𝟯𝟵 | Risiko
standardsprachlich
Substantiv, n.
möglicher negativer Ausgang bei einer Unternehmung, mit dem Nachteile, Verlust, Schäden verbunden sind; mit einem Vorhaben, Unternehmen o. Ä. verbundenes Wagnis
「✿」
» Wie war dein erster Tag als 18-Jähriger? «, fragte Mark amüsiert, sobald Taeil zu seinen Freunden stieß und sich einen der bescheidenen Stühle im Klassenzimmer schnappte, um sich direkt neben ihnen niederzulassen.
Einen Moment dachte er an seinen Nachmittag mit Yuta, dann an die unschöne Diskussion mit seiner Mutter. » Es gab Höhen und Tiefen «, erwiderte er demnach vage und zuckte mit den Schultern.
» Hattet ihr ein Date? «, warf Doyoung in den Raum, ohne den Blick von seinem Buch abzuwenden.
Es vergingen einige Sekunden, in denen sich Taeil mehrmals die ihm gestellte Frage ins Gedächtnis rief, damit er sich etwas Zeit für eine durchdachte Antwort verschaffen konnte, allerdings fiel ihm eine solche nicht ein und er konnte Doyoung folglich nur perplex anstarren.
» Du solltest das doch beiläufiger machen! «, beschwerte Mark sich sofort und schenkte ihm einen finsteren Blick, bevor er zum Ältesten aufsah und fragte: » Aber jetzt mal ernsthaft: Hattet ihr ein Date? «
» D-Du meinst ich und ... ? «
» Yuta? Nakamoto Yuta? Der Typ, in den du schon seit einer gefühlten Ewigkeit verknallt bist? «
» Wie kommst du drauf? «, kam es unsicher aus ihm, kurz danach beteuerte er noch: » U-Und ich bin nicht in ihn verknallt! «
» Wart ihr nicht zusammen unterwegs? Ich dachte, weil er dir letztens noch gedroht hat, dass er was Cooles vorhat. «
» Aber er meinte doch nicht ... so was «, entgegnete Taeil, dabei war er recht verwirrt über den plötzlichen Umschwung. Okay, es war eine Sache, wenn sie bereits davon ausgingen, dass er die Zeit mit Yuta verbracht hatte, aber so weit zu gehen, das Treffen für ein Date zu halten (was es geradezu offensichtlich gewesen war, doch das würde Taeil nie gestehen), ging zu weit.
» Ja, das ist wie Hockey: Erstmal wagst du den Schritt aufs Eis und spielst dich etwas ein, später machst du das Ding rein ─ wenn du weißt, was ich meine. «
» Danke, Kanada, Südkorea übernimmt jetzt «, unterbrach Doyoung den Jüngeren. » Erst geht er mit dir aus, dann holt er sich, was er will. Und das bist du, Taeil. «
» Das ... Das weißt du nicht. Wir sind nur ... nur befreundet «, behauptete er und sah etwas panisch herunter auf seine Finger, die sich schon bald am Saum seines T-Shirts wiederfanden und nervös damit spielten.
» Okay, also hat er dich nun ausgeführt? «
» H-Habe ich schon gesagt. «
» Du sagtest › Wie kommst du drauf? ‹, das war kein eindeutiges Nein. Hat er dich ausgeführt, Moon Taeil? «
Automatisch schoss noch mehr heißes Blut in seine Wangen, während er daran dachte, wie Yuta ihn in aller Öffentlichkeit geküsst hatte. » D-Das ist ein dreister Eingriff in meine Privatsphäre ─ «
» Aha! «, rief Doyoung und deutete mit dem Zeigefinger auf ihn, weshalb Mark sich ein Lachen verkneifen musste. » Also hattet ihr ein Date! «
Bei dieser Behauptung mischte sich Mark wieder ein: » Nein, guck ihn dir mal an. Wenn es echt so gewesen wäre, hätte er nie wieder irgendjemandem in die Augen sehen können. «
» W-Warum das denn? «
» Weil du bestimmt ─ «
» Eigentlich will ich es gar nicht hören «, fiel er Mark ins Wort und presste sich beide Hände gegen die Ohren, damit er die beiden nicht mehr hören musste. (Es gelang ihm nicht, da ihre Laute immer noch zu ihm vordrangen.)
» Vielleicht war das › Yeehaw ‹ einfach ein Abtörner. «
» Das hält Yuta doch nicht auf. « Mark widmete seine Aufmerksamkeit wieder Taeil. » Aber er hat dich bestimmt ausgeführt. Oder dir zumindest was geschenkt. Irgendwas wird er sich gedacht haben. «
» Ich habe euch gesagt, dass ich ihn nicht mag «, wiederholte er (nicht standhaft genug) und verdrehte die Augen. » Wir haben nichts gemacht. «
» Aber du hättest gerne? «
Taeil schluckte. » Glaube ni- «
» Aha! «, rief Doyoung wieder, was Mark nun letztlich doch zum Lachen brachte. (War das ein ernsthaftes Gespräch oder machten die Idioten sich nur über ihn lustig?)
» Doyoung weiß zumindest, wie ein Verhör funktioniert «, ergänzte er und klatschte, jedoch wusste Taeil nicht so ganz, ob er das so lustig wie Mark finden sollte. Nun ja, Taeil war einfach ein schlechter Lügner.
Demnach lehnte er sich ergeben in seinem Stuhl zurück und lauschte ihren Witzen und Theorien, was gestern geschehen war, dachte auch insgeheim an Yutas warme Haut und seinen bescheuerten Brief, lächelte stumm und träumte etwas von irgendeinem seltsamen Kuss im Brunnen. Dieser Tag gehörte allein Taeil und er würde ihn ganz bestimmt mit niemandem teilen.
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Sobald Taeil wieder in Ruhe ein paar Bücher in seinem Schließfach umsortierte, spürte er zwei Hände an seiner Taille. Unvorbereitet schreckte er hoch, beruhigte sich aber schnell, da er wusste, dass es Yuta war. (Nie hätte er gedacht, dass er sich sowohl darüber freuen als auch ärgern konnte.)
» Morgen, Hyung «, begrüßte er ihn, während Taeil sich umwandte, und lächelte zuckersüß. » Wie geht's dir? «
» Gut «, antwortete er, bemerkte jedoch, dass Yuta sich unweigerlich zu ihm vorlehnte, weshalb Taeil beide Hände gegen die Brust seines Gegenübers presste und sie auf einen vernünftigen Abstand brachte. Die zunächst freundliche Miene des Japaners wandelte sich in eine verwunderte, dann in eine leicht beleidigte.
» Nicht hier, Yuta «, nuschelte er unverständlich, wurde aber etwas verlegen, als der Größere ihn weiterhin unverschämt angaffte. » St-Starr deinen Hyung nicht an, das ist unhöflich! «
Jetzt war Yuta noch irritierter.
Okay, Taeil gab es zu, womöglich hatte er sich zu viel von Marks und Doyoungs Gerede zu Herzen genommen, aber es wäre gelogen, zu behaupten, das wäre der Grund für seine distanzierte Haltung. Hiermit würde er nur unnötige Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Seinen Ruf als ruhiger Musterschüler mochte er ganz gerne, schwule, graue Maus würde ihm nicht so sehr gefallen. Was würden sie alle denken? Nie im Leben wäre er dem › Status ‹ als Yutas Freund gewachsen. Und wieso hatte sich Taeil nie darüber Gedanken gemacht?
Weil er nie davon ausgegangen ist, dass jemand wie Yuta ihn mögen könnte. Dass jemand ihn überhaupt mögen könnte.
War doch klar.
» Habe ich was falsch gemacht? «
» Nein, nein «, murmelte Taeil und vergrub das Gesicht in seinen Händen. » Ich mag dich, Yuta, sehr gerne sogar, aber ... ich weiß nicht, ob das jeder wissen sollte. «
» Wieso? «
Das war eine verdammt gute Frage, und darauf gab es eine Millionen gute Antworten.
» Ich ... habe Angst, Yuta «, erklärte er mit zurückhaltender Stimme, spürte jedoch kurz darauf zwei Hände an seinen eigenen, die Taeils Gesicht wieder freilegten und Yuta einen Blick in seine Augen gewährten.
» Wovor denn? « Besorgnis war in seinen dunklen Iriden wiederzuerkennen und das Glänzen darin spielte mit den hin und wieder flackernden Deckenleuchten. » Ich passe auf dich auf, sage ich doch. «
Taeil löste seine Handgelenke aus Yutas Griff und fragte: » Du ... Du magst mich auch, oder, Yuta? «
» Nein, ich küsse normalerweise immer Leute ohne Grund. «
» Guter Punkt «, meinte Taeil, denn ja, das war ihm klar, dennoch wollte er wissen, wie es jetzt weiterging. Irgendwie hatte er sich das leichter vorgestellt. » Aber was ... was machen wir jetzt? «
» Mathehausaufgaben, denke ich «, erwiderte er ungerührt, woraufhin Taeil den Kopf schüttelte.
» Ich ... Ich meine ... Wir ... «, sein Ton wurde leiser, auch wenn kaum jemand sich auf den Fluren herumtrieb, da die meisten Schüler sich im Atrium befanden. » Sind wir jetzt so was wie .... ich weiß nicht, zusammen? «
Yuta kicherte leise. » Ich meine, ich kann auch vor dir auf die Knie gehen und einen Antrag machen, aber ich habe bedauerlicherweise keinen Ring. «
» Nein, ich ... « Nervös biss er sich auf die Zunge. » Ich hatte noch nie eine Beziehung und ich ... habe keine Ahnung, wie so was geht, Yuta. Und ... «
Der Größere besah ihn neugierig und wartete. Als ihm jedoch bewusst wurde, dass Taeil nicht sicher war, wie er den Satz beenden sollte, erhob er die Stimme: » Wenn du nicht willst, ist das natürlich auch ─ «
» Nein, ich ... ich mag dich Yuta, wirklich sehr richtig mega doll «, gab er noch unsicherer als vorher von sich.
» Wirklich sehr richtig mega doll? «, wiederholte Yuta, wobei seine Mundwinkel automatisch nach oben zuckten und eine Reihe weißer Zähne entblößten.
» Ich würde dir dieses Grinsen so gerne aus der Visage schlagen «, zischte er, weil es Yutas schöne Lippen umso einladender machte, allerdings würde Taeil sich a) nie trauen, Yuta von sich aus zu küssen, weil das erste Mal recht danebengegangen ist, und b) war ihm das Risiko, erwischt zu werden, viel zu hoch. » Idiot, wie kannst du damit so ... so offen umgehen? Das ist doch ... «
» ... absolut normal? «, ergänzte Yuta, als wäre es selbstverständlich. » Sorry, aber es ist doch mein Problem ─ «, fing er an, spürte aber langsam, dass Taeil jede Sekunde in Tränen ausbrechen könnte. » Ähm, vergiss es. Lass uns erstmal Mathe machen. Zahlen magst du doch so. « Anschließend tippte er mit seiner Zeigefingerspitze Taeils Nase an. » Bring deinen Schachclub mit. «
» Danke «, seufzte Taeil und senkte etwas aufgelöst den Blick.
» Keine Ursache «, erwiderte er. » Übrigens muss ich jetzt leider so gemein wie immer sein. Damit sie keinen Verdacht schöpfen, kannst du mir folgen? «
» Das wärst du auch so. «
» Tragisch. Tragisch und verdammt wahr. «
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