74.| J a s o n
Meine Hände zittern unter dem Tisch, und mir fällt nichts ein was mich in diesem Moment beruhigen könnte.
Das konnte nicht wahr sein.
"Ich hatte keine Ahnung", sage ich und greife nach dem Test den er in der Hand hält.
"Du machst es nicht einfacher, wenn du lügst", antwortet er scharf und steht ruckartig auf.
Ohne mich anzusehen, beginnt er unruhig im kleinen Raum umherzulaufen.
"Ich weiß nicht wovon sie sprechen", entgegne ich und gebe alles um nicht unsicher auf ihn zu wirken.
Er soll mich als den Typen wahrnehmen, dem alles egal ist. Ganz egal um was es sich handelt.
"Olivia hat uns gesagt, dass du mit Grace den Test machen warst", sagt der Inspektor und ich kann nicht einschätzen ob er die Wahrheit sagt oder mich nur aus dem Konzept bringen möchte.
"Der Test zeigt nur einen Streifen", sage ich leise und halte meine Augen immer noch auf ihn gerichtet.
Ich kann nicht glauben, dass all das nur eine gewaltige Lüge war.
Eine Lüge die den Tod zweier Menschen bedeutet hat.
"Du sagst es", sagt Mr. Brown und setzt sich endlich wieder auf seinen Stuhl.
Ich schüttele entgeistert den Kopf. Wieso sollte Grace mich belogen haben?
"Das macht keinen Sinn", flüstere ich und fahre mir nervös durch die Haare.
"Deswegen bist du hier", erwidert der Inspektor und lässt den Test wütend auf den Tisch vor uns fallen.
"Wenn ich ihnen doch die Wahrheit sage", fauche ich und muss mich bemühen nicht vollkommen durchzudrehen.
Der Inspektor schenkt mir ein ironisches Lachen, eher er seine Faust auf den Metall Tisch knallt.
"Wie kannst du nicht erkannt haben, dass dieser Test negativ ist?", brüllt er mir entgegen und macht eine kurze Pause.
"Negativ!", wiederholt er und fummelt an dem Test umher.
Ich halte den Atem an, weil ich keine Ahnung habe wie ich aus dieser Situation ungestraft herauskommen kann.
"Ich habe ihn nicht gesehen", sage ich leise und richte den Blick auf meinen Schoß.
"Was?", fragt Mr. Brown und stützt sich vor mir auf den Tisch.
"Ich habe ihn nie gesehen, sie hat nur erzählt er sein positiv", versuche ich ihm zu erklären und merke dass der Inspektor nur noch mehr aus der Haut fährt.
"Kannst du das verstehen?", will er nun wissen und richtet die Knöpfe an seinem Hemd.
Ich schüttele mit dem Kopf, ehe der Inspektor nickt und mir dann die Hand reicht.
"Du kannst gehen", sagt er und öffnet mir die Türe.
Erst in diesem Moment wird mir bewusst, dass ich ein Mörder bin.
Gefangen in meinen eigenen Lügen, darf ich zurück in die Freiheit.
"Auf wiedersehen", sage ich und verlasse den kleinen Raum der mir beinahe alle Luft zum atmen genommen hat.
Ich weiß nicht wie ich mich fühlen soll. Das enge Gefühl in meiner Brust wird auch an der Luft nicht weniger.
Als ich draußen in der Einfahrt stehe, greife ich nach meinem Handy und mein Blick fällt sofort auf Olivias Nachricht.
"Bitte komm heute Abend mit", lese ich und mein Herz macht einen kaum bemerkbaren Sprung in meiner Brust.
"Okay", antworte ich und nehme mir ein Taxi um endlich nach Hause zu kommen.
Um ehrlich zu sein, gibt es seit dem Tod meiner Mutter keinen Ort an dem ich so ungerne bin, und dennoch habe ich keine andere Wahl.
Als das Taxi ankommt, schenkt der Fahrer mir einen missbilligenden Blick und fährt dann einfach los.
Erst auf der Fahrt wird mir bewusst, wie sehr ich London eigentlich vermisst habe.
Die kleinen, engen Gassen und die Menschen die umhereilen.
Diese Stadt versprüht pure Energie und Leben.
"Ich muss hier raus", sage ich und der Wagen hält ruckartig.
Ohne weiter nachzudenken, springe ich heraus und vergesse in der Eile zu bezahlen.
"Junge das Geld!", ruft der Fahrer und ich reiche ihm den Schein ohne auf sein Fluchen zu achten.
"Kein Wunder das du bei den Bullen sitzt", faucht er und ich schüttele nur genervt den Kopf, ehe ich ins die kleine Wohnung renne.
Seit dem Tod meiner Mutter, war ich nicht mehr hier.
All die Erinnerungen durchfluten meine Gedanken und ich brauche einen Moment um zu realisieren, dass es hier nicht mehr nach strengen Vodka riecht.
In dieser Sekunde bemerke ich, dass die Unterlagen der Polizei nie bei mir angekommen sind.
Vermutlich muss ich sie bald einfach abholen fahren, auch wenn sich alle Nackenhaare bei mir aufstellen wenn ich daran denke noch ein einziges mal in das Camp zu fahren.
Genervt laufe ich in die Küche um mir eine Dose Cola zu nehmen, und als mein Blick auf die geöffneten Bierflaschen fällt durchzuckt mich ein Gefühl von Schuld und Reue.
"Hätte ich doch nur", durchfährt mich der Gedanke und ich spüre wie sich meine Augen mit Tränen füllen.
Mein Handy gibt einen Ton von sich, doch ich ignoriere das Klingeln und überlege einen Moment was ich mit den Flaschen machen kann.
Eigentlich wäre wegwerfen die normalste Lösung, aber aus irgendeinem Grund kann ich mich einfach nicht überwinden diese Flaschen zu entsorgen.
Ich versuche über sie hinwegzusehen und greife nach der Cola um mich aufs Sofa fallen zu lassen.
Um mich abzulenken, schalte ich den Fernseher ein und lasse mich von irgendeiner Serie berieseln, in der Hoffnung so vergessen zu können wo ich gerade bin.
Alleine, und ohne meine Mutter. Damals hätte ich vermutlich niemals gedacht, dass ich sie einmal auch nur ansatzweise vermissen würde.
"Ich mache mich gleich auf den Weg", schreibe ich Olivia und muss traurig lächeln als ich ihr Gesicht vor meinen Augen sehe.
Sie ist wunderschön, denke ich und mein Herz macht einen Satz.
Ihre Antwort kommt innerhalb von Sekunden, und ich atme tief ein und wieder aus weil mich ihre Nachricht so freut.
"Ich vermisse dich", antwortet sie und ich wische die Tränen die sich in meinen Augen gesammelt haben weg.
Vielleicht können wir beide doch wieder einen Weg aus dieser Dunkelheit finden wenn wir unser gegenseitiges Licht sind.
Vielleicht ist das die einzige Möglichkeit, denke ich und greife nach meinem Handy und meinem Schlüssel ehe ich mich auf den Weg zu Olivia mache.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro