir sehen uns dann später, ja?"
"Klar. Bis dann!" Und schon ist er verschwunden. Ich gehe zu dem Jungen bei der Ruine und stelle mich neben ihn. Wir starren einfach nur das Haus an und haben beide vermutlich gerade tausende Visionen gleichzeitig.
"Es sieht genauso aus wie als wir es verlassen haben." flüstert Alex. Ich nicke nur, nicht imstande etwas zu sagen. Eine ganze Weile stehen wir einfach nur da. Starren die morschen Bretter des Hauses an, das Geländer der Außentreppe, von dem der Lack abblättert. Hören im Hintergrund die Autos rauschen und Menschen reden. Riechen den Geruch von frisch gemähtem Rasen, aber der kommt sicher nicht von dem Haus vor uns. Der Garten ist zugewuchert, vor Gestrüpp ist nicht einmal mehr Rasen zu sehen. Wir stehen da und nehmen diese Eindrücke in uns auf.
"Was würde Piper tun, wenn sie hier wäre?" fragt mein Bruder irgendwann, immernoch leise.
"Sie würde rein stürmen und alles kaputt machen was ihr in den Weg kommt." antworte ich langsam.
"Und wieso tun wir das nicht?"
"Weil wir nicht Piper sind."
Vor meinen Augen baut sich das Haus wieder auf. Es ist frisch lakiert, der Garten ist grün und chaotisch gepflegt, überall liegt Spielzeug herum und Alex und Piper spielen mit einem blonden Mädchen im Sandkasten. Ein Stich fährt in meine Brust und ich sehe lieber das Haus an, nehme alle Einzelheiten in mich auf und warte darauf, dass die Bilder verschwinden.
Ein paar Augenblicke bin ich noch gefangen, dann drehe ich mich endlich weg. Im Augenwinkel sehe ich wieder das Gesicht, das in fast jedem meiner Träume herumgeistert, doch als ich in die Richtung sehe, erblicke ich bloß Autos.
"Alex." sage ich ruhig. Er reagiert nicht. "Alex. Lass uns gehen." Ich ziehe ihn leicht an der Schulter zurück und er setzt sich langsam in Bewegung. Er sieht in die andere Richtung und schluckt bevor er weg sieht. Als ich ebenfalls hinschaue sehe ich die Gestalt. Ich lege meinen Arm um die Schulter meines Bruders.
Mit gesenkten Köpfen finden unsere Füße ihren Weg. Ohne darüber nachzudenken gehen wir zu unserer alten Schule.
Achtung, jetzt kommen Neuigkeiten, wir hatten früher nicht geplant nach Myrmifatua zu gehen.
Wir wären auf unserer Schule geblieben, der größten Schule nach der Kampfausbildungsschule. Im ganzen Land gibt es normale Schulen. Es besteht für niemanden der Zwang, in die Kampfausbildungsschule zu gehen. Das war vorher nicht klar? Dachtet ihr denn ein ganzes Land würde in einer Schule unterkommen? Tja, verdacht.
Die Schule sieht genauso aus wie früher. Überall rennen lärmende Kinder herum, bestimmt tausend, und das nur auf der Calidi Seite. Die Frosti Seite dahinter hat bestimmt ebensoviele.
Als ich eben Alex vor dem Haus stehen sehen habe, dachte ich, es könnte nicht schlimmer werden.
Das Gegenteil beweist sich gerade.
Jemand kommt auf uns zu. Ein Teenager in unserem Alter. Ein nur allzu bekannter Junge.
Er hat sich über die Jahre verändert, aber ich erkenne ihn dennoch. Und er mich auch.
Sein Gesicht ziert ein breites, fieses grinsen. Schon jetzt sind alle Calidi verstummt und beobachten das Geschehen. So, wie es schon immer war. Nur dieses mal ist Piper in Myrmifatua.
"Sieh mal einer an. Der nichtsnutzige, schwule Tollpatsch ist zurück. Haben sie dich in Myrmifatua rausgeschmissen?"
Alex zieht an meinem Ärmel um mich aus meiner Schockstarre zu befreien.
"Henry.."
Ich atme einmal tief durch und rede mir ein, dass ich kein kleines Kind mehr bin. Im Gegenteil, ich überrage die meisten um einiges. Der Calidi vor mir ist zwar auch groß, aber er ist immerhin ein bisschen kleiner als ich.
"Du kannst mich gerne Beleidigen, aber greif dabei niemand anderen an, klar?"
"Beleidigen? Ich, dich? Wieso sollte ich?" fragt er scheinheilig. "Weil du zu nichts zu gebrauchen bist und auf Typen stehst?"
Ich schlage andere nicht. Ich prügele mich auch nicht. Nicht, weil ich mich nicht traue, sondern weil ich anderen nicht weh tun will wenn es unnötig ist.
Aber diesem Idioten würde ich gerade sehr gerne ins Gesicht schlagen.
"Henry, wir müssen los. Officer Jones wartet, die Spezialeinheit wird gleich aufbrechen."
Ich bin Alex dankbar für diesen Versuch, aber viel bewirkt er nicht.
"Hat unser Henrylein es tatsächlich in die Spezialeinheit geschafft? Das glaubst du doch selbst nicht, Wright. Allein die Vorstellung, dass die Einheit so etwas wie Hart annimmt!" schnaubt er.
"Um dir das zu erklären bräuchtest du mehr Platz in deinem Hirn. Wie wäre es wenn du einfach aufhörst Leute aufgrund ihrer Sexualität runter zu machen?" knurre ich.
"Hast du auf der Schule etwa gelernt wie man sich verteidigt? Wie süß."
"Hör einfach auf damit. Was meinst du wie viele in dieser Schule eine andere Sexualität haben und nur weil du sie runter machen würdest es nicht sagen?"
"Wer deine Probleme hat sollte diese Schule am besten verlassen. Das ist am besten für uns alle."
"Meine Probleme? Du bist derjenige mit Problemen."
"Ich bin nicht der der so tut als wäre er ein Mädchen und hinter Jungs her ist."
Meine Faust landet in seinem Gesicht.
"Pass besser auf was du sagst." knurre ich.
Er taumelt zurück und hält sich die Nase aus der jetzt Blut läuft. Sein Gesicht ist rot, als wäre es verbrannt. Er hat nur Glück, ein Calidi zu sein. Ungläubig und teilweise ängstlich sieht er mich nun mit großen Augen an.
"Hast du mich verstanden? Du sollst aufhören Leute wegen irgendetwas schlecht zu machen."
Er nickt nur langsam.
Ich wende mich an die Versammelten.
"Hört nicht auf diesen Idioten wenn er euch schlecht redet. Seine Meinung braucht euch nicht interessieren. Mich hat sie früher interessiert und das war der schlimmste Fehler den ich machen konnte. Also lasst euch nicht von David Adams fertig machen! Und auch sonst von niemandem! Verstanden?"
Jubel empfängt mich, was mich offen gesagt ziemlich überfordert.
Alex grinst mich an.
"Bin stolz auf dich. Du hast es auch ohne Pipes geschafft ihm Nasenbluten beizubringen."
(1601 Wörter)
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