06
Seulgi klammerte sich an meinen Arm, und ich konnte ihren zitternden Atem in meinem Nacken spüren. Die Kälte in den Augen des Mannes vor uns ließ keinen Zweifel, er war nicht hier, um uns einfach gehen zu lassen. Ich spürte, wie sich meine Hand um den Griff der Waffe verkrampfte. Der Mann musterte uns, sein Gesicht von einem kranken Lächeln verzerrt, als wäre das Ganze ein Spiel für ihn.
"Warum tust du das?" rief ich, versuchte, den Klang meiner eigenen Angst zu unterdrücken.
Er ließ das Metallrohr in seiner Hand sinken und schritt langsam um uns herum, wie ein Raubtier, das seine Beute einkreist. "Weißt du, manchmal ist es gar nicht so wichtig, warum," antwortete er ruhig. "Manchmal geht es einfach nur darum, ob jemand stark genug ist, die Regeln zu verstehen."
"Regeln?" Ich ballte die Fäuste, um die Spannung zu verdrängen, die meine Muskeln lähmte. "Das hier sind deine Regeln, nicht unsere."
"Falsch," flüsterte er leise, und sein Lächeln vertiefte sich, als er mit dem Finger eine Linie auf dem Boden zog, als wollte er eine Grenze markieren. "Es gibt immer Regeln, und ihr habt euch entschieden, sie zu brechen." Er hob den Kopf, seine Augen blitzten im schwachen Licht. "Das Problem ist nur, dass du die Konsequenzen nicht verstanden hast."
Er machte einen Schritt nach vorne, und ich richtete die Waffe auf seine Brust, meine Hand bebte leicht. "Kein Schritt näher", sagte ich, die Stimme entschlossener, als ich mich fühlte. "Du willst doch sicher nicht, dass das hier eskaliert, oder?"
Er lachte leise und schüttelte den Kopf. "Eskaliert? Das ist genau der Punkt, an dem ich sehen wollte, wie weit ihr gehen könnt. Na los, schieß! Zeig mir, wie weit du bereit bist, Seulgi zu beschützen, Frau Polizistin." Seine Worte waren eine Herausforderung, und das kalte Funkeln in seinen Augen drückte aus, dass er fest davon überzeugt war, dass ich zögern würde.
Meine Finger spannten sich um den Abzug, und ich musste meine ganze Kraft aufbringen, um ruhig zu bleiben. In diesem Moment spürte ich Seulgis Hand auf meiner Schulter. "Nicht", flüsterte sie, und ich spürte den Schmerz und die Erschöpfung in ihrer Stimme. "Es ist das, was er will."
Ihre Worte drangen zu mir durch, und ich senkte die Waffe leicht. Der Mann sah uns vergnügt an, als ob wir ihm gerade das erhoffte Spektakel geboten hätten. "Das war eine kluge Entscheidung", sagte er, den Hauch von Anerkennung in seiner Stimme nicht verbergend. "Aber jetzt... jetzt wird das Spiel noch ein wenig interessanter."
Er zog etwas aus seiner Tasche, ein kleines Gerät mit blinkendem Licht, ähnlich dem Überwachungsgerät, das ich in der Wohnung gefunden hatte. Er hielt es hoch und drückte einen Knopf. Plötzlich füllte ein lautes Piepen die Stille, und ich wusste sofort, dass das ein Timer war.
"Ihr habt zehn Minuten, bevor dieses Gebäude in Flammen aufgeht," sagte er grinsend und trat langsam rückwärts zur Tür. "Wenn ihr es schafft, hier rauszukommen, dann habt ihr vielleicht eine Chance. Viel Glück."
Mit einem letzten Blick verschwand er in der Dunkelheit des Ganges und der Piepton des Timers wurde schneller. Die Sekunden rasten, und ich spürte, wie die Panik aufstieg. Seulgi und ich mussten sofort einen Ausweg finden und zwar schnell.
Ich nahm ihre Hand, und wir rannten in die entgegengesetzte Richtung, tiefer in die Fabrik hinein, in der Hoffnung, dass irgendwo ein Fenster oder ein Notausgang zu finden war.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro