③④
Mit quietschenden Reifen hält Jimin direkt am Eingang des Bahnhofes. Es hat sie ganz schön viel Zeit gekostet.
Yuna war während der Fahrt am Handy und versuchte herauszufinden, welche Züge um 14.00 Uhr abfahren. Es fahren fünf Züge. Sie waren nur zu Viert. Da sie keine Ahnung haben, wohin Jungkook fahren möchte, wägen sie ab.
Sie mussten sich entscheiden. Flughafen, Busan, Incheon, Daegu oder Gwangju.
»Daegu.«
»Warum denn dahin? Kennt er da jemanden?«
»Sozusagen.«
»Und wenn er nach Busan will?«
»Nein. Daegu.«
»Sicher?«
Taehyung diskutiert nicht weiter. Langsam ist er wieder bei vollem Verstand und fürchtet nun, seinen Hasen für immer zu verlieren.
Er hofft inständig, dass er Recht hat. Jungkook ist ein Familienmensch. Und diese Situation hat ihm alles genommen. Nach Busan geht er nicht, da er dort keine Familie mehr hat. Es erinnert ihn nur an alles, was er verloren hat und das würde der kleine Hase im Moment nicht verkraften.
Fliegen will er auch nicht. Das weiß Taehyung. Jungkook hatte ihm mal erzählt, dass er noch nie geflogen ist und etwas Angst hat. Er würde es schon gern, aber nur, wenn jemand Vertrautes bei ihm ist. Also würde er nicht allein in ein Flugzeug steigen.
Incheon und Gwangju fallen auch weg. Er kennt dort niemand. Zumindest hat Jungkook es ihm nie erzählt. Also bleibt nur noch Daegu. Er fährt zu Taehyungs Eltern.
Sie haben sich wirklich gut verstanden und sie lieben Jungkook. Wenn er jetzt bei jemanden Zuflucht sucht, dann bei ihnen. Zumindest hofft Taehyung das. Er hofft, dass er ihn mittlerweile so gut kennt, um ihn so einzuschätzen.
Taehyung vermutet, das Jungkook deswegen zu seinen Eltern fährt, um ihm in gewisser Weise, doch noch nah sein zu können.
Vielleicht auch, das seine Eltern wieder einen gemeinsamen Weg schaffen können. In der Hoffnung, dass die beiden Liebenden wieder zueinanderfinden können. So würde es sich Taehyung vorstellen.
»Ne, das ist mir zu heiß. Jemand sollte sicherheitshalber zum Zug nach Busan gehen. Dort ist er aufgewachsen und kennt sich aus.«, schlägt Yoongi vor.
»Lass dich nicht aufhalten.«, klopft Yuna dem Minthaarigen auf die Schulter. Sie vertraut ihrem Schützling blind. Und wenn er glaubt, das Jungkook nach Daegu fährt, dann werden sie ihn finden.
»Wir müssen zusammen bleiben. Yoongi muss Jungkook alles erklären.«, wendet Jimin ein.
»Daegu. Es ist Daegu. Entweder ihr kommt mit. Oder ich geh allein.«, sagt Taehyung und läuft los.
Nur noch wenige Minuten bis zur Abfahrt. So schnell er kann, rennt er durch die Hallen. Die Menschenmengen machen es ihm nicht einfacher. Warum ist plötzlich ganz Korea auf einem Fleck?
So kommt es ihm vor. Als würden sie es absichtlich tun, damit er Jungkook nicht finden kann. Schritt für Schritt quetscht er sich durch. Er darf ihn nicht verlieren.
Die anderen versuchen Schritt zu halten, kommen kaum hinterher. Sie hören den Aufruf für den Zug nach Daegu. Noch fünf Minuten.
Taehyung nähert sich dem Gleis und seufzt. Wie soll er ihn denn da nur finden? Völlig außer Atem, bleibt er stehen. Er sieht sich am Gleis um, findet ihn aber nicht. Wen wundert es? Der Bahnhof ist riesig.
Nun ist ihm alles egal. So laut er kann, ruft Taehyung seinen Namen. In der Hoffnung, sein Hase hört ihn. Immer wieder ruft er nach seiner Liebe. Jimin kommt auf eine Idee.
Er stellt sich auf eine Bank, um sich einen Überblick zu verschaffen. Auch er ruft immer wieder laut seinen Namen.
Sind sie doch falsch? Will er doch nach Busan? Vielleicht sitzt er auch schon im Zug und hört sie deshalb nicht.
Wieder rennt Taehyung los und sieht in die Waggons. Er versucht etwas durch die Scheiben zu erkennen.
Nichts.
Kein Jungkook.
Die Hoffnung schwindet immer mehr. Verzweiflung macht sich breit.
Ungeachtet dessen läuft er weiter den Zug entlang. Immer mit dem Blick in den Zug. Dann stolpert er und liegt auf dem Boden. Vor Schreck fiel ihm Flöckchen aus der Hand.
Nein. Nein. Nein.
Er darf Flöckchen nicht auch noch verlieren. Schnell greift er nach dem Plüschhasen, bevor noch jemand drauf trampelt. Taehyung ist erleichtert, dass das Kuscheltier heil geblieben ist.
Er war so in Sorge um das Fellknäuel, das er nicht mitbekommen hat, gegen wen er da gelaufen ist. Bekommt nicht mal mit, wie jemand vor sich her flucht.
Taehyung stellt sich auf beide Beine und möchte weitersuchen. Es sind nur noch Augenblicke bis zur Abfahrt. Doch er wird am Arm festgehalten.
»Können sie nicht aufpassen oder sich zumindest entschuldigen? Wegen ihnen ist mein Koffer kaputt und ich komm nicht mehr in den Zug.«, schimpft die Person.
Taehyung stockt der Atem. Diese Stimme würde er unter Millionen anderen erkennen. Tränen sammeln sich in seinen Augen und er lächelt.
Sein Hase. Er ist über ihn gestolpert. Langsam dreht er sich um und sieht Jungkook an. Dieser weitet erschrocken seine Augen. Kaum zu glauben, wer vor ihm steht.
»Jungkook.«
»Taehyung? Was machst du hier?«
»Ich hole dich nach Hause.«
»Warum? Du hast mich raus geworfen.«
»Ich weiß, es tut mir so unendlich leid. Komm nach Hause. Du fehlst mir. Lass mich dir alles erklären.«
»Du hast mich verletzt und mich verlassen. Du hast versprochen es nicht mehr zu tun.«
»Jungkook, bitte. Ich weiß, ich hab mal wieder großen Mist gebaut. Es war ein Missverständnis. Ein echt dummes. Gib mir die Chance, es zu erklären.«
»Nein.«
»Bitte, Jungkook. Ich liebe dich.«
»Hör zu, Taehyung. Ich wurde noch nie von jemandem so verletzt, wie von dir. Von Anfang an, war immer ich derjenige, der leiden musste. Ich weiß nicht, ob ich die Kraft dazu habe, das noch mal durchzustehen.«
Die Worte treffen Taehyung hart. Sein Herz zerschmettert gerade in tausend Teile. Von Anfang an hat er es Jungkook schwer gemacht. Das ist wahr.
Muss sich so Jungkook gefühlt haben, als er ihn aus seinem Leben geworfen hat? Hat er auch solche Schmerzen erlitten? Wie grausam konnte Taehyung denn noch sein? Es zerreißt ihn innerlich.
Er hat Jungkook nicht verdient. Jungkook soll doch glücklich sein, das ist alles, was er sich wünscht. Und scheinbar können sie nicht miteinander glücklich sein.
Taehyung muss ihn ziehen lassen. Er will nicht Schuld daran sein, das Jungkook es irgendwann bereut. Wenn er es nicht bereits tut.
Mit Tränen in den Augen lässt er Jungkook am Gleis stehen. Jimin hält ihn auf. Er darf jetzt nicht aufgeben. Sie lieben sich doch. Also warum dürfen sie sich nicht zusammen sein? Warum sind beide nur so stur?
Während Jimin versucht, auf Taehyung einzureden, versucht Yoongi sein Glück bei Jungkook. Dieser kniet vor dem Koffer und sammelt seine Habseligkeiten ein.
Unaufhörlich weint er. Er ist verletzt. Verletzt darüber, Taehyung so weh getan zu haben. Er bereut diese Worte ausgesprochen zu haben. Aber er hat es. Es gibt kein Zurück, diese Worte ungeschehen zu machen.
»Jungkook, hör mir zu. Taehyung hat keine Schuld. Er hat nicht freiwillig mit dir Schluss gemacht. Ich habe ihn praktisch dazu genötigt. Gib dir einen Ruck und geh zu ihm. Du liebst ihn.«
»Das ändert nichts an der Tatsache, das er mich ohne Erklärung verlassen hat. Das er mich aus dem Haus geworfen hat, ohne mir einen vernünftigen Grund zu nennen. Er hätte mit mir reden müssen.«
»Er weiß, das er einen Fehler gemacht hat. Gib ihm eine Chance.«
»Und das aus deinem Mund? Ich dachte, du kannst ihn nicht leiden?«
»Das stimmt so nicht, ich war nur wütend weil ich dachte, er hat dich verletzt. Das war mein Problem. Ich hab doch gesehen wie glücklich du warst.«
»Ja, war.«
»Verzeih ihm. Es war nicht der erste Fehler und wird auch nicht der Letzte gewesen sein. Auch du wirst irgendwann einen Fehler machen. So ist das nun mal. Nichts im Leben läuft perfekt. Rede mit ihm. Ihm geht es genauso schlecht wie dir. Er kam nicht mehr aus seinem Zimmer raus. Hat nicht gegessen. Und er hat Flöckchen nie allein gelassen. Siehst du wie er ihn hält?«
Jungkook dreht sich zu Taehyung. Ihm ist gar nicht aufgefallen, das Flöckchen dabei ist. Er muss leicht schmunzeln, als er sieht, wie fest Taehyung den Hasen in den Armen hält.
Er vermisst Flöckchen. Das Fellknäuel gab ihm immer die Sicherheit, die er brauchte. Er hat Jungkook immer beschützt. Und jetzt soll er Taehyung beschützen. Darum hat er ihn da gelassen. Jungkook weiß, das Flöckchen in guten Händen ist.
»Jungkook, jetzt hör auf stur zu sein und komm mit. Komm nach Hause. Was habt ihr davon, wenn ihr beide leidet? Jemand mischt sich in eure Beziehung ein und dann stellt ihr direkt alles in Frage? So bist du nicht, Jungkook. Scheiß auf die Welt, liebt euch und werdet verdammt nochmal glücklich!«, fügt Yoongi noch hinzu.
Mehr kann er nicht mehr tun. Yoongi hofft inständig, mit seinen Worten etwas erreicht zu haben. Zwingen kann er ihn nicht, das weiß er. Yoongi nimmt Jungkook an die Hand und zieht ihn hoch.
»Na los, geh zu deinem Prinzen und ich kümmere mich um dein Gepäck.« Jungkook zögert. Er ist doch so sauer auf Taehyung. Aber er kann ihn nicht leiden sehen. Es tut weh.
Langsam geht er auf Taehyung zu, der mit dem Rücken zu ihm steht. Jimin sieht ihn und wendet sich von Taehyung ab. Er lächelt dem Schwarzhaarigen aufmunternd zu. Fragend blickt er Jimin an und dieser zeigt ihm mit einem Kopf nicken in Richtung Jungkook. Der Schwarzhaarige dreht sich um und sieht seinen Hasen.
»Können wir nach Hause, Taehyung? Ich bin müde.«
»Natürlich, alles was du willst.«
»Danke, das du auf Flöckchen aufgepasst hast.«
»Er war alles, was ich noch hatte.«
»Kannst du mich auch so festhalten?«
Nach diesen Worten schnappt sich Taehyung den Jüngeren und zieht ihn in eine feste Umarmung. Nie wieder will er ihn loslassen.
Er muss hart an sich arbeiten, damit Jungkook ihm wieder vertraut. Aber er ist guter Dinge, das sie es hinbekommen.
Nie mehr soll einer von ihnen solche Schmerzen erleiden müssen.
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