─ zwei.
𝐄𝐕𝐄𝐑𝐘𝐓𝐇𝐈𝐍𝐆
kapitel zwei; vegas, baby
❝ Ist deine Schwester jetzt eigentlich Single? ❞
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»Hey, Jungs, seid ihr fertig?« Sage steckt ihren Kopf durch die Tür und schließt sofort ihre Augen. »Oh, mein Gott, Alan! Zieh dir bitte eine Hose an!«
Kopfschüttelnd dreht sie sich um. »Das Bild werde ich nie wieder los«, murmelt sie und versucht den Zwang zu unterdrücken sich zu übergeben. »Ich warte am Auto«, informiert sie ihren Bruder, der ihr lachend nachschaut.
»Sag mal, Doug«, beginnt Alan, während er Sage hinterher sieht. »Ist deine Schwester jetzt eigentlich Single?«
Sofort schwirren bei Doug alle Alarmglocken und er schüttelt den Kopf. »Beziehungspause«, lügt er seinen künftigen Schwager an. »Weißt du was, Alan?«, fragt er heiser und schluckt schwer. »Du solltest mit nach Vegas.«
»Wirklich?«, fragt Alan begeistert nach. Dann fängt er an zu Lächeln. »Und eins solltest du wissen, Doug. Ich kann schweigen wie ein Grab. Egal, was heute Nacht passiert, ich werde auf keinen Fall ein Wort darüber verlieren.«
»Ok. Verstanden. Vielen Dank«, lacht Doug nervös und bereut seine Entscheidung. »Ich denke nicht, dass ...«
»Ich mein's ernst. Völlig egal, was passiert.« Dabei geht Alan auf Doug zu. »Auch wenn wir irgendeinen umbringen.«
Doug schaut den Mann vor sich verstört an. »Was?«
»Du hast schon kapiert. Es ist die Stadt der Sünde. Ich sag keiner Menschenseele was«, sagt Alan und wird zum Ende hin immer leiser. »Ok. Alles klar«, sagt Doug verstört und versucht auf Abstand zu gehen.
Dann zieht Alan Doug in eine Umarmung, die Doug nur halb erwidert. »Ich hoffe ihr habt beide eure Hosen an«, ruft Sage, als sie mit geschlossenen Augen den Raum betritt. »Lass die Augen besser zu«, erwidert Doug, was Sage seufzen lässt.
»Wolltest du nicht am Auto warten?«, fragt Doug seine Schwester. »Ja, habe ich auch, aber Sid hat gesagt, dass ich dich holen soll, und außerdem habe ich Hunger.« Mit diesen Worten verschwindet Sage in der Küche.
»Ich liebe dich«, flüstert Alan ihr verträumt nach, was Doug angewidert das Gesicht verziehen lässt. Sage öffnet währenddessen den Kühlschrank und greift nach der Pizza vom Vortag.
»Sage«, hört sie Tracy hinter sich sagen und mit einem Lächeln auf den Lippen dreht sich Sage zu Dougs zukünftiger Frau um.
»Hey, Tracy«, begrüßt Sage die Frau und schließt den Kühlschrank. Sie setzt sich an den Tisch, beißt in ihre Pizza und sieht Tracy abwartend an. »Was kann ich für dich tun?«
Tracy grinst, ehe sie den Stuhl von Sage gegenüber zurückzieht und sich hinsetzt. »Kann ich dich um einen Gefallen bitten?«
»Klar.« Sage nickt, während sie die Pizza weiter isst. Die dunkelhaarige Frau atmet unruhig und knetet ihre Finger. »Ich weiß, was für einen Ruf Vegas hat und ich möchte, dass das mit euch, mit Doug, nicht passiert.«
Sage nickt. »Keine Sorge, Tracy«, murmelt sie und schenkt ihr ein Lächeln. »Wir wollen nur ins Kasino, was trinken und das wars. Keine Stripper oder sonst was.«
Erleichtert atmet Tracy aus. Die beiden Lächeln sich an und als Sage aufstehen möchte, räuspert sich Tracy. »Kann ich dich was fragen?«
Sage dreht sich zu ihrer künftigen Schwägerin um und nickt. »Hau raus.«
»Du und Phil«, beginnt sie vorsichtig, »ist da mal was zwischen euch vorgefallen?«
Diese Nachricht trifft Sage völlig unerwartet, weshalb sie schwer schluckt. »Wie kommst du darauf?«, geht Sage ihrer Frage aus dem Weg und stellt den Rest der Pizza zurück in den Kühlschrank.
»Na ja, ich habe euch noch nie zusammen gesehen. Immer hat einer von euch beiden, meistens du, eine Ausrede gefunden nicht aufzutauchen«, erklärt Tracy ihre Beobachtungen aus den letzten vier Jahren.
»Wir sind noch nie gut miteinander klargekommen«, lügt Sage und meidet es die Frau anzusehen. »War's das?«, fragt sie abweisend und setzt ein Lächeln auf die Lippen.
Tracy nickt. »Ja«, murmelt sie. »Viel Spaß euch.«
»Danke«, erwidert Sage leise und schenkt ihr noch ein Lächeln, ehe sie ihre Tasche nimmt und zum Hinterhof des Hauses geht.
Sage möchte gerade ihre Tasche für den Kurztrip nach Vegas in Dougs Kofferraum legen, da sieht sie Sid und ihren Bruder vor der Garage stehen. Alan sitzt auf dem Boden vor Dougs Auto und kuschelt mit dem Hund.
»Oh, mein Gott!«, ruft Sage begeistert aus. »Ist das ein Mercedes-Benz W111?« Mit großen Augen betrachtet sie den silbernen Oldtimer. »Der ist wunderschön.«
Sid sieht Sage mit einem Lächeln an. »Ich freu mich, wenn du endlich zur Familie gehörst«, sagt der Mann und nimmt die junge Frau in die Arme. »Du hast Geschmack.«
Zufrieden lächelt Sage. Dann sieht sie zu ihrem Bruder, der die Schlüssel zu dem Auto hochhält. »Nein«, lacht Sage begeistert und sieht zu Sid. »Wirklich?«
»Oh, ja. Doug gehört jetzt zur Familie. Und du auch. Keiner außer euch beiden darf es fahren«, sagt Sid. »Weder Alan, und ganz besonders nicht Phil. Ich mag den nicht.«
»Nicht nur du«, murmelt Sage und sieht dabei ablenkend zu Alan, der den Hund abknutscht. »Hey, Sage, willst du auch?«, fragt der Mann und deutet auf den Hund. »Ne, lass mal, Alan«, erwidert die junge Frau angewidert.
»Und nicht vergessen, was in Vegas passiert, das bleibt auch in Vegas«, grinst Sid die beiden Geschwister an. Doug lacht. »Abgesehen von Herpes. Den Scheiß hast du ewig.«
Sage schmunzelt, als sie Sid einen Kuss auf die Wange drückt und ihre Tasche im Kofferraum verfrachtet. Sie setzt sich auf den Beifahrersitz und sieht zu ihrem Bruder rüber, als dieser sich neben sie setzt. »Bereit?«
»Bereit«, erwidert der Mann, als er vom Grundstück fährt und Richtung Prep School, Phils Arbeit. Als das Auto davor stehen bleibt, wird Sage sofort unruhig und versucht ihren Herzschlag zu normalisieren.
»Wieso parkst du so dicht davor?«, fragt Alan, der versucht sein Gesicht hinter seiner Hand zu verstecken. Verwundert drehen die beiden Geschwister sich zu dem Mann um. »Na, wieso denn nicht?«, fragt Doug.
»Ich sollte nicht hier sein«, erwidert Alan leise. »Und wieso nicht, Alan?«, fragt Sage interessiert nach. »Ich darf mich einer Schule höchstens bis auf 60 Meter nähern.«
»Was?«, fragt Doug perplex nach. »Du machst Witze, oder, Alan?«, fragt auch Sage fassungslos nach.
»Oder einem Spielplatz«, fügt Alan hinzu. »Unfassbar.« Ungläubig dreht sich Sage nach vorne, als sie Phil sieht, wie er aus dem Eingang der Schule kommt.
Sie schluckt schwer, als sie sieht, wie gut er aussieht. Sie hat ihn das letzte Mal vor vier Jahren gesehen, kurz bevor sie nach New York gezogen ist.
Wenn sie ihre Eltern und Doug die letzten Jahre besucht hat, ist sie immer gut darum herum gekommen ihn nicht zu sehen. Nicht das er der Grund war, weshalb sie überhaupt weggezogen ist. Achtung, Sarkasmus.
Er trägt eine dunkle Anzughose, ein hellblaues Hemd, was er etwas hochgekrempelt hat und darüber eine graue Anzugweste und eine Krawatte. Seine Haare sind was länger als vor vier Jahren und er träg auf der Nase die Sonnenbrille, die Sage ihm vor etwa zehn Jahren geschenkt hat.
Kurz und knapp. Er sieht unverschämt gut aus. Und er weiß es.
»Scheiße« lacht Phil, als er den Mercedes sieht. »Coole Karre.«
Doug lacht, während Sage den Mund hält und seinen Blick meidet. »Ich fahre«, hört sie Phil sagen, was Doug den Kopf schütteln lässt. »Keine Chance, Kumpel. Hey, ...« Doug schüttelt den Kopf, als Phil auf das Leder steigt, um ins Auto zu gelangen.
»Halt die Klappe und fahr los, bevor mich die Streber mit Fragen nerven«, unterbricht Phil seinen besten Freund, bevor sein Blick kurz auf Sage landet, die ihn keines Blickes würdigt. Dann sieht er Alan. »Wer ist denn das?«
»Das ist Alan«, erwidert Doug. »Tracys Bruder.« Und dann fährt Doug vom Parkplatz. »Wir sind uns schon vier Mal begegnet«, erinnert Alan den Mann. Phil nickt. Er erinnert sich natürlich nicht.
Dann sieht er wieder zu Sage.
Sie sieht noch genauso aus, wie vor vier Jahren, bevor sie nach New York gezogen ist. Brustlanges Kupferrotes Haar, leuchtend grüne Augen und diese Grübchen, wenn sie lächelt. Gott, wie sehr er sie vermisst hat.
Und wie gut sie aussieht. Wie ihre Haare in Wellen über ihre Schulter fallen, das Shirt, wie es sich an ihre Kurven anpasst, und er kann wetten, dass ihr Arsch in der Hose großartig aussieht.
Sage stellt das Radio an, macht die Musik direkt lauter, mit der Hoffnung, Phils Stimme nicht zu hören. »Wie geht's dir, Sage?«
Zu früh gefreut, denkt sie sich und dreht sich zu dem Mann um. Ihre Blicke treffen sich und Sage schluckt schwer, als sie ihren Blick von seinen blauen Augen nimmt.
»Ich kann dich nicht verstehen, Philip«, ruft sie über ihre Schulter zu ihm rüber, ehe sie die Musik lauter macht. »Die Musik ist so laut.«
Dann dreht sie sich wieder nach vorne und bekommt im Augenwinkel mit, wie ihr Bruder sie ansieht. Sie weiß, dass, sobald die beiden allein sind, er mit ihr reden will.
Und das Sage überhaupt gar keine Lust darauf hat. Und das Doug es so ziemlich egal sein wird.
Doug parkt schließlich vor dem Haus von seinem anderen besten Freund, Stu. Er wohnt zusammen mit seiner Freundin Melissa in einem kleinen Einfamilienhaus, die beiden sind auch schon ein paar Jahre zusammen, obwohl Sage und auch sonst keiner seiner Freunde das verstehen kann.
Melissa ist eine oberflächliche, herrschsüchtige, gefühllose, radikale Feministin, zudem auch noch untreu und in Sages Augen eine böse Hexe von einer Frau, die Stu komplett kontrolliert.
»Anruf für Dr. Schwuchtel!«, ruft Phil vom Rücksitz ins Haus, Sage die Augen verdrehen lässt. »Sehr erwachsen«, murmelt sie und sieht zu ihrem Bruder, der sie entschuldigend anlächelt.
Dann kommt Stu schließlich aus der Tür und schenkt Sage ein Lächeln, als er sie erblickt. Er verfrachtet seinen kleinen Koffer im Kofferraum, als er sich zwischen Alan und Phil auf die Rückbank quetscht.
»Wisst ihr, es wäre hier hinten nicht so eng, wenn Sage und Alan die Plätze tauschen würden«, kommentiert der Mann mit der Brille und Sage dreht sich verständnislos zu ihm um. »Du scheinst vergessen zu haben, das mir schlecht wird, wenn ich hinten im Auto sitze, oder?«
Da scheint Stu ein Licht aufzugehen. »Wenn du dich vier Jahre nicht blicken lässt, Sage, dann vergisst man mal gewisse Eigenschaften«, meldet sich Phil zu Wort und Sage dreht ihren Kopf in seine Richtung.
»Also ich habe Sage an Weihnachten letztes Jahr gesehen, du nicht, Phil?«, fragt Stu, der sich seine Sonnenbrille aufsetzt. Verwirrt schaut Phil die Jüngste an. »Du warst hier? Doug hat erzählt, du konntest nicht kommen, weil es in New York einen Notfall gab.«
Stu presst seine Lippen zusammen und blickt unbehaglich auf Füße. Falsches Thema, denkt er sich, während Sage und Phil sich noch immer anschauen. »Ich war kurz hier. Hatte keine Zeit "Hallo" zu sagen«, lügt sie, was Phil natürlich direkt erkennt. Sage war noch nie gut im Lügen.
Doug fährt währenddessen auf den Highway Richtung Vegas und blickt immer wieder durch den Rückspiegel zu Phil, der nicht glauben kann, das sein bester Freund ihn angelogen hat.
Sage dreht sich wieder nach vorne und macht die Musik wieder lauter, in der Hoffnung ihre Gedanken nicht zu hören. Und vor allem Phil.
Die Fünf sind schon eine Weile unterwegs, Phil und Stu haben schon ihr erstes Bier fast leer, trinken gerade ihr zweites, als sich der blauäugige Mann wieder zu Wort meldet. »Komm schon, nur bis Barstow. Alle überholen uns«, bittet er Doug.
»Auf gar keinen Fall. Ich hab's Sid versprochen«, erwidert Doug. »Sage und ich sind die einzigen, die diesen Wagen fahren werden. Außerdem trinkst du.«
»Oh, bist du jetzt ein Bulle oder so?«, fragt Phil. »Du weißt, wie gut ich fahre, wenn ich besoffen bin.«
Stu lacht. »Erinnert ihr euch noch an den Abend, als Phil uns besoffen nach Hause gefahren hat, wenn wir zu betrunken waren?«, fragt er die Gruppe.
Sage dreht sich zu dem Mann um. »Aber auch nur so lange, bis ich meinen Führerschein hatte und ihr mich aus dem Schlaf geklingelt habt. Ich erinnere mich noch zu gut an den Abend, als ihr alle drei so betrunken wart, dass ihr nicht mal mehr wusstet, wie ihr überhaupt nach Hause gekommen seid.«
»Das war einmal, Sage«, geht Phil dazwischen, und die beiden sehen sich wieder an. »Einmal? Ich kann an meiner Hand abzählen, wie oft ihr mich angerufen habt. Bis ich schließlich alt genug gewesen war und ich mit euch feiern durfte.«
Herausfordernd sieht Phil die Jüngere an. »Wir haben dich auch oft genug mitgenommen, bevor du 21 wurdest«, erinnert er sie, was Sages Wangen rot werden lässt. Sie verengt ihre Augen und dreht sich wieder nach vorne.
»Jungs, mein Dad liebt das Auto mehr als mich. So sieht's aus«, erklärt Alan den beiden Männern neben sich auf der Rückbank. »Ich habe meine Frau und mein Kind zu Hause gelassen, um mit euch nach Vegas zu fahren. Wisst ihr, wie schwierig das war?«, fragt Phil.
»Ist echt süß von dir, Phil«, antwortet Alan ihm. »Alter, das war ironisch«, sagt Phil. »Ich hasse mein Scheißleben. Vielleicht fahr ich nie wieder zurück und bleib in Vegas.«
»Hättest dich ja scheiden lassen können«, kommentiert Sage vom Beifahrersitz und Doug wirft ihr einen fragenden Blick zu, den sie kopfschüttelnd abwinkt.
»Weißt du was, Doug?«, fragt Phil vom Rücksitz. Er scheint Sages Kommentar nicht gehört zu haben, im Gegensatz zu ihrem Bruder. »Du solltest dich amüsieren, du bist ab nächsten Sonntag tot. Und zwar jeden Tag ein klein wenig mehr.«
»Ja, deswegen bin ich auch die ganze Zeit Single geblieben, wisst ihr?«, meint Alan lachend. »Ach, wirklich? Deswegen bist du Single?«, fragt Stu mit einem Schmunzeln auf den Lippen.
»Ist auf deiner Seite alles frei, Sage?«, fragt Doug seine Schwester, die über die Schulter schaut. Doch bevor sie ihm antworten kann, ruft Alan »Ja« rüber und Doug zieht nach rechts. »Nicht!«, ruft Sage panisch, da hupt der LKW und Doug zieht wieder nach links.
»Das war ja der Hammer!«, lacht Alan. »Nein, das war nicht der Hammer! Was ist bloß los mit dir?«, fragt Sage aufgebracht und fährt sich durch die Haare. Ihr Herz ist wie wild am Klopfen, als sie sich zu Alan umdreht.
»Wir wären fast draufgegangen!«, geht Stu Alan an. »Du hättest dein Gesicht sehen müssen!«, lacht Alan und lehnt sich zu Doug rüber, um ihm auf die Schulter zu klopfen.
Eine knappe Stunde später hält Doug an der Tankstelle, Alan tankt das Auto, während die vier Freunde nach drinnen verschwinden.
»Was ist los?«, fragt Doug seine Schwester, als er ihr zu den Süßigkeiten folgt. »Gar nichts ist los, Doug«, erwidert Sage müde und greift nach den Skittles. »Natürlich. Deine ganzen Bemerkungen Phil gegenüber und seit wann nennst du ihn eigentlich Philip?« Doug sieht seine Schwester verständnislos an.
»Er hat's nicht anders verdient«, erwidert sie Schulterzuckend und scannt die Tankstelle nach dem Mann ab. »Was willst du von mir hören?«, fragt sie ihren Bruder seufzend und müde.
»Könnt ihr euch für dieses Wochenende vertragen?«, fragt er sie schließlich. »Und die Hochzeit. Danach fliegst du eh wieder nach New York und kommst uns nur einmal im Jahr besuchen.«
»Was das angeht«, seufzt Sage und greift nach der Schokolade, »ich ziehe wieder zurück nach L.A.«, erzählt sie ihrem Bruder. »Was?«, fragt Doug begeistert. »Ja«, schmunzelt Sage. »Ich habe angeboten bekommen Junior Chef der neuen Stelle zu werden.«
»Das ist ja großartig, Sage! Glückwunsch!«, lacht Doug und umarmt seine Schwester. »Ich bin so stolz auf dich.«
Sage grinst und kann die aufkommende Röte nicht verstecken. »Danke«, murmelt sie und Doug legt seinen Arm um ihre Schulter. »Mom und Dad freuen sich mit Sicherheit auch. Wann denn?«
»In drei Monaten«, erklärt sie. »Jetzt ist erst einmal der ganz Papierkram dran, ich brauche eine Wohnung, und und und«, zählt sie gelangweilt auf. Sie lächelt ihren Bruder zufrieden an. »Ich freu mich so dich endlich wieder in meiner Nähe zu haben«, erwidert der Ältere und drückt Sage einen Kuss auf den Scheitel. »Dann wird alles wie in alten Zeiten.«
»Nur das du verheiratet bist«, schmunzelt Sage. »Und Philip. Und Stu ist mit Melissa zusammen.«
»Du wirst auch noch den Richtigen finden, Sage«, antwortet Doug. Doch Sage presst nur ihre Lippen aufeinander und meidet es ihren Bruder anzusehen. Stattdessen scannt sie die Tankstelle wieder nach ihm ab. Phil.
Doch kann sie Phil nicht sehen, denn der kniet ein Regal weiter bei den Chips und hat deren Gespräch mit angehört.
Seufzend legt er den Kopf in den Nacken. Er hat's verkackt. Er hat es vor zehn Jahren verkackt und vor vier. »Was machst du da?«, fragt Doug, als er seinen Kumpel auf dem Boden sieht. »Hast du uns etwa belauscht?«
Sofort schaut er sich nach Sage um, doch die Frau steht bei Stu, der bei den Getränken steht. »Nein, ich ... Chips«, erklärt er und greift nach den Lays. Doug nickt nicht ganz überzeugend. »Kann ich dich auch um einen Gefallen bitten, Phil?«
»Klar« antwortet der Mann. »Was gibt's?«
»Könnt ihr das bitte klären, was auch immer zwischen euch beiden vor vier Jahren vorgefallen ist? Sage kommt wieder nach L.A. zurück und es könnte wie früher werden«, erklärt Doug.
Phil nickt. »Ich sprich mit ihr«, verspricht er seinem besten Freund.
»Tut mir leid, Sage«, entschuldigt sich Stu bei der Frau, als er sie neben sich erkennt. »Schwamm drüber«, winkt sie ab. »Nein wirklich. Ich wusste nicht, dass Phil nicht wusste, dass du hier bist.«
Sage zuckt mit den Schultern. »Ich hätte ehrlich sein können«, erwidert sie. »Mach dir also keine Gedanken.«
Stu beißt sich auf der Unterlippe herum. »Darf ich fragen, warum er nicht wissen durfte, dass du hier bist?«
»Philip und ich hatten ein paar Probleme, bevor ich nach New York gegangen bin«, erklärt sie wage die halbe Wahrheit. »Haben uns nie ausgesprochen.«
Stu erinnert sich an die Zeit. Es war vor vier Jahren. Da ist eine Menge passiert. Er hat Melissa kennengelernt, Phil und Stephanie hatten eine Beziehungspause und ihre Ehe stand kurz vor dem aus.
Doch dann hat Stephanie herausgefunden, dass sie Schwanger ist, die beiden sind wieder zusammengekommen und Sage ist wenige Wochen später abrupt nach New York gezogen.
Sage weiß, dass ihre Antwort ihm nicht ausreichen und er weiter Nachhaken wird, doch dann klingelt sein Handy und er sieht sie entschuldigend an. Mit einem Lächeln und einem Nicken sieht sie ihn an, ehe Stu den Anruf seiner Freundin entgegennimmt.
Seufzend greift Sage nach einer kleinen Flasche Vodka und einer Cola, ehe sie mit ihrem Einkauf zu ihrem Bruder und Phil geht, die schon an der Kasse stehen und Alan draußen beobachten.
Sie stellt ihre Sachen auf die Theke und sieht die Verkäuferin mit einem Lächeln an. Dann dreht sie sich zu Doug, als ihr Blick zu Phil schweift, der sie mustert. Wann ist der richtige Zeitpunkt, um sich mit Sage auszusprechen?
»Und ein Wasser«, hört sie Stu sagen, als er die Flasche auf den Tresen stellt. »Ist mit Melissa alles gut?«, fragt Sage den Mann. »Oh ja«, meint er und nickt. »Ich habe ihr gesagt, wir fahren in ein Weingebiet. Das hat sie mir abgekauft.«
»Findest du's nicht beknackt?«, fragt Phil und dreht sich zu seinem besten Freund um. »Ihr führt seit drei Jahren eine Beziehung, und du musst sie belügen, wenn du nach Vegas willst?«
»Ja, stimmt. Aber glaub mir, der Streit wär's nicht wert«, erwidert Stu. »Oh, du darfst also nicht nach Vegas, aber sie darf auf einer Kreuzfahrt 'nen Pagen vögeln?«, fragt Phil.
Sage presst ihre Lippen zusammen und sieht die Verkäuferin entschuldigend an. »Ok. Also, erstens: Es war ein Barkeeper und sie war abgefüllt. Und falls du's genau wissen willst, er ist nicht einmal in ihr gekommen.«
»Und das glaubst du natürlich«, meint Phil, wofür er einen Schlag gegen den Oberarm von Sage kassiert. »Ja, das glaube ich. Weil sie Sperma ziemlich eklig findet«, meint Stu.
Sage, Phil und Doug drehen sich wieder der Kassiererin zu. »Das macht 32,50«, gibt sie den Preis weiter und Phil dreht sich Stu zu. »32,50, bezahl den Scheiß.«
Seufzend bezahlt der Mann den Einkauf und die vier gehen zu Alan, der sie winkend in Empfang nimmt. »Sage«, hört sie ihren Bruder sagen, als sie sich auf den Beifahrersitz setzen möchte und fragend sieht sie ihn an.
»Vielleicht solltest du dich für die restliche Fahrt nach hinten setzen«, sagt er vorsichtig. »Stu hat recht, es wäre wirklich nicht so eng, wenn du mit Alan die Plätze tauschst.«
Sage sieht zu Stu und Phil, die ihr zustimmend zunicken. »Von mir aus«, gibt sie von sich und nimmt die kleine Vodkaflasche und trinkt sie in einem Zug. »Let's go.« Sie setzt sich seufzend in die Mitte auf der Rückbank und starrt auf die Schokolade in ihren Händen.
Phil setzt sich zu ihrer Rechten und ihre Beine berühren sich. Sofort versteift sich Sage und räuspert sich unangenehm. Aber auch Phil scheint von der plötzlichen Berührung überrumpelt zu sein und hustet, um zu verstecken, was diese Berührung mit ihm anstellt.
Die beiden werden sofort rot im Gesicht und schauen sich kurz an. Sofort verliert sich Sage in seinen ozeanblauen Augen und Phil könnte schwören, dass ihre grünen Augen goldene Sprinkler haben, die er zuvor noch nie gesehen hat.
Dabei kennt er jeden Zentimeter ihres Körpers. Er kennt jede Narbe, jedes Muttermal. Das Tattoo, was sie mit 24 hatte, das mit 19 noch nicht an ihrem rechten Rippenbogen war. Ob sie jetzt mehr hat?
»Hier steht, wir sollten in Teams arbeiten.« Alan hält sein Buch höher. »Sage, willst du mein Zähler sein?«, fragt Alan die Frau und dreht sich zu ihm um. »Ich finde, du solltest heute Abend lieber nicht so viel spielen, Alan«, hilft Doug seiner Schwester.
»Spielen? Wer redet denn hier vom Spielen? Das ist kein Spielen, wenn man weiß, dass man gewinnt«, sagt der Älteste im Auto. »Es ist ein narrensicheres System, Karten mitzuzählen.«
»Und deswegen ist es auch verboten«, sagt Sage. »Ach, Quatsch, das ist nur verpönt, genau wie Masturbieren im Flugzeug«, meint Alan.
Doug lacht, während Stu und Sage angewidert den Kopf schütteln. »Ach, ich bin mir sicher, das ist auch verboten«, kommentiert Phil.
»Ja, nach dem 11. September vielleicht, weil alle so empfindlich sind. Vielen Dank, Bin Laden.« Die restlichen schauen Alan fassungslos an.
»Wie dem auch sei«, beginnt Doug, »du musst superintelligent sein, wenn du Karten zählen willst.«
»Ach wirklich?«, fragt Alan. »Das ist nicht so leicht«, beharrt Doug.
»Ok, dann sollten wir das mal Rain Man sagen, der hat praktisch ein Kasino in den Bankrott getrieben. Und der war ein Artist«, erzählt Alan.
»Was?«, fragt Stu verwirrt. »Er war ein Artist«, wiederholt Alan. »Autist«, korrigiert Sage den Mann. »Er war ein Autist, Alan.«
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Es ist dunkel als Doug das Auto parkt und die fünf das Caesars Palace betreten. »Hi, willkommen im Caesars«, begrüßt die Dame am Empfang die fünf. »Sie wollen einchecken?«
»Ja, wir haben reserviert auf Dr. Price«, erklärt Stu der Frau. »Ok, ich werde mal nachsehen.«
»Dr. Price?«, fragt Phil neckend. »Stu, du bist Zahnarzt. Jetzt mach hier nicht so auf oberwichtig.«
»Ich mach nicht auf oberwichtig, so ist es nun mal«, erwidert Stu und Sage schlägt Phil gegen den Oberarm. »Kannst du das bitte mal lassen?«
»Hörst du auf, Stu runterzumachen? Du bist Lehrer, Philip. Wenn du unzufrieden mit deinem Leben bist, lass es nicht an anderen aus«, murrt sie.
»Wie in alten Zeiten«, lacht Doug, was Sage die Augen verdrehen lässt.
»Dürfte ich Sie was fragen?«, meldet sich Alan zu Wort. »Ist das Hotel hier Pager freundlich?«
»Was meinen Sie«, fragt Lisa, die nette Dame hinter der Theke. »Mein Pager hat hier keinen Empfang«, erklärt Alan. »Da bin ich überfragt«, sagt die Dunkelhaarige. »Gibt's hier eine Telefonecke?«, fragt Alan weiter. »Wo ein paar Telefone hängen? Geschäftlich.«
»Sie haben ein Telefon auf Ihrem Zimmer«, informiert Lisa ihn. »Also wir haben eine 2-Zimmer-Suite im obersten Stockwerk für Sie. Und auf Wunsch noch eine Schlafcouch, ist das ok?«
»Das klingt perfekt«, sagt Doug und nickt. Aber Phil lehnt sich nach vorne und lächelt die Frau am Empfang an. »Wie sieht's aus, hätten Sie vielleicht eine Villa-Suite für uns?«
Sage, Stu und Doug sehen den Mann verwirrt an. »Phil, wir halten uns gar nicht in dem Zimmer auf«, sagt Stu und zustimmend nicken die Geschwister. »Wir können uns doch für eine Nacht ein Bett teilen.«
»Wenn wir uns ein Bett teilen, schlaf ich mit Sage zusammen«, meldet sich Alan zu Wort und sieht Sage verliebt an. »Auf gar keinen Fall«, erwidert sie und stellt sich neben ihren Bruder. »Hilf mir«, flüstert sie.
Doug lächelt gequält. »Leute, wir teilen uns auf keinen Fall ein Bett. Wir sind keine zwölf mehr«, sagt Phil fest entschlossen. »Lisa, tut mir leid, wie viel kostet eine Villa?«
»Wir haben noch eine Villa frei, und die kostet 4.200 die Nacht«, informiert sie den Mann. »Ist die Cool?«, fragt Alan. »Die ist ziemlich cool«, sagt Lisa zustimmend.
»Wir nehmen sie«, sagt Phil nickend und sieht zu Stu. »Gib ihr die Kreditkarte.«
Stu schüttelt den Kopf. »Ich kann ihr nicht meine Kreditkarte geben.«
»Ok, wir teilen's uns«, meldet sich Doug zu Wort. »Hast du 'nen Knall?«, fragt Phil verblüfft. »Nein, das geht auf uns. Gib ihm die Kreditkarte.«
»Du schnallst es nicht. Melissa kontrolliert meine Abrechnung«, erklärt Stu. »Wir brauchen die Kreditkarte nur für unsere Unterlagen«, mischt sich Lisa ein. »Wir belasten sie erst, wenn Sie auschecken, so lange können Sie es sich's noch überlegen.«
»Perfekt« schmunzelt Phil zufrieden. »Das ist perfekt. Danke, Lisa. Wir regeln das morgen. Komm schon.« Stu sieht seinen besten Freund an, ehe er Lisa seine Karte überreicht.
»Darf ich Sie noch was fragen?«, hört Sage Alan fragen. »Das werden Sie sicher oft gefragt. Das hier ist nicht das echte Caesars Palace, oder?«
»Was meinen Sie?«, fragt Lisa verwundert und sucht in den Gesichtern der anderen nach Antworten. »Uhm ... Hat ... Hat Cäsar hier gewohnt?«
Lisa schüttelt den Kopf. »Nein.«
»Hätte ich auch nicht gedacht«, sagt Alan.
Kopfschüttelnd nimmt Sage die Schlüsselkarte entgegen und schenkt Lisa noch ein letztes Lächeln, bevor sie Richtung Aufzug geht. »Kommt ihr?«
Aufgeregt folgen die vier Männer der Jüngsten zum Aufzug. Auf der Etage, wo sich die Villa befindet, hält der Aufzug und Sage geht vor, um die Tür zur Suite zu öffnen. »Et voila.«
»Ach, du Scheiße«, flucht Stu, was Sage lachen lässt. »Das ist Vegas«, grinst Phil, als er neben Stu hergeht. »Oh, Mann. Das Teil ist gigantisch«, bewundert Doug das riesige Zimmer. »Ist das alles nur eine Suite?«
»Ok, Mädels. Sucht euch ein Zimmer aus. Zieht euch um, in 30 Minuten geht's los«, bestimmt Phil, während er aus dem Fenster schaut.
Gesagt getan. Sage schnappt sich ihren Koffer und rennt los, um das beste Zimmer zu bekommen. Doug grinst, als er sieht, wie ausgelassen seine Schwester ist, und er kann es kaum erwarten den Abend mit ihr zu verbringen.
Wie in alten Zeiten. Die beiden haben sich schon immer um das größte und beste Zimmer gestritten. Eigentlich um alles.
Sage hat schließlich tatsächlich das größte Zimmer und wirft sich glücklich auf das große King Size Bett. Wohlig seufzend schließt sie ihre Augen und atmet den herrlich, frischen Duft der frisch gewaschenen Bettwäsche ein.
Aber dann setzt sie sich auf den Boden, öffnet den Koffer und holt die Kleidung raus, die sie für den heutigen Abend eingepackt hat.
Es ist ein schwarzes, kurzes Kleid, knapp über den Po, mit einem riesigen Rückenausschnitt, Ärmel lang und eng. Außerdem glitzert das Kleid durch die unzähligen kleinen schwarzen Strasssteinchen. Dazu trägt sie schwarze High Heels und ihre Haare bindet sie zu einem hohen Zopf zusammen.
Noch ein wenig Makeup und zufrieden betrachtet sich Sage im Spiegel. Sie greift nach ihrer Clutch, packt dort ihr Handy, einen Lippenstift, ihr Parfum und das Geld rein.
Mit einem letzten prüfenden Blick in den Spiegel, verlässt Sage ihr Zimmer und trifft im Wohnbereich auf Doug und Phil.
Sofort schluckt die junge Frau schwer, als sie den Mann neben ihrem Bruder sieht. Wie unverschämt gut er in dem schwarzen Hemd und dem schwarzen Anzug aussieht. Heilige Scheiße.
Aber auch Phils Herz rutscht in die Hose, als er die junge Frau in dem hinreißenden Kleid sieht. Es schmiegt sich wie eine zweite Haut an ihren Körper, die High Heels lassen ihre Beine länger wirken und durch die hochgesteckten Haare, sieht ihr makelloser Hals so unfassbar einladend aus. Heilige Scheiße.
»Oh, Gott, könnt ihr euch bitte nicht so anschmachten?«, fragt Doug angewidert, als er seinen besten Freund und seine Schwester beobachtet. »Das ist ja ekelhaft.« Er verdreht die Augen und schüttelt den Kopf, als er Stus Zimmer anpeilt.
Mit feuerroten Wangen folgt Sage ihrem Bruder und geht mit gesenktem Kopf an Phil vorbei. Sie spürt seinen Blick auf ihrem Rücken, was ihr eine Gänsehaut verpasst.
Phil schluckt schwer, als er ihren nackten Rücken sieht. Ist das ein Tattoo? Er legt den Kopf schief, um es besser sehen zu können, doch ist Sage schon gar nicht mehr in Sichtweite, als sie und Doug Stus Zimmertür öffnen.
Der blauäugige Mann schüttelt den Kopf. Sie ist Tabu, Phil. Das hat dir Doug klar gemacht. Er folgt seinem besten Freund und der Frau, die für ihn unerreichbar ist.
Stu steht nur in einer Boxershorts bekleidet im Zimmer, sein Handy in der Hand und am Ohr, als die drei in sein Zimmer kommen. »Was noch?«, wiederholt er Melissas Frage laut. »Wir haben den Wirt kennengelernt.«
»Oh, das ist doch ...«, murmelt Phil und schüttelt den Kopf, als er sich auf das Bett wirft. »Wie der heißt?«, fragt Stu und scheint zu überlegen. »Caesar. Palace«, sagt er, was Sage die Augen verdrehen lässt. »Ja, wie der Salat.«
Dann blickt Stu zu Phil, der ungeduldig auf seine Armbanduhr deutet. »Ok, hör zu«, sagt Stu und sieht Phil entschuldigend an. »Ich muss Schluss machen. Wir müssen zu dieser Weinprobe. Ok, warte. Ich liebe dich. Ok. Bis danni.«
»Ich werde dazu nichts sagen. Das ist so peinlich«, kommentiert Phil. »Wo ist Alan?«, fragt Stu und erst jetzt fällt Sage auf, dass der Mann fehlt. »Er ist nach unten gegangen«, antwortet Doug ihm. »Er wollte noch irgendwas besorgen.«
»Gut. Weil ich euch nämlich noch was zeigen will«, sagt Stu aufgeregt. Er greift hinter sich auf den Schreibtisch und holt eine kleine Schatulle raus, öffnet diese und zum Vorschein kommt ein Verlobungsring.
»Was zum Henker ist das?«, fragt Phil alles andere als begeistert. Doug jedoch hat ein Lächeln auf den Lippen und sieht sich den Ring genauer an. »Was glaubst du denn, was es ist?«, fragt Stu.
»Wenn es das ist, was ich glaube, dann ist das ein beschissener Fehler«, antwortet Phil. »Ich werde Melissa auf deiner Hochzeit 'nen Antrag machen. Nach der Zeremonie«, übergeht Stu Phils Kommentar.
Sage presst ihre Lippen zusammen. Sie würde es nie zugeben, aber sie ist Phils Meinung. Beschissener Fehler.
»Stuey, herzlichen Glückwunsch!«, gratuliert Doug. »Danke, Doug«, grinst Stu. Immerhin einer, der sich für ihn freut. »Das ist ein wunderschöner Ring«, kommentiert Doug.
»Ja. Von meiner Großmutter«, erklärt Stu ihm. »Sie hat mit dem Ding den Holocaust überlebt. Der ist echt.«
Phil schüttelt den Kopf. »Ich raff es nicht. Hast du nichts von dem verstanden, was ich dir gesagt habe?«, fragt er seinen besten Freund. »Phil, es wird allmählich Zeit. Wir sind seit drei Jahren zusammen. So läuft das«, meint Stu.
»Erstens, das ist Schwachsinn. Und zweitens, sie ist eine absolute Schlampe«, zählt Phil auf. »Hey, du redest von seiner Verlobten«, geht Doug dazwischen. »Was denn? Stimmt doch. Du weißt, dass das Stimmt. Sie verprügelt ihn.« Phil steht vom Bett auf.
»Das war doch nur 2-mal. Da bin ich zu weit gegangen«, erklärt Stu, was Sage die Augen verdrehen lässt. »Sie ist sehr willensstark und ich respektiere das.«
»Wow«, meint Phil und sieht seinen besten Freund ungläubig an. »Wow. Der versteht's nicht. Der will die Wahrheit eben nicht erkennen. Außerdem hat sie einen Matrosen gefickt.«
Sage schüttelt den Kopf und geht auf den Mann zu. »Halt doch einfach mal die Klappe, Philip. Wieso kannst du dich nicht einfach für ihn freuen?«, fragt sie ihn aufgebracht und bleibt vor ihm stehen. »Ja, Melissa ist ein Miststück, aber wenn Stu sie nun einmal liebt, dann soll er sie auch heiraten. Denn so läuft das nämlich nun mal. Man heiratet die Frau, die man liebt.« Dabei sieht Sage den Mann eindringlich an und nur die beiden wissen welches unausgesprochene Ereignis zwischen ihnen liegt.
Phil schaut zu Sage hinunter und kann sehen, wie ihre Augen wässrig werden. Doch er kann ihr nicht antworten. Sein Herz hämmert gegen seine Brust, sein Gesicht ist rot und die Schuld der letzten zehn Jahre lastet gerade gewaltig auf seinen Schultern.
»Glückwunsch, Stu«, wendet sich Sage an den Mann. »Ich hoffe ihr werdet glücklich.« Und dann verlässt Sage das Zimmer. Sie stürmt an Alan vorbei, der ihr zuwinkt, doch das bekommt die junge Frau gar nicht mit.
Ihr weg führt sie zur Minibar, wo sie sich eine kleine Falsche Wodka rausnimmt, sie öffnet und an die Lippen setzt. Die Flüssigkeit brennt, aber das ist ihr Egal. Sie will das alles nur noch vergessen. Sie will ihn vergessen.
Das, was vor zehn Jahren passiert ist. Das, was vor vier Jahren passiert ist. Seine Berührungen, sein Lächeln, seine Augen. Wie sich seine Hände auf ihrem Körper anfühlen, sein heißer Atem auf ihrem verschwitzten Körper. Seine Lügen. Und vor allem ihre Gefühle für ihn.
»Sage.« Die Stimme ihres Bruders, lässt Sage aufblicken. »Kommst du?« Er sieht sie unsicher an, weil er sich sorgen um seine kleine Schwester macht. Weil er wissen möchte, was zwischen den beiden vorgefallen ist, und warum sie Phil so hasst.
Die Rothaarige nickt und stellt die leere Flasche auf der Theke ab, als sie zu ihrem Bruder geht und einen Arm um seine Schulter legt. »Lass uns feiern.«
Und plötzlich hat sie einen Schalter umgelegt. Sie würde alles für ihren Bruder tun.
Sage ist wie im Rausch, als sie ihrem Bruder, Phil, Stu und Alan durch die Flure des Caesar Palace folgt. Phil und Dougs Blicke ignoriert sie gekonnt, die dummen Sprüche, die Phil wegen Alans Männerhandtasche macht.
Sie scheint erst wieder aus dem Rausch zu kommen, als sie alle fünf auf dem Dach des Hotels stehen und auf die Stadt schauen. Ein Lächeln legt sich auf ihre Lippen.
Und es wird noch breiter, als sie Alan mit Jägermeister in der Hand sieht. »Ja, das ist gut. Ich will einen Toast ausbringen«, beginnt Stu. »Auf Doug und Tracy. Möge der heutige Abend bloß eine minimale alberne Unebenheit in einer ansonsten sehr langen und wundervollen Ehe sein.«
»Cheers.«
»Cheers.«
Die fünf kippen sich die dunkle Flüssigkeit weg, was Phil lachen lässt. »Ok, ich möchte auch noch was loswerden. Ich möchte loswerden, dass ...«
»Ich würde gerne etwas sagen«, unterbricht Alan den Mann. »Was ich heute Abend vorbereitet habe.«
»Na gut, Alan«, sagt Doug und die vier sehen dabei zu, wie Alan einen Zettel auseinanderfaltet. »"Hallo. Was war das für 'ne krasse Fahrt hierher? Ich schätze, deswegen nennen sie das hier Sin City. Ihr wisst das vielleicht nicht, aber ich sehe mich selbst als Lonesome Ryder. Ich sehe mich selbst als Einmannwolfsrudel. Aber als meine Schwester mit Doug ankam, wusste ich, er gehört zu mir. Und mein Wolfsrudel ist um eine Person gewachsen. Also waren wir zwei, wir waren jetzt zu zweit in dem Wolfsrudel. Aber Doug hat eine Schwester. Sage. Die wundervollste, schönste und lustigste Frau, die mir je untergekommen ist. Wir waren zu dritt."«
Sage zieht ihre Nase kraus und schüttelt den Kopf. Sie weiß, dass Alan sie mag. Vielleicht etwas zu sehr. Daraus macht der ältere Mann kein Geheimnis. Das Sage nichts von ihm will, ist ebenso wenig kein Geheimnis. Außerdem würde Doug das nie zulassen.
»"Anfangs war ich allein in dem Rudel, und danach sind Doug und Sage dazugestoßen. Und vor sechs Monaten, als mir Doug euch vorgestellt hat, da dachte ich, warte kurz, ist das echt möglich? Und jetzt weiß ich es ganz genau, dass noch zwei weitere Jungs in meinem Wolfsrudel sind.«
Doug und Stu lachen, während Phil Alan verstört ansieht. Doch ein Lächeln bildet sich auf seinen Lippen, als er zu Sage sieht, die ihre Lippen aufeinanderpresst und auf ihre Schuhe starrt.
»"Fünf Wölfe jagen zusammen durch die Wüste in Las Vegas, auf der Suche nach Stripperinnen und Kokain." Deswegen bringe ich heute Abend einen Toast aus.« Alan zieht ein Messer aus seiner Tasche und die vier drum herum sehen ihn mit großen Augen an.
Und dann schneidet er sich in die linke Hand. »Oh mein Gott!«, gibt Sage angewidert wieder und schaut schnell weg. »Was zum Teufel machst du da?«, fragt Phil, der nach Sages Hand gegriffen hat und diese fest drückt.
Alan lacht wie ein Psychopath, während das Blut auf den Boden tropft. Sage drückt die Hand, die ihre umklammert und schaut zu der Person, als sie aber erkennt, dass es Phil ist, zieht sie ihre Hand aus seiner.
»Was soll das?«, fragt Stu nach. »Blutsbrüder«, erklärt Alan. »Auf gar keinen Fall«, erwidert Stu panisch. »Verdammt!«, flucht Doug und schüttelt den Kopf. »Alan, wir werden uns nichts selbst ritzen«, erklärt Doug und geht auf den Ältesten zu. »Gib mir das Messer. Ganz langsam. Danke.«
Als Doug das Messer in der Hand hat, legt er das auf den Boden. Phil schüttelt den Kopf und stellt sich neben seinen besten Freund. »Also gut, auf eine Nacht, die wir fünf niemals vergessen werden.« Phil hebt sein Glas mit dem Jägermeister in der Hand hoch und sieht seine Freunde mit einem Grinsen an.
Lächelnd tun es die anderen ihm nach. Alle bis auf Sage. Sie schaut zu Phil, der ihr ein Lächeln schenkt. »Komm, Foxie, wie in alten Zeiten.« Seufzend hebt Sage ihr Glas an und die fünf stoßen an.
Auf eine Nacht, die sie niemals vergessen werden. Oder vielleicht doch?
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