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12 ✿ Scarface


„Du?", klappt mir die Kinnlade runter. „Hier?"

„Warum so überrascht?" schmunzelt er.

„Wo kommst du denn her?", frage ich langsam.

„Aus der Kanzlei."

Ich bin ganz baff. „Jetzt noch?"

„Die letzten Tage waren verrückt", sagt er nüchtern.

Vielleicht hat er sich ja deshalb nicht gemeldet? Vielleicht ist er ja doch kein selbstgefälliger Pinsel? Oder immerhin nur so ein klitzekleines bisschen?

„Du frierst", tadelt er mich indirekt für meinen Leichtsinn, nachts so ganz ohne Jacke im Raucherbereich herumzulungern. Er zieht seinen Mantel aus und legt ihn um meine Schultern, was irgendwie echt fürsorglich ist. Hab ich nicht kommen sehen, nicht mal mit doppeltem Silberblick ...

„Danke", lächle ich, besonders als mir auffällt, dass er mich gar nicht mehr loslässt.
Das fühlt sich gut an, das fühlt sich ... angekommen an.

„Bist du extra wegen mir hier?", fallen die plumpen Worte einfach so aus meinem Mund.

„Nein." Er schüttelt den Kopf, und zwar so ironisch, dass es sogar ich kapiere. „12-Stunden-Tage lasse ich einfach gern in stickigen Pubs ausklingen, die ich in kühlen Mainächten nur zu Fuß erreichen kann, weil man in dieser verfluchten Stadt kein Taxi bekommt."

„Sie stehen immer aufgereiht da, bis man sie wirklich braucht", pflichte ich ihm mit großen Augen bei.

„Ja", nickt er. „Unglaublich nervig."

„Also bist du wirklich wegen mir hier", folgere ich. „Wieso?"

Ich frage das nicht beleidigt, nicht verärgert, sondern weil ich es einfach nicht begreife. Muss es ihm nicht um mehr als nur die reiche Mara gehen?

„Ich wollte dich sehen", sagt er schlicht.

Wow. Will er vielleicht auch ankommen?

„Dann hast du mich nicht vergessen?", säuselt der Alkohol aus mir, reißt meine vermeintlich lässige Deckung mal so komplett ein und bringt ihn leise zum Lachen.

Er zieht mich auf: „Ich hab mich zum Beispiel mal an dich erinnert, als ein Mandant ne Zitrone in seinem Wasser haben wollte. Ansonsten ..."

„Einspruch, Euer Ehren!", erhebe ich müden Blickes den Zeigefinger. Und wissen Sie was? Ich sage es ihm jetzt einfach.

„Ich bin arm", beginne ich und nicke, als wolle ich meine Aussage bekräftigen.

„Arm?", fragt er amüsiert. „Ja, fürchterlich arm, ganz bestimmt."

„Nein, echt", bekräftige ich es wieder. Irgendwie bekomme ich es gerade nicht mehr so ganz hin, das umfassend zu erklären. „Ich bin arm und ich –"

Ich halte inne, als er mich zu sich zieht und mein Kinn anhebt. Mir bleibt die Spucke weg – mein Gehirn kann das gar nicht schnell genug verarbeiten.

„Du bist nicht arm", sagt er mit Samtstimme, „nur viel zu leicht angezogen und ein wenig betrunken."

Ein wenig ist gut ... Ich bin zu wie ne Haubitze und vielleicht bekomme ich es deshalb gerade einfach nicht mehr auf die Reihe, meine Gefühle zu kontrollieren.
Das ist unser Scarlett-fällt-in-Rhett's-Arme-Moment. Ich bin Vom Winde Verweht. Soll die Lüge einfach Lüge sein, oder? Ich hab's ja schließlich gerade versucht ... Manchmal muss man auch loslassen können, nicht? Und das tue ich jetzt auch.

Er blickt mir fast in die Seele, und zum ersten Mal überhaupt macht sich auf seinem Gesicht ein leises, so gar nicht selbstgefälliges Lächeln breit. Als hätte er mich einfach gerne ganz nah ...

Tja, und wissen Sie was? Das kann er haben. Ich kriege es nämlich schlichtweg nicht länger hin, mich zu beherrschen. Selbst ist die Frau. Ich lehne mich nur ein Stückchen vor – weiter muss ich es gar nicht – und küsse ihn.

Wo der Mut herkommt?
Keine Ahnung.
Es ergibt irgendwie einfach gerade ganz viel Sinn in meinem Kopf ...
Mein Kuss ist allerdings so zaghaft wie spontan, das muss ich zugeben. Keine wilde Zungenakrobatik, nichts verrucht Unanständiges. Einfach ein harmloser, aufgehauchter Kuss auf seine hübschen Lippen.

Und als ich ihn wieder ansehe, bin ich so hellwach als hätte mich jemand mit einem Eimer eiskalten Wasser überschüttet. Elektrisierend ...

Bis mir klar wird, was ich da gerade getan habe. Ich werde knallrot und panisch, während er in sich ruht.

„Sorry, das war ...", beginne ich und suche fieberhaft nach den richtigen Worten. Wir hatten doch erst ein Date! „Das war ein Versehen, ich –"

„Nein – Einspruch", werde ich zitiert und dann auch schon selbst von ihm geküsst. Und zwar nicht mehr zu zaghaft oder zu anständig und das fühlt sich wirklich toll an.
Ist das die Entschädigung für die letzten Jahre ohne Romanze in meinem Leben?

„Kommst du mit zu mir?", fragt er, als er sich von mir löst und die Verlockung ist immens. Aber ich bin viel zu brav für so was. Und muss man sich da nicht sowieso grundsätzlich zieren?

„So schnell kann ich unmöglich in dein Bett fallen", behaupte ich lammfromm.

Er nickt und grinst. „Hab ich schon den 12-Stunden-Tag erwähnt? Ich kann nicht mal mehr meinen eigenen Namen buchstabieren, Sex ist nicht."

„Achso", versuche ich meine Verblüffung zu verbergen. „Ja, gut, aber ... wieso soll ich denn dann mit?"

Halt. Nein. Das klingt jetzt so, als würde ich ohne Sex keinen Sinn darin sehen, mit ihm Zeit zu verbringen. Dabei ist mein Gedankengang doch ein ganz anderer ...

„Ich meine, weshalb solltest du sonst wollen, dass ich mitkomme?"

Er mustert mich kurz und legt den Kopf schief, und ich denke schon, er zieht gleich ohne ein einziges weiteres Wort von dannen, weil ich ihn mit meiner plumpen Fragerei in den Wahnsinn treibe.

Aber stattdessen sagt er nur: „Keine Ahnung. Ich mag dich. Du bist lustig."

Lustig? Lustig?
Na das hört man doch gerne, oder? Im Film sagen die Kerle immer Sachen wie klug, lebensfroh und wunderschön, und zwar genau in dieser Reihenfolge, um nicht fürs Loben der Äußerlichkeiten vor der Intelligenz gescholten zu werden. Aber lustig ist natürlich auch eine Variante ...

Je länger ich darüber nachdenke, desto besser finde ich die Antwort sogar. Er könnte mich ja auch schrullig finden, oder?

„Weißt du was", höre ich mich ungeahnt enthusiastisch rufen, „dann komme ich mit! Und ich werde versuchen, weiterhin lustig zu sein!"

Er verkneift sich ein Lachen. „Klingt super."

Okay, ich sag's Ihnen ganz ehrlich, dieser Moment müsste an sich peinlich sein. Er ist es aber nicht. Alex legt einfach wie selbstverständlich den Arm um meine Hüften und zieht mich sanft mit. Ich fühle mich so gut aufgehoben und hoffe einzig, dass er nicht spüren kann, wie mein Speck von der engen Jeans eingeschnitten wird ...

„Ach, Moment – ich muss mich verabschieden", wende ich dann doch noch halbwegs geistesgegenwärtig ein.

„Nein, komm schon", schüttelt er den Kopf. „Mach' nen Polnischen."

„Hä?", quieke ich. „Was haben denn die Polen damit zu tun?"

„Sagt man so", informiert er mich. „Bedeutet Gehen ohne Verabschieden. Ist am praktischsten."

„Aber vielleicht macht sich dann jemand Sorgen um mich", wende ich ein und bleibe wie eine störrische Ziege stehen. „Und vielleicht bist du ein Serienmörder und willst mich nur unbemerkt in deinen Keller locken ..."

Bin ich wieder witzig? Er legt den Kopf in den Nacken und fährt sich lachend mit der Hand übers Gesicht.

„Mara, Mara ...", seufzt er schließlich, „du schießt echt den Vogel ab."

„Welchen Vogel?", begreife ich in meinem Rausch jetzt gar nichts mehr. „Es ist doch Nacht?"

Er muss schon wieder lachen. „Verarschst du mich?"

„Ne, nicht bewusst", bin ich vollkommen ehrlich.

„Gib mir mal dein Handy – du tippst bestimmt nicht mehr gut. Wem soll ich Bescheid geben?"

Trotz meiner Serienmörder-These zögere ich gar nicht erst. Wir schlendern los und ich schaffe es gerade noch so, mit einem geschlossenen Auge das Handy auf den zweiten Versuch zu entsperren, bevor ich es ihm überreiche.

„Schreib Anni", lächle ich im ersten Moment, bin aber direkt im nächsten alarmiert. „Aber nicht den Chat über dich lesen!"

„Ich schicke ihr eine SMS, da gibt's keinen Verlauf über mich", nickt er und ich finde das enorm kompetent. Als wüsste er genau, worauf es ankommt.

„Habe den charmanten, gut aussehenden Alex wiedergetroffen", liest er beim Tippen laut mit, während all meine gackernden Proteste ignoriert werden. „Melde mich morgen. PS: Er hat mich nicht entführt."

„Nein, das kannst du nicht schreiben, stop!", kichere ich, doch ich höre bereits das Geräusch des Versendens.

„Einspruch", piepse ich wieder leise als er mir mein Handy zurückgibt. Ich entsperre es mit Müh und Not und sehe gleich, dass er zu meiner eigenen Sicherheit sogar noch seine Adresse an Anni geschickt hat.

Ich tippe direkt hinterher:

Annu, er ist extra gekonnneb!! Die sms war er

Sofort kommt zurück:

Aaaaaah!! Dann ist er vllt doch ein netter Schnösel :D Viel Spaß!!!!



Das Lachen vergeht mir, ja es bleibt mir förmlich im Halse stecken, als wir seine sündhaft teure Wohnung ganz oben in einem sündhaft teuren Innenstadt-Gebäude betreten. Sündhaft teuer ist alles, was ich denken kann. Sündhaft teuer hier, sündhaft teuer da.

Sündhaft teuer ist hier drinnen in der Reihenfolge des Eintretens nämlich:
Der dunkle Industrieparkettboden, die modernen schwarz-weiß Fotografien an der Wand im ansonsten spartanischen Flur, das riesige, und ich betone, riesige Wohnzimmer mit hohen Decken und Fenstern, die vom Boden hochreichen, die super riesige Ledercouch in L-Form gegenüber der glänzenden, weißen Inselküche mit Barhocker-Tresen, der super flache, an der Wand angebrachte 30.000 Zoll Fernseher, der massive Holzschreibtisch mit zig Unterlagen darauf ... Soll ich weitermachen?
Ich bin hier bei Schöner – und sündhaft teuer – Wohnen gelandet!

„Willst du noch was trinken?", fragt er und geht – wie könnte es auch anders sein – an ein Glasregal in der Küche, auf dem die größte private Sammlung sündhaft teurer Flaschen steht, die ich je gesehen habe.

„Ne, ne, danke", bringe ich gerade noch so vernünftig hervor, weil ich heute wirklich genug hatte.

„Wohnst du hier ganz allein?" Mein Mund ist mal wieder schneller als ich – ich kann mich gerade noch so bremsen, ihm zu offenbaren, dass unsere ganze WG vermutlich in seine blitzsaubere Küche passen würde ...

„Ja, ist viel zu groß. Mir fehlt nur die Zeit für einen Umzug. Und wenn ich den Schritt tatsächlich gehe, dann vielleicht auch gleich aufs Land."

Ich höre Flaschen klirren, scheinbar sucht er da hinten nach dem passenden Getränk.

„Aufs Land?" Ich bin ganz perplex.

„Ja, ist München nicht schlimm?" Er sieht kurz zu mir rüber und zuckt mit den Schultern. „Vielleicht kündige ich einfach irgendwann und ziehe aufs Land. Und hab Zeit für ... weiß nicht, irgendwas anderes eben."

Hätten Sie das jetzt hinter ihm vermutet? Ist sein Traumleben etwa gar kein Traum?

Endlich kommt er mit einem Glas in der einen, einer Flasche Wasser in der anderen Hand zurück.
Raten Sie, was ich bekomme.

„Flüssigkeit", nicke ich wohlwissend. „Gegen die Übelkeit von morgen ..."

„Nur als vorbeugende Maßnahme", bestätigt er.

Ich nehme gleich einen Schluck, dann setze ich mich auf die Kante der Couch und fühle mich winzig klein darauf.

„So unbequem ist die nicht, mach's dir gemütlich", fordert er mich auf und wirft mir aus einem Korb hinter dem Sofa eine Wolldecke zu.

Und dann stellt er die bedeutende Frage.

„Willst du ne Jogginghose?"

Ich sehe zu ihm auf und bilde mir ein, dass da ein Heiligenschein über seinem Kopf schwebt.
Ob ich eine Jogginghose will? Hören Sie das?
Na klar! Ja, ich will!

„Es wäre absolut traumhaft, wenn wir direkt auf dieses Level an Bequemlichkeit abrutschen könnten", seufze ich.

Und als er kurz darauf selbst umgezogen zurückkommt, wirft er mir tatsächlich eine zu, ebenso wie ein schwarzes T-Shirt.

„Das Bad ist im Flur rechts", schickt er mich los und dort angekommen ist natürlich auch alles schön und extrem ordentlich und, ja, sündhaft teuer, aber ich sehe mich gar nicht so lange um, weil ich schnell zu ihm zurück will.
Ein kurzer Blick in den Spiegel vor dem Gehen bestätigt meinen Verdacht – die Klamotten sind viel zu groß, meine Haare sind zerzaust und ich sehe einfach aus wie ein schwarz geschminkter Waschbär.

Aber diese Lippen wurden heute trotzdem schon geküsst und deshalb ist es mir ganz egal. Mit aufgeregter Vorfreude eile ich zurück und finde ihn fernsehend vor, die Hand in einer Packung Salzstangen.

„Ist das ...", frage ich und halte inne. Den Film kenne ich doch!

„Scarface", beendet er meinen Satz und zuckt mit den Schultern. „Läuft gerade. Willst du was anderes sehen?"

„Nein", kehre ich auf mein Plätzchen zurück und wickle mich in meine Decke, bevor ich den Test auf Herz und Nieren mache.

„Weißt du, was Kapitalismus ist?" Ich sehe ihn direkt an.

Doch ich kann ihm nichts vormachen. Er kennt den Film auch. Korrekt zitiert er zu Ende: „Angeschissen werden."

Wir grinsen uns an und dann habe ich meine Pfoten schneller an den Salzstängeln, als er ‚Bedien dich' sagen kann.

Ist das herrlich. Wir wurden füreinander geschaffen, es kann nicht anders sein.

Ich knuspere vor mich hin und auf einmal sieht er mich ganz schräg an. Ich glaube fast, jetzt kaue ich doch einen Tick zu lautstark und aufgeregt auf drei Salzstangen auf einmal herum.

„Hast du Hunger? Also richtigen Hunger?"

„Weil ich so hektisch in mich reinfuttere?", frage ich besorgt und er nickt lachend.

„Das mache ich immer. Ich esse schnell. Ist nicht sehr chic ..."

„Aber ach so bodenständig", widerspricht er in Linda-Stimme.

„Ja, weißt du was?", schmatze ich und rücke in dem Zuge gleich ein bisschen näher zu ihm, um Linda, und Lügen, schleunigst zu vergessen. „Ich finde das hier ja genial, auf der Couch, mit Snacks ... Aber ich hätte gewettet, dass du eher ein Party-Typ bist."

„War ich mal", winkt er ab und geht direkt dazu über, mich aufzuziehen. „Aber ich verrate dir was – ein geregeltes Berufsleben ist ziemlich anstrengend. Und so langsam bin ich die Kater und flüchtigen Affären leid."

Er nimmt den Ernst aus der Sache, als er ebenfalls amüsiert von einer Salzstange abbeißt. Aber ich weiß genau was er meint. Ganz genau.
Er will auch ankommen.

„Verstehe ich", nicke ich schließlich.

„Was genau?"

Da ist wohl wieder der Anwalt, der den Lichtstrahl im Befragungsraum direkt auf mich richtet.

„Na ja, das mit ... den Katern und ... den Affären ..."

Kurz schweigen wir. Er sieht mich lange an, und ich fühle mich dabei ganz ertappt. Denn bei mir gibt es irgendwie keine aufregenden Affären. Keine wilden Partynächte. Keine Leichen im Keller. Nur viele Kater, aber das ist ja wohl armselig.

„Besonders die Affären", bluffe ich dennoch, als wäre ich mit allen Wassern gewaschen und gieße frohen Mutes Öl ins Feuer.

Warum mache ich das? Warum schieße ich immer den Vogel ab?
(Jetzt geht mir auch ein Licht auf. Das meinte er wohl vorhin mit dem Vogel ...)

„Nein, weißt du, was ich glaube?" Er macht es wieder spannend, stellt die Salzstangen auf den sündhaft teuren Couchtisch, so, als würden wir jetzt zur Sache kommen, und dann lehnt er sich ganz ruhig zurück. „Ich glaube, du bist nicht der Typ für Affären."

Was? Ich bin total der Typ für Affären! Ich bin unsagbar spontan, kann den Schalter umlegen und oberflächlich bleiben, ich bin nicht nachtragend, bleibe grundsätzlich cool und Gefühlsduselei ist gar nicht Teil meines Vokabulars! Gar nicht!

„Das ist gut", beruhigt er mich, als könnte er durch mich hindurchsehen. „Ich hab' nämlich keine Lust zu spielen."

Das trifft mich jetzt irgendwie mitten ins Herz.
Weil ich nie gedacht hätte, dass jemand wie er mit jemandem wie mir so ehrlich und anständig umgehen würde.
Und was mache ich? Ich unreicher Mensch bin zu ihm bewusst unehrlich ...

Aber für heute habe ich schon meinen Versuch gestartet, das zu erklären. Und im Moment ist alles so schön, dass mir irgendwie nicht danach ist, das aktuell einzig wirklich Spannende in meinem Leben zu ruinieren. Ist das selbstsüchtig? Ziemlich sicher. Und es tut mir auch leid, aber ... ich kann das nicht wie alles andere auch sofort kaputtmachen.

„Das hier ist surreal", fasse ich zusammen, was mich beschäftigt. „Du bist surreal. Dass wir uns getroffen haben, dass ich hier bin ..."

„Ja", nickt er ernst. „Nicht so schlecht, oder?"

Nein, kein bisschen.

Ich hatte bis jetzt nur die eine Beziehung, von der ich Ihnen erzählt habe. Nikki, der dämliche Dorf-Rockstar, meine peinliche Jugendepisode, die Jahre zurückliegt. Danach kam irgendwie nicht mehr viel in Sachen Liebe, und ich wollte nach ein paar echt zähen Dates auch nicht mehr so viel von Männern wissen.
Sicher bin ich deshalb so naiv und verblendet, seit ich Mr. de Winter getroffen habe. Ich habe mich innerhalb einer Woche total verknallt, und obwohl mich das verwundbar macht, fühlt es sich richtig an.

Vielleicht ist es aufdringlich, vielleicht ist es unpassend, aber ich denke gar nicht weiter darüber nach und rutsche einfach so weit zu ihm, dass ich meinen Kopf auf seiner Schulter anlehnen kann. Er legt den Arm um mich und ich könnte schwören, dass es ihn freut.

Wir konzentrieren uns für ein paar Minuten ganz auf den Film, gähnen hin und wieder und ich bewege mich kaum, damit er seine Hand genau da lässt, wo sie ist. Ich will, dass sie für immer da bleibt.

„Hab ganz vergessen, wie viel in dem Film geflucht wird", sage ich, als eine ziemlich derbe Szene läuft.

„Wie alt bist du eigentlich", lacht er leise. „Darfst du dir das überhaupt ansehen?"

„Na hör mal", empöre ich mich. „Ich bin 23!"

Er setzt sich auf, mehr oder weniger schockiert.

„Du bist 23?"

Ich nicke, dann schlucke ich. „Sehe ich etwa älter aus?"

„Nein", sagt er schnell und daher halbwegs glaubwürdig. „Ich hab mir schon so was gedacht, aber ... es ausgesprochen zu hören ist doch ... anders."

„Wieso?", frage ich perplex. „Wie alt bist du denn?"

Er sieht mich düster an, dann formen seine Lippen Dreißig.

Ich zwinkere zweimal wortlos. Dann rutscht mir raus: „Das ist ja ziemlich alt."

„Nein, du bist nur ziemlich jung!", verdreht er die Tatsachen.

„Sieben Jahre", rechne ich. „Das ist ... schon okay, oder?"

„Sorry", schüttelt er bedauernd den Kopf. „Unmöglich. Das ist mir jetzt echt unangenehm, aber würdest du bitte gehen?"

Ich mache große Augen. Das kann ja nicht sein Ernst sein? Also, wirklich nicht ... Oder? Er verzieht keine Miene.

„Ähm ... Echt?", traue ich mich kaum zu fragen, doch er zieht mich zurück in seinen Arm.

„Nein", lacht er in sich hinein und mein Herz pocht ganz automatisch schneller, weil wir uns wieder so nahe sind.

„Hey, das war verwirrend", hauche ich.

Unsere Blicke treffen sich, genau wie vorhin vor dem Pub. Intensiv und direkt in die Untiefen, und ich bringe nur nervös hervor: „Sie fluchen schon wieder. Al Pacino flucht andauernd ..."

„Nicht ablenken", flüstert er fast und als er mir die Unsicherheit ansieht, erlöst er mich endlich aus all meinen Zweifeln und küsst mich wieder.

Entschuldigen Sie diese ätzende Bergdoktor-Romantik, aber das ist wirklich nicht alltäglich bei mir. Wie zwei Teenies knutschen wir auf der Couch, immer wieder. Wir lachen, wir sehen fern, wir futtern, wir küssen – bis wir aneinander gekuschelt einschlafen, als wäre das alles ein wunderbarer Traum, aus dem ich nie wieder aufwachen will.

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