28. wir können noch schlimmer
DIE LICHTUNG ⸺ Allison stand immernoch zusammen mit Pfanne unmittelbar in der Nähe der Versammlungshütte und starrte dem Baumeister mit glasigen Augen hinterher. Seine Worte hatten sich tief in ihr Gedächtnis gebrannt, welche sie immer und immer wieder in ihren Gedanken wiederholte. Eine Verbannung, dachte sie mittlerweile bestimmt schon zum tausendsten mal. Er wollte doch tatsächlich, dass ihr Bruder wegen seinen vielen Regelbrüchen verbannt wurde.
Was stimmte mit Gally nicht?, fragte sie sich augenblicklich und wusste nicht wie sie auf sein gesagtes reagieren sollte.
Sie wollte ihm nachgehen und anschreien, während sie ihm einen Schlag ins Gesicht verpasste. Andererseits wollte sie ihn einfach ignorieren und schmoren lassen, bis er selbst realisiert hatte was für ein dämlicher Strunk er doch war. Gott, wie ich ihn hasste, meinte sie gedanklich zu sich selbst und hatte nicht mitbekommen, dass neben ihr nun ihre Schwester zusammen mit Thalia stand. Sie hatte irgendwie einiges im Moment nicht wahrgenommen.
Auch nicht ihre eigene Handlung. Ihr Blick war starr auf den Hüter der Baumeister gerichtet, der sich gerade wieder an seine Arbeit machte. »Du weißt schon, dass wir keine anderen Lichter verletzen dürfen, oder?«, harkte das rothaarige Mädchen nach und wollte nur sichergehen, dass ihre Freundin mit der Regel vertraut war.
»Mmh«, antwortete sie wie in Trance, hatte wahrscheinlich gar nicht mal richtig zugehört. Die Brünette hatte ihren Bogen mit einem ihrer Pfeile gespannt. Allerdings hatte sie nicht die selbstgemachte Zielscheibe im Visier. »Und warum zielst du dann auf Gally?«, wollte Emma jetzt neugierig wissen und verschränkte ihre Arme vor der Brust, während sie aufmerksam die ehemalige angehende Ärztin musterte. War etwas zwischen den beiden vorgefallen? Wollte sie ihm deshalb mit einem Pfeil durchbohren?
»Ich glaube, ich weiß warum«, murmelte Pfanne und bekam von der Läuferin einen auffordernden Blick zu geworfen, der ihm andeuten sollte ihr und Thalia unverzüglich mitzuteilen, warum die Brünette ihren Freund töten wollte. Zumindest sah es so ziemlich danach aus. Doch bevor der Koch antworten konnte, ließ Allison bereits den Pfeil los, der mit einer schnellen Geschwindigkeit auf den Baumeister zu flog und verfehlte ihn nur knapp an seinem Kopf und blieb letztendlich neben ihm in der Holzhütte stecken, an der er arbeitete.
Sein Blick schnellte sofort in ihre Richtung und begegneten ihre Augen, die ihm mit einem Gefühl anschauten, den er nicht ganz deuten konnte. Die Sani wollte ihn nicht verletzen. Das könnte sie gar nicht. Es war eine Kurzschlussreaktion von ihr. Sie hatte einmal zu ihm gesagt: »Er ist mein Bruder. Und ich beschütze ihn. Meinetwegen auch vor dir« ⸺ genau das würde sie auch tun, wenn er wirklich versuchen sollte ihn in das Labyrinth zu befördern.
»Gally wollte, dass Thomas verbannt wird wegen ... seinem Regelbruch«, rückte der dunkelhäutige Junge nun mit dem Grund raus und musste einige male blinzeln, um zu realisieren, dass die ehemalige angehende Ärztin beinahe seinen besten Freund mit einem Pfeil getroffen hatte. »Wow, das war echt knapp«, fügte er leise hinzu und war irgendwie beeindruckt von ihr. Der Hüter der Baumeister verhielt sich sehr oft wie ein Strunk (vor allem seitdem Thomas auf die Lichtung geschickt wurde) und brauchte manchmal einfach jemanden der ihn in die Schranken wies, fand der Koch.
Der Gesichtsausdruck von der Läuferin veränderte sich schlagartig und sie ballte ihre Hände zu Fäusten, wollte schnurstracks auf den Dunkelblonden Jungen zu gehen und ihm paar Takte erzählen. Bevor sie allerdings den nächsten Schritt machen konnte, hatte sich eine Hand um ihren Oberarm geschlungen und hielt sie leider Gottes von ihrem Vorhaben hab, was sie innerlich frustriert seufzen ließ.
Sie drehte ihren Kopf zur Seite und schaute ihrer Schwester direkt in die haselnussbraunen Augen, die durch die Sonnenstrahlen noch heller wirkten. Emma öffnete ihren Mund, um etwas zu sagen und wurde im gleichen Augenblick von jemandem umgerannt, sodass sie mit ihrem ganzen Gewicht nach vorne kippte und letztendlich das Vergnügen hatte den wunderbaren Boden küssen zu dürfen.
Auch Allison wurde mit nach unten gezogen und musste schmerzhaft auf stöhnen, als sie die Umrandung ihres Köchers deutlich in ihrem Rücken spüren konnte. Sie setzte sich sofort auf und holte tief Luft, ehe sie zu dem Braunhaarigen Mädchen schaute, die sich mit ihren Händen auf dem Grasboden abstützte und Teresa mit einem hasserfüllten Blick hinterher schaute. Diese Bitch hat uns doch tatsächlich umgestoßen, dachte sie wütend und stand keine Sekunde später wieder auf ihren Beinen.
Die Verrätetin lief Richtung Aussichtsturm und hatte nicht einmal wahrgenommen, dass sie die beiden zu Boden geschmissen hatte. Die Sani schaute verwundert zu ihrer Schwester, nachdem sie auch aufgestanden war und wischte sich den Dreck von ihrem schwarzen Top, bevor sie zusammen dem Frischling anschließend zum Holzgerüst nach liefen. Die anderen Jungs hatten sich bereits darum versammelt und schauten alle nach oben zu dem Mädchen.
Abwechselnd warf sie entweder Essen oder andere Gegenstände auf die Lichter, wo keiner eine Ahnung hatte woher sie das alles hatte. Die ehemalige angehende Ärztin hatte sich nach ganz vorne neben Gally gestellt, gefolgt von ihrer jüngeren Schwester, die immernoch den gleichen hasserfüllten Blick drauf hatte wie vorhin. Und das würde sich auch nicht ändern, solange sie zusammen mit Teresa auf der Lichtung auskommen musste. Winston kam mit einem großen Holzbrett an, dass er über seinen und Newts Kopf hält, damit sie nicht getroffen wurden.
Auch einige anderen der Jungs hatten sich etwas zum Schutz vor den geworfenen Sachen geholt. Außer die Mädchen. Aber die drei wurden bis jetzt auch noch nicht getroffen. »Hey! Schmeiß noch einmal etwas runter und ich-«, natürlich wurde der Baumeister von einem Löffel am Kopf getroffen ⸺ trotz seiner schützenden Hände und konnte seinen Satz dementsprechend nicht zu Ende sprechen. Seine Zimmernachbarin konnte förmlich spüren, wie genervt er von ihr war.
Sie fing einen Apfel auf, der beinahe wieder den Dunkelblonden Jungen getroffen hatte und übergab diesen anschließend der Läuferin neben ihr, welche diesen nach oben zu Teresa schmiss. Kurz darauf war ein leises »Aua« von ihr zu hören, worauf sich ein zufriedenes Grinsen auf den Lippen von Emma bildete. Newt schaute eher weniger erfreut zu den drei Mädchen, die alle miteinander ab geklatscht hatten.
»Was?«, fragte die Brünette, welche den Blick von dem stellvertretenden Anführer mitbekommen hatte und lächelte ihn unschuldig an. Dabei entging ihr keineswegs, wie Gally sie die ganze Zeit über beobachtet hatte und es immernoch tat. Sie konnte seinen Blick nicht ganz deuten. Es war eine Mischung aus Träumerei, Verlangen und noch etwas anderem. Ein negatives Gefühl. Immerhin hatte sie versucht ihn gezielt mit einem Pfeil zutreffen, aber verübeln konnte er es ihr tatsächlich irgendwie nicht.
»Was ist denn passiert?«, wollte Thomas wissen und stellte sich unter ein Schutzschild, damit er nicht abgeworfen wurde. »Also ich glaube nicht, dass sie uns besonders mag«, sagte Newt. Das beruht auf Gegenseitigkeit, dachte sich Emma still und heimlich mit verschränkten Armen vor der Brust. »Heyy! Wir wollen nur mit dir reden«, versuchte Thomas sie irgendwie zu beruhigen, doch der Frischling warf weitere Gegenstände und Lebensmittel nach unten auf die Jugendlichen.
»Wow! Ey, ich bin's, Thomas«, startete er nocheinmal einen Versuch und tatsächlich hörte sie endlich auf. Sie blickte kurz nach unten, als der Läufer anschließend meinte, dass er gleich zu ihr hochkommen würde zum Reden und zog sich dann wieder zurück. Langsam ging er die Holzleiter hoch und jeder verfolgte gespannt das Geschehen mit, bis er ganz oben angekommen war und sie ihn nicht mehr sehen konnten.
Die Lichter konnten auch nicht hören, was genau die zwei besprachen ⸺ egal wie leise sie auch atmen. »Was ist denn da oben los?«, rief Gally und hatte mittlerweile die Schnauze voll, aber damit war er nicht alleine. Die Schwestern von Thomas erging es nicht anders. Thalia hatte sich mehr oder weniger im Hintergrund aufgehalten und stand neben Minho, dachte sich ihren Teil der ganzen Situation und fühlte den selben Hass wie ihre beiden Freundinnen.
»Und kommt sie runter?«, wollte jetzt auch Newt wissen, während die meisten Jungs wieder zurück an ihre Arbeit gingen. Nur ein paar blieben noch hier und warteten auf eine Antwort von dem Brünetten. »Hört zu, gibt uns einfach eine Sekunde, okay?«, meinte der Läufer und schaute von oben bittend zu Newt, der kurz zu überlegen schien. »Na schön. Gehen wir«, kam es anschließend von ihm und drehte sich nach hinten um, während er eine Handbewegung machte und somit den restlichen Lichtern andeutete zu gehen.
»Sind alle Mädchen so?«, fragte Pfanne.
»Nein, wir können noch schlimmer sein, als sie«, erwiderte Emma grinsend und zwinkerte dem Koch schelmisch zu. »Dann sollte ich mich wohl besser nicht mit euch anlegen«, kam es lachend von ihm und zauberte auch Allison ein kleines Lächeln ins Gesicht. Zustimmend nickte die ehemalige Hackenhauerin auf seine Worte und strahlte ebenfalls, ehe jeder seine eigenen Wege gingen und sich die kleine Gruppe nach und nach auflöste.
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