05. sie hasste stürme
ᥫ᭡. 5. K A P I T E L
»HELFER BOY?«, fragte der Braunhaarige junge Mann und hob eine Augenbraue in die Höhe. »Eigentlich heiße ich Clemens. Konrad Clemens«, fügte er hinzu und streckte Abigial freundlich seine große adern benetzte Hand entgegen, die sie argwöhnisch musterte. Sie blickte zurück in seine ozeanblauen Augen und erwiderte anschließend: »Ich bin nicht hier, um Freunde zu machen, klar?«.
Die zwei jüngsten konnten sich ein leises Lachen nicht verkneifen. Es war das erste Mal, dass Konrad keinen guten Treffer bei einer Frau landete.
Verstehend nickte er und nahm seine Hand wieder zurück zu sich, konnte sich allerdings ein leichtes Grinsen nicht verkneifen, während er sich auf seine Unterlippe biss. Mit jeder vergehenden Sekunde gefiel sie ihm immer mehr. Irgendetwas an ihr faszinierte ihn und zog ihn förmlich an.
Noch nie in seinem Leben hatte er in seinen Gedanken Alexander an gefleht keine falsche Entscheidung zu treffen. Er wollte diese wunderschöne Braunhaarige Frau nicht gehen lassen.
»Nun, offenbar steht ja schon fest, dass meine Männer und ich euch begleiten werden. Also, habe ich keine andere Wahl als zuzustimmen ⸺ aber unter Protest«, meinte der Marineleutnant, der das Gespräch der beiden vollkommen ignoriert hatte. Unteranderem, weil es für ihn nichts neues war, wenn der Marinesoldat mit jedem weiblichen Wesen flirtete, das ihm über den Weg lief.
Die Augen von Abby begannen zu leuchten, nachdem sie zurück zu den älteren Mann sah und ihre Lippen formten sich automatisch zu einem breiten Lächeln. »Das heißt ihr bringt uns nach Rungholt?«, harkte sie glücklich nach und blickte für wenige Sekunden zu ihrer besten Freundin hinüber.
Alexander nickte nur stillschweigend, um noch einmal zu bestätigen, dass er die beiden Frauen und auch Robert begleiten würde. Zudem interessierte es ihn warum er überhaupt zugestimmt hatte, wenn er doch derjenige war, der nichts mehr mit der Vergangenheit zutun haben wollte.
Außerdem konnte und wollte er sie nicht alleine dieses Abenteuer antreten lassen. Ebenso wie sein alter Freund wusste er einige wichtige Dinge über ihre verstorbenen Eltern und womöglich würde es sie nur in Gefahr bringen herauszufinden, was es sich mit der versunkenen Stadt auf sich hatte. Aber sie musste herausfinden, was wirklich damals passiert war.
Sie hatte ein Recht darauf die Wahrheit zu kennen.
»Du kannst Robert dann gerne sagen, dass wir übermorgen in See stechen können«, ließ er sie wissen und trank den letzten Schluck Bier aus seinem Glas aus, bevor er ohne ein weiteres Wort einfach den Stuhl zurück schob und keine Sekunde später aufstand. Mit großen Schritten entfernte er sich von dem Stammtisch, um nach draußen zu gelangen, wo er eine Zigarette anzündete. Die Wissenschaftlerin blinzelte einige Male und war ein wenig sehr verwirrt, dass er so plötzlich gegangen war. Er hatte nicht einmal auf wiedersehen gesagt.
Ihr Blick wanderte automatisch zu Konrad, der sich ebenfalls erhob und ohne Tschüss zu sagen ging. War das irgendwie so ein Ding von Marinesoldaten? »Wir gehen schon?«, ein junger Braunhaariger Mann zog ihre Aufmerksamkeit auf sich, der genauso verwundert dreinblickte, wie sie selbst und ihre beste Freundin.
Der dunkelhaarige Soldat neben ihm zuckte nur planlos mit seinen Schultern und stand auf, aber drehte sich noch einmal mit einem sanften Lächeln zu den beiden Frauen um, ehe er mit den anderen zwei nach draußen zu ihrem Leutnant gingen, die wenigstens kurz zum Abschied gewunken hatten. Irgendwie hatte Abby das Gefühl Alexander würde sie nicht besonders mögen ⸺ oder bildete sie sich das nur ein?
»Lass uns auch nach Hause gehen. Es ist ziemlich spät geworden«, sagte Cecelia, die auf ihre Armbanduhr gesehen hatte und morgen nicht verschlafen wollte. Sie würde ohnehin einen anstrengenden Arbeitstag vor sich haben, weil sie ihren Bericht nicht geschrieben hatte, den sie in zwei Tagen abgeben musste. (Wenn sie überhaupt Zeit dazu hatte). Immerhin würde sie übermorgen in See stechen, wodurch sie nur einen verdammten Tag hatte, um den Zeitungsbericht zu beenden.
Fuck!
Was hatte sie sich da nur eingebrockt?
So eine scheiße aber auch!
Ihre Freundin im Stich lassen wollte sie allerdings auf gar keinen Fall. Ihr bedeutete das ganze nämlich unglaublich viel und deswegen konnte sie es nicht einfach kaputt machen. Sie würde zwar nur ihren Job als Journalistin verlieren, wenn sie die bevorstehenden Berichte nicht rechtzeitig abgeben würde, aber das war nicht so tragisch, wie es eigentlich klang.
Entweder verbrauchte sie ihren restlichen Urlaub vom letzten Jahr oder sie schaffte es Ms. Corbyn zu überzeugen stattdessen über diese Legende etwas zu schreiben. Das war bestimmt auch für viele Leser der Zeitung interessanter als über eine Neueröffnung eines beliebigen Geschäftes. »Worüber denkst du nach, Lia?«, wollte die Forscherin neugierig wissen und musterte ihr nachdenkliches Gesicht, während sie zusammen die Kneipe verließen.
»Ich überlege, wie ich meiner Chefin erklären soll, dass ich in zwei verdammten Tagen in See stechen werde, um herauszufinden, ob eine versunkende Stadt existierte«, meinte sie und ein langer Seufzer verließ ihren Mund, nachdem sie zu ende gesprochen hatte.
»Wenn du willst, kann ich morgen mitkommen und ihr in den Arsch treten, damit sie die beste Journalistin diese spannende Story schreiben lässt«, erwiderte Abigail grinsend und stieß ihre beste Freundin mit ihrem Ellenbogen leicht gegen ihren Arm, wodurch auch die Mundwinkel von der Blondine nach oben wanderten.
Sie harkte sich anschließend bei der Braunhaarigen Schönheit ein und sagte: »Lieber nicht. Sonst werde ich erst recht noch gefeuert, aber du kannst trotzdem als Unterstützung mitkommen. Die werde ich nämlich brauchen«.
Verstehend nickte Abby sich und biss sich ertappt auf ihre Unterlippe, weil sie selber wusste, wie aggressiv sie manchmal eigentlich sein konnte. »Einverstanden«, antwortete sie lächelnd.
»Das Angebot steht dennoch, weißt du«, fügte sie zwinkernd hinzu und bekam einen sanften Schlag gegen ihren Oberarm, während die blondhaarige Frau protestierend mit dem Kopf schüttelte, war ihr insgeheim doch dankbar dafür solch eine Freundin zu haben, die ihr immer helfen würde ⸺ auch auf illegalen Wegen.
Es dauerte nicht lange, bis sie die Wohnung von der Journalistin erreicht hatten und nachdem die ältere sicher gegangen war, dass ihre Freundin unversehrt ihr Apartment betreten hatte und im Wohnzimmer Licht angemacht wurde, machte sie sich nu selbst auf dem Weg zu ihrem Haus.
Sie fischte ihr Handy aus ihrer Jackentasche und schrieb Robert eine kurze Nachricht, in welcher sie ihm mitteilte, dass Alexander und seine Partnerlook Gang sie begleiten würden.
Bei dem Gedanken daran bald in See zu stechen, genauso wie ihre Eltern auch, brachte ihr Herz auf eine unangenehme Art und Weise zum höher schlagen. Es war das erste Mal nach langem, dass sie wieder auf ein Schiff ging, das nicht festgebunden war. Ihre Hände begannen leicht zu schwitzen und sie merkte deutlich, wie die Panik in ihrem Inneren hoch sprudelte, als wäre sie eine Flasche mit viel Kohlensäure, die gerade heftig geschüttelt wurde.
Hoffentlich würde nichts schief gehen, denn das war ihr einzige Sorge.
Dass ihnen das gleiche passierte.
Sie hasste Stürme mehr als alles andere auf dieser Welt.
Aber Abigail wusste, dass sie sich ihrer Angst stellen musste, um die Legende von Rungholt zu beweisen.
Doch sie würde nicht nur das beweisen ...
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