Kapitel 44//Der Fluss und ein Nazgul
Laurea pov.
Zum Abend machen wir Rast am Westufer und schlagen dort unser Lager auf. Wir haben uns getraut ein kleines Lagerfeuer zu entfachen und Pippin und Merry sind sofort eingeschlafen, nachdem sie etwas zu essen bekommen haben.
Ich bemerke wie Boromir auf das Wasser starrt und gehe langsam auf ihn zu. Ich erkenne auf dem Wasser einen Baumstamm und eine Kreatur welche sich dahinter versteckt.
"Gollum. Er verfolgt uns seit Moria. Ich hatte gehofft, auf dem Fluss könnten wir ihn abhägen, aber das Wasser ist eben sein Element." Erkläre ich ihm und Aragorn tritt leise neben uns, um ebenfalls die Situation zu überblicken.
"Und was, wenn er den Feind auf unsere Fährte führt? Dann wird unsere Fahrt umso gefährlicher." Spricht Boromir gehetzt.
"Minas Tirith. Dieser Weg wäre sicher, das weißt du. Dort könnten wir uns neu formieren und dann mit gestärkter Kraft nach Mordor aufbrechen." Redet der Mensch aus Gondor auf Aragorn ein, doch dieser schüttelt bloß seinen Kopf.
"Es gibt keine Stärke in Gondor, die uns weiterhelfen würde." Wehrt er ab. "Aber von den Elben hast du dir weiterhelfen lassen!
Warum vertraust du deinem eigenen Volk so wenig? Ja, sie sind unentschieden und haben Schwächen, aber auch Mut und Ehre kann man unter den Menschen finden. Doch du verschließt die Augen davor.
Du fürchtest dich! Dein Leben lang hast du dich im Schatten verborgen, aus Angst davor wer du bist, was du bist!" Zum Ende hin wird Boromir immer lauter und nun ist auch Aragorn erzürnt.
"Ich sorge dafür, dass der Ring nicht näher als 100 Meilen an eure Stadtmauer kommt!" Spricht er wütend und lässt mich wieder mit Boromir alleine. "Nimm es nicht zu schwer." Spreche ich zu Boromir und lasse ihn alleine stehen.
Die achte Nacht unserer Bootsreise ist angebrochen. Die Luft ist still; der graue Ostwind, welcher uns die letzten Tage begleite hat, hat sich gelegt. Die schmale Mondsichel ist früh in den fahlen Sonnenuntergang eingetaucht, doch über uns ist der Himmel klar, und obwohl im Süden große Wolkenbänke zusehen sind, die noch einen schwachen Lichtschein auffangen, glänzen im Westen hell die Sterne.
"Auf geht's!" sagt Aragorn guter Dinge. "Diese eine Nachtfahrt können wir noch riskieren. Wir kommen jetzt zu Strecken des Flusses, die ich nicht gut kenne. Hier bin ich noch nie zu Wasser unterwegs gewesen, jedenfalls nicht von hier bis zu den Stromschnellen der Sarn Gebir. Aber wenn meine Schätzung stimmt, sind es bis dahin noch viele Meilen. Aber auch vorher kommen schon gefährliche Stellen: Felsen und Kiesbänke mitten im Strom. Wir müssen scharf aufpassen und dürfen nicht schnell drauflos paddeln." Erklärt er uns und sieht mich kurz fragend an, doch schüttel ich meinen Kopf. Zwar kann ich dank Legolas schwimmen, doch Hasse ich das Wasser immer noch, also bin ich auch nie hier auf dem Fluss unterwegs gewesen.
Sam im vordersten Boot wurde der Ausguck anvertraut. Er legt sich an den Bug und späht voraus.
Es wird dunkel, aber die Sterne scheinen seltsam hell, und ihr Widerschein liegt auf der Wasserfläche, was ich eine Zeitlang fasziniert betrachte. Es geht auf Mitternacht zu, und wir hatten uns eine Weile treiben lassen und kaum paddelten wir, als Sam plötzlich laut schreit.
Wenige Schritte voraus stehen dunkle Formen in der Strömung, und ich hört das Strudeln schnell dahinschießenden Wassers.
Eine starke Strömung zieh uns nach links, zum östlichen Ufer hin, wo die Durchfahrt frei ist. Als wir beiseite getragen wurden, sehen ich aus nächster Nähe den hellen Schaum, den der Strom gegen die scharfkantigen Felsen wirft, die wie eine Reihe Zähne weit aus dem Wasser ragen. Die Boote werden immer dichter zusammengedrängt und meine Fingernägel Krallen sich in das glatte Holz.
Dies ist unser Ende, schießt es mir durch den Kopf, denn in solch einer Strömung könnten wir auch nicht schwimmen.
"Pass auf Aragorn!" brüllt Boromir, als sein Boot gegen das vordere stößt. "Das ist Wahnsinn! Wir können nicht bei Nacht durch die Schnellen fahren! Durch die Sarn Gebir kommt kein Boot, auch bei Tag nicht." Ruft Boromir.
"Zurück, zurück!" Ruft Aragorn. "Wenden! Wenden, wenn ihr könnt!" Er stemmt sein Paddel tief ins Wasser, um das Boot zum Halten und zur Kehrtwendung zu bringen und Legolas tut es ihm gleich. "Ich hab mich verrechnet", sagt er zu Frodo, wie ich höre. "Ich wusste nicht, dass wir schon so weit sind: Der Anduin fließt schneller, als ich dachte. Wir müssen schon dicht vor den Sarn Gebir sein." Gesteht er dem Hobbit.
Mit viel Mühe bringen wir die Boote zum Stehen und wenden sie; doch gegen die Strömung kommen wir nur langsam voran, ich habe mir mittlerweile auch ein Padel geschnappt, um Legolas zu helfen. Währenddessen werden wir näher und näher ans östliche Ufer getragen. Düster und drohend ragt es in die Nacht. "Alle zusammen, paddelt!" brüllt Boromir. "Paddelt, oder wir werden auf die Untiefen getrieben!" Sein unnötiges Geschreie lässt meine Stimmung noch tiefer sinken.
Doch die Worte waren noch nicht heraus, da spüre ich auch schon, wie der Kiel unter mir auf Stein schrammte. Im gleichen Moment höre ich Bogensehnen surren. Etliche Pfeile zischen über uns hinweg, und manche gehen zwischen uns nieder.
Schnell ducke ich mich, so gut es im Boot geht und taste nach meinem Bogen.
Ich erkenne dunkle Gestalten die auf den langen Kiesbänken unter dem östlichen Ufer hin und her rennen. Sie sind sehr nahe.
"Yrch! (Orks)" Sagt Legolas und verfällt kurz in unsere Muttersprache, auch er sucht seinen Bogen.
"Orks!" Ruft nun Gimli, welcher ebenfalls in unseren Boot sitzt und somit am meisten in der Schusslinie der Orks. Denn unser Boot liegt ihnen am nächsten und schirmt die anderen ein stückweit ab.
Wir beugen uns alle vor und ziehen die Paddel tief durch, Mittlerweile haben wir aufgegeben unsere Bögen heraus zukrammen, denn um einen Ork zu treffen hätten wir unsere Verteidigung aufgeben müssen.
Jeden Augenblick erwarte ich, den Biss eines schwarz gefiederten Pfeils zu spüren. Viele Pfeile sausen über unsere Köpfe oder fallen ins Wasser, doch keiner trifft uns.
Zug für Zug paddeln wir weiter und ich bin mir sicher das wir dank den Lorienmänteln nicht getroffen werden, weil diese uns Tarnung verschaffen. Im Dunkeln ist schwer festzustellen, ob wir überhaupt vorankommen, aber allmählich lässt das Strudeln des Wassers nach, und der Schatten des Ostufers blieb in der Nacht hinter uns zurück.
Endlich haben wir wieder die Mitte des Stroms erreicht und etwas Abstand zu den ins Wasser vortretenden Felsen gewonnen. Dann machten wir eine halbe Wendung und hielten mit aller Kraft aufs westliche Ufer zu. Unter Büschen, die sich übers Wasser neigten, hielten wir an und schöpften Atem.
Legolas legt sein Paddel hin und nimmt den Bogen, den er von Galadriel geschenkt bekommen hat.
Dann springt er ans Ufer und steigt ein paar Schritte die Böschung hinauf, ich tue ihm dies gleich, denn zwei Elben sehen mehr als nur einer. Während er den Bogen spannt und einen Pfeil auf legt, späht er gemeinsam mit mir über den Fluss in die Dunkelheit. Schreie gellen übers Wasser, aber zu sehen ist nichts.
Ich bemerke wie Frodo zu uns hinauf schaut, wir müssen für den kleinen Kerl wie Riesen wirken, durch die zusätzlichen zwei Meter, welche wir über den Booten stehen. Doch auf einmal hebt sich der Blick des Hobbits noch mehr und ich wende mich ebenfalls nach Süden. Dort ziehen nun dicke Wolken herauf und schicken dunkle Vorreiter in das Sternenfeld aus.
"Elbereth Gilthoniel!" Seufzt Legolas, als er ebenfalls hinauf blickt, während ich noch ein paar Schritte weiter gehe, um alles besser im Blick zu haben.
Kaum bin ich zwei Meter weiter gegangen erscheint ein dunkles Gebilde, etwas wie eine Wolke, aber viel schneller fliegend, aus der Schwärze im Süden auf die Boote zu fliegend, alles Licht im Herannahen verdunkelnd.
Bald konnte man ein großes geflügeltes Tier erkennen, schwärzer als der Abgrund der Nacht. Raue Stimmen begrüßen es vom andern Ufer. Ich fühle wie sich plötzlich eine Kälte durch meinen Körper zieht, die das Herz angreift; ein tödlicher Frost. Ich bin zu erstarrt von dem Grauen, welches ich schon auf der Wetterspitze erleben musste, als Legolas die Initiative ergreift.
Der große Bogen aus Lórien singt. Schrill pfeift der Pfeil von der Elbenhaarsehne. Meine Augen beobachten wie fast genau über Frodo sich das Flügelwesen überschlägt.
Mit einem krächzenden Schrei stürzt es ab und verschwindet in der Dunkelheit auf dem östlichen Ufer. Der Himmel ist wieder rein. Von fern dringt Getöse von vielen Stimmen herüber, Heulen und Fluchen in der Finsternis. Dann wurde es still. Kein Pfeil und kein Schrei kamen in dieser Nacht mehr von Osten.
Gemeinsam mit Legolas steige ich wieder ins Boot, wobei er mir die Hand reicht, um mir zu helfen. "Gut geschossen." Murmel ich und Versuche zu verstecken, dass ich auf mich selber wütend bin. Ich hätte nicht regungslos da stehen sollen, sondern ebenfalls etwas tun. Mein Zögern hätte unser Tod sein können.
Nach einer Weile ließ Aragorn uns stromaufwärts zurückfahren, noch immer klopft mein Herz mir bis zum Hals und ich bin froh das Legolas Schießkünste immer noch so gut sind.
Wir tasten uns ein Stück weit am Rand des Wassers entlang, bis wir eine kleine flache Bucht finden. Unterhalb einer steilen felsigen Böschung stehen ein paar niedrige Bäume dicht am Wasser.
Wir beschließen hier den Morgen abzuwarten, bei Nacht weiterfahren zu wollen, ist sinnlos. Wir schlagen kein Lager auf und machen kein Feuer, sondern strecken uns, so gut es geht, in den aneinander vertäuten Booten aus.
"Lob und Preis für Galadriels Bogen und für Legolas' Hand und Auge!" Sagt Gimli, an einer Lembas-Waffel kauend, während wir dicht aneinander in dem kleinen Boot liegen. Dabei bin ich dem Elben näher als mir lieb ist, doch halb auf Gimli liegen will ich auch nicht. "Ein gewaltiger Schuss war das, mein Freund, und im Dunkeln!" Prahlt Gimli weiter.
"Aber wer weiß, was ich getroffen habe?" Sagt Legolas sehr viel ruhiger und leiser. "Ich nicht", sagt Gimli. "Ich bin nur froh, dass dieser Schatten nicht näher kam. Er gefiel mir gar nicht. Er erinnerte mich allzu sehr an den in Moria - den Schatten des Balrogs." Die letzten Worte flüstert er nur, doch jagt uns allen Trotzdem eine Gänsehaut über den Körper.
"Ein Balrog war es nicht", sagt Frodo, immer noch bibbernd vor Kälte, die ihm in die Glieder gefahren war. "Es war etwas Kälteres. Ich denke, es war ..." Er sprach es nicht aus und verstummte, doch weiß ich das wir das gleiche denken: ein Nazgul.
"Was denkst du?" Fragt Boromir gespannt und beugt sich aus seinem Boot herüber, als will er versuchen, Frodos Gesicht zu erkennen.
"Ich denke...Nein, ich mag nicht davon reden", antwortet Frodo leise. "Was es auch war, sein Abschuss hat unsere Feinde eingeschüchtert."
"So scheint es." Sagt Aragorn bedacht und klingt weit entfernt, durch die Tatsache das er in seinem Boot liegt. "Doch wo sie sind und wie viele, und was sie als Nächstes tun werden, wissen wir nicht. Heute Nacht müssen wir alle ohne Schlaf auskommen. Aber was der Tag bringen wird, wer kann es wissen? Haltet die Waffen griffbereit!" Fordert uns Aragorn auf und mein Griff verfestigt sich um mein Schwert aus Gondolin.
Während wir nun alle schweigen nimmt Legolas plötzlich meine Hand in seine, wir sehen uns kurz an und in diesem Moment musste kein Wort gesagt werden, denn wir konnten alles aus den Augen des anderen lesen. Wir beide machen uns Sorgen wegendem geschehenen, aber sind für einander da.
Ich lächel zaghaft und lasse zu das er meine Hand weiter hält.
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