23. du verdammter strunk, tommy
DAS LABYRINTH ⸺ Nachdem Emma sich von ihrer Schwester und auch Newt verabschiedet hatte, war es endlich soweit. Sie würde als Läuferin das aller erste Mal zusammen mit Minho und dem Anführer ins Labyrinth gehen. Ihr Herz klopfte doppelt so schnell gegen ihre Brust und konnte gerade so ihre Aufregung im Zaun halten, während sie zusammen mit den beiden Jungs um die erste Ecke schon gebogen war. Die Betonmauern sahen von innen nicht wirklich anders aus, nur das sich an ihnen von unten bis nach ganz oben viele grüne Ranken hoch schlängelten.
Trotz allem war es eine schöne Aussicht, auch wenn ihr das Labyrinth oder eher die Griever schon ein kleines bisschen Angst bereiteten. Keiner wusste genau was die Dinger eigentlich waren oder wie sie überhaupt aussahen. Jeder, der unfreiwillig eine Nacht im Labyrinth verbracht hatte, hatte nicht überlebt, um über diese erzählen zu können. Selbst Ben nicht, obwohl er einer der besten Läufer war, wie das Braunhaarige Mädchen fand.
Er hatte sie immerhin eine Zeitlang heimlich trainiert, damit sie mit Minho mithalten konnte. Und so hatte sie ihn auch ausführlich dabei analysiert, als sie sich die Voraussetzungen zur Läuferin merken musste. Sie vermisste ihn sehr und auch wenn sie es den anderen gegenüber nicht zeigte, war ihr seine Verbannung unglaublich nahe gegangen.
Hätte Alby vielleicht auf Allison gehört, dann wäre er noch hier und keiner müsste einem weiteren Lichter nach trauern, der im Labyrinth sein Ende gefunden hatte. Emma wurde durch eine Hand auf ihrer Schulter zurück in das hier und jetzt geholt, bevor sie noch in ihren unendlich vielen Gedanken verschwunden wäre. »Bist du sicher, du willst das hier durchziehen? Ich meine, noch hast du die Möglichkeit zurück zu gehen, wenn du nicht bereit dafür bist durch das Labyrinth zu laufen«, vernahm sie die Stimme von Minho an ihrer rechten Seite.
»Ja, Ben hat mich trainiert und ich würde ihn in Ehren halten, wenn ich das weiter mache, was er aufgeben musste. Tag für Tag mit dir durch die vielen Abschnitte zu laufen, würde mich an ihn erinnern. Ist es bei dir denn nicht so, Min?«, wollte sie letztendlich von ihm neugierig wissen und warf ihm kurz einen Blick zu, ehe sie sich wieder auf ihren Weg vor ihr konzentrierte, um nicht blöd zu stolpern.
Und damit sie sich auch jedes noch so kleine Detail merken konnte in ihrer Umgebung. Der Asiate senkte seinen Kopf zu Boden, achtete trotzdem gut darauf wo er lang lief und schwieg für einen kurzen Moment, bevor er ihr letztendlich antwortete. »Doch, seitdem er ... ein Teil vom Labyrinth wurde. Es ist so, als wäre er immernoch hier, Em«, erwiderte er und seufzte einmal kurz, setzte seine coole Haltung wieder auf und sprintete nach vorne zu Alby.
Das Braunhaarige Mädchen schaute ihm traurig lächelnd hinterher und blieb dann jedoch automatisch stehen, als sie ein eigenartiges Geräusch vernahm. Der Läufer bemerkte sofort, dass sie nicht mehr dicht hinter ihnen lief und stoppte ebenfalls, damit er sich zu ihr umdrehen konnte. »Hey, ist alles okay bei dir?«, erkundigte er sich anschließend nach ihrem Wohlergehen.
»Habt ihr das nicht gehört?«, stellte sie eine Gegenfrage und drehte sich einmal in alle Richtungen um, doch sie konnte nichts finden, was diesen Laut erzeugt haben könnte. Minho zuckte nur lässig mit seinen Schultern und schien die Situation nicht besonders ernst zu nehmen. Vielleicht weil er bereits schon an diese Geräusche gewöhnt war und daher keine besonders große Gefahr in diesen sah?
»Was genau meinst du, Emma?«, wollte Alby wissen und verringerte den Abstand zwischen den beiden, blieb vor ihr letztendlich stehen. Doch sie konnte ihm nicht erklären was genau sie eigentlich gehört hatte und versuchte das Geräusch irgendwo zu zuordnen, den sie war sich sicher dies irgendwie schon einmal wahrgenommen zu haben. Vielleicht hatte sie es sich auch ganz einfach nur eingebildet und wollte daher das Gesprächsthema abwimmeln, bis ihr jedoch etwas schleimiges auf ihre Stirn tropfte.
Der dunkelhäutige Junge streckte seine Hand aus und berührte die unbekannte Flüssigkeit mit seinem Zeigefinger und Mittelfinger, ehe sein Blick nach oben glitt und stark die etwas stickige Luft des Labyrinths einatmete. Das Braunhaarige Mädchen hob verwirrt eine Augenbraue an und wollte gerade schon nachfragen was denn los sei. »Alby, was⸺«.
»Kleine, guck jetzt bloß nicht nach oben und verhalte dich ruhig«, gab der Anführer ihr die Anweisung und machte irgendein Handzeichen zu Minho, der das sofort verstanden hatte, während seine Laufpartnerin vollkommen irritiert die beiden anschaute. Letztendlich wagte sie auch einen kurzen Blick nach oben und riss schlagartig ihre Augen weit auf. »Was zum Klonk ... ?«, murmelte sie und starrte direkt in die kalten Kulleraugen eines Grievers.
Was machen wir denn jetzt?, fragte sie sich in ihren Gedanken und blickte hilfesuchend zu dem Asiaten, der mit langsamen Schritten zurück ging. Wollte er sich gerade ernsthaft aus dem Staub machen? »Em, dreh dich ganz langsam um und geh rückwärts, okay?«, vernahm sie die beruhigende Stimme von Alby, der ihre volle Aufmerksamkeit zurück auf sich zog.
Wie in Zeitlupe kehrte Emma ihm anschließend den Rücken zu und bewegte sich zur gleichen Zeit, wie er, in die Richtung von Minho, welcher schon fast bei der nächsten Ecke angekommen war. Den Blick immer auf das Viech gerichtet. Zunächst schien der Griever sich kein Stückchen zu bewegen, bis er plötzlich mit einem einzigen großen Sprung direkt vor dem Mädchen landete und wirkte noch riesiger auf sie, als er noch oben an der hohen Betonmauer hing. Seinen Stachelartigen Schwanz schwang er nach vorne und positioniert die scharfe Spitze direkt vor ihrem Bauch.
Und dann geschah nichts.
Überhaupt nichts.
Im nächsten Moment hielt die Läuferin die Luft an und kniff fest ihre Augen zusammen, währenddessen der Griever seinen Stachel für einige Zentimeter zurück zog und danach wieder nach vorne bewegte ⸺ nur diesesmal ohne Halt zu machen. Sie wartete auf den Schmerz, der sich in ihrer Magengegend ausbreiten sollte. Jedoch spürte sie da rein gar nichts.
Mit einer leichten Vorahnung öffnete sie langsam ihre Augen und ein »Alby ...«, kam leise flüsternd über ihre trockenen Lippen. Er stand genau vor ihr und wurde an ihrer Stelle in den Bauch gestochen. Minho war sofort an seiner Seite, als er zu Boden ging und versuchte ihn irgendwie zurück auf seine Beine zubekommen, damit sie hier verschwinden konnten. Denn solange dieser Griever in ihrer Nähe war, waren sie nicht sicher im Labyrinth. Der Asiate wunderte sich sowieso warum die Viecher am helllichten Tag durch die Abschnitte liefen, wenn sie sonst nur nachts heraus kamen.
Seine Laufpartnerin schnappte sich ihre Machete, die sie hinten in einer kleinen Halterung an ihrer Lederweste befestigt hatte und rannte ohne zu zögern auf den Griever zu. Sie duckte sich ein paar mal unter seinem Schwanz hindurch und wich geschickt seinem Stachel aus, der sie beinahe am Arm getroffen hatte. Nach einem kurzen Atemzug, rammte sie ihre Machete seitlich in den Griever, auch wenn sie wusste, dass diese ihn nicht töten konnte.
Dennoch verletzte sie das Viech damit und sorgte dafür, dass es sich zurück zog. Fürs erste zumindest. Ihr Blick glitt zu den beiden Jungs. Sie hätte gestochen werden sollen. Nicht Alby. Und dennoch, obwohl er wusste, was mit ihm danach womöglich passieren würde, hatte er gezielt zugelassen, dass sich der Stachel in seinen Fleisch bohrte ...
⸺❀⸺
Zusammen hatten Emma und der Asiate es geschafft den dunkelhäutigen Jungen auf die Beine zubekommen und stützten ihn, während sie den Weg zurück zur Lichtung antraten. Sie wusste, dass ihre Schwester ein Heilmittel gegen die Grieverstiche gefunden hatte und wenn sie rechtzeitig zurück bei den anderen waren, dann konnte ihm geholfen werden. »Glaubst du er kommt nochmal zurück?«, wollte sie wissen und bemerkte jetzt erst, dass sie an ihrer Unterlippe leicht blutete.
»Ja«, war seine knappe Antwort und lotzte beide um die nächste Ecke. »Und wenn wir uns in diesem langsamen Tempo weiter fortbewegen, dann schaffen wir es niemals zur Lichtung und wären für die Griever leichte Beute«, fügte er hinzu. Obwohl sie wusste, dass er die Wahrheit aussprach wollte sie diese im Augenblick nicht hören. Denn im Gegensatz zu ihm hatte sie noch Hoffnung und würde alles dafür geben, dass wenigstens der Anführer und ihr bester Freund sicher auf der Lichtung zurückkehren. Das war sie den zwei Jungs irgendwie schuldig.
Ihr war nicht entgangen, dass Minho und der Anführer sich verpflichtet fühlten sie zu beschützen. Allein, weil ihnen klar war, wie Allison reagieren würde, wenn ihrer jüngeren Schwester etwas passierte. Und dann war da noch Thomas, der auch gefährlich werden konnte. Das lag wahrscheinlich einfach in der Familie.
Das Braunhaarige Mädchen wusste, als sie bei der Efeuranke angekommen waren, die beinahe wie ein Herz aussah, dass es nicht mehr weit zur Lichtung war. Viel Zeit blieb ihnen aber nicht mehr, bis sich die Betonmauern schließen. Sie machten sich bestimmt schon alle Sorgen, ging es ihr doch den Kopf und verschnellerte augenscheinlich etwas ihr Tempo. Laufen war aber für beide keine Option, da sie immernoch Alby stützten mussten.
Sie konnten und wollten ihn nicht zurück lassen, auch wenn sie ohne ihn deutlich schneller waren. Erleichtert atmete die Läuferin aus, als sie von weiten bereits die Lichter erblickte und suchte die Menge aus Jugendlichen sofort nach ihren Geschwistern ab. Ein Lächeln bildete sich auf ihren trockenen Lippen, während sie ihren Blick stets auf Allison und Thomas gerichtet hatte. Nur stumpf vernahmen die zwei Läufer die Rufe ihrer Namen. So schnell wie ihr Lächeln auch gekommen war, war es wieder verschwunden. Die Betontore begannen sich langsam zu schließen und leichte Panik stieg in ihr auf.
Das Tor durfte sich nicht schließen, dachte sie sich und flehte innerlich die Schöpfer an, das sie erbarmen mit ihnen hatten.
In der Sekunde ging alles viel zu schnell. Der Eingang war fast geschlossen und Thomas rannte, wie in Zeitlupe, direkt ins Labyrinth, quetschte sich an den breiten Betontoren vorbei, welche mit einem lauten Knall anschließend aufeinander prallten. Erschöpft und niedergeschlagen ließen das Braunhaarige Mädchen und der Asiate Alby langsam auf den Boden nieder, bevor sie sich ebenfalls dort hinsetzten.
So hatte ich mir meinen ersten Tag im Labyrinth nicht vorgestellt, meinte sie gedanklich zu sich selbst und starrte einfach nur die Tore an, welche zur Lichtung führten. Erst als sie die Stimme ihres Laufpartners hörte: »Gut gemacht! Du hast gerade dein Todesurteil unterzeichnet!«, sah sie zu ihrem Bruder. »Du verdammter Strunk, Tommy. Alli wird dich dafür töten, wenn wir zurück sind«, murrte sie nun auch und rutschte zu ihm herüber, um ihre Arme um seinen Körper zu schlingen.
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