track 04: 𝗦𝗧𝗢𝗣
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❛ the core essence can't be changed, so realize it, and be myself ❜
Der blaue Lichtfilm des Fernsehers erhellte den abgedunkelten Raum, malte lange Schatten an die Wände. Doch Hoseok's Entsetzen galt nicht den falschen Monstern in den Ecken seines Schlafzimmers, sondern den blechernen Worten, die den Mund der Moderatorin verließen, sie selbst bestürzt wirkend.
»Gestern Abend wurde ein neunjähriges Mädchen von ihrem Vater erdrosselt. Die Nachbarin hatte die Schreie gehört und die Polizei alarmiert, doch als die Rettungskräfte eintrafen...« Der Rest des Satzes drang gar nicht mehr zu ihm durch. Er starrte voller Bestürzung in die zensierten Augen des Verbrechers, dessen Gesicht auf der Seite des Bildes eingeblendet wurde.
Selbst Jack hatte dazu nichts zu sagen. Er verkroch sich zurück in die Ecken seines Bewusstseins und wartete, bis die starken Emotionen Hoseok's nach ließen und er sich wieder an den starken Wellen der Erschütterung vorbei schleichen und sich zurück in den Vordergrund seines Geists zwängen konnte.
Hoseok konnte nicht glauben, dass es da draußen Menschen gab, die ihren eigenen Kindern so etwas antun konnten. Ihren Kindern, die sie groß ziehen, pflegen und lieben sollten. Er hätte sich beim besten Willen nicht einmal vorstellen können, dass seine Mutter ihn nur ein einziges mal verbal verletzt hätte, geschweige denn körperlich.
Er starrte mit deutungslosen Blick auf den Bildschirm, auf dem die Moderatorin bereits etwas über die steigenden Stromkosten berichtete. Er hatte zwar schon öfters miterlebt, wie unfair und egoistisch manche Menschen sein konnten, wie sie sich gegenseitig runtermachten, um ihr eigenes Ego zu befriedigen. Doch das hatte er immer mit einer Ausrede entschuldigt. Freche Kinder wurden einfach nur nicht richtig erzogen und herzlose Erwachsene hatten eine harte Vergangenheit — Das dachte er sich zumindest immer, wenn er Zeuge der Grausamkeit der Menschen wurde, um seinen Hass ihnen gegenüber mit Mitleid ersetzen zu können.
Das Grübeln verleitete seinen Entsetzen, wieder zu schwinden und damit trat auch Jack wieder aus seinen Schatten, tauschte Platz mit den starken Emotionen. Er grinste nicht. Seine Schadenfreude und teuflischen Intentionen richteten sich ausschließlich an seinen Wirt. So flüsterte er ihm nur zu, wie er den Tod wahrscheinlich mehr verdient hätte als das Mädchen, beschwor unbegründete Schuldgefühle auf. Doch seine Zurufe drangen nur stumpf zu ihm durch.
»Du zweifelst«, sagte Jack und es war das Einzige, dem Hoseok zuhörte, »du dachtest ernsthaft, die Menschen wären tief im Inneren gut, egal was sie taten. Und jetzt lässt ein einziger Vorfall deine gesamte Welt zusammenbrechen. Du bist so naiv, Jay.« Er hasste es, wenn er ihn so nannte. Er hatte diesen Spitznamen immer so gemocht, freundete sich gerne mit dem Gedanken an, er könnte vielleicht seine Identität ändern, wenn er von seinen Freunden anders genannt wurde. Doch nun zog er ihn durch den Dreck, machte sich darüber lustig.
»Du bist das einzige Übel auf dieser Welt. Du bist das Scheusal, das die Menschen dazu verleitet, solche Dinge zu tun. Würde es dich nicht geben, würde es keinen Schmerz und Krieg geben.« Er bezweifelte, dass Jack nicht wusste, was er war. Er wusste es und Hoseok auch. Er war ein Parasit, eine Zecke, die an der Euphorie ihres Opfers saugten und diese mit ihren eigenen Pessimismus zu ersetzen. Er wusste genau, was seine Absichten waren, und dennoch konnte er seine Worte nicht einfach ignorieren, musste ihnen zuhören, als wären es seine eigenen.
Jack verzog das Gesicht, ließ sein höhnisches Grinsen fallen und machte ein Handgestik, als wolle er eine Träne wegstreichen. »Wie unfair. Willst du es mir ernsthaft übel nehmen, dass ich mich ernähre, mich am Leben erhalten will? Bu-hu.« Das Clown-ähnliche Auftreten passte perfekt. Jack war einfach jämmerlich. Doch jede Emotion, die Hoseok an ihm ausließ, wurde automatisch auf sich selbst zurück reflektiert. Sie sahen sich einfach zu ähnlich, als dass er ihn bedingungslos hassen konnte, ohne sich stetig selbst an diesen negativen Gedanken zu zerfressen.
Es war das Einzige, an das Hoseok noch glaubte, dem er Hoffnung entgegen brachte. Und die wollte er nicht auch noch verlieren. »Du kannst sagen, was du willst, Jack. Aber im Kern der menschlichen Existenz sind alle Kreaturen auf diesem Planeten gleich und somit auch gut. Es gibt keine bösen Menschen.«
Jack lachte. Wahrscheinlich lauter, als jemals zu vor. Er lachte weder aus Schadenfreude noch aus Provokation. Er lachte aus Amüsement.
»Du denkst, das stimmt?«
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