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Tag 2 - Stumme Zeugen (1)

Jacques hatte seinen Körper eingeseift und drehte den Wasserhahn der rostigen Dusche auf. Anstelle des Wasserschwalls erklang nur ein trockenes Röcheln. Mist. War wieder irgendwo die Leitung kaputt? Das wäre leider nicht das erste Mal. Die Häuser und damit die Rohre in Cabo del Gata waren uralt und größtenteils marode.

»Merde.« Grummelnd stieg er aus der Dusche, während die Seife in seinen Augen brannte. Aus dem Waschbecken kam ebenfalls nichts. So gut es ging, wischte er mit dem Handtuch Schaum und Seifenreste von Gesicht und Körper. Was für eine Schweinerei. Heute Mittag planten sie mit Matías und Lorenzo, zwei Brüder, die sie aus dem Schlepper-Geschäft kannten, zurück nach Oran überzusetzen. Daher hatte er die Chance nutzen wollen, sich vor der anstrengenden Fahrt nochmals gründlich zu reinigen. Wer weiß, wann sich die nächste Gelegenheit dafür ergäbe.

Im Erdgeschoss wäre er beinahe über Maria gestolpert, eine quirlige Zwölfjährige aus der Nachbarschaft, die mit ihrer Familie vor vier Wochen aus Oran angekommen war. Sie saß mit Lucas auf dem Boden und bastelte Automodelle aus alten Blechbüchsen.

»Oh, hallo Maria – und entschuldige. Ich muss die Seife loswerden. Das Wasser funktioniert nicht.«

Sie kicherte und hielt sich eine Hand vor den Mund, als sie ihn nur mit einem Handtuch bekleidet sah. »Alles klar, Jacques. Ich sage es nachher meinen Eltern.«

Bevor er hinaustrat, rief er ins Treppenhaus: »Kara! Das Wasser ist mal wieder ausgefallen, ich gehe zum Meer! Maria passt auf Lucas auf!«

»Alles klar«, kam ihre leise Antwort aus dem anderen Stockwerk.

Zügig ging er nach draußen und schaute sich um. Es standen bereits weitere Nachbarn auf dem kaputten Straßenbelag und diskutierten. Scheinbar betraf es nicht nur ihr Haus.

Zunächst musste er das Zeug von seinem Körper waschen. Fluchend watschelte er in Richtung Meer. Einen Strand gab es nicht mehr. Der Meeresspiegel war seit Anfang des Jahrhunderts um fünf Meter gestiegen. Dafür war das Ufer nicht weit. Als er um die nächste Straßenecke bog, sah er, wie Wellen auf die Straße zwischen den halbversunkenen Häusern plätscherten. Ein Müllteppich bedeckte die ersten zwei Schritt. Es half nichts. Er watete durch den Unrat, bis er hüfthoch in halbwegs klarem Wasser stand und sich problemlos untertauchen konnte.

Kurz darauf war es erledigt. Die Klamotten würden in der Hitze trocknen, allerdings würde er wie ein nasser Hund riechen. Während er sich zu Hause nochmals umzog, bemerkte er, dass der Strom ebenfalls ausgefallen war. Beides gleichzeitig? Ein flaues Gefühl breitete sich in seiner Magengegend aus. Besser sie waren vorbereitet. Eilig verabschiedete er Maria, stieg mit Lucas die Treppe hinauf und erläuterte Kara die Situation.

»Mist«, war ihr erster Kommentar. »Wir hätten gestern direkt nach dem Überfall der Ganger verschwinden sollen. Lass uns das Nötigste packen und Alejandro und Olivia informieren. Danach suchen wir die Brüder und schauen, dass wir loskommen. Wie geplant.«

Gemeinsam packten sie zwei Rucksäcke, Brot, Obst und andere haltbare Lebensmittel sowie Flaschen mit Frischwasser. Zum Schluss holte er eine schlanke Pistole aus dem Dielenschrank und steckte sie hinten in den Hosenbund.

»Ich wusste gar nicht, dass du die noch aufgehoben hast«, sagte Kara mit einem vorwurfsvollen Unterton in der Stimme.

»Man weiß ja nie. Ich dachte mir, sicher ist sicher.«

»Meinst du nicht, dass eine Waffe Ärger provoziert?«

Er presste die Lippen aufeinander. Was sollte er dazu sagen? Als sie damals die Schlepper-Touren für Jawaria erledigt hatten, war er nie unbewaffnet gefahren – und Kara wusste das. In Oran hatte man ihnen beiden beigebracht zu schießen. Zum Glück musste er zu dieser Zeit nie mehr als Warnschüsse abgeben.

»Es sieht ja niemand und ich habe nicht vor, sie zu benutzen«, antwortete er knapp.

Zum Schluss schulterten sie ihre Rucksäcke. Lucas hielt sie an der Hand. Der Kleine trat von einem Bein auf das andere und bemerkte ihre Unruhe.

Auf dem Weg in Richtung Centro mussten sie sich durch Menschentrauben schlängeln. Es roch nach Schweiß und ungewaschenen Körpern, während sie ein Gemisch aus Arabisch, Französisch und Spanisch begleitete. Die Blicke der Nachbarn ruhten auf ihnen. Vielen war bewusst, dass sie mit den Gründern der Nuevo Comunidad eng befreundet waren. Aber sie hatten keine Lust, sich in Diskussionen verwickeln zu lassen. Also hielten sie ihre Augen gesenkt und liefen zügig durch die Menge.

Unterwegs blickte Jacques auf, als er hörte, wie Nachrichtendrohnen ihre Runden zogen. Wie die Aasgeier. Was wollten sie hier? Wussten die News-Streams mehr als sie?

Den zentralen Platz erreichten sie zwei Blocks weiter.

»Hey, Jacques! Was ist los?«, rief jemand kurz vor dem Centro von links. Von der anderen Straßenseite kam eine ältere Frau in löchriger Kleidung herübergelaufen. »Wasser und Strom sind aus. Sind da wieder irgendwelche Leitungen kaputt gegangen?«

»Ja. Ja, das ist möglich, Madame.« Er wandte sich zu ihr um, konnte sich aber nicht an ihren Namen erinnern. »Keine Sorge, das wird schon wieder.«

Leider war er kein guter Lügner und bemerkte, wie die Frau auf ihre gepackten Rucksäcke schielte.

»Und ... wo wollt ihr mit dem Gepäck hin?«, bohrte die Madame nach.

Inzwischen sammelten sich Neugierige um sie. Diese Aufmerksamkeit würde er gern vermeiden, sonst käme noch jemand auf die Idee, ihnen zu folgen. Nicht, dass er ihnen die Überfahrt nicht gönnen würde, aber im Boot der Brüder war für maximal acht Personen Platz. Wenn es um die Sicherheit seiner Familie ging, war er egoistisch. Später am Ufer könnten sie dann weitere Passagiere an Bord nehmen, falls sich welche fanden.

»Wir...«, setzte er an und schaute hilfesuchend zu Kara.

»... wollen draußen vor der Stadt nach dem Umspannwerk schauen. Wahrscheinlich hat es dort einen Kurzschluss gegeben. Deswegen wird vermutlich auch kein frisches Wasser mehr in die Stadt gepumpt«, vervollständigte sie seine Lüge, die ihr erstaunlich flüssig über die Lippen ging. Die Schlagfertigkeit seiner Frau erstaunte ihn immer wieder.

Im Grunde war diese Antwort Blödsinn. Es gab weder ein Umspannwerk noch irgendwelche Frischwasserpumpen. Er zog sie am Arm weiter. Sie kapierte den Impuls und folgte.

»Aber...«, hörte er die Madame hinter ihnen herrufen und ignorierte sie bewusst. Ihre Erklärung schien die Leute drumherum zumindest so weit beruhigt zu haben, dass sie nicht mehr aufgehalten wurden.

Am Centro bildeten die Menschen eine dicht gepackte Traube vor dem renovierten Gemeinschaftshaus, einer Halle, in die zweihundert Personen passten. Auf dem Platz tummelte sich mindestens die doppelte Anzahl. Gemurmel und einzelne Rufe erfüllten das Areal. Die Ausdünstungen der Masse verschlugen ihm den Atem. Eine ungesunde Anspannung war zu spüren, wie die knisternd aufgeladene Luft vor einem kräftigen Gewitter. Er hob Lucas auf seine Schultern, damit er nicht angerempelt wurde.

»Siehst du Alejandro oder Olivia?«, fragte Kara Jacques, da er sie um eine halbe Haupteslänge überragte.

»Nein, aber die Leute drängen alle zur Halle, vielleicht sind die beiden da drin. Da kommen wir nicht durch. Keine Chance.«

Über ihnen zogen Nachrichtendrohnen ihre Kreise. Schatten mit bereiten Propellerflügeln, die wie Adler lauerten. Nur, wer oder was war ihre Beute? Oder waren sie eher Aasgeier?

In diesem Moment erhielt er eine Antwort: Eine der Drohnen schoss sirrend herab! Die Menschenmenge duckte sich und ein kollektiver Aufschrei folgte. Arme deuteten nach oben. Aus dem erschrockenen Rufen wurden zornige: »Hey, was sollte das?« »Scheiß Streams!« »Holt das Teil runter!«

Altes Obst, Steine und Müll flogen in Richtung der Flugobjekte. Oh, Mann, das war nicht clever. Die Wurfgeschosse landeten im Bogen auf den Köpfen der Umstehenden. Flüche und Schreie erklangen. Fäuste wurden geschüttelt. Das reichte der Drohne nicht: Erneut kam sie herabgeschossen wie ein Kamikazeflieger. Sie wollte eine Reaktion der Menge provozieren. Was zum Teufel sollte das? Für die konkurrierenden Streams wäre das ein gefundenes Fressen. Die zeichneten alles auf und es hätte sicherlich ein rechtliches Nachspiel.

Erneut schoss die fette Drohne herab. Dieses Mal bremste sie nicht.

Sein Herz setzte einen Schlag aus und er wollte einen Warnruf ausstoßen. Zu spät. Das kiloschwere Fluggerät krachte mit über fünfzig km/h in die Menschenmasse. Selbst auf die Distanz meinte er das Geräusch von hartem Metall, das auf weiches Fleisch klatscht, sowie das Splittern von Knochen und Plastik zu vernehmen. Es wäre ein Wunder, falls es keine Schwerverletzten oder Tote gab. Mit leichter Verzögerung zog sich eine Gänsehaut über seinen erstarrten Rücken.

In diesem Moment folgte eine zweite Drohne, die mit einem Schmatzen und Bersten in menschliche Körper einschlug. Damit hatten die Streams ihr Ziel erreicht: Panische Schreie erklangen und die Menschen flohen.

Vor wenigen Sekunden verharrte er noch mit seiner Familie am Rande einer Menge, die besorgt in Richtung Zentrum drängte. Jetzt brach die Hölle los. Panisch versuchten Männer, Frauen und Kinder mit aufgerissenen Augen und Mündern den Platz zu verlassen. Ein Junge stolperte. Die Nachfolgenden trampelten rücksichtslos über seinen Rücken und Kopf. Erst in diesem Moment löste er sich aus der Erstarrung und sein Überlebensinstinkt übernahm die Kontrolle.

»Los, rein in das Gebäude da vorne!«, brüllte Jacques über die Schreie hinweg zu Kara.

Mit dem Finger deutete er auf einen Hauseingang keine zwanzig Meter hinter ihnen und sprintete los. Jemand rempelte ihn an und er verlor beinahe das Gleichgewicht. Den schreienden Lucas balancierte er auf den Schultern, während er mit den Händen dessen Beine umklammerte. Irrsinn! Er stolperte mehr, als dass er rannte. Nach wenigen Sekunden hatte er den Eingang erreicht und drückte sich in den Flur. Kara wetzte auf ihn zu. Strauchelte. Im letzten Moment fing er sie mit einer Hand auf und zog sie mit hinein. Dann warf er die Tür in Schloss.

Für einen Augenblick schien das Chaos draußen ausgesperrt zu sein und Ruhe kehrte ein. Ein paar Staubflocken taumelten im scharfen Lichtkeil, der durch ein Fenster fiel. Und jetzt? Für eine Pause zum Durchatmen war keine Zeit.

»Los die Treppe hoch!«, trieb er Kara drei Herzschläge später an, da jederzeit weitere Flüchtende hier hereinpreschen könnten.

Gemeinsam hasteten sie die Stufen nach oben in den ersten Stock. Dort holte er Lucas von den Schultern auf den Arm. Seine Frau war bereits einige Schritte vorgelaufen und öffnete eine der Holztüren auf dem schimmeligen Flur. Als er außer Atem mit seinem Sohn folgte, fand er im dortigen Zimmer ein Elternpaar mit ihrer vielleicht zehnjährigen Tochter. Der Vater stellte sich schützend vor die beiden. Alle drei starrten sie mit angstgeweiteten Augen an.

»Keine Angst.« Jacques hob seine Hände und versuchte, sie zu beruhigen. »Ihr kennt uns doch. Ich bin Jacques. Das ist Kara. Und das hier ist Lucas.«

Es half. Nach einigen Sekunden verflog der Schrecken ihres überfallartigen Eintretens. Die Tochter fasste sich als erste: »Was ist denn da draußen los?«

Wortlos ließ er seinen Sohn herunter, schritt zum Fenster und schob den schmuddeligen Vorhang einen Spalt breit zur Seite. Mit Bedacht schaute er hinaus auf den Platz.

»Die Leute fliehen«, kommentierte er das aktuelle Geschehen mit einer Stimme, die in seinen eigenen Ohren erstaunlich ruhig klang. »Zwei der Drohnen sind in die Menge gekracht. Die anderen schwirren jetzt dicht über den Köpfen. Wer kann, flieht. Was zum Teufel soll das nur?«, fragte er zum Abschluss sich selbst.

Er ließ den Vorhang zurückgleiten. Sperrte die Bilder von niedergetrampelten blutenden Frauen, weinenden Kindern, die nach ihren Eltern schrien, und Männern, die sich rücksichtlos einen Weg bahnten, aus.

Erst eine gefühlte Ewigkeit später verebbten Geschrei und Getrappel. In dieser Zeit schwiegen sie. Er schaute erneut aus dem Fenster. Das hätte er nicht tun sollen. Es bot sich ein grauenhafter Anblick: Dutzende Menschen lagen kreuz und quer verteilt auf dem Pflaster vor dem Gemeinschaftshaus. Einige regten sich, andere nicht mehr.

Er spürte eine Bewegung an der Hose. Das Mädchen wollte ebenfalls einen Blick nach draußen erhaschen. Zügig hockte er sich vor sie und versperrte den Ausblick.

»Tut mir leid. Das ist kein Anblick für dich.« Damit nahm er sie bei den Schultern und schob sie zu ihrer Mutter zurück, die sie zitternd umarmte.

Sie sprachen eine Weile mit der Familie, um sie zu beruhigen. Versicherten ihnen, dass jetzt nichts mehr passieren könne und alles gut werden würde. Ein kurzer Blick zu Kara zeigte ihm jedoch, dass sie daran genauso wenig glaubte, wie er.

Minuten später stieg er die Treppe herunter. Seine Frau blieb mit Lucas in der Wohnung. Die Kinder sollten das nicht ansehen müssen. Als er die Tür öffnete, erwarteten ihn Schmerzensschreie und Gewimmer. Drohnen surrten knapp außer Reichweite über den Platz. Wie Vampire, die sich am Leid der Menschen ergötzten.

Als klar wurde, dass die akute Gefahr gebannt war, folgten auch Kara und die Mutter, deren Namen er immer noch nicht kannte. Der Vater blieb oben bei dem Mädchen und Lucas. In den nachfolgenden Stunden halfen sie den Anwohnern dabei, die Platzwunden zu verbinden und gebrochene Gelenke zu schienen. Die Toten trugen sie an den Rand des Platzes, wo sich deren Familien versammelt hatten. Ihr Weinen und Wehklagen vermischte sich mit den Wimmern der Verletzten zu einer herzzerreißenden Kakofonie. Dort lagen bereits zwanzig Körper, die notdürftig mit fleckigen Laken bedeckt waren. Frauen, Männer und Kinder.

Ein Schrecken durchzuckte seine Glieder, als er die todesstarren Augen in einem bekannten Gesicht sah, das unter einem blutigen Fetzen hervorschaute.

Maria.

Das quirlige Mädchen aus der Nachbarschaft, das vorhin mit Lucas Fahrzeuge aus alten Blechbüchsen gebastelt hatte. Sie hockten sich wortlos neben ihren schmächtigen Körper, während jetzt zum ersten Mal Tränen über ihre Wangen liefen.

»Zut! Pourquoi seulement?«, fragte er flüsternd. »Warum? Warum haben die Drohnen das gemacht?«

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