standardsprachlich
Substantiv, n.
kritische, das Selbstverständliche bezweifelnde Einstellung gegenüber einem Sachverhalt, das Zweifeln an der Vertrauenswürdigkeit einer Person; Argwohn, Skepsis

「✿」

» Gefällt dir Orphan Black? «, kam es aus Yuta, der bereits gefühlt den Kopf in das Mikrowellenpopcorn, das Taeil eben für sie zubereitet hatte, gesteckt hatte und sich gerade auf der Couch breitmachte.

» Mach Platz, Vollidiot «, redete er an ihm vorbei und musste beim belustigenden Anblick des Jungen ein wenig schmunzeln.

» Taeil, du bist ein lebender halber Meter, für was brauchst du ─ Au! Au! Au! «, machte er, als Taeil mehrmals mit einem Kissen auf ihn einprügelte und den Größeren endlich dazu brachte, zumindest die Beine einzuziehen, sodass der › lebende halbe Meter ‹ Platz nehmen konnte.

» Und diese Serie ist mir zu psycho «, beantwortete er nun endlich Yutas Frage und zuckte mit den Schultern. Außerdem assoziierte er damit nur noch seltsame Dinge, immerhin bekam er die Erinnerung, wie Yuta sich über ihn gelehnt und ihm seltsame Fragen gestellt hatte, nie wieder aus dem Kopf. Deshalb ein absolutes Nein.

» Du beleidigst gerade meine gesamte Existenz «, gab Yuta zurück und fasste sich theatralisch ans Herz, als hätte ihn dieser Fakt sehr getroffen.

» Du weißt doch nicht mal, wie man Existenz buchstabiert «, behauptete Taeil lachend, bevor er lieber zur Serie Two and a Half Man wechselte.

» Doch, äh E-X-I-S-T ... «, er überlegte einen Moment, » E-N-Z. «

» Das hat jetzt aber gedauert «, meinte Taeil und besah ihn amüsiert, bevor er sich wieder dem Fernseher zuwandte.

Serien schauen mit Yuta war wie ein Schulausflug: Man dachte, dass es doch nicht so schlimm werden konnte, doch irgendwer schaffte es immer, das Ganze zu einer Katastrophe zu machen. Okay, Yuta redete nur viel und eigentlich war das für Taeil gar nicht mal so schlimm, aber ... egal. Er tat das immer noch für Sicheng, nicht wahr? Also hatte er sich nicht wohl zu fühlen, er musste das nur über sich ergehen lassen und fertig.

» Buchstabier mal ... Akupunktur. «

» A-K-U-P-U-N-K-T-U-R «, erwiderte er problemlos, woraufhin Yuta beleidigt ein Stück Popcorn nach ihm warf.

» Lusche, warum kannst du so was? «, beschwerte er sich und tat seine Lippen beleidigt zu einer Schnute auf.

» Man wirft nicht mit Essen! Hat dir das niemand beigebracht? «, klagte er provokant, woraufhin Yuta allerdings, statt zu antworten, » Mund auf « sagte und mit seiner Hand einen Wurf andeutete.

» Ich kann nicht fangen. « Oder sonst irgendetwas, das sportliche Aktivität verlangt.

» Und ich nicht werfen. Wir ergänzen uns so perfekt! «, fügte er gespielt träumerisch hinzu, also gehorchte Taeil ergeben und spürte kurz darauf, wie das Stück Popcorn tatsächlich auf seiner Zunge landete. » Und jetzt sag, dass ich krass bin. «

» Nö, eigentlich nicht «, entgegnete Taeil, jedoch flog da schon das nächste Projektil in seine Haare.

» Ich hasse dich. «

» Schön, dass dieses Gefühl auf Gegenseitigkeit beruht «, erwiderte Taeil und schüttelte den Kopf, um das Stück aus seinen Haaren zu entfernen. Es half nicht viel, also musste er den unschönen Schmuck manuell loswerden.

» Red wie ein normaler Mensch, was ist denn los mit dir? «, zischte er und fachte das Desaster auf Taeils Kopf weiter an, indem er dafür sorgte, dass sich ein weiteres Teil in seinen dunklen Strähnen verfing.

» Jetzt lass es, du Idiot! «, rief Taeil unwillkürlich grinsend und fuhr sich nochmal durch die Haare, woraufhin das Stück an seinem Kopf entlang kullerte und zu Boden fiel. » Du kannst so eine Nervensäge sein «, seufzte er und rückte etwas vom Japaner weg, woraufhin der übertrieben freundlich » Vielen Dank für Ihr Feedback, wir bemühen uns immer, Moon Taeil so unangenehm wie möglich zu sein « erwiderte.

» Manchmal frage ich mich, ob du überhaupt so was wie einen Verstand hast «, murmelte Taeil überheblich, zog seine Beine an sich und schlang seine Arme darum.

» Jetzt ist auch die Frage, wie man Verstand definiert. Wenn du meinst, dass ich dann ein Nerd wie du sein muss, mh, da verzichte ich lieber «, entgegnete er und knabberte nun wieder an einem Haufen an Popcorn, den er in seiner Hand hielt. » Wahrscheinlich kannst du auch noch Klingonisch oder so. «

» Nein, aber Latein, fili stulte moechae. «

Natürlich konnte Taeil kein Latein. Die Sprache war viel zu komplex und zudem so gut wie ausgestorben, und wenn man alles hochrechnete, konnte er vielleicht gerade mal ein paar Grundlagen, aber hey. Jemand der sagte, er könnte Latein, kam doch ganz intelligent rüber. Keine Ahnung, was er Yuta damit beweisen wollte, immerhin interessierte den das nicht einmal im Ansatz, aber was sollte man sagen, Taeil mochte es eben, dem Jüngeren überlegen zu sein.

» Keine Ahnung, was das bedeutet, aber ich bin mir sicher, dass ich dir dafür auf jeden Fall eine verpassen will. «

» Es heißt › Du bist der Beste ‹ «, log er und schenkte ihm ein dämliches Grinsen, weshalb Yuta eine weitere Ladung Popcorn nach ihm warf.

» Pfosten. «

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Die dicken Tropfen des Sommerregens setzten sich an den feinen Gläsern der Wohnung ab, flossen in dünnen Bächen an der Scheibe entlang und durchnässten das Fensterbrett, den Fußboden, die Gardinen. Eigentlich hatte Taeil nicht die Motivation, das Fenster zu schließen, aber auch nicht den Willen.

Er mochte Regen.

Regen hatte etwas unsagbar Beruhigendes und Eigenes an sich, und so dumm es auch klang, fühlte er sich gut auf der Haut an. Abwesend sah er auf den glänzenden Asphalt der Straße herab und ließ sich von den leichten Tropfen eindecken, während er mit seinen Fingern ungeordnete Muster auf die Fensterbank zeichnete. Die Flüssigkeit setzte sich kühl an seinen Fingerspitzen ab und lief langsam an seinen Armen entlang, wenn er diese kurz hochhielt, wo sie unauffällig unter seiner Kleidung verschwand und ihn erschaudern ließ.

Der Duft von frisch befeuchteter Erde lag in der Luft, hohes Gras wehte im leichten Wind und Zweige sowie dunkelgrüne Blätter schlugen nach den depressiv grauen Wolken. Es war warm. Viel zu warm. Etwas Regen tat jetzt wirklich gut.

Müde warf er den Kopf in den Nacken, sah in den dunklen Himmel und spürte, wie die Tropfen an seinen Wangen entlangperlten. Er hatte tatsächlich keine Ahnung, wie lang er dort gestanden hatte, aber es musste schon eine ganze Weile gewesen sein, da er bereits die familiären Geräusche hörte, die bedeuteten, dass seine Mutter zu Hause war. Langsam schloss er das große Fenster wieder. Nicht, dass sie sich Sorgen machte, wenn sie ihn so sah.

Regen hieß eigentlich immer, dass demnächst etwas Gutes passierte, aber irgendwie schien es nicht so. Natürlich wusste Taeil, dass es dumm war, das zu glauben. Er war ein intelligenter Mensch, der verstand, dass es so etwas wie Schicksal oder Glück nicht gab, Dinge passierten, weil sie einen Grund hatten, und dennoch glaubte er, dass Regen für etwas Gutes stand. Paradox.

Vielleicht stand es für einen Neuanfang, für alte Gewohnheiten, die er noch loswerden musste. Genau, für etwas Neues. Für etwas Besseres, Schöneres.

Wollte ihm das Universum damit vielleicht sagen, dass er Sicheng loslassen sollte? Egal, wie unmöglich es schien?

» Taeil, du bist ja total unterkühlt! Wo warst du? «, fragte Yoona und rieb die Außenseiten von Taeils Oberarmen.

» Kurz ... draußen ... frische Luft schnappen «, murmelte er und löste sich aus ihrem Blick voller Besorgnis.

» Mh, komm her, ich hole dir eine Decke und mache Tee ─ «, begann sie, doch Taeil unterbrach sie gepeinigt.

» Bitte, Eomma. «

Mehr brauchte es nicht, damit sie wieder still wurde und sich zurückzog, jedoch verschwand das misstrauische Funkeln in ihren Augen nicht. » Du bist ein verantwortungsvoller Mensch, Taeil. Ich möchte dir genug Freiraum lassen, aber das geht nicht, wenn du ... «

Als Taeil daraufhin ungewollt die Augen verdrehte, hielt sie inne.

» Mh, erkälte dich nicht «, bat sie, statt ihren Satz zu beenden und schenkte ihm ein schwaches Lächeln.

» Mache ich nicht. «