𝟜. 𝕍𝕚𝕕𝕖𝕠
Gähnend stolperte ich durch die Hintertür des Lustigs, zu der ich nun einen Schlüssel besaß. Ich mochte es nicht, so früh aufzustehen und zu arbeiten. Maike hatte mich wohl gehört. Sie grinste, als sie mich so schlaftrunken durch den Flur wandelnd entdeckte.
»Vergiss dein Shirt nicht«, sagte sie und ging in den Extra-Raum, in dem ich gestern meine Pausen verbracht hatte. Ich hatte eine kleine Ecke für mich eingerichtet. Ich ließ meinen Rucksack sinken und zog mein Shirt aus.
Ich hörte, wie jemand heftig einatmete und drehte mich um. Maike stand noch im Raum und hielt ihr eigenes gelbes Shirt in der Hand.
»Tut mir leid, ich w- wollte -« Sie stockte und verstummte schließlich. »Sind das die Narben von deiner Operation?« Maikes Stimme war leise, als hätte sie Angst, etwas Falsches zu sagen.
»Ja, die sind von meiner Mastektomie.«
Maike zögerte einen Moment. Sie sagte nichts. Ich sagte nichts. Die Anspannung zwischen uns wuchs. Ich stand vor ihr, oberkörperfrei und sie sah meine Narben. Es passierte nicht oft, dass sie jemand zu Gesicht bekam. Es war nicht so, dass es mir unangenehm war. Ich war stolz auf die Narben, denn sie zeigten, was ich bisher geschafft hatte, wie weit ich gekommen war. Dass ich mein Äußeres an mein Inneres angeglichen hatte und endlich ich selbst war. Und doch klopfte mein Herz zu schnell, meine Finger waren eisig kalt und schwitzten. Ich fühlte mich entblößt.
Langsam machte Maike einen Schritt. Sie gab mir Zeit, sie aufzuhalten oder einen Schritt zurückzuweichen, doch ich blieb stehen. Sie kam näher und näher, Schritt für Schritt, bis sie vor mir stand.
»Darf ich?«, fragte sie.
Ich wusste nicht, was sie vorhatte, aber sie war Michis Schwester. Ich vertraute ihr. Also nickte ich. Maike hob ihre Hand und ließ ihre eiskalten Finger über meine heiße Haut wandern. Sie berührte ganz sanft meine Narben an der Brust und gab mir das Gefühl, genau richtig zu sein. Ich fühlte mich wohl.
Dann nahm sie meinen Arm und fuhr mit ihren kalten Fingern über eine weitere Narbe. Die Haut, die mir aus dem Unterarm für mein Geschlechtsteil entnommen wurde.
Maikes Finger verschwanden von meiner Haut, hinterließen nur kleine Blitze, an den Stellen, an denen sie mich berührt hatte. Dann trat sie zurück.
»Tut mir leid, dass ich dir zu nahe getreten bin.« Der Ausdruck auf ihrem Gesicht veränderte sich, als würde sie begreifen, was sie getan hatte.
Ich folgte ihr und wieder standen wir ganz nah beieinander. Ich schüttelte nur den Kopf, um ihr zu zeigen, dass sie nichts falsch gemacht hatte. »Es ist okay«, flüsterte ich. Meine Stimme zitterte.
»Ich glaube, ich schulde dir was«, sagte Maike und dann zog sie ihr Shirt aus. Ich heftete meinen Blick auf ihr Gesicht, zwang mich, in ihre Augen zu schauen. Doch Maike nahm meinen Kopf in ihre Hände und drückte ihn sanft, sodass ich an ihr hinabschauen konnte.
»Du hast mir deinen Oberkörper gezeigt. Es ist nur gerecht, wenn ich dir auch meinen zeige«, beharrte sie.
Sie trug einen schlichten, schwarzen Sport-BH. Ihre Haut war genau so braun wie die ihres Bruders.
»Soll ich dich jetzt auch mit eiskalten Fingern berühren?«, fragte ich lachend.
»Nur zu«, erwiderte Maike gelassen und streifte meine Finger. »Die sind ja wirklich kalt.«
Und schweißnass, fügte ich in meinen Gedanken hinzu. Als ich nichts machte, griff Maike nach meiner Hand und führte sie langsam über ihren Bauch.
»Hast du schon mal daran gezweifelt, ein Mann zu sein?«, flüsterte Maike.
»Nein. Ich war mir schon immer sicher, seit ich herausgefunden habe, dass ich männlich bin.«
Ich war mir nicht sicher, ob Maike wusste, wo sie meine Hand entlangführte, doch plötzlich strichen meine Finger über ihr Dekolletee.
Ich zog meine Hand zurück.
»Sorry, das wollte ich nicht«, murmelte ich.
»Ist nicht deine Schuld«, sagte Maike heiser. Wir blickten auf, unsere Blicke trafen sich und einen Moment schauten wir uns nur in die Augen. Ich konnte mich von diesem tiefen Braun nicht losreißen. Wir verständigten uns, sagten, dass alles okay war, indem wir uns anschauten. Gleichzeitig brachten wir ein wenig Abstand zwischen uns, doch nicht aus Angst. Ich fühlte mich ihr plötzlich näher als vorher, also schenkte ich ihr ein Lächeln, bevor ich mein gelbes Shirt überzog.
Gemeinsam holten wir Muffins, Cookies und sämtliche andere Backwaren aus der Küche und stellten alles auf. Ich kümmerte mich darum, dass alles sauber war und wischte den Boden. Lorenzo schloss die Tür auf und ließ die Schlange, die sich davor gebildet hatte, herein. Er half uns, den ersten Ansturm zu bedienen. Gegen elf, also zwischen Frühstück und Mittag, zu einer Zeit, in der niemand aß, holte Lena mich zu sich in die Küche.
»Also Levi, da du ja jetzt fest hier arbeitest, dachte ich, du könntest auch den anderen Teil dieser Arbeit kennenlernen. Du weißt, dass wir täglich ein frisches Gericht kochen und manche kommen, um dieses mittags zu essen.«
»Was soll es denn heute geben?«, fragte ich.
»Wir haben viel Zucchini angebaut und die werden langsam. Am besten fangen wir an, die Kartoffeln zu schälen. Ach, und Musik darf natürlich nicht fehlen.«
Lena schaltete das Radio ein, verband es mit ihrem Handy und machte eine Spotify-Playlist mit Fünziger-Jahre-Musik drauf.
Lena begann, von einem nervigen Kunden gestern zu erzählen und dann sprach sie einfach weiter und erzählte mir lustige Geschichten aus dem Lustig.
Wir schälten und schnitten die Zucchini. Dann warfen wir erst die Kartoffeln und später die Zucchini in die Pfanne. Ich holte noch Paprika aus dem Garten und ließ am Ende auch diese Stücke in die Pfanne fallen.
Nachdem das Gericht vor sich hin geköchelt hatte und Lena und ich es gewürzt hatten, stellte ich den Herd aus und teilte das breiartig gewordene Gericht in mehrere Schüsseln auf.
Maike holte die Schüsseln und transportierte sie auf einem Tablett aus der Küche, um diese Bestellungen auszutragen.
»Wenn am Nachmittag nichts los ist, dann zeige ich dir, wie ich die klassischen Schokomuffins backe. Lorenzo kann mit dir das Waffelrezept durchgehen. Dann können wir dich auch in der Küche etwas lehren.«
»Ja. Danke, Lena.«
Ich ging auf die Tür zu, doch Lena hielt mich zurück.
»Vergiss dein Mittagessen nicht.« Sie reichte mir zwei mit Pfoten bemalte Schüsseln und entließ mich dann.
Ich suchte Maike und führte sie in den Pausenraum. Dort stellte ich die Schüsseln auf den Tisch. Es gab nur einen Stuhl.
»Wollen wir auf dem Boden essen?«, fragte ich. »Der Teppich sieht weich aus.«
»Nein. Die Gefahr ist zu hoch, dass wir den vollkleckern«, meinte Maike.
»Dann setz du dich auf den Stuhl.«
Ich schob den Bürostuhl zurück und bedeutete Maike, sich zu setzen, doch sie war wie die meisten Lustigs stur.
»Und du willst stehen? Das lasse ich nicht zu. Setz dich, ich habe eine andere Idee.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, nein, das ist kein Problem. Ich kann stehen.«
»Setz dich sofort hin«, knurrte Maike und drückte mich in den Stuhl. Dann ließ sie sich einfach auf mir nieder.
»So, du wirst zwar ein paar Schwierigkeiten mit dem Essen haben, aber wir sitzen beide.« Sie grinste mich breit an.
»Großartige Idee«, murmelte ich.
Ich drehte uns im Stuhl so, dass wir seitlich zum Tisch saßen. Dann begannen wir, zu essen.
»Hm, schmeckt lecker. Ich hätte nicht erwartet, dass du so gut kochen kannst.«
»Hey, ich kann gut kochen!«, beschwerte ich mich. »Zumindest etwas. Manchmal.«
»Mom war dabei. Bestimmt hat sie dich für Stück angeleitet«, überlegte Maike.
»Hat sie zwar, aber ich hätte es auch so geschafft.« Ich reckte meinen Kopf in die Höhe. Maike schmunzelte.
Ich erzählte ihr von Lenas Tratsch, bis wir fertig gegessen hatten. Maike lehnte sich zurück, sodass ihr Rücken an meinem Oberkörper lag. Der Oberkörper, den sie heute gesehen hatte. Gut, dass sie mein Gesicht gerade nicht sah. Es stand in Flammen.
Maikes Locken hingen in meinem Gesicht und ich versuchte, eine nervige Strähne davonzupusten, was allerdings nicht funktionierte.
»Was würdest du wählen: kochen oder backen?«, fragte Maike.
»Backen«, antwortete ich. »Und du?«
»Auch. Jetzt bist du.«
»Jetzt bin ich was?«, hakte ich verwirrt nach.
»Na Entweder Oder. Stell mir eine Frage.«
»Du meinst so etwas wie Katze oder Hund?«
»Ja. Ich nehme Hund. Weißt du«, sie dreht ihren Oberkörper und Kopf, um mich anzusehen, »ich denke, du siehst in mir nur die kleine Schwester deines besten Freundes. Doch ich fände es schön, wenn du mich als eine Freundin von dir sehen würdest. Und dafür sollten wir uns besser kennenlernen.«
»Aber wir kennen uns doch gut«, protestierte ich.
»Aber nicht gut genug. Ich weiß ja nicht mal, was deine Lieblingsfarbe ist.«
»Dann rate.«
»Grün?«
»Ja. Bei dir rot oder gelb?«
»Rot. Ein kräftiges Rot. Ich schwanke immer zwischen frischem Blutrot und Weinrot. Aber gelb mag ich auch gerne.«
»Gelb erinnert mich immer an das Lustig«, bemerkte ich.
»Okay, Ausbildung im Lustig oder Studium?«
»Ich wähle das Lustig. Was sagst du? Lustig oder irgendwelche Ausbildungen oder Praktika?«
»Definitiv das Lustig. Das ist quasi mein zweites Zuhause. Ich liebe es hier. Lieber reisen oder hier bleiben?«
»Hier bleiben. Ich finde es toll in dieser Gegend und ich muss nicht reisen, wenn ich das haben kann. Außerdem sind die Menschen, die ich liebe, ja nicht dabei, wenn ich reise, dafür sind sie hier.«
Ich lächelte leicht. Maike hatte sich wieder umgedreht und ihr Kopf lehnte auf meiner Schulter. Ich führte langsam einen Arm um ihre Taille, kurz darauf den zweiten.
»Schnee oder Regen?«, fragte ich.
»Natürlich Schnee.«
Jemand klopfte an die Tür und trat kurz darauf ein.
»Hi Maike, Levi, ich wollte nicht stören, aber wir brauchen euch«, sagte Lorenzo. »Eure Mittagspause ist vorbei.«
»Klar. Wir kommen gleich«, sagte Maike. Lorenzo ging wieder, ließ die Tür aber offen. Ich drehte mich mit dem Stuhl, sodass Maike lachte, dann rollten wir zur Tür und Maike stieg beschwingt ab. Dann half sie mir hoch.
»Das war lustig, Levi. Das müssen wir wiederholen.«
»Das klingt wie ein Abschied für immer«, witzelte ich. »Willst du mich etwa verlassen?«
»Liebend gerne, aber dann würde mich mein schlechtes Gewissen plagen.«
Maike kicherte, als wir zur Theke liefen. Wir bedienten die Gäste und kamen erst am Abend dazu, wieder richtig zu sprechen. Zwischendurch hatten wir uns immer wieder gegenseitig einzelne Entweder-Oder-Fragen gestellt.
Nun liefen wir zum Pausenraum. Eine Bedienung, die ab und zu aushalf, löste uns ab. Wir nickten Noel kurz zu.
Dann zogen wir uns um und machten keine große Sache daraus. Maike kannte meine Narben nun und ich wusste, was sie unter dem Shirt trug. Wir hatten heute nichts voreinander zu verbergen.
»Ach, das wollte ich dir noch zeigen.« Maike fischte ihr Handy aus einem Rucksack, als sie ein blaues Top anhatte. »Ich habe das letztens gesehen und dachte, dass das ein alter Klassenkamerad von dir ist.« Maike klickte auf ein Video und mein Herz machte einen kleinen Sprung. Dominik Winkler war darauf zu sehen. Er trug Steppschuhe, eine mitternachtsblaue Anzughose und einen schwarzen Zylinder. Ganz am Anfang des Videos zog er ein Hemd passend zu seiner Hose an, knöpfte es aber nicht zu, sodass sein Oberkörper zu sehen war. Sein sehr beachtlicher Oberkörper.
Maike drückte auf Stopp. »Und? Erkennst du ihn wieder?«
»Hey, mach weiter«, forderte ich und drückte selbst auf die Mitte des Bildschirms, damit das Video fortsetzte.
Musik setzte ein, Dominik drehte sich langsam, dann führte er elegante Bewegungen durch, die mit der Zeit immer schneller wurden. In der Mitte des Videos setzte ein Teil ein, in dem er nur steppte und dabei ab und zu schnipste. Ich wandte meinen Blick nicht von seinen geschickten Füßen ab. Erst, als dieser Part vorbei war, wanderte mein Blick wieder an seinem Körper nach oben. Unter der Hose mussten sich gewaltige Beinmuskeln, die er beim Tanzen aufgebaut hatte, verstecken. Seine Bauchmuskeln sah man zum Glück. Schweiß rann über seine Brust. Mein Mund stand offen und mir lief ein wenig Sabber zu meinem Kinn. Ich betrachtete das Spiel seiner Muskeln, bis er das Hemd von den breiten Schultern gleiten ließ. Nun starrte ich seine muskulösen Arme und wenn er sich drehte, seinen Rücken, an, bis er langsamer wurde und schließlich stehen blieb. Die Musik wurde leiser und hörte auf. Dominik nahm zum Abschluss seinen Zylinder ab und neigte den Kopf. In diesem Moment stoppte das Video.
Ich stieß heftig die Luft aus.
»Oh, du bist ja ganz rot«, bemerkte Maike. »Ach warte, jetzt erinnere ich mich auch wieder an den. Ihr hattet mal was miteinander, oder nicht?«
»Nicht ganz, also nicht wirklich«, gab ich zu. »Es war kompliziert. Ich stand auf ihn und ich denke, er mochte mich auch, zumindest etwas. Allerdings kam er nicht damit zurecht, dass ich trans bin und deshalb wurde nichts aus uns.«
»Aber du wünschst dir, dass etwas aus euch geworden wäre, oder?«
»Manchmal schon. Ich habe ihn lange nicht mehr gesehen. Ich bin über ihn weg«, sagte ich zuversichtlich.
»Du bist nicht über ihn weg«, stellte Maike fest. »Soll ich ein Foto machen, wie rot du bist?«
»Bitte nicht.«
Ich schlug sanft gegen ihren rechten Arm, mit dem sie ihr Handy hervorholen wollte.
»Ich denke, ich sollte versuchen, euch zu verkuppeln.« Maike grinste.
»Aber er will gar nichts von mir.«
Wir machten uns beide auf den Weg nach draußen.
»Noch nicht.«
Ich nahm mein Fahrrad und schob es neben mir her.
»Ich bin morgen übrigens nicht da. Ich will zu einem Tag der offenen Tür bei der Polizei.«
»Okay. Dann sehen wir uns übermorgen?«
»Ja. Bis dann.«
»Tschau.«
Ich stieg auf mein Fahrrad und fuhr nach Hause. Der frische Wind tat mir gut. Er trug die Gedanken, die mich beschäftigten, einfach davon und ich dachte weder an July noch an Dominik.
∆∆∆
Am nächsten Nachmittag, als ich mich nach der Arbeit in mein Bett fallen ließ, klickte ich auf die Benachrichtigung von Instagram. Angeko hatte einen weiteren Kommentar geschrieben, diesmal unter einem älteren Post, in welchem ich erklärte, dass ich trans war.
Totaler Langweiler, dieser Levi. Ich sage es euch, der will nur Aufmerksamkeit. Eigentlich ist Levi nur ein dummes Mädchen, das denkt, etwas Besseres zu sein, weil sie jetzt ein Junge ist. Wie ist denn dein eigentlicher Name, Levi? Denn Levi kannst du ja nicht von Geburt an heißen. Belüg uns nicht und sag es uns!
Ich zitterte, als ich las, was Angeko geschrieben hatte. Er hatte nach meinem Deadname gefragt. Kaum jemand kannte den und das mussten sie auch nicht, denn ich war kein Mädchen mehr, war nie wirklich eins gewesen, ich war ein Junge. Ich war Levi, nur Levi.
Ich schickte Michi einen Screenshot und Michi antwortete kurze Zeit später. Ignoriere diesen Angeko einfach. Ich denke, er ist derjenige, der sich nach Aufmerksamkeit sehnt. Glaub mir.
Und ich glaubte ihm, für diesen Moment. Als mein Handy klingelte und ich Julys Namen auf dem Bildschirm las, rutschte mein Herz in die Hose. Hatte sie den Kommentar von Angeko gesehen? Und wollte sie mich trösten? Wenn sie von Angeko wusste, dann hatte sie den Account gefunden und dann ahnte sie vielleicht, dass ich über sie schrieb.
Ich atmete tief durch und ging ran. Ich roch den Schweiß meines Körpers.
»Hi Levi.«
»Äh hallo, was gibt es?«
»Ich dachte, wir könnten uns treffen und du kannst mir von deinem Tag im Lustig erzählen«, schlug sie vor. Erleichtert atmete ich aus. Sie wusste nichts von Angeko oder meinem geheimen Instagram-Account.
»Gerne. Bei dir?«
»Ja.«
»Okay, ich mache mich auf den Weg.«
Ich packte schnell ein paar Sachen zusammen und tauchte wenig später bei July auf. Sie führte mich in ihr Zimmer und ich erzählte von meinen letzten Tagen und der Arbeit im Lustig. Dabei ließ ich aus, wie offen Maike und ich gestern gewesen waren.
»Lena war schon immer die Beste«, sagte July.
»Oh ja. Sag mal, hast du eigentlich das Puzzle, das ich dir letztes Jahr zu deinem Geburtstag geschenkt habe, gepuzzelt?«
»Ähm.« July schaute schuldbewusst drein. »Nein.«
»Dann könnten wir das jetzt machen.«
»Gute Idee. Ich hole das Puzzle.«
Ich lächelte. Ich wollte July zu ihrem Geburtstag ein Puzzle schenken und sicherstellen, dass sie vorher das letzte fertig gepuzzelt hatte.
Während sie die Puzzleteile auf dem Boden ausbreitete und ich manche umdrehte, erzählte ich ihr davon, dass ein Instagramuser mir beleidigende Nachrichten schrieb. Ich verschwieg ihr dabei meinen geheimen Account und dass er unter zwei Posts Kommentare geschrieben hatte. Ich hatte Angst, dass sie meinen ersten Account nach diesen Kommentaren durchsuchen könnte.
»Ignoriere ihn einfach. Dann hört er irgendwann von alleine auf«, riet sie mir.
»Denkst du wirklich?«
»Ganz sicher bin ich mir nicht, aber es könnte sein.«
Wir ordneten die Puzzleteile und suchten Paare.
»Wir könnten Michi anrufen. Ich habe schon länger nicht mit ihm telefoniert«, meinte ich.
»Oh ja. Ich habe vorgestern mit Toni gesprochen, mit Michi vor etwa eine Woche.«
Schon hatte July Michis Nummer herausgesucht und rief ihn an.
»Hi, July.«
»Hi Michi.« Wir begrüßten ihn gleichzeitig.
»Levi? Bist du auch da?«
»Jap.«
»Wie geht es dir, Michi? Wir hören so wenig von dir«, beschwerte sich July. »Du solltest öfter anrufen.«
»Ich weiß doch nicht, wann ihr Zeit habt.«
»Ich habe oft Zeit«, erklärte July. »Immerhin habe ich Semesterferien, noch. Und du ja auch.«
»Und mich kannst du immer abends erreichen«, sagte ich.
»Also, rufst du öfter an?«, hakte July nach.
»Ja, klar. Wie geht es euch?«
Wir erzählten alle nacheinander. Michi freute sich riesig darüber, dass ich im Lustig arbeitete.
»Toni und ich erkunden Leipzig.«
»Ist das nicht die Stadt, in der ihr seit zwei Jahren studiert? Warum erkundet ihr die?«, fragte July ungläubig.
»Na ja, Leipzig ist eine große Stadt und wir wollen alles sehen. Wir haben im Sommer so viel Geld durch unsere Ferienjobs gesammelt, dass wir jetzt ganz viele Cafés und Restaurants ausprobieren können.«
Wir redeten noch ein wenig, bis ich mich verabschiedete. Nach einem langen Tag wollte ich mich meistens einfach nur in mein Bett legen und mich ausruhen. Die Arbeit war anstrengend, doch mich machten die ganzen Eindrücke und verschiedenen Menschen fertig. Den ganzen Tag über befand ich mich in einer Umgebung, die auf mich drückte, eine Umgebung voller Menschen. Und diese Menschen raubten mir nach einem Tag die Energie und ich brauchte dringend Zeit für mich, um wieder aufzutanken.
Zu Hause ignorierte ich Dad und Tara. Ich aß etwas, während sie im Wohnzimmer einen Film schauten und danach verkroch ich mich in meinem Zimmer, in Gedanken immer noch bei Angeko.
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Findet ihr Levi bisher sympathisch?
Seid ihr eher Katzen- oder Hundemenschen?
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