𝟬𝟯 | Konversation
bildungssprachlich
Substantiv, f.
unverbindliches, oft nur um der Unterhaltung willen geführtes, zwangloses Gespräch
「✿」
» Und, wie lief es? «, fragte Sicheng und Taeil war allen Göttern, an die er eigentlich nicht glaubte, unglaublich dankbar, dass er mal mit ihm allein war.
» Bescheiden. Yuta hat kein Wort mit mir geredet «, erzählte er und wollte eigentlich das Thema wechseln, da er Yuta für den Moment los war und nicht an ihn denken wollte. » Ich habe es wirklich versucht, aber er ist so stur. «
» Uff. «
In diesem Moment konnte Taeil nicht anders, als Sichengs hübsches Gesicht zu betrachten. Trotz des markanten Kiefers wirkten seine Augen weich und einladend, dunkel und wärmeabgebend. Als er auch noch so unbeholfen lächelte, platzte Taeil fast.
» Warum bist du nur so niedlich? «, klagte er fast schon wehleidig und kniff ihm wie eine alte Oma in die Wange.
Sicheng lachte, bevorzugte es jedoch, Taeils Hände nicht in seiner Visage zu haben, weswegen der Ältere sie auch schnell wegzog. Er vergaß immer wieder, dass Sicheng Körperkontakt nicht besonders mochte, aber Taeil liebte, liebte, liebte ihn, wie sollte es überhaupt möglich sein, ihn nicht mit Zuneigung zu zerquetschen?
» Meine Güte, ihr sagt mir permanent, ich sei niedlich. Was ist an mir niedlich? «, beschwerte er sich, nahm wider Erwarten Taeils Hände in seine und spielte damit, was dem Kleineren ein sanftes Lachen entlockte. Er liebte es, wenn Sicheng ihn von sich aus berührte. Das gab ihm ein Gefühl von Bestätigung.
» Alles an dir ist niedlich «, erwiderte er und neigte den Kopf. » Dein Gesicht, dein Lächeln, deine Art zu reden, wie du dich bewegst, wie du lernst, wie du aufmerksam wirst, wenn es um Essen geht, wie du mich einfach immer wieder aufs Neue faszinierst ... «
Sie spürten beide, dass Taeil nicht mehr freundschaftlich war, jedoch wollte er nicht, dass sie die vertraute Stimmung aufgaben, und räusperte sich daher, schüttelte den Kopf und nuschelte eine decouragierte Entschuldigung. Er und Sicheng waren Freunde. Nur Freunde.
» Ich bin gerade etwas durch den Wind «, seufzte er und war froh, dass Sicheng seine Hände nicht von Taeils löste. Es fühlte sich an, als hielte er frische Blumen zwischen seinen Fingern, die sich kraftvoll emporhoben und ihre schönen Blüten in Form von Glücksgefühlen entfalteten.
Langsam bekam er das Gefühl, er wäre im Himmel, bekam das Gefühl, Sicheng wäre der Himmel und konnte nicht aufhören, happy zu sein. Drei einfache Worte wollte er von Sicheng hören, die, die Taeil schon die ganze Zeit auf der Zunge lagen, die, die er nie hatte aussprechen dürfen, weil sie alles verändert hätten, die, die so erfreuen, aber auch frustrieren konnten, wenn sie nicht erwidert wurden. Drei Worte, die Taeil so glücklich machen würden wie nie jemanden zuvor.
» Ist schon okay. « Das waren sie schon mal nicht.
» Ich probiere es weiter mit Yuta, hoffentlich stellt er sich nicht wieder so an «, seufzte er verlegen und bekam den Drang, Sicheng zu küssen, traute sich allerdings nicht zu fragen und biss sich stattdessen auf die Unterlippe.
» Das wird schon «, meinte er optimistisch und drückte Taeils Hände, was einen weiteren Schauer durch sein Gegenüber jagte. Er wollte Sicheng wirklich, wirklich gerne küssen, Gott, doch er wusste, das er das nicht durfte, und in dem Moment fingen die Blumen an zu welken. Sie wurden blass und schlaff, sehnten sich nach Wasser, Sonne, Liebe, Erwiderung.
Es fiel ihm schwer, seine Hände zu entwinden, aber er war sich sicher, dass er so nicht auf komische Gedanken kommen würde. Außerdem wusste er, dass Yuta jederzeit zu ihnen stoßen könnte, und weil sie beide doch auf Frieden aus waren, wollte er keinen Anlass bieten, eine erneute Schlacht in diesem ewigen Krieg anzufachen.
Sicheng störte es nicht besonders.
Sie unterhielten sich eine Weile über Gott und die Welt, denn ihm kam immer wieder ein neues Thema auf, über das sie reden könnten. Es war, als wären sie kurz in einem anderen Universum, durch das sie gerade so schwerelos glitten. Auch wenn Taeil tief in seinem Inneren Schmerz verspürte, umgaben viel zu viele schöne Sterne und Planeten Sicheng, als dass er dem Aufmerksamkeit schenken könnte.
Sobald Yuta wie ein störender Asteroid hinzukam, fiel Taeils Laune etwas, aber weil Sicheng blieb, war es okay.
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Taeil fühlte sich nicht besonders wohl, als er und Yuta sich wieder in dieses Café zwangen. Ihre Bestellung verlief wie beim letzten Mal und für ein paar Minuten schwiegen sie sich aufs Neue an. Da Taeil aber nicht einen weiteren Nachmittag verschwenden wollte, versuchte er, eine Gespräch mit Yuta zu führen.
» Wie findest du die neue Englischlehrerin? «, fragte er spontan und sah zu Yuta auf. Der zuckte wortlos mit den Schultern und schlürfte weiter sein Getränk.
» Smalltalk, Nakamoto. Du musst schon mitmachen, sonst funktioniert es nicht «, wies er ihn an. Ihre Blicke trafen sich.
Yuta setzte ein betont falsches Lächeln auf und erwiderte: » Sie ist okay. «
Stille.
» Muss man dir echt alles sagen? Jetzt musst du eine Frage stellen oder etwas einwerfen, das nennt sich Konversation. Oder ist das auch zu hoch für dich? «, spottete er und eigentlich war es nicht seine Absicht, Yuta zu provozieren, dennoch schien er angefressen, nachdem ihm Taeil das entgegnet hatte. Allerdings hatte Taeil langsam genug von Yutas Ignoranz, irgendetwas hatte er ja sagen müssen.
» Sie hat mir eine schlechte Note für die mündliche Prüfung reingedrückt, also fuckt sie mich nur ab. «
» Hast du denn gelernt? «
Yuta wurde still.
» Dann ist es doch nicht ihre Schuld? «
» Lass uns über was anderes reden «, nuschelte Yuta und verschränkte die Arme auf dem Tisch, bevor er seinen Kopf darauf niederließ. » Ich hasse Schule. «
» Wer mag Schule denn? «
» Du? «
Taeil schaute ihn irritiert an. » Wie kommst du darauf? «
» Du bist ein Streber. Ist einfach so. «
Okay, es stimmte, dass Taeil gute Noten schrieb, aber das lag nicht daran, dass er besonders Spaß an der Schule hatte. Genau wie Yuta ging er nur hin, weil er musste und auch, weil er später eine gute Universität besuchen wollte, das hatte nichts damit zu tun, ob er die Schule mochte oder nicht.
» Na und? «, stellte er ihm also entgegen. » Ich mag Schule auch nicht. Ich hasse es, dass manche Lehrer nicht objektiv bewerten. Und ich mag es nicht, mich zu melden, weil mir dann plötzlich alle zuhören. Das macht mich nervös. «
» Ich verwechsle immer objektiv und subjektiv. Sag an, Wörterbuch «, seufzte Yuta und schloss seine Augen, als würde ihn dieses Thema ermüden.
» Du bewertest subjektiv, wenn du voreingenommen urteilst. Du gehst also nach deinem persönlichen Interesse. Du wirst parteiisch, könnte man sagen «, informierte Taeil ihn und irgendwie machte es Spaß, das Yuta zu erklären, er konnte nicht sagen, warum. Möglicherweise mochte er es einfach, anderen etwas beizubringen.
» Ach so «, brachte Yuta nonchalant hervor und spielte mit dem Trinkhalm zwischen seinen Fingern. » Warum weißt du so was, Nerd? «
» Ich bin kein Nerd «, protestierte er und runzelte die Stirn.
» Denkst, mit deiner Intellektuelität ─ «
» Intellektu-a-lität. «
» Was auch immer. Du denkst, damit kommst du besser bei ihm an, oder? « Und Taeil wusste, wen er mit › ihm ‹ meinte.
» Naja, einen Versuch ist es immerhin wert. Ich bin nicht stark oder sportlich oder gutaussehend, da muss ich mit was anderem punkten «, meinte er und zuckte mit den Schultern. Intelligenz war attraktiv, das war wissenschaftlich erwiesen.
» Du wirst trotzdem nie bei ihm landen «, meinte er und sah plötzlich wieder zu Taeil auf. Ärgernis spiegelte sich in seinen Zügen wider.
Falls Taeil nicht wusste, wie es war, sich mit Blicken zu bekriegen, wusste er es spätestens jetzt, und die angespannte Stille, die auf Grund dessen zwischen ihnen lag, empfand er als angebracht.
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