𝟛𝟟. 𝕍𝕖𝕣𝕥𝕣𝕒𝕦𝕖𝕟𝕤𝕓𝕣𝕦𝕔𝕙
Michi lud Toni spontan zu der Pizza ein. Wir verbrachten einen schönen Abend. Dad ging früher schlafen als wir. Wir schauten noch zwei Filme. Schließlich brachen meine Freunde auf. Während Michi und July ihre Jacken suchten, zog Toni sich schon seine Schuhe an.
»Es war schön, dich mal wieder gesehen zu haben. Ich höre ja immer nur von dir«, sagte Toni freundlich.
»Hören?«, hakte ich nach. Wir telefonierten nicht miteinander oder so. Unser einziger Kontakt bestand nur über Michi.
»Und es tut mir leid mit July und so. Ich hoffe, du bist glücklich mit Dominik.«
»Hat July dir irgendetwas erzählt?«, fragte ich und warf einen kurzen Blick zurück zu ihr.
»Nein, Michi hat mir alles erzählt«, sagte Toni, als ob das eine Selbstverständlichkeit wäre.
»Oh, ähm, entschuldige mich bitte«, murmelte ich und heftete meinen Blick auf Michi.
»Habe ich etwas Falsches gesagt?«, fragte Toni, doch ich achtete nicht mehr auf ihn oder seine Worte.
»Michi?« In wenigen Schritten war ich bei ihm angelangt. »Können wir kurz sprechen? Unter vier Augen?«
Bevor Michi etwas erwidern konnte, klinkte July sich ein. »Toni und ich warten draußen«, verkündete sie und schnappte sich Toni, um ihn nach draußen zu ziehen.
»Was ist denn los?«, fragte Michi, der mir in die Küche folgte.
»Warum weiß Toni, was zwischen July und mir passiert ist?«, fragte ich.
»Wir sind in einer Beziehung. Wir erzählen uns alles.« Michi zuckte lässig mit den Schultern.
»Aber das war privat und vertraulich.«
»Toni wird es nicht weitersagen.«
»Darum geht es mir gar nicht«, fuhr ich ihn wütend an.
»Worum dann?«
»Toni sollte meine Geheimnisse nicht kennen. Ich habe dir vertrauliche Sachen erzählt, weil du mein bester Freund bist. Mit Toni habe ich aber fast nichts zu tun. Du hast mein Vertrauen gebrochen.«
»Wenn du in einer Beziehung wärst, wüsstest du, wie das ist«, sagte Michi.
»Ich bin in einer Beziehung!«
Michi antwortete nicht und das war mir Antwort genug.
»Du hältst meine Beziehung also für keine Beziehung?«
»Ihr seht euch fast nie und erzählt euch anscheinend auch nichts«, erwiderte Michi.
»Ich verrate ihm nicht die Geheimnisse meiner besten Freunde weiter. Wir reden über unser eigenes Leben. Aber anscheinend ist mein Leben interessanter als deins, wenn du in deiner Beziehung über mich sprichst.« Wütend funkelte ich ihn an. Michi wendete sich abrupt ab und stolperte mit seinen Schuhen in der Hand aus dem Haus.
Mein Herz raste und mein Kopf explodierte fast vor den ganzen Gedanken. Mom. Ich brauchte meine Mom. Sie würde mich trösten. Ich rannte schon fast zu ihrem Zimmer, doch davor blieb ich stehen. Dad war zu Hause. Wahrscheinlich nicht mehr wach, aber er war für mich da. Und bei ihm konnte ich auch Mom finden. Er hatte heute zu Mom zurückgefunden, auch wenn sie nicht mehr da war.
Ich schlich in Dads Zimmer. Sein Zimmer sah eigenartig leer aus. Taras Parfum hing noch in der Luft. Auf Zehenspitzen tappte ich über den Teppich und kroch in das große Bett. Dad wachte auf, als das Bettgestell ein wenig quietschte.
»Levi?«
Dad war auch da gewesen, als ich mich vor ihm als trans geoutet hatte. Tara hatte sich zwischen uns gedrängt und statt ihn aufzusuchen, hatte ich angefangen, in Moms altes Büro zu flüchten. Doch nun, ohne Tara, konnte ich wieder eine bessere Beziehung zu Dad aufbauen.
»Michi und ich haben uns gestritten«, sagte ich.
»Oh, komm her.« Dad hob die Spitze seiner Decke und ich kroch zu ihm, als wäre ich noch ein kleines Kind. Vielleicht musste man sich einfach manchmal klein und geborgen fühlen. Sobald mich die Wärme einhüllte, fühlte ich mich besser.
»Willst du darüber reden?«, fragte Dad.
»Er hat Toni Geheimnisse von mir verraten und damit mein Vertrauen gebrochen«, erklärte ich.
»Ich weiß, das klingt schrecklich, aber das kann in einer Beziehung normal sein. Michael spricht über dich, weil du ihm so wichtig bist.«
»Echt?«
»Ja.«
»So habe ich das noch nicht gesehen. Aber er hat mich trotzdem verletzt und Toni private Sachen gesagt.«
»Tja, so was passiert. Wir sprechen über alles Mögliche. Und manchmal auch über unsere besten Freunde und deren Probleme. Das ist normal. Er lästert nicht über dich. Ich glaube, du solltest ihm verzeihen und wenn es dir wirklich so wichtig ist, dann sprich mit ihm darüber und er wird es sich zu Herzen nehmen.«
»Wenn du meinst.«
»Ihr seid schon so lange befreundet, eure Freundschaft hält das aus. Ihr müsst nur den Mut aufbringen, aufeinander zuzugehen und euch zu vertragen. Redet darüber. Glaub mir, ihr braucht einander.«
»Danke, Dad.«
Ich kuschelte mich an ihn.
»Wie geht es dir?«, fragte ich, um das Thema zu wechseln.
»Ich glaube, ich bin sogar ein bisschen erleichtert, dass Tara weg ist. Sie tat mir nicht gut, weil sie mich nicht geliebt hat. Und ich bin sehr froh, dass ich mit dem Heiratsantrag gezögert habe.«
»Ich bin für dich da, wenn es dir schlecht geht«, meinte ich. »Und Mom auch.«
»Ich weiß. Ich glaube, ich werde mich ablenken und bei den Vorbereitungen für die Hochzeit von Michi und Toni helfen.«
»Das klingt super.«
Ich schlief geborgen wie ein Kind an Dad gekuschelt ein und es war eines der schönsten und wohlsten Gefühle, das ich je erlebt hatte.
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