05 ─ 𝗧𝗛𝗘 𝗥𝗔𝗜𝗡'𝗦 𝗦𝗜𝗡𝗚𝗜𝗡𝗚
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❝ L I S T E N to your laugh ❞
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H O S E O K
DER STARKE REGEN ließ einen nur schwer glauben, dass es bereits Mittag war, so sehr verdunkelten die schweren Wolken die stark befahrenen Straßen Seouls. Die vielen Lichter, die auch tagsüber Hoseok's Augen zum Glitzern brachten, faszinierten ihn ungemein. Er war schon öfters Mal in Seoul, doch heute sah er die Stadt aus einem komplett anderen Blickwinkel, als er neben Yoongi durch die Straßen wanderten.
Es war ganz anders, wenn man unter der Menschenmenge unterging und sich versuchte vorzustellen, wie es wäre, hier zu leben. Mit den unzähligen Cafés an jeder Straßenecke, den alltäglichen Lärm der Stadt, den unverständlichen Wortfetzen und dem Meer aus schwarzen Regenschirmen über den Köpfen der Leute. Und unter all dem Yoongi, den, auch ohne seinen Gesichtsschutz und dem gesenkten Blick, kaum einer erkannte. Trotz seines Erfolgs und dem landesweiten Aufsehen, den der Rapper auf sich zog, war er unscheinbar, beinahe durchsichtig unter dem Menschengetümmel.
Hoseok warf ihm einen heimlichen Blick zu, musterte ihn. Die träge Körperhaltung, von der er auf der Bühne bisher noch nichts gesehen hatte, die schwarzen Haare, die bei dem schwachen Licht und dem Wind wie flüssiges Pech schienen, die große Jacke, in der er viel kleiner wirkte, als er war. Er faszinierte ihn, und das konnte er nur schlecht für sich behalten.
»Mach 'n Foto, hält länger«, holte der Schwarzhaarige ihn aus seinen Gedanken. Augenblicklich schoss ihm die Wärme in die Wangen und er fühlte sich ertappt, senkte den Kopf, damit es keiner sah. »Pass lieber auf, wo du hingehst. Nicht, dass du mir noch verloren gehst.« Er nickte still. Irgendwie war Yoongi ganz anders, als er es sich vorgestellt hätte. Oder zumindest anders als AgustD.
AgustD wirkte unantastbar, überlegen. Auf der Bühne flossen die Wörter in sekundenschnelle aus seinem Mund, wie flüssiges Gold, ließen ihm kaum Zeit, zum Atmen. Er schrie in die Welt, ließ sich von nichts unterkriegen. Hörte man ihm zu, hatte man das Gefühl, er würde Feuer spucken. Doch Yoongi war anders. Still, verschlossen — was wohl kaum nur an seiner beinahen Gehörlosigkeit lag — und war einfach besser zu verstehen. Er war nachvollziehbar, erfuhr etwas über ihn, obwohl er es gar nicht beabsichtigt hatte. War er Yoongi, war er Mensch.
»Wie weit ist es noch?«, fragte er nach einer Weile, als sie um die Ecke in eine schwach beleuchtete Straße einbogen, die weniger befahren wurde. Es war mit einem Schlag viel stiller. Als er Yoongi einen flüchtigen Blick zuwarf, schienen seine Gesichtszüge entspannter als zuvor, schien, sich wohler zu fühlen. »Schon da.« Auch seine Stimme wirkte nun leiser, als wäre er zuvor sehr angespannt gewesen.
Kaum hatte er seine Antwort fertig ausgesprochen, blieb er plötzlich vor einer Tür stehen, winkte Hoseok zu sich heran und öffnete ihm die Tür, hinter der sie ein Treppenhaus erwartete. »Du lebst in einer Wohnung?«, stellte er verblüfft fest. »Ja, was dagegen?« »Nein. Ich hätte nur gedacht, dass du dir mit deinem Erfolg mehr vergönnen würdest.« Yoongi lachte rau auf. »Was soll ich mir denn anderes anschaffen?«, sagte er, als sie die Treppen hochkletterten, »Etwa ein Schloss? Eine einfache Wohnung reicht doch. Anstatt mein Geld für übermäßigen Luxus auszugeben, könnte ich es auch an Waisenhäuser oder so spenden.« Hoseok fühlte sich etwas schlecht, nachdem sein Gegenüber fertig gesprochen hatte, fürchtete, er würde ihn für zu oberflächlich halten.
Ein schallendes Klackern überzog das Treppenhaus, als sie eine Stufe nach der anderen bestiegen und nur kurze Zeit später blieben sie vor einer hölzernen Tür stehen, die mit der Nummer 7 beschriftet war. Yoongi griff in seine Jackentasche und holte einen Wohnungsschlüssel hervor, mit dem er die Tür aufsperrte, hinter der sie von der frischen Luft, die durch das offene Fenster in die Wohnung strömte, begrüßt wurden. Unwillkürlich schlang Hoseok seine Arme um die Brust, brauchte einen Moment, um sich an die plötzliche Kälte zu gewöhnen. Währenddessen stolperte Yoongi, vorbei an den unzähligen Papierknäulen und Notenblätter, die am Boden herumkullerten, ins anliegende Wohnzimmer und zog die dunkelblauen Vorhänge zur Seite, ließ Sonnenlicht ins Zimmer und schaltete die Tischlampe ab.
»Du hast es wohl gerne kühl, was?«, bemerkte der Rothaarige zitternd, ignorierte dabei das Chaos um sich herum, als er ihm ins Wohnzimmer folgte. »Willst du, dass ich einheize?« Er nickte zu einem kleinen Ofen neben dem Sofa. Er überlegte kurz, ob er ihn wirklich wegen so einer Kleinigkeit aufscheuchen wollte, doch nickte dann doch zaghaft, woraufhin er sofort seinem Wunsch nachging. Dann beobachtete er Yoongi, wie er sich an einen vollgeräumten Schreibtisch setzte und seinen Laptop einschaltete.
»Ziemlich chaotisch hier«, flüsterte Hoseok leise, musterte die gestapelten Pizzakartons in der Ecke. Er war sich ziemlich sicher, würde er mit dem Finger über die Pappschachteln fahren, würde einiges an Staub an seiner Fingerkuppel kleben bleiben. »Ob du's glaubst oder nicht, aber ich kann dich hören.« Yoongi fuhr auf seinem Drehstuhl zu ihm herum und zeigte auf die Geräte in seinem Ohren. Er wusste von seiner Krankheit, das wusste jeder. Manchmal faszinierte es ihn, dass er trotz seiner Otosklerose es geschafft hat, ein so erfolgreicher Musiker zu werden. »Sorry«, murmelte er halblaut, verlegen lächelnd, und richtete seinen Blick auf seine bunten Socken.
Nach einer Weile, in der er nichts mehr, als das klackern der Tastatur des Laptops wahrnahm, bemerkte er plötzlich, wie sich das Sofa neben ihm etwas senkte. Er sah neugierig auf, zu Yoongi, der sich geraden neben ihn gesetzt hatte. Er öffnete den Mund, wollte wohl irgendwas sagen, doch schloss ihn dann doch wieder und starrte aus dem Fenster, an denen Tropfen klebten. Dann war es für eine Weile still. Hoseok schob dieses Schweigen auf den Smalltalk, den sie auf dem Weg hierher geführt hatten, weshalb sie jetzt wohl kein Thema mehr zum Reden hatten.
Wie alt bist du eigentlich? — 23.
Seit wann hörst du meine Musik? — Ich hab sie durch meinen Cousin Jimin vor circa zwei Jahren entdeckt.
Arbeitest du? — Ich studiere.
Hobbys? — Tanzen.
Er konnte auf jede Frage eine Antwort finden, außer auf die Erste, die er ihm gleich zu Beginn gestellt hat und mit der sie sich immer noch auseinander setzten.
Wie geht es dir? — Ich weiß es nicht.
»Irgendwas an dir ... fasziniert mich«, durchschnitt es nun die schwere Stille zwischen ihnen. Hoseok's Kopf fuhr in seine Richtung, seine Augen weit geöffnet, und sich fragend, was er meinte. Er wollte etwas sagen, doch seinem Mund entfloh nicht mehr als ein leises Keuchen. »Ich weiß nicht was. Vielleicht die Tatsache, dass ich wirklich an dir interessiert bin und ... dass ich seit Langem mal wieder richtige Gespräche mit Jemanden führen kann.« Jetzt wurde es ihm klar. Das vorhin war nicht nur Smalltalk, es interessierte ihn wirklich, wie es ihm ging und was er in seiner Freizeit tat. Wäre es anders, hätte er gar nicht gefragt, da er seine Worte bei sich lassen hätte wollen, um keinen Lärm zu erzeugen. Yoongi vermied Gespräche, solange es möglich war, und das wusste er.
Ein leises Lachen entfloh seiner Kehle. Hoseok's Augen glitzerten überrascht. Er hatte ihn noch nie lachen hören. »Klingt bescheuert, ich weiß.« Er schüttelte energisch den Kopf, kaum hatte der Ältere seinen Satz zu Ende geführt. »Nein«, flüsterte er, »Ich bin froh, dass du so denkst.«
Und in diesem Moment, voller angenehmen Regengesang und fremder Freude, war es auch das erste Mal, dass Yoongi Hoseok lächeln sah. Ein Lächeln, in das er sich sofort verliebte.
— keine ahnung, was das wird, ehrlich.
but i think we all share yoongi's love for hoseok's smile, right? :D
-leflowna
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