Henry

«Wisst ihr, wer euch das angetan hat? Also konntet ihr die Person erkennen oder könnt ihr sie vielleicht beschreiben?», fragte ich und öffnete den letzten Haken. Ein kleiner Junge, vielleicht neun mit dunklen Haaren, schaute mich von oben bis unten an. Man konnte wortwörtlich sagen, dass er mich 'abgescannt' hatte. Sah ich so schlimm aus, fand ich ja nicht, aber jeder hat einen anderen Geschmack. 

«Wer bist du und warum sollte ich dir sagen, was ich weiß?», fragt der kleine Junge. Er war mutig so mit mir zu reden, nachdem, was er durchgemacht hatte. Ich fühlte mich leicht gekränkt. Wusste er nicht, wer ich war? Ray hinter mir lachte leise, weswegen ich ihm einen bösen Blick zu warf, was so viel wie lach-weiter-und-ich-Hänge-dich-eigenhändig-wieder-auf bedeutete. Da er wusste, dass ich es erst meinte, hörte er auf und sein Blick wurde ernst.

«Ich nehme mal an, durch die Dunkelheit hier siehst du etwas schlecht. Nenne mich Kid Danger. Du kannst mir vertrauen, immerhin habe ich euch befrei.t» Ich zeigte mit einem Blick auf die restlichen Kinder, die um uns standen. Alle hörten gespannt zu.

Wir müssten normal so schnell wie es ging hier raus, aber erst wollte ich eine Antwort von dem Jungen.

«Ich konnte die Person nicht identifizieren, aber sie sagte immer diese Sätze ...» Dem Jungen kullerte eine Träne über die Wange. Für sein Alter hatte er ein ausgeprägteres Vokabular als Jasper.

«Hey, nicht weinen, okay? Wir kommen hier raus, aber sag mir erst, hast du verstanden, was die Person sagte?» Ich strich dem Jungen sanft die Träne von der Wange und nahm ihn kurz in den Arm. Er war noch so jung und hatte so schreckliches erleben müssen.

«Er sagte :'dass war nicht das letzte Mal das ihr meinen Namen gehört habt, ich werde wieder kommen. Ich bin nämlich der Herrscher der Bösen.' Mehr sagte er nicht oder konnte ich nicht verstehen.» 

Ich nahm den Jungen erneut in den Arm und flüsterte ihm etwas ins Ohr. «Alles wird gut, kleiner. Ich bring dich und die anderen Nachhause.» Er nickte dankbar und gesellte sich zu den anderen Kindern. Ich lief langsam durch diesen Blutsee zurück zu Ray.

«Hör zu Ray, wir haben es hier scheinbar mit einer riesen Sache zu tun. Es nennt sich der Herrscher des Bösen.» Ich machte eine kurze Pause beim Reden und atmete tief ein.

«Ich werde bis zum Ende von diesem Raum laufen. Hier muss es auch einen Ausgang geben», gab ich ihm Bescheid, damit er mich nicht suchen würde.

«Das Ding muss ziemlich groß sein, wenn man Kinder in solch eine Hölle einsperrt und foltert.» Da ich dachte, dass Ray nichts mehr zu sagen hatte, drehte ich mich um und tastete mich an der Wand entlang, doch er hielt mich am Arm fest und zog mich leicht zurück.

«Pass auf dich auf, Kid, ich habe dich schon einmal fast verloren und das war schlimm genug.» Zur Bestätigung nickte kurz und drehte mich diesmal wirklich um. 

Gefühlte zehn Minuten lief ich tastend mit einer Hand, die Wand entlang, als ich stolperte und mit meinem ganzen Körper in dem Blutsee lag. Meinen Kopf konnte ich gerade noch so hoch halten, wie ich konnte, damit ich nicht vollends mit Blut verdreckt wurde. «So ein Mist aber auch!», schimpfte ich und suchte mit meiner Hand nach dem Ding, wo ich drüber gestolpert war. Als ich etwas mit meiner Hand berührte, zog ich reflexartig meine Hand zurück. Was zum Teufel war das? Es fühlte sich glitschig und hart an. Ich griff erneut hinein und holte ein großes Stück Fleisch, wie ich annahm, aus dem Blut. Mir flackerte eine Idee in meinem Kopf, was es mit dem Blut, dem Gestank und diesem Stück Fleisch auf sich hatte. Die Lagerhalle musste eine alte Fleischfabrik gewesen sein.