02. scheiße, alli
IN DER BRANDWÜSTE ⸺ Allison öffnete langsam ihre Augen, musste mehrmals blinzeln, weil dieser Raum sehr hell beleuchtet war und brauchte einen Moment, bis sie alles erkennen konnten. Noch etwas benommen hielt sie sich mit einer Hand den Kopf und stützte sich mit der anderen auf der weichen Matratze ab, damit sie sich aufsetzen konnte. Ihre Beine schlang sie über die Bettkante und bekam leicht eine Gänsehaut, als ihre Füße den Boden berührte. Ihr Blick wanderte nach unten zu ihrem Bauch und zog zögerlich das schwarze Top hoch, um zu sehen, dass sie ein Verband trug.
Ihren Kopf drehte sie zur Seite, die trockenen Lippen einen Spalt weit geöffnet und hatte einen traurigen Ausdruck in ihren Augen. Automatisch dachte sie an Gally. Der, der sie angeschossen hatte und im Labyrinth zurückgeblieben war. Aber sie erinnerte sich auch daran, dass er gestochen wurde und dadurch nicht klar denken konnte. Nicht wusste, was er tat. Aus diesem Grund gab sie ihm auch keine Schuld dafür, was geschehen war.
Sie entdeckte ihre Schuhe, die fein säuberlich vor einem kleinen Tisch standen und schlüpfte anschließend in diese. Danach blickte sie sich erstmal ein wenig um. Besonders viel zu sehen gab es allerdings nicht, außer noch einen Metallschrank, einen Art Schreibtisch mit Computer und Papieren. Im großen und ganzen wirkte alles, wie ein Untersuchungszimmer.
Im Augenwinkel erkannte sie auf dem Tisch eine Schere, die neben einer kleinen Rolle Verband lag. Zur gleichen Zeit vernahm sie ein Piepen und darauf folgte ein Klicken, wodurch sich die Tür öffnete und eine Person mit weiblicher Figur den Raum betrat. Reflexartig griff sie nach dem Schneidewerkzeug und hielt es der unbekannten Frau an den Hals, die sie an die Wand neben der Metalltür drückte.
»Wo sind meine Geschwister?«, fragte sie mit einem scharfen Unterton in ihrer Stimme und musterte die Ärztin vor sich. Sie hatte einen weißen Arztkittel an und trug darunter ein ebenso hellfarbendes, beiges Oberteil. Ihre braunen Haare hatte sie zu einem einfachen Zopf zusammen gebunden und einige Haarsträhnen hingen ihr ins Gesicht. Beschwichtigend hob sie vorsichtig ihre Hände, um zu zeigen, dass sie keine Gefahr war.
»Sie ... sind in guten Händen, aber, wenn du das da«, sprach sie zögerlich und zeigte mit einem leichten Kopfnicken in die Richtung der Schere, »runternehmen könntest, kann ich dich zu ihnen bringen«. Überzeugend blickte sie der Brünetten in die haselnussbraunen Augen und wartete auf eine Reaktion ihrerseits.
Allison schien einige Sekunden nachzudenken und legte leicht ihren Kopf schief, ehe sie langsam verstehend nickte. »Du bist es. Der Soldat mit der verstellten Stimme«, gab sie schwach lächelnd von sich und nahm die Schere von ihrem Hals, legte sie zurück auf ihren vorherigen Platz. Auch von dem jungen Mädchen wanderten die Mundwinkel in die Höhe, ehe sie antwortete: »Ich hab gewusst, dass du es herausfindest«.
Gewohnheitsbedingt strich sich die Ärztin den Kittel glatt und räusperte sich etwas. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass ihre Patienten schon wieder wach war. Geschweige denn sie so überrumpelt angreifen würde. Nur, weil sie wissen wollte, wo ihr Bruder und ihre Schwester waren. Etwas, was sie an ihr wirklich sehr bewunderte. Die ehemalige angehende Ärztin würde alles machen, damit ihre Geschwister in Sicherheit waren.
»Kommst du?«, fragte die unbekannte junge Frau, die bereits wieder die Metalltür geöffnet hatte und ein sanftes Lächeln befand sich in ihrem hübschen Gesicht. Sie strahlte förmlich voller Freundlichkeit, wie die Brünette erkennen konnte. Sie nickte kurz als Bestätigung, dass sie ihre Worte vernommen hatte und folgte ihre anschließend durch viele unterschiedliche Gänge, die zu einer großen Industriehalle gehörten.
Überall waren Personen, die entweder an irgendetwas arbeiteten oder Kisten von einem Ort zum anderen trugen. Wo war ich?, fragte sie sich in ihren Gedanken und schaute sich ausgiebig in ihrer Umgebung um, aber nicht weil sie neugierig war. Sondern viel eher in der Hoffnung, sie würde irgendwo Emma und Thomas mit den anderen entdecken.
Die Ärztin vor ihr ging gezielt auf eine kleine Gruppe von Jugendlichen zu. Ein älterer Mann war auch bei ihnen und je länger Allison ihn betrachtete desto mehr kam er ihr bekannt vor. Das verflog allerdings ganz schnell als ihre beiden jüngeren Geschwister ausfindig gemacht hatte, die ihr die restlichen Meter entgegen kamen. »Alli, dir geht's gut«, freudig wurde das eben erwähnte Mädchen in eine liebevolle Umarmung von der ehemaligen Hackenhauerin gezogen.
Als der Blick von der ehemaligen angehenden Ärztin zu Minho wanderte, viel ihr wieder ein, was er gemacht hatte. Dass er den Speer nach Gally geworfen hatte und der glückliche Ausdruck in ihrem Gesicht verschwand in der nächsten Sekunde.
Emma wollte fragen, ob bei ihr alles in Ordnung war, doch dazu kam sie gar nicht. In der gleichen Sekunde, wo sie ihren Mund öffnete, stürmte ihre ältere Schwester auf den Läufer zu. Überrascht über ihre plötzlich Wut, die er deutlich in ihren haselnussbraunen Augen sehen konnte, ließ er sich überrumpelt von ihr zu Boden reißen.
Sie hatte sich über ihn gebeugt und konnte nicht verhindern, dass sie immer wieder mit ihrer zur Faust geballten Hand in sein Gesicht schlug.
»Scheiße, Alli!«, brachte das Braunhaarige Mädchen heraus und versuchte das eben erwähnte Mädchen von ihrem Laufpartner herunter zu bekommen. Aber sie war so in ihrem Hass versunken, dass sie größere keine Chance hatte Minho weiter davor zu bewahren Schläge abzubekommen.
Noah und Jackson hatten einen vielsagenden Blick ausgetauscht, ehe sie gemeinsam die Sani jeweils an einem Arm anfassten und von dem Schönling runterzogen. »Hey, das reicht jetzt, okay?«, versuchte der Dunkelblonde Junge sie zu beruhigen und legte seine Hände an ihrer Wange, damit sie ihn ansehen musste.
Allison blinzelte einige male und schloss ihre Augen, um wieder zu Vernunft zu kommen.
»Noah, er hat⸺«, begann sie, aber brachte es nicht übers Herz darüber zu reden, was ihm Labyrinth alles passiert war.
»Ich weiß, ich weiß...«, murmelte er und nahm sie vorsichtig in den Arm, als er die Tränen in ihren so hübschen Augen erkannt hatte. Sein Blick wanderte dann zu Minho, der leichtes Nasenbluten hatte, aber sonst in einem guten Zustand war. Die unbekannte Ärztin hatte ihn auch gleich sofort verarztet, die zusammen mit der Brünetten hierher gekommen war.
Dann löste er sich wieder von ihr und machte platz für Emma, die dann ihre Schwester sanft umarmte und ihr beruhigt zu flüsterte: »Shh, es ist alles gut. Ich bin hier«. Dankbar bekam sie ein Lächeln von der Sani, nachdem sie sich etwas voneinander entfernt hatten und dann zog Minho ihre Aufmerksamkeit auf sich, der mittlerweile wieder auf seinen Beinen stand.
»Also, mit ihr möchte ich mich nicht anlegen«, lachte er und hielt ein Tuch an seine Nase, nahm die ganze Situation ziemlich locker. Er war der Brünetten nicht böse, dass sie ihn gerade mehrmals in sein wunderschönes und heiliges Gesicht geschlagen hatte.
»Tut mir leid, Minho«, entschuldigte sie sich bei dem Asiaten und lächelte ihn schwach an. Doch er winkte nur ab und zwinkerte ihr schelmisch zu, was sie um einiges zum Lachen brachte.
Janson räusperte sich etwas und hatte keine Sekunde später alle Augenpaare auf sich liegen. »Also, da der kleine Zwischenfall nun geklärt ist, würde ich gerne den Jungs nun die Duschen zeigen«, meinte er, »Und Dr. Janson wird das gleiche bei den Mädchen machen«, fügte er hinzu.
»Dr. Janson? Sind Sie etwa seine Frau?«, wollte Minho plötzlich wissen und bekam einen kräftigen Schlag von seiner Freundin auf den Hinterkopf.
Maya musste grinsend ihren Kopf schütteln und verschränkte ihre Arme vor der Brust. »Nein, ich bin seine Tochter und ihr könnt mich ruhig Maya nennen. Der Doktortitel macht mich älter als ich eigentlich bin«, stellte sie richtig, während sich ein leichtes Schmunzeln in ihrem Gesicht bildete.
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