
─ sechzehn.
𝐂𝐎𝐍𝐍𝐄𝐂𝐓𝐈𝐎𝐍
kapitel sechzehn; ari
❞ Typisch Sam. ❝
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»Mika hat ein Talent für sowas, oder?« Mit großen Augen sehen Elisabeth und Philipp ihre älteste Tochter an. »So meinte ich das nicht«, erwidert sie schnell, als ihr klar wird, wie es bei ihren Eltern angekommen ist.
Dann klingelt plötzlich ihr Handy. »Ich muss los. Sonst gerate ich noch in den Stau.« Sie drückt ihren Eltern jeweils einen Kuss auf die Wange und sieht sie mit einem Lächeln an. »Haltet ihr mich auf dem laufenden?«
»Willst du nicht auf Fanny warten?«, fragt Philipp. »Ich kann wirklich nicht. Aber richtet ihr schöne Grüße aus, ja?«
Und dann ist Alea auch schon aus dem Krankenhauszimmer ihrer Schwester verschwunden. Sie kramt in ihrer Handtasche nach ihrem Autoschlüssel und als sie diesen gefunden hat, entsperrt sie ihr Auto und setzt sich hinter das Steuer.
Im Kofferraum ist bereits ihr Koffer und sie gibt die Adresse zum Gestüt Kaltenbach ins Navi ein und fährt dann vom Parkplatz des Krankenhauses.
Knapp 2,5 Stunden später parkt Alea ihr Auto auf dem Parkplatz des Hofs und lächelt glücklich, als sie die bekannte Umgebung sieht.
»Alea!« Tinka kommt auf das ältere Mädchen zugelaufen und wirft sie in ihre Arme. Lachen taumelt Alea nach hinten, legt ihre Arme aber ebenfalls um die Jüngere. »Ich habe dich vermisst.«
Alea schmunzelt über ihre Bemerkung. »Ich war doch nur drei Monate weg«, lacht sie und die beiden lösen sich voneinander. »Drei Monate zu viel«, erwidert Tinka theatralisch. »Du hättest mal Sam sehen sollen.«
»Wer hat meinen Namen gesagt?«, fragt da der Junge und geht auf die beiden Mädchen zu. Er lächelt, als er Alea sieht, und drückt ihr direkt zur Begrüßung einen Kuss auf den Mund. »Ich habe dich vermisst«, flüstert er an ihre Lippen und drückt direkt noch einen leichten Kuss auf diese.
Tinka verzieht das Gesicht. »Habe ich ja gesagt«, murmelt sie und lässt die beiden alleine. Alea schaut ihr Lächelnd nach, ehe Sam sie in seine Arme zieht und ihr viele kleine Küsse auf dem Gesicht verteilt.
Kichernd windet sich die 19-Jährige in seinen Armen und kann sich schließlich befreien. Sie sieht zu ihm auf und würde am liebsten wieder ihre Lippen auf seine pressen. »Wie geht es Ostwind?«, fragt sie stattdessen.
»Ich weiß nicht, was ich noch machen soll«, murmelt der Junge. Alea streichelt ihrem Freund durch die Haare. »Es wird alles gut gehen«, erwidert Alea leise und legt ihren Kopf auf seiner Schulter ab.
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»Du hast was?«, fragt Sam verwundert nach, als er zu dem Mädchen rüber schaut, das auf dem Heuberg sitzt. »Nichts«, erwidert Fanny. »Nur die Wahrheit etwas erweitert.«
»Typisch Fanny«, grinst Alea und schenkt Ari ein Lächeln. »Reittherapie im Zentrum Kaltenbach. Klingt doch super, oder?«, fragt Fanny grinsend.
»Das klingt gar nicht super. Das klingt nach Kidnapping«, erwidert Sam. »Typisch Sam«, schmunzelt Alea, was Ari jetzt lächeln lässt. »Wirklich nicht hilfreich, Alea«, sagt Sam und schüttelt über die nicht hilfreichen Kommentare seiner Freundin den Kopf.
»Außerdem kannst du dafür in den Knast gehen, Fanny«, fügt Sam hinzu, was Alea die Augen verdrehen lässt. »Jetzt übertreibst du es aber«, murmelt seine Freundin.
»Ach, Quatsch«, winkt Fanny ab. »Meine Chefin war total begeistert. Du hättest das Heim sehen müssen. Es war schrecklich. Sie musste da weg.«
Sam schüttelt den Kopf. »Fanny, wir haben hier so viele Probleme, ich kann mich nicht auch noch darum kümmern. Wir therapieren hier Pferde und keine verhaltensgestörten Kinder. Sie muss zurück ins Heim.«
Alea schlägt ihrem Freund gegen den Hinterkopf. »Au!«
»Zurecht« sagt sie. »Spinnst du? Du kannst sowas doch nicht sagen! Ari ist ein Waisenkind und hat niemanden mehr. Außerdem kann sie dich hören, immerhin ist sie direkt ...«
Als Alea sich nach Ari umdreht, ist das Mädchen nicht mehr zu sehen und sie presst ihre Lippen aufeinander.
»Direkt was?«, fragt Fanny nach und dreht sich zu Alea um, die sich so hinsetzt, dass Fanny nicht mitbekommt, dass das Mädchen verschwunden ist.
»Gar nichts«, erwidert Alea leise und schaut sich um. Dann erkennt sie Ari, die mit Ostwind auf der Wiese steht.
Ein Lächeln schleicht sich auf ihre Lippen und Alea dreht sich wieder den beiden anderen zu. »Außerdem« beginnt Fanny, »vielleicht hilft ihr der Umgang mit Pferden ja. Könnte doch funktionieren.«
»Ja, aber glaubst du ernsthaft ein bisschen Pferdekuscheln verändert jemanden?«, fragt Sam und schaut zu Fanny auf.
Alea schmunzelt und Fanny ebenfalls. »Nee, habe ich noch nie erlebt.«
»Sie ist aber nicht Mika«, erwidert Sam.
»Mann! Du fährst wie der letzte Henker!«, ruft Ari von hinten und alle drehen sich zu dem Mädchen um.
Die zwei Mädchen und Sam lachen. »Okay, vielleicht ist sie doch ein bisschen wie Mika.«
»Hoffentlich nicht«, murmelt Alea und schenkt Ari ein Lächeln.
Als der Traktor schließlich endlich auf den Hof fährt, erkennt Alea das Lächeln auf Aris Gesicht. Denn diese schaut mit großen Augen über den Hof und Alea kann das Glitzern in ihren Augen sehen.
Die beiden sehen Archibald, der die frisch gewaschene Wäsche von der Leine frisst und Marianne, die Haushälterin, die ihm mahnend hinterherrennt.
Vor dem Haus bleibt Sam schließlich stehen und Fanny nimmt Ari sofort an die Hand und dirigiert sie ins Haus. »Wir verstecken sie jetzt erstmal und überlegen, wie wir's Frau Kaltenbach erklären, ja?«, fragt Sam.
»Nein«, murmelt Fanny und schüttelt den Kopf. Sie steht mit Ari bereits auf der Treppe, während Sam zu den beiden aufsieht und Alea den Blick von Fanny folgt und ihre Großmutter auf sie zukommen sieht.
»Wie, nein? Doch! Frau Kaltenbach hat gerade echt Haare auf den Zähnen und deswegen machen wir mal zur Abwechslung mal, was ich sage ...« Sam wird zum Ende hin immer leiser, als er die Blicke der anderen auf sich spürt. »Oh nein. Sie steht hinter mir.«
Sam dreht sich zu der Frau um und schenkt ihr ein Lächeln. »Äh, Frau Kaltenbach, ähm ...«, stottert der Junge und Alea muss sich zusammenreißen nicht laut loszulachen. »Ich ... Ich kann das erklären«, versucht Sam es.
»Das wird nicht nötig sein, Samuel«, sagt Maria und schüttelt den Kopf. »Ich hatte eben schon einen sehr aufschlussreichen Anruf aus Frankfurt. Also«, sagt sie und lächelt Fanny an, »wo ist Ari?«
Das junge Mädchen versteckt sich hinter dem Treppengeländer und Sam zieht verwirrt eine Augenbraue hoch. »Wer?«
»Spreche ich undeutlich?«, fragt Maria und sieht ihre Enkelin an, die den Kopf schüttelt. »Ja, das sind dann wohl die Haare auf meinen Zähnen«, gibt sie die Worte die Sam vorhin verwendet hat wieder.
»Sam kann nichts dafür«, geht Fanny dazwischen. »Wirklich. Das war ganz allein meine Idee.«
»Das weiß ich doch, Fanny«, sagt Frau Kaltenbach ruhig und legt ihre eine Hand auf die Wange. »Und ich bin sehr, sehr froh, dass du sie hergebracht hast.«
Verblüfft sehen Sam und Alea sich an. »Genau, das bin ich doch auch«, sagt Fanny begeistert und sieht Sam siegessicher an.
»Also wo ist sie?« Maria schaut Fanny abwartend an.
Und gerade als Fanny, Sam und Alea sich zu Ari drehen möchten, legt Maria ihrer Enkelin eine Hand auf die Schulter. »Oh, äh ... Hat sie schon gefressen?«
Verwirrt sehen die drei Jugendlichen sich an. »Die muss ja ziemlich steif sein vom Transport. Samuel, vielleicht bewegst du sie vorher ein paar Runden auf dem Platz?«
»Ähm ... Frau Kaltenbach ...«, versucht Fanny die Situation zu erklären, doch schüttelt die Besitzerin des Hofs nur den Kopf. »Ja, ist gut, Fanny. Wir kriegen das schon hin. Also, frisch ans Werk.«
Maria geht die Treppe hinauf und bleibt direkt vor Ari stehen, als sie sich noch einmal an die drei wendet. »Mika wäre sehr stolz auf euch.«
»Sie denkt, ich bin ein Pferd?«, fragt Ari Fanny leise.
»Und?«, fragt Frau Kaltenbach und Ari dreht sich erschrocken zu ihr um. »Wer bist du?«
»Ich?«, fragt Ari und sieht hilfesuchend zu Alea und Fanny rüber. »Ich bin Sams Cousine.«
Alea presst ihre Lippen aufeinander, als sie den Gesichtsausdruck ihres Freundes sieht. »Aha«, meint Maria und nickt. »Ja, dann ... Herrlich willkommen auf Kaltenbach.«
»Cousine? Sag mal, spinnst du?«, fragt der Junge sie direkt, als Maria oben und außer Hörweite ist. Alea legt ihre Hand in seine. »Weißt du, Sammy, manchmal, musst du es einfach hinnehmen, wie es ist«, sagt sie und zieht ihn aus dem Haus raus.
Und während Fanny Ari ihr Zimmer zeigt, machen Alea und Sam sich auf den Weg zu Sams Großvater.
»Hier, Linseneintopf«, begrüßt Sam den alten Mann und setzt sich neben ihn. »Danke«, murmelt der Mann nur und schaut zu Alea auf, die ihm ein freundliches Lächeln schenkt. »Keinen Hunger.« Das Essen stellt er dankend neben sich.
»So geht es echt nicht weiter«, seufzt Sam. »Er muss rauskommen, er muss fressen. Wenn Mika nicht aufwacht, dann stirbt Ostwind.«
»Meinst du?«, fragt Herr Kaan seinen Enkel. »Das fragst du mich?«, fragt Sam und sieht seinen Großvater verdutzt an. »Du hast doch immer behauptet, dass Mika und Ostwind mystisch verbunden sind. Ich habe keine Ahnung davon, aber ich weiß, dass das Pferd vor meinen Augen verhungert.«
»Ich glaube nicht, dass in Mikas Verbindung zu Ostwind die Lösung zu finden ist«, sagt Herr Kaan weise. »Nicht?«, fragt Sam nach. »Nein. Ich glaube vielmehr, diese Verbindung ist das Problem.«
»Wie meinen Sie das?«, fragt Alea, die Angst um ihre Schwester hat.
»Kommt mal mit«, sagt Herr Kaan und die beiden folgen ihm in den Wohnwagen. Unter dem Bett zieht er eine verstaubte Kiste hervor und sucht darin eine alte in Ledergebundene Mappe.
»Was ist das?«, fragt Alea und schaut zu ihm hinab. Er uns Sam sitzen auf dem Bett, als er die Schleife löst und ein paar seiner alten Skizzen zum Vorschein kommen.
»Skizzen. Von meiner Reise durch die Mongolei. 1971«, erklärt er und zeigt Sam eine davon.
»Wow. Das ist ja abgefahren«, murmelt Sam und schaut sich eine Skizze einer alten Statue an.
Dann sieht Alea in all den Skizzen eine, die ihr sehr bekannt vorkommt. Mit zusammengepressten Lippen deutet sie auf eine Skizze eines Mädchens, das neben einem Pferd schläft. »Das ist es doch, oder?«
»Ja, das kennt ihr«, sagt Herr Kaan nickend. »Eines von diesen Pferdewesen. Norjsotsch, der Schläfer«, erklärt er und deutet auf die am Bodenliegende Person. »So genannt, weil er oder sie ...«
»Mika«, unterbrechen Sam und Alea ihn gleichzeitig.
»... lieber bei den Pferden schläft als bei den Menschen«, beendet Herr Kaan seine Erzählung.
»Der Schläfer hat die gleiche Energie wie das Pferd«, liest Sam laut vor. »Die Energie des Wassers. Kühl, fließend, anschmiegsam. Doch ist der Fluss einmal gestört, entsteht ein Strudel, der sie beide in die Tiefe zieht.«
»Das heißt«, murmelt Alea, »Mika kann nicht aufwachen, weil es Ostwind schlecht geht. Und Ostwind frisst nichts, weil Mika nicht aufwacht?«
Sams Großvater nickt. »Genau.«
»Das ist doch Quatsch«, sagt Sam Kopfschüttelnd. »Ich meine, das sind alles nur Märchen. Und solange da keine Lösung drin ist, dann lebe ich lieber in der Realität. Und in der werden beide wieder gesund.«
Ohne noch etwas zu sagen, lässt Sam Alea und seinen Großvater zurück. Mit einem Lächeln auf den Lippen sieht Alea den alten Mann an und überreicht ihm das Bild wieder. »Er ist gerade nur etwas gereizt«, erklärt sie ihm das Verhalten ihres Freundes.
»Ist schon gut, Alea«, seufzt der Mann und erwidert ihr Lächeln schwach. »Pass auf ihn auf, ja?«
»Natürlich« sagt sie lächelnd und deutet ihm anzugehen. »Schönen Tag noch.«
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