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Wie jeden Morgen steht Yuna zeitig auf. Auch wenn es Samstag ist. Für sie ist jeder Tag gleich. Wie immer bereitet sie das tägliche Frühstück zu. Sie nutzen die kurze Zeit, um sich auszutauschen.
Nur in diesem Moment hat Yuna Zeit, etwas über Taehyung zu erfahren. Über alles wird geredet, außer die Arbeit. Den ganzen Tag hat er nichts anderes im Sinn. Daher hat sie vor langer Zeit beschlossen, dass am frühen Morgen nicht darüber geredet wird.
Yuna war sehr überrascht und doch wahnsinnig froh, das Taehyung es akzeptiert hat. Er hält sich wirklich daran, nicht über die Arbeit zu sprechen.
Der Esstisch ist reichlich gedeckt, und die Haushälterin sieht auf die Uhr. Er ist noch nicht da. Sofort kommt ihr ein Gedanke. Yuna geht zum Arbeitszimmer. Alles würde sie darauf verwetten, das er bis spät in die Nacht noch gearbeitet hat und irgendwann eingeschlafen ist.
Sie hört ihn gedanklich schon über seine Rückenschmerzen jammern. Lächelnd macht die Haushälterin die Tür auf und findet nichts. Niemand da. Kein Taehyung der arbeitet oder schläft.
Dann ist er im Büro. Normalerweise würde Taehyung ihr einen Zettel hinterlassen, wenn er so früh weggeht. Es liegt aber keiner am gewohnten Platz. Auch wenn sie es komisch findet, verliert sie keinen weiteren Gedanken daran.
Seufzend setzt sie sich an den Tisch und macht sich allein über die frisch aufgebackenen Brötchen her. Die Arbeit wird den Jungen noch umbringen.
Gedanklich geht sie nochmal alle Dinge durch, die sie heute zu erledigen hat. Es gibt jeden Tag etwas zu tun. Langweilig wird es für sie nicht. Es lebt in diesem Haus zwar nur ein Mann und er ist so gut wie nie da, aber das hält den Staub nicht auf, sich in diesem großen Haus breitzumachen.
Also, macht sie sich direkt an die Arbeit. Das Essen weggeräumt, die Küche blitzblank poliert und dem Staub den Gar ausgemacht, will sie nun das Bett frisch beziehen. Mit neuen Laken und Bezügen bestückt, tapst sie vor sich hin pfeifend in das Schlafzimmer. Vor Schreck fällt ihr die frische Wäsche auf den Marmorboden.
»Meine Güte, Taehyung! Du bist ja doch zu Hause!«, ruft sie erschrocken. Vor ihr liegt der junge Mann im Bett und sieht nicht sonderlich ausgeschlafen aus. Blinzelnd versucht er seine Augen zu öffnen. Verschlafen schreckt er hoch, als er Yuna bermerkt.
»Guten Morgen, Yuna.«, bringt er gerade so raus. Er hat seine Stimme noch nicht wiedergefunden. Müde und noch gar nicht richtig wach, fährt er sich mit den Händen durch das Gesicht. So fertig war er schon lang nicht mehr.
»Guten Morgen? Der war gut. Es ist Mittag. Ich dachte, du bist im Büro?«, fragt sie neugierig und sammelt die verlorene Wäsche wieder vom Boden auf.
»Was?«, fragt er erschüttert. Er sitzt nun kerzengerade im Bett. Hellwach. So lange hat er schon ewig nicht mehr geschlafen.
»Ist alles in Ordnung? Bist du krank?«, fragt sie besorgt weiter, lässt die Wäsche wieder auf den Boden fallen und klettert zu ihm, um die Stirn abzutasten. Doch sie fühlt sich normal an.
»Okay, weißt du was? Du gehst jetzt duschen und dann kommst du runter. Ich mach dir was zu essen und dann erzählst du mir, was passiert ist.«, schlägt sie vor und stubst den verwirrten Mann in die Seite. Er nickt schwach und krabbelt gähnend aus dem Bett.
Nach einigen Minuten kommt Taehyung in die Küche. Wie versprochen hat Yuna ihm eine Kleinigkeit zu essen gemacht und schiebt ihm den Teller vor sie Nase. Er macht den ersten Bissen und merkt erst jetzt, dass er wahnsinnigen Hunger hat.
»Okay, mein Hübscher, was ist los?«, fragt sie ihn. Denn dieses Verhalten legt er nur an den Tag, wenn er krank ist oder große Probleme hat und nicht weiter weiß. Mit einer Mischung aus Sorge und Neugier betrachtet sie ihren Schützling eingehend. Irgendwas stimmt hier nicht und sie will wissen, was es ist. Mit einer Kaffeetasse in der Hand lehnt sie an der Küchentheke und wartet.
Für Taehyung ist Yuna wie eine Mutter und gute Freundin. Geheimnisse hat er keine vor ihr. Sie ist die erste Person, neben Jimin, zu der er geht, wenn er Rat sucht. Also hat er keine Scheu, ihr alles zu erzählen, was gestern passiert ist.
»... dann bin ich ins Bett. Ich lag einfach nur da und dachte nach. Über Gestern.«
»Wow.«
»Ja, wow. Was soll ich tun?«
»Die Frage stellst du dir noch?«
»Äh, ja?«
»Wow.«
»Yuna, bitte. Das hilft mir nicht.«
»Tut mir leid, ich bin nur sprachlos.«
»Ich auch.«
»Warum versuchst du es nicht?«
»Hörst du mir eigentlich zu?«
»Natürlich. Hörst DU dir zu?«
»Wie meinst du das jetzt wieder?«
»Ist dir vielleicht mal in den Sinn gekommen, das deine Mauer schon zu bröckeln angefangen hat? Das dieser Jungkook etwas in dir ausgelöst hat? Unbewusst?«
»Hmm. Meinst du? Wenn ja, habe ich ein Problem. Das ist ein Spiel mit dem Feuer.«
»Würde ich so nicht sagen. Er scheint mir von deiner Erzählung her, ein selbstbewusster junger Mann zu sein, der weiß, was er möchte. Was hast du zu verlieren? Außer deine geliebte Zeit!«
»Er hatte noch nicht mal seinen ersten Kuss! Ich kann das nicht tun!«
»Warum nicht? So wie es scheint, möchte er, das du sein erster Kuss wirst. Sein erstes Mal. Verstehen, wer hinter dem Geschäftsmann steckt. Was ist daran falsch? Wann hast du das letzte Mal so lange über jemanden nachgedacht, der nicht zur Familie gehört?«
Taehyung kennt die Antwort nicht. Er denkt über Yunas Worte nach. Natürlich ist nichts falsch daran, gewisse Vorstellungen zu haben. Wünsche zu haben. Doch ist er nicht der Richtige für so was. Er will ihn nicht verletzen. Wenn es erstmal passiert ist, kann es nicht wieder rückgängig gemacht werden.
Yuna erkennt den verzweifelten Blick. Sie hat ihn schon das ein oder andere Mal gesehen, wenn er sich unschlüssig ist, ob er einen Vertrag und bestimmten Bedingungen eingehen soll. Das es sich diesmal um die Liebe handelt, ist allerdings neu.
»Ich versteh ja, das du ihn nicht verletzen willst. Aber das lässt sich manchmal nicht vermeiden. Das gehört zum Leben dazu. Nichts kann man vorhersehen. Du kannst es nicht planen und einteilen. Liebe ist ein riskantes Geschäft. Verletzte Gefühle gehören dazu. Du kannst ihn nicht schützen, indem du dich von ihm fernhältst. Und genau genommen, hast du ihn schon verletzt.«, erklärt sie ihm. Taehyung sieht sie fragend an. Er hat absolut keine Ahnung, was sie da eigentlich erzählt.
»Du hast ihn abgewiesen. Das hat ihn verletzt.«, lächelt sie. In Taehyungs Kopf rattert es. Natürlich, das ergibt Sinn. Jungkook wollte ihn kennenlernen und er hat ihn abblitzen lassen. Er war also schon ein Arsch. Von Anfang an war er das Arschloch, das er niemals sein wollte. Doch was hätte er anderes machen sollen?
»Kann es denn in Ordnung sein, seine ersten Male zu nehmen, mit dem Wissen, das es nicht klappt?«, fragt er unsicher.
»Das geht vollkommen in Ordnung. Solange du es ehrlich meinst, ist das Okay. Und sollte, aus welchen Gründen auch immer es nicht klappen, ist das auch okay. Es gab vor euch Paare die nicht zusammen geblieben sind und es wird auch künftig welche geben. Viele merken erst später, ob es passt oder nicht. Und ganz egal kann er dir schon mal nicht sein, wenn du so viel über ihn nachdenkst.«, erläutert sie dem Schwarzhaarigen.
»Ich muss darüber nachdenken.«, flüstert er und widmet sich wieder seinem Teller zu.
»Kommunikation ist hierbei absolut wichtig. Das weißt du eigentlich auch. Wenn ihr beide dasselbe wollt, spricht doch nichts dagegen. So, aber ich muss jetzt in die Reinigung, deine Anzüge holen. Sonst musst du am Montag nackt los.«, zwinkert sie und ist bereit zu gehen.
»Jimin würde das wahrscheinlich noch gefallen.«, lacht Taehyung amüsiert. Yuna tut es ihm gleich. Sie kennt Jimin nur zu gut. Oft genug ist er hier und bringt alles durcheinander. Aber sie liebt ihn nicht weniger als Taehyung.
»Danke, Yuna. Für alles. Ohne dich wäre ich aufgeschmissen.«, lächelt Taehyung sie an. Es bedeutet ihm wirklich viel, das sie so für ihn da ist.
»Da muss ich dir allerdings Recht geben. Du weißt, ich bin immer für dich da.« Mit einem Kuss auf die Stirn verlässt sie das Haus.
Noch immer in Gedanken, setzt sich Taehyung auf die Couch. Er merkt gar nicht, wie viel Zeit vergeht. Ihm ist gar nicht bewusst, dass er schon den ganzen Tag nicht gearbeitet hat. Er sitzt einfach nur da und tut nichts. Der Geschäftsmann kennt diese Art von Gefühlen nicht und ist völlig überfordert. Weiß nicht, was er tun soll. Was ist richtig? Was ist falsch?
Seine Gedanken werden unsanft durch das Läuten der Klingel unterbrochen. Völlig neben der Spur, öffnet er die Tür und sieht den Sohn des Teufels persönlich. Jimin. Der kommt ihm gerade recht.
»Das du dich noch hierher traust!«
»Ganz ruhig, Tiger. Fahr deine Krallen ein. Ich wünsche dir auch einen schönen Tag.«
»Komm mir nicht so, Freundchen.«
»Ich liebe dich auch. Kann ich reinkommen oder schlagen wir hier Wurzeln?«
»Nein!«
»Doch!«
»Heute nicht, Giftzwerg! Du bist mir eine Erklärung schuldig. Du hast genau einen Versuch!«
»Okay, okay.«
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