①⑤
Taehyung war noch nie so froh gewesen, aus einem Gebäude rauszukommen, wie bei diesem Motel. Wenn man es überhaupt so nennen darf.
Die letzte Renovierung ist wohl vor Jahrzehnten gewesen. Es richt muffig, Türen schließen nicht anständig und die Wände sind richtig dünn.
Über die Geräusche in diesem Gebäude möchte er nicht weiter nachdenken. Nein, dort konnte er Jungkook beim besten Willen nicht zurücklassen.
Auch wenn es ihm unbehagt. Schließlich war noch nie jemand bei ihm zu Hause der nicht zur Familie gehört. Wird schon alles klappen, hofft der Schwarzhaarige.
Bei ihm zu Hause angekommen, zeigt er Jungkook, wo er schlafen kann. Sie bringen die Sachen in das Gästezimmer. Die Koffer an die Seite gestellt, stehen die beiden jungen Männer etwas unbeholfen da.
Jungkook lenkt sich ab und sieht sich um. Nervös knetet er an seinen Fingern. Natürlich wollte er Taehyung kennenlernen, alles über ihn erfahren. Aber von jetzt auf gleich bei ihm wohnen, ist auch für ihn etwas befremdlich.
»Ich hoffe, es gefällt dir. Du hast dein eigenes Badezimmer. Fühl dich wie zu Hause und wenn du etwas brauchst, dann lass es mich wissen, okay?«, erklärt Taehyung.
»Vielen Dank, Taehyung. Wirklich.«, sagt der Braunhaarige und wirft sich ihm praktisch um den Hals. Taehyung scheint etwas überfordert, doch erwidert die Umarmung schüchtern.
»Du konntest wirklich nicht länger, in dieser Absteige bleiben.«, fügt Taehyung hinzu, als sie wieder lösen. Jungkook findet es toll hier. Es ist alles so riesig und hell. Allein dieses Zimmer ist so groß, wie die halbe Wohnung, in der er vorher lebte.
»Ich werde dir unten an die Kommode einen Schlüssel hinlegen. Diese Woche bin ich sehr lange im Büro. Das heißt für mich, das ich mich jetzt hinlegen muss. Wie gesagt, du kannst hier alles tun, was du möchtest. Wir können das Zimmer auch gern umstellen, oder so.«, erklärt Taehyung nervös.
»Alles gut. Es ist perfekt.«, antwortet Jungkook.
»In Ordnung. Dann wünsche ich dir eine gute Nacht.«, verabschiedet sich Taehyung. Er möchte gerade gehen, doch der junge Mann hält ihn noch auf.
»Wann fährst du morgen früh?«, fragt der Braunhaarige schüchtern.
»Ich fahre um 07.20 Uhr los. Du kannst natürlich ausschlafen. Gute Nacht.«, antwortet er ihm. Somit verschwindet der Ältere in sein Zimmer.
»Schlaf gut, Taehyung.«, hört der Schwarzhaarige ihn noch sagen. Ein komisches Gefühl macht sich bei Taehyung breit. Er weiß nicht, wie er damit umgehen soll.
Natürlich hatte er mal Besuch, aber das war Familie. Oder Jimin, der eigentlich auch dazu gehört, war über Nacht mal bei ihm. Aber Familie zählt man nicht. Es wird schon alles gut gehen, denkt er sich.
Den Wecker gestellt, die Decke bis zum Kinn gezogen, schließt er seine Augen.
Der nächste Morgen bricht an und so langsam wacht das Haus auf. Yuna bereitet wie immer das Frühstück vor. Taehyung kommt frisch geduscht und fein für die Arbeit angezogen in die Küche.
»Morgen, Yuna.«
»Guten Morgen, mein Junge. Gut geschlafen?«
»Es geht so.«
»Ist das jetzt gut oder schlecht?«
»Ich weiß es noch nicht.«
»Wie genau meinst du das jetzt?«
»Ich habe Jungkook gestern getroffen. Wir haben ein Eis gegessen und dann haben wir uns geküsst.«
»Awww. Und wie war er? Der Kuss?«
»Es war schön, keine Frage. Doch ich bin mir so unsicher, wie es weiter geht. Ich kenne das nicht und will nichts falsch machen.«
»Hör auf dein Herz. Dann wird alles gut. Du hast dich mit diesem Kuss geöffnet. Geh die Beziehung ein und sieh was passiert. Mach dir keinen Druck.«
»Hoffentlich krieg ich das hin. Ich mag ihn. Sehr.«
»Na sieh-«
Verwundert, weil Yuna aufgehört hat zu reden, sieht Taehyung von seinem Teller auf und blickt in das starre Gesicht von ihr.
Ihre Augen sind weit aufgerissen. Steht sie unter Schock? Er wedelt mit der Hand vor ihrem Gesicht. Kopfschüttelnd löst sie sich aus ihrer Starre. Sie sieht Taehyung finster an.
»Sag mal, willst du mich umbringen?«
»Hä?«
»Ich sterbe hier noch an einem Zuckerschock!«
»Ist dein Tee zu süß geworden?«
»Halt die Klappe und dreh dich um. Der Kleine bringt ja jeden Eisblock zum schmelzen!«
Erst jetzt realisiert der Schwarzhaarige, worauf Yuna hinaus will. Er dreht sich um und sein Herz setzt einen Schlag aus. Taehyung schluckt schwer bei diesem Anblick.
Vor ihnen steht ein kleiner verschlafener Jungkook. In einem pastellblauen Pyjama. Seine Haare stehen in alle Richtungen.
Passend zum Pyjama hat er flauschige Hausschuhe an, um seine Füßchen vor dem kühlen Marmor zu schützen. Gähnend reibt er sich die Augen und im Arm hält er Flöckchen.
Der Anblick lässt niemanden kalt. Yuna hat vollkommen Recht. Der größte Eisberg würde einfach so dahin schmelzen.
»Guten Morgen, du bist noch da.«, spricht die Niedlichkeit in Person verschlafen.
»Äh, ja. Guten Morgen, Jungkook. Warum bist du schon wach? Hast du nicht gut geschlafen? Brauchst irgendwas?«, fragt der staunende Taehyung.
»Nein, alles bestens. Ich wollte dich noch sehen bevor du gehst.«, lacht der Kleine und kommt den beiden schon fast sabbernden Personen näher.
Wie aus dem Nichts bekommt Taehyung einen leichten Schlag auf den Hinterkopf. Reflexartig reibt er sich die schmerzende Stelle.
»Ach so, Entschuldigung. Yuna, das ist Jungkook. Er wird für die nächste Zeit hier wohnen. Und Jungkook, das ist Yuna meine Haushälterin. Sie kümmert sich um Alles. Wenn du einen Wunsch hast, lass es sie wissen.«, stellt er die beiden vor.
»Komm her, Jungkook. Nimm Platz und iss mit uns. Es ist schön, dich endlich kennen zu lernen.«, bittet die verzauberte Haushälterin. Das Grinsen in ihrem Gesicht kann sie nicht mehr abstellen.
Müde aber mit einem sanften Lächeln tapst er zum Tisch und gesellt sich dazu.
Der Frühstückstisch ist reichlich gedeckt und er weiß gar nicht, wo er anfangen soll. Taehyung kann sich derweil nicht mehr auf das Essen konzentrieren. Nein, er betrachtet lieber Jungkook eingehend.
Wenn er so weiter macht, wird es sehr anstrengend für ihn sich zurückzuhalten. Jungkook provoziert ihn gerade zu. Und der Kleine weiß es noch nicht mal.
Als es dann doch Zeit ist aufzubrechen, steht Taehyung auf und schnappt sich seinen Aktenkoffer. Ohne es zu merken, ist Jungkook hinterher.
»Taehyung?«
»Ja?«
»Ich wünsche dir einen schönen Tag.«
»Ähm, danke. Dir... auch.«
»Pass auf dich auf, ja?«
»Natürlich.«
Der kleine Hase geht auf Taehyung zu und gibt ihm zum Abschied einen kurzen Kuss auf die Wange. Dann geht er einen Schritt nach hinten und winkt dem Geschäftsmann schüchtern zu. Taehyung reagiert zaghaft und winkt ebenfalls.
Das ist neu für ihn. Was muss er tun? Er weiß es nicht. Er kennt zwar nicht die Antwort auf seine Frage, aber jemand Bestimmtes kennt sie sicher. Jimin!
So schnell wie noch nie fährt er ins Büro, um den Blonden auf den neuesten Stand zu bringen.
Währenddessen ist Jungkook wieder zurück zum Tisch gegangen. Yuna nutzt die Gunst der Stunde und fragt ihn aus. Schließlich soll er sich hier wohl fühlen und es soll ihm an nichts fehlen. Als sie alles Nötige erfahren hat, ist nun Jungkook derjenige, der eine Frage hat.
»Yuna, du kennst Taehyung am besten. Ich möchte ihm gerne zeigen, wie dankbar ich ihm bin, das ich hier vorübergehend wohnen kann. Kannst du mir vielleicht ein paar Tipps geben, womit ich ihm eine Freude machen kann?« Yuna muss nicht lange überlegen.
Ihr Schützling ist einfach gestrickt. Er liebt Essen. Und er freut sich jedes Mal, wenn sie es doch mal schafft, ihm ein Mittagessen im Büro vorbeizubringen. Das ist perfekt. Ihr Junge bekommt was anständiges zu Essen und Jungkook kann mit ihm Zeit verbringen. Das ist die beste Idee, die sie je hatte.
Jungkook ist von ihrem Vorschlag begeistert und haben sich darauf geeinigt, dass sie gemeinsam kochen werden und Jungkook das Essen im Büro vorbeibringt. Sie verlieren keine Zeit und legen sofort los.
Yuna kennt Jungkook gerade mal ein paar Minuten und schon hat sie ihn in ihr Herz geschlossen. Eins weiß sie sicher. Wenn Taehyung den Kleinen verärgert, kriegt er ein Problem mit ihr.
So jemanden wie den Braunhaarigen, wird er nie wieder finden. Das er ihm noch nicht vollkommen verfallen ist, wundert sie sehr.
Jimin grinst über das ganze Gesicht, als er von Taehyungs gestrigen Abend hört. Natürlich ist es blöd für Jungkook in so einer misslichen Lage zu sein. Aber scheinbar hat das Schicksal die Karten neu gemischt.
»Du hast es also tatsächlich getan. Wie hat es sich angefühlt?«
»Na, wie ein Kuss halt.«
»Details, Tiger. So leicht kommst du mir nicht davon. War es schön? Hat es dir gefallen?«
»Ja, es war schön.«
»Taehyung. Muss ich dir denn alles aus der Nase ziehen?«
Wie gewohnt, sitzt Jimin auf Taehyungs Schreibtisch und sieht ihn an. Der Schwarzhaarige fühlt sich nicht wohl und rutscht auf seinem Stuhl hin und her. Der Zwerg grinst so sehr, dass es schon gruselig ist.
»Hör auf damit.«
»Womit?«
»So zu gucken.«
»Wie guck ich denn?«
»Komisch und das macht mir Angst.«
»Das kommt dir nur so vor.«
»Lass es einfach.«
»Wie geht es denn jetzt weiter bei euch?«
»Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Der Kuss ist ja das eine, aber was mach ich jetzt? Ich kenn das alles nicht.«
»Dann lerne es. Jungkook wird dir schon sagen, was er will.«
Taehyung antwortet nicht mehr. Er weiß doch selbst nicht, was er tun soll. Seufzend lehnt er sich weiter in den Stuhl und starrt Löcher in die Luft.
Jimin wird es jetzt zu bunt und verschwindet aus dem Büro. Es ist Mittagszeit und der aschblonde Mann hat Hunger. Taehyung zu fragen, ob er mit will, spart er sich. Die Antwort ist immer dieselbe.
»Wenn ich nachher wieder komme, machen wir einen Masterplan. Ich bring dir, wie immer, was zu essen mit.«, verabschiedet er sich.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro