
𝗸 𝗮 𝗽 𝗶 𝘁 𝗲 𝗹 𝟲
Scharfgabe musste nach rechts, Ampfer nach links zu den anderen Kräutern für Kratzer und Wunden. Efeublätter kamen in die Ecke, Brenesseln und Honig knapp daneben. Schachtelheim und Schöllkraut, Kerbel und Klette, Wacholderbeere und Weidenrinde, Weidenrinde und Honig, Schachtelhalm und Klettenkraut, Kerbel und Rinde... Seufzend setzte der Schüler sich auf, schloss die eisblauen Augen und öffnete sie wieder. Kein Unterschied, seine Kopf dröhnte immer noch.
Abendpfote saß hier schon lange, so lange, dass er fast vergessen hatte, dass Falkenstern ihn ja eigentlich bei Sonnenhoch treffen wollte. War es überhaupt schon hell? Der Heilerschüler machte einen spärlichen Blick nach draußen, aus dem nur leicht vom durch Blätter scheinenden Walddach abgefangenen Licht etwas zu erkennen war - tatsächlich war es schon ziemlich hell und es würde sicher nicht mehr lange dauern! Bis dahin aber- Tja, da musste er sich wieder der Arbeit zuwenden.
Die letzten Tage waren... anstrengend gewesen. Anstrengender als zuvor zumindest. Quellensprung war viel weg. Er hatte kaum eine Chance mit ihr zu reden, sie schien abwesend und immer als müsste sie nochmal alles durchdenken, übersprechen und ihn dann wieder für viel zu lange anstarren. Und jetzt verbrachte er alle Zeit in diesem Bau, alle Zeit der Welt um auch aus seiner Begegnung mit dem SternenClan einen Sinn zu machen - aber das war einfach noch nicht möglich gewesen.
Wenigstens konnte er jetzt seinen Anführer sehen, das würde sicher schön sein. Langsam tappte Abendpfote aus seinem Bau, seine Augen weiteten sich bei dem ganzen Licht, das auf sie zukam, aber langsam gewöhnten sie sich wieder daran.
Das Lager war eben.. das Lager. Alles war um den großen Baum, das Zentrum des Lagers, gebaut. Aber für Abendpfote war es schon immer der Heilerbau gewesen. So weit er zurück denken konnte, war da keine Zeit in der er nicht mit dem Bau zusammen verwickelt war. Hieß das dann, dass der Heilerbau sein eigentliches Zuhause war? Er wusste es selbst nicht.
Die Katzen wirkten eher müde, wobei das vielleicht das falsche Wort war. Nur schleppend und ohne eine Regung, außer vielleicht Nadelpelz, der nervös an den anderen Katzen vorbei in den Wald schlich. Aber die meisten anderen saßen träge beim Frischbeutehaufen oder gingen anderen Tätigkeiten nach. Ihm ging es ja auch nicht besser. Liegt wahrscheinlich am Wetter. Es ist so trüb und karg heute. Seine Ohren zuckten zusammen, als er hinter sich ein Klacksen hörte - Falkenstern war von seinem Ort, hoch oben in der Krone des Baumes hinuntergesprungen und widmete sich jetzt ganz alleine Abendpfote. Der junge Kater beäugte ihn und senkte dann doch schnell seinen Kopf: Was wird er mir sagen?
„Guten Tag, Abendpfote. Ich hoffe es geht dir gut." Abendpfote nickte einfach nur schnell, er wollte keinen schlechten Eindruck auf seinem Anführer hinterlassen, indem er unmotiviert herüberkam.
„Folgst du mir vielleicht in meinen Bau?" Mit seiner Schwanzspitze zeigte er hoch zu den grünen Blättern des Baumes - zwischen ihnen war nämlich der Anführerbau. Kurz zuckte Abendpfote zusammen, eilte aber dann vor zu Falkenstern und gab sein Bestes hinter ihm an der Rinde hochzuklettern. Ich war noch nie in seinem Bau. Es muss also echt wichtig sein! Der junge Schüler strengte sich wirklich an, aber er kam kaum den Baum hoch. Von oben schaute Falkenstern, der eine gefühlte Ewigkeit vor ihm oben angekommen war, ihn beurteilend an. Aber er war nunmal ein sehr junger Heilerschüler und sein dünner, leichter Körperbau half ihm nicht wirklich weiter. Er begann schon Panik zu bekommen, aber dann kam er endlich oben an.
Der braun getupfte Kater hatte sich schon zwischen die Äste und Zweige gesetzt und machte jetzt ein bisschen Platz für Abendpfote, der einen sehr großen Fehler beging: Nämlich nach unten schauen. Er taumelte und fühlte sich fast so, als würde er gar nicht mehr da sein wo er war - es war einfach so hoch, der Boden unter ihm sah aus, als würde er schwanken und sich bewegen und-
Falkenstern gab ihm einen Blick und drehte sich dann um, Abendpfote folgte ihm schnell. Hoffentlich habe ich ihn nicht enttäuscht!
Räuspernd fing der Anführer an zu sprechen. „Abendpfote, wir wissen alle, dass du etwas Besonderes bist." Der Heilerschüler zuckte zusammen, ihm wurde heiß unter dem Pelz. Bin ich das? Bin ich besonders?
„Du bist äußerst wichtig für den Clan", er schaute zur Seite,"auch wenn du das vielleicht noch nicht ganz verstehst." Abendpfote war sprachlos, er wusste nicht was er sagen sollte, ob er überhaupt etwas sagen sollte und wie er jetzt reagieren musste? „D-danke?", quiekte er.
„Deine Fähigkeiten und Gaben werden viel für deinen Clan bringen." Falkensterns Blick wurde ein wenig härter. „Aber dafür musst du Disziplin lernen und viel trainieren. Deshalb haben Quellensprung und ich mehrere Herausforderungen und Tests für dich vorbereitet." Er schaute ihm in die Augen. Tests? Was, wieso? Was hatte er falsch gemacht? Wieder breitete sich diese Panik in seinem Kopf aus.
„Keine Sorge, ich bin mir sehr sicher, dass du das hinbekommst, schließlich wurdest du als besondere Heilerkatze erwählt. Aber nimm es uns bitte nicht übel, wenn wir dich ein wenig anstrengen. Du musst eben lernen was es heißt, für deinen Clan zu sein. Also widerspreche mir eher nicht." Abendpfote sprang auf. „Nein, natürlich, werde ich nicht! Was soll ich machen?" Würde er Kräuter sammeln müssen oder von Quellensprung abgefragt werden oder-
„Du wirst meinen zweiten Anführer erwählen", sagte der junge Anführer dann, kein Blickkontakt zu ihm. „Was?" - Abendpfote hatte nicht gewollt so laut und stark zu reagieren. Falkensterns zweiter Anführer war vor ein paar Sonnenaufgängen gestorben, aber er hatte seit dem noch keinen neuen ernannt und der Clan hatte die Tatsache einfach angenommen und nicht weiter nachgefragt. Und jetzt sollte er über das entscheiden? Hatte Falkenstern deshalb so lange gewartet? Konnte Falkenstern keinen zweiten Anführer wählen? Lag jetzt alles in seinen Pfoten?
„Es sieht nach viel aus, aber vertraue mir, du wurdest dafür bestimmt viel zu machen. Jede mit den Katzen, suche nach Zeichen, ich weiß es doch auch nicht!" Jetzt sah der Kater selbst wütend und unwissend aus, aber seine Miene wurde weicher. Die jungen, gelben, raubvogelartigen Augen trafen seine Blassblauen.
„Das kannst du doch machen, oder?" Er zögerte für einem Moment, gab dann aber ein gezwungenes „Ja", von sich und machte sich wieder auf den Weg nach unten. Abendpfote fand es zwar immer noch komisch, dass Falkenstern keinen eigenen zweiten Anführer wählen... konnte? wollte? - aber er würde es wenigstens versuchen, auch wenn er immer noch verwirrt war.
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Abendpfote musste schlucken als die ganzen Clankatzen von weiter weg musterte. Jetzt war er dazu gezwungen, mit ihnen zu sprechen... Und das hatte er schon seit langem nicht mehr gemacht. Inzwischen war es Abend und er musste sich einen Plan überlegen. Bis zur großen Versammlung musste er seinem Anführer eine Antwort bringen - wie sollte er das nur tun? Er seufzte, setzte sich auf einen Fleck Gras und dachte nach. Kleine, weiße Flocken legten sich auf seinen Pelz.
Also... Die Ältesten konnte er schon mal ausschließen, die konnten ja keine zweiten Anführer mehr werden. Oder? Konnten sie das? Er hatte doch keine Ahnung. Wieder musste er sich beruhigen. Vielleicht solltest du einfach mal mit den Katzen reden?, erzählte ihm sein Verstand zumindest. So sehr er es immer weiter aufschieben wollte, jetzt hatte er keine andere Wahl mehr als sie persönlich zu besuchen.
Die erste Katze war seine Mutter, Distelmähne. Er hatte ein wenig Angst, wieder mit ihr nach so langer Zeit zu sprechen, aber als er die Kinderstube betrat und sie sah, verschwanden alle seine Sorgen. Die schwarzen Ohren der Kätzin zuckte und sie drehte sich um - ihr Blick verwandelte sich von Überraschung zu Freude, als sie ihn sah.
„Abendpfote! Du kommst mich besuchen?" Seine Mutter war eine Kriegerin, aber sie hatte eine besondere Aufgabe. Distelmähne blieb meistens im Lager und kümmerte sich um die Baue, Katzen und Dinge, die sie da hatten. Er gab ein kleines Lächeln von sich, als sie ihn mit ihren eisblauen Augen anblickte, die seinen so ähnlich sahen. „Ja, ich bin da." „Wir haben uns schon länger nicht mehr gesehen - ich nehme an, dass du einfach sehr viel mit deiner Heilerposition tun möchtest? Wie war dein erstes Halbmondtreffen?" Auch wenn das nicht ganz richtig war, antwortete er einfach mit einem „Ja. Und über die Halbmondtreffen darf ich dir leider nicht erzählen." Sie grinste. „Ich verstehe, das ist sehr pflichtbewusst von dir, haha!" Er setzte sich.
„Ich, äh, habe noch eine Sache.. Das ist vielleicht eine komische Frage, aber wer denkst du ist als zweiter Anführer geeignet?" Sie schaute erst etwas verwirrt, schien dann aber eine ehrliche Antwort zu geben. „Bedrückt dich das, weil Falkenstern immer noch keinen gewählt hat? Ach, dieser Fellball wird das schon vor der Versammlung hinbekommen, mach dir da mal keine Sorgen. Außerdem ist er ein junger Anführer. Aber wenn du wirklich meine Meinung hören möchtest... irgendeine Katze, die den FeuerClan anführen will."
Er nickte,"Danke Mama", und sie lächelte nur, als er aus dem Bau eilte.
Also dann - fast alle Krieger schienen im Lager zu sein, also nahm er sich vor, alle zu beobachten. Er verkroch sich hinter einem Busch und beobachtete Wolkenruf, die sich eine Maus mit Fangspeung teilte. Er hörte gut zu.. „Urgh, das Wetter ist grausam. Oh SternenClan hätte ich jetzt gerne eine wunderschöne, warme Blattfrische", meinte die weiße Kätzin.
„Hm. Aber ohne Herausforderungen würde wir auch nichts lernen", sagte Fangsprung kritisch. Wolkenruf nickte. „Hast schon recht. Außerdem", sie sprach lauter,"Du kannst jetzt aus dem Gebüsch kommen, Abendpfote!" Ihm wurde heiß unterm Pelz vor Scham, als er hinter dem Busch hervorkroch. Ein fiepsiges „Hi?", verließ seinen Mund. „Was wolltest du den machen?", lachte die ältere Kätzin. „Uns ausspionieren?" Er zuckte mit den Schultern.
Wie soll ich nur jemals entscheiden, wer von ihnen zweiter Anführer wird? Ich kenne sie doch eigentlich gar nicht. Wieso hatte ihm Falkenstern überhaupt diese Aufgabe verliehen? Was meinten alle damit, dass er „wichtig" war?
„Kopf hoch, Junges!", hörte er eine kratzige Stimme von rechts. Die kleine, schwarze Kriegerin Windpelz kam gerade mit Flusspfote an. Flusspfote.. Abendpfote tauschte nur einen knappen Blick mit seiner Schwester aus, die ein gezwungenes „H-Hallo!", von sich gab. Auch sie hatte er schon lange nicht mehr gesehen - zumindest seit er als Heiler bestimmt wurde, und das war schon lange her.
Es vergingen ein paar unangenehme Augenblicke in denen er einfach vor der Gruppe von Kriegern stand, die ihn beäugten. Sie fühlten sich eigentlich gar nicht wie seine Familie an, wie sein Clan, weil er ja kaum Zeit mit ihnen verbrachte. Vielleicht war das ja die dunkle Seite des Heilerseins. Sag das nicht!
„Aalso, äh, ich muss noch gehen- also Kräuter sammeln und so. Tschüss!" Schnell rannt er davon, los und in Wald, los, weit weg vom Lager.
Fast instinktiv fand er seinen Weg zu den aufgewärmten Steinen am Rande des Waldes, die jetzt aber durch die Kälte und den fallenden Schnee nicht mehr wirklich warm waren. Abendpfote konnte bei ihnen trotzdem Trost finden. Er kuschelte sich zwischen zwei größere, runde Felsen und verharrte dort für eine Weile.
Ein Riss, ein Knattern, ein Zischen und er riss seine Augen auf! Dieses Geräusch, dieses Dröhnen! Wieso? Er hob seinen Kopf zum Himmel und sein Blick weitete sich - über Abendpfote schwebte eine Katze aus den Sternen! Sie landete gleich vor ihm, schaute ihn an.
„W-wer bist du?"
„Nenn mich Wurzelpelz. Ich bin da um dich vom SternenClan zu leiten und zu begleiten."
„Vom.. SternenClan.." Er hauchte die Worte.
„Und jetzt komm! Wir müssen ins Lager!"
Kapitel sechs und damit das letzte Kapitel für diese Frist! Weil ich es nur einmal durchgelesen haben, könnten sich Fehler und ein paar komische Sätze und Formulierungen einschleichen - ich werde es irgendwann mal ein bisschen umschreiben. Hoffe, es hat euch trotzdem gefallen!
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