
𝗣𝗟𝗔𝗖𝗘𝗕𝗢(?) 𝗨𝗡𝗗 𝗔𝗡𝗗𝗘𝗥𝗘 𝗦𝗖𝗛𝗪𝗜𝗘𝗥𝗜𝗚𝗞𝗘𝗜𝗧𝗘𝗡
Robin sieht mich mit einer Mischung aus Heiterkeit und absoluter Verwirrung an.
Ich gehe die letzten Schritte auf sie zu und fasse ihr an den Kragen ihrer Uniform.
„Hey Kermit.", sage ich grinsend und drehe an einem der Abzeichen. Es zeigt eine Klarinette. Aber ich bin mir sicher, dass sie vorhin etwas anderes gespielt hat.
Ich will gerade fragen, warum sie das falsche Instrument aufgestickt hat, da tippt mir Steve eindringlich auf die Schulter.
„Munson.", zischt er und ich kann es nicht sehen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass er Eddie einen bösen Blick zuwirft.
Seine Stimme klingt wie eine lispelnden Version seines Vaters. Das mag ich nicht, aber ich sage es ihm nicht. Er mag es wahrscheinlich auch nicht.
Wer will schon Ähnlichkeit mit der Person haben, die man am wenigsten auf der Welt leiden kann?
„Waas?", spricht Eddie lachend und gedehnt. Steve antwortet nicht mit Worten, sondern mit einem Augenrollen.
Das kann ich wieder sehen, weil ich mich zu ihm umgedreht habe. Dabei verliere ich ein klein wenig – machen wir uns nichts vor, total – mein Gleichgewicht und lehne mich lachend an Robin.
Ich werfe ein kicherndes 'Sorry' in die Runde und klatsche dann aufgeregt in die Hände.
„Wir machen eine Party! Und alle sind eingeladen!", kreische ich der Menge an Schülern, Eltern und Geschwistern zu.
„Also alle, die schon alt genug sind, um zur Highschool zu gehen und jung genug, um nicht selbst Kinder zu haben. Frühpubertäre Bitches zählen nicht!", korrigiere ich mich.
Steve weitet seine Augen vor Entsetzen und schüttelt ablehnend den Kopf. Ich glaube er mag diese Version von mir nicht sonderlich.
Ich weiß nicht genau, ob ich sie mag. Mein Kopf fühlt sich viel zu sehr nach Watte an und einfach alles ist großartig und verschwommen.
Wenn ich daran denke, muss ich Eddie unbedingt fragen, wo er sein Zeug herbekommt. Nicht, weil ich es noch einmal testen will, eher zu Forschungszwecken.
Ich kann einfach nicht verstehen, wie es möglich ist, dass ein einziger Zug ausreicht, um total high zu sein. Oder bilde ich es mir ein?
„Placebo.", murmele ich nachdenklich und tippe dabei mit meinem Zeigefinger an mein Kinn.
Erst jetzt bemerke ich, dass ich immer noch an Robin gelehnt bin und sie absolut keine Anstalten macht, etwas daran zu ändern.
Ich schiele aufwendig zu ihr hoch, verrenke mir dabei wahrscheinlich nicht nur einen Nerv und studiere ihre Gesichtszüge.
Sie wirkt fast so, als würde sie die Luft anhalten. Ihr Blick ist starr nach vorne gerichtet, abwechselnd sieht sie aus dem Augenwinkel zu Steve.
Überfordert. Das ist sie.
Warum verstehe ich zwar nicht ganz, aber ich schätze nicht jeder mag es, wenn man jemand Fremden so auf die Pelle rückt.
Also stoße ich mich von ihr ab und drehe mich einmal um mich selbst. Dabei erhasche ich einen Blick auf Billys Gestalt.
Er wirft mir einen totbringenden Blick zu und es ist mir sowas von egal. Ich verdrehe die Augen und strecke ihm gleichzeitig die Zunge raus.
Ich hab genug mit meinen eigenen Dämonen zu kämpfen, ich brauche nicht noch ein weiteres Ärgernis.
Meine Vergangenheit und Peter bringen schon genug Dunkelheit in mein Leben.
Billy ballt seine Hände zu Fäusten und seine dicken blauen Adern kann ich selbst aus der sicheren Entfernung erkennen.
Ich zuckte gleichgültig mit den Schultern, streiche mir eine schweißnasse Strähne aus dem Haar und sehe zu Eddie.
„Wenn ich es erlaube, dass du mit zur Party kommst, gibst du mir zwanzig Prozent deiner Einnahmen.", ordne ich an.
Steve wirft seine Hände verständnislos in die Luft, dann sieht er mich mit einem viel zu ernsten Blick an. Er wirkt fast wie ein Erwachsener, nicht wie ein Jugendlicher.
Ich presse meine Lippen aufeinander und spüre, dass ich zu weit gegangen bin.
„Du-" er stoppt und atmet tief durch. Oh scheiße, ich fühle mich wie bei einer Standpauke von meinem Erzeuger.
Und die Erinnerung an die vielen Züchtigungen, lassen mich erstarren.
Mein nächster Therapeut würde ein Schweingeld an mir verdienen. Jetzt bin ich es, die tief einatmet. Einmal, zweimal, dreimal. Nicht hyperventilieren, Charly!
Steve bemerkt nicht, was mit mir los ist. Keiner tut es. Ich habe es perfektioniert.
„Du wirst keine Drogen auf der Party verkaufen. Munson? Sprich mir nach."
„Ich werde keine Drogen auf deinem Kindergeburtstag verkaufen.", mault Eddie und grinst dabei.
Mir fällt auf, dass Robin immer noch nichts gesagt hat. Ich drehe mich zu ihr um und schaue in ihr steifes Gesicht.
Ihre Lippen sind leicht geöffnet, ich glaube sie versucht gerade zu kapieren, was hier eigentlich abgeht.
Vielleicht sind es zu viele Eindrücke für sie? Ihr Anblick lockt ein kleines Grinsen in mir hervor. Sie sieht irgendwie niedlich aus mit ihrem komischen Hut, der ihre Haare plattdrückt.
Wird sie die Uniform die ganze Zeit anlassen? Nein, das wäre doch furchtbar unbequem.
„Robin und ich gehen vor, wir müssen uns noch umziehen. Ihr besorgt ein paar Pappbecher, die Idioten sollen nicht aus den guten Gläsern trinken. Nicht, dass es mich interessiert, aber ich glaube Peter würde das nicht gutheißen."
Als ich seinen Vater erwähne, zuckt Steve unweigerlich zusammen. Er überspielt sein Unbehagen und nickt zustimmend.
„Ein Kratzer und du bist tot.", sagt er streng und wirft mir die Schlüssel seines Autos in die Hand.
Ich öffne erstaunt meinen Mund und schaue auf den schlichten Schlüssel. Steve hat keine kitschigen Schlüsselanhänger.
Er hat mir doch nicht wirklich die Schlüssel seines Autos gegeben? Das ist, wie wenn ich ihm meine Polaroidkamera überlassen würde. Oder – meinen wertvollsten Besitz eben.
Ich finde keine Worte dafür, wie erstaunlich ich es finde und versuche mir nicht allzu sehr anmerken zu lassen, wie glücklich mich das macht.
Wir sind auf gar keinem schlechten Weg. Beleidigungen, Drohungen hier und da. Ganz normal. Aber wenn es drauf ankommt, scheinen wir doch zueinander zu halten.
Ein wenig lächerlich ist es schon unsere Bindung mit dem Verleih eines Autos zu bemessen, aber ich weiß eben, wieviel das Auto Steve bedeutet.
„Wenn du hier weiter rumstehst, wird keine Party mehr stattfinden können.", stellt Steve fest und sieht auf die Massen an Schülern, die sich auf den Weg machen – wohin auch immer.
Aus geringer Entfernung höre ich jemanden rufen, dass bei den Harringtons eine Party steigt. Ganz alleine werden wir also nicht sein.
„Komm, Robin.", fordere ich sie auf. Sie ist immer noch an Ort und Stelle festgewachsen, weshalb ich sie am Ärmel mit mir ziehe.
„Erde an Kermit!", gebe ich lachend von mir und zum ersten Mal seit Minuten, sieht sie mich an.
„Wir ziehen uns um? Du fährst mit Steves Auto? Eine Party? Gibt es da Alkohol? Ich hasse Bier. Gibt es nur Bier? Kennst du ein Bier, das schmeckt? Dann probiere ich es vielleicht noch einmal. Hast du echt mit Eddie geraucht? Wie schmeckt das? Wieso nennst du mich Kermit?", prasselt sie mit Fragen auf mich ein.
Ich gehe weiter zu Steves Auto, sehe sie dabei aber durchgehend an. Ich kann nicht anders, als über beide Ohren zu strahlen.
Wie witzig ist Robin bitte? Ich habe ja nicht einmal die Möglichkeit eine Antwort zu geben, so viele Fragen stellt sie mir.
Aber, vielleicht bin ich auch nur nicht so aufnahmefähig, weil ich bekifft bin.
Moment.
Ich bleibe plötzlich stehen, woraufhin Robin leicht ins Schwanken gerät. Ich verenge meine Augenbrauen und sehe verwirrt zurück zu Steve.
Wie soll ich denn Auto fahren, wenn ich nicht benennbare Substanzen inhaliert habe? Ist er wahnsinnig geworden?
„Du musst fahren.", sage ich zu Robin und gebe ihr die Schlüssel in die Hand. Sie weitet erschrocken die Augen und schüttelt vehement mit dem Kopf.
„Ich fahre nicht."
„Du musst.", flehe ich sie an. Sie muss doch bemerken, dass ich nicht fahrtüchtig bin?
„Ich kann nicht. Ich habe keinen Führerschein."
Ich sehe sie einen Moment lang verwirrt an. Als sie weiterspricht, verstehe ich.
„Wir sind arm.", erklärt sie. Ich nicke langsam, das ist mir jetzt irgendwie peinlich. Ich habe eher vermutet, dass sie keine gute Fahrerin ist.
In diesem Moment kommt Billy auf uns zu. Ich strecke die Hände vor mir aus, um ihn auf Abstand zu halten und schüttele ablehnend den Kopf.
„Keine Lust, keine Zeit. Und, habe ich schon erwähnt, keine Lust?"
Billy setzt ein diabolisches Lächeln auf, sieht uns mit seinen stahlblauen Augen an und nimmt geschickt die Autoschlüssel aus Robins offenen Händen.
„Steve bringt dich um. Und mich gleich mit.", gebe ich trocken wieder und will ihm die Schlüssel aus der Hand nehmen.
Seine Finger schließen sich schmerzhaft um mein Handgelenk, seine Augen brennen sich in meine eigenen.
„Du fährst in deinem Zustand kein Auto."
Ich sehe ihn verwirrt an. Was interessiert es ihn, was mit mir passiert? Ich kenne ihn nicht, er kennt mich nicht. Und ich habe kein Verlangen irgendetwas daran zu ändern.
„Meine Schwester ist auf den Straßen unterwegs.", erklärt er, setzt im gleichen Atemzug aber eine gleichgültige Miene auf.
Er will nicht, dass irgendjemand den Eindruck bekommt, er würde sich für seine Schwester interessieren.
Max, erinnere ich mich. Die rote Zora.
Ich schürze meine Lippen und wippe nervös mit den Füßen auf und ab. Ich kann ihn doch nicht Steves Auto fahren lassen? Und überhaupt, wieso zum Teufel lässt mich Steve überhaupt fahren?
Unsicher was ich tun soll, lasse ich meinen Blick durch die Gegend schweifen. Ich erblicke eine Schar Cheerleader, ein paar Nerds abseits, die mit ihren Mathebüchern herumwedeln als wären es Pom-Poms und dann – dann sehe ich Steve.
Er steht in einer Ecke und unterhält sich mit einem Mädchen mit dunklen Locken. Sie sieht süß aus.
Ihr Gespräch scheint ernster Natur zu sein, sie hält die Arme vor der Brust verschränkt und nickt ungeduldig.
Robin und Billy folgen meinem Blick.
„Harrington denkt wirklich nur mit seinem Schwanz. Ist ihm das Wheelermädchen wichtiger als sein Auto.", brummt Billy und zündet sich eine Zigarette an.
„Erstens will ich nichts von einem Schwanz hören. Erstrecht nicht, wenn vorher der Name meines Cousins fällt. Zweitens : Das ist Nancy?", frage ich, aber Billy antwortet nicht.
Warum auch. Er scheint nicht der Typ für Unterhaltungen zu sein. Seine einzigen Smalltalkkenntnisse laufen wahrscheinlich darauf hinaus, dass er fragt ob die Mädchen mit zu ihm wollen oder er mit zu ihnen soll.
Robin stupst mich an der Schulter an und wirft mir einen vielsagenden Blick zu. Ihr ist die Tatsache, dass wir hier mit Billy stehen, genauso unangenehm wie mir.
Aber wir haben keine andere Wahl. Eddie ist verschwunden, Steve schwingt eine wichtige Rede, um Nancy zurückzugewinnen und ich – ich fühle mich zwar nicht mehr sonderlich benommen – aber ich kann so kein Auto fahren.
„Fahr uns halt, Hargrove. Und dann geh dahin, wo der Pfeffer wächst.", murre ich und ergebe mich meinem Schicksal.
Weder der Weg zum Auto, noch die Autofahrt sind sonderlich ereignisreich.
Ich sitze mir Robin hinten, weil mich keine zehn Pferde zu ihm nach vorne bekommen hätten. Wir sprechen nicht, wir hören nur Musik. Zugegeben, er hat keinen schlechten Musikgeschmack, aber das ändert auch nichts an seiner ekelhaften Art.
Als wir an unserem Haus ankommen, weite ich schockiert die Augen. Der ganze Vorgarten ist voll mit parkenden Autos. Auf dem Rasen stehen Bierfässer, Malertische und unzählige rote Plastikbecker.
Von Steve ist keine Spur zu sehen.
Wer zum Teufel hat das alles hierhergebracht? Laufen so Partys in Hawkins ab? Wenn ja, dann war das entweder der Himmel auf Erden oder wir hatten eine ausgereifte Katastrophe vor uns.
Ein paar der Anwesenden jubeln uns zu, als wir parken. Sie gehen davon aus, dass Steve aussteigt und sich feiern lässt.
Stattdessen sind es Robin, in ihrer Banduniform, Billy mit einer weiteren Zigarette im Mund und ich. Ein ihnen unbekanntes Gesicht.
Als sie Billy erkennen schreien sie wild durcheinander und fordern ihn auf, zu einem der Bierfässer zu kommen. Das lässt er sich nicht zweimal sagen.
Er wirft mir den Autoschlüssel zu und irgendeinem Fehler in der Matrix geschuldet, fange ich ihn sogar auf.
Ich werfe Robin einen eindeutigen Blick zu, dann entspannen wir uns beide und atmen tief durch.
„Unangenehmste Fahrt ever.", murmele ich und ziehe sie mit mir.
„Bevor wir irgendetwas anderes tun, kriegen wir dich aus diesem Ding und ich bin auch total verschwitzt. Kennst du das, wenn man unter den Brüsten schwitzt? Widerlich.", gebe ich lachend von mir.
Robin sagt gar nichts. Also nehme ich das Zepter in die Hand, schließe die Tür auf und werfe sie schnell wieder zu.
Solange Steve nicht da ist, will ich niemandem Zutritt verschaffen.
Ehe wir in mein Zimmer gehen, laufe ich in die Küche und schnappe mir zwei Gläser, sowie Evelyns angefangene Flasche Weißwein.
Nicht gerade mein liebstes Getränk, aber wir beide müssen etwas locker werden. Allen voran Robin.
„Auf geht's!", rufe ich mit einem schiefen Lächeln auf den Lippen und gehe die Treppe zu unseren Zimmern hinauf.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro