71.| J a s o n
Ich kann nicht glauben, dass das gerade wirklich passiert ist.
Immer noch sitze ich auf dem Boden und starre gerade aus. In der Hoffnung, es würde mir etwas von dem Schmerz nehmen schließe ich meine Augen uns spüre den Regen auf meiner Haut.
Die Welt ist laut und mein Herz schlägt schneller als ich es für möglich gehalten hätte.
Ich bin ein Mörder, schallt es immer wieder und wieder in meinen Gedanken und auch wenn ich versuche diese Stimme zu unterdrücken kann ich sie einfach nicht zum schweigen bringen.
Es würde nichts bringen, mir einzureden dass ich einen Grund gehabt habe. Denn kein Grund der Welt ist wichtiger als das Leben eines Menschen.
Ganz egal, wie schlecht dieser Mensch auch gewesen sein mag.
Am liebsten würde ich die Wahrheit einfach herausschreien und somit das bekommen was ich verdient habe.
Doch dass war nicht Noahs Wunsch und es wäre noch umso schlimmer mein Wohl erneut über seine Bitte zu stellen.
"Folgen Sie mir bitte", höre ich plötzlich eine Stimme an meinem Ohr und werde somit aus meinen düsteren Gedanken gerissen.
Ich stolpere zurück in die Realität die mich mit Schlägen empfängt. Zumindest fühlt es sich so an, als mein Blick auf die Lache aus Blut vor meinen Augen wandert.
Aufgebracht sehe ich dem Polizeibeamten in die Augen und folge dann seiner Hand die streng auf seinen Wagen deutet.
"Einsteigen", fordert er mich auf und ich verschwende keine Zeit seiner Mahnung zu folgen.
Als ich im Wagen sitze, leiert er den alltäglichen Mist runter:
"Sie haben das Recht zu schweigen. Alles, was Sie sagen, kann und wird vor Gericht gegen Sie verwendet werden. Sie haben das Recht, zu jeder Vernehmung einen Verteidiger hinzuzuziehen. Wenn Sie sich keinen Verteidiger leisten können, wird Ihnen einer gestellt".
Beinahe ergreife ich das Wort, ehe mir bewusst wird dass ich alles dafür tun sollte um die Aufmerksamkeit nicht auf mich zu lenken.
Vor allem, weil meine Strafakte nicht wirklich eine Glanzleistung ist.
Der Wagen hält vor dem Präsidium, ehe der Beamte mir noch einen letzten strengen Blick zuwirft und mir dann andeutet auszusteigen.
"Pass besser auf was du sagst", flüstert er und eine Gänsehaut breitet sich über meinem gesamten Körper aus.
Ich bin derartig nervös, dass meine Beine bei jedem Schritt zusammenzubrechen scheinen und ich muss mich stark konzentrieren um nicht zu hyperventilieren.
"Jason?", fragt eine Dame am Empfang und legt ihren Kopf schief, so dass ihre Ohrringe beinahe in ihrem Haar hängen bleiben.
Ich rufe mir die Worte des Polizisten in den Kopf und nicke nur stumm. Die Angst, mich durch etwas zu verraten ist einfach zu groß und ich möchte nichts riskieren.
"Bitte in Raum 7, der Inspektor erwartet dich", sagt sie nur und richtet ihre Brille.
Meine Augen suchen eilig das kleine Präsidium ab, und landen zügig auf der Tür von Zimmer sieben.
"Geh schon", fordert mich die Dame erneut auf und ich zucke zusammen ehe ich in dem vorgesehen Raum verschwinde.
Beinahe muss ich lachen, denn die gesamte Situation kommt mir zu unreal vor.
Die Wände des Zimmers sind vollständig geschlossen und es ist kein Fenster zu sehen, bis auf die Glasscheibe an der Gegenüberliegenden Wand.
Das gesamte Zimmer ist dunkel, denn es wird nur durch die grelle Lampe über dem einzigen Tisch erleuchtet.
Zwei Stühle stehen bereit und ich setze mich unaufgefordert auf einen der beide.
Als der Inspektor den Raum betritt, habe ich für einen Augenblick das Gefühl mein Herz hätte vergessen wie es ist zu schlagen und meine Lungen zu atmen.
"Jason", sagt er und schenkt mir ein emotionsloses Lachen. Es wirkt eher mechanisch und antrainiert.
Ich kenne diese kleinen Gesten von meiner Therapeutin. Umso besser, dass sie mich nicht durcheinander bringen können.
"Inspektor Brown", stellt er sich vor und erneut nicke ich nur.
Ich weiß, dass er sich genau so sehr wie ich gewünscht hat nie wieder kommen zu müssen, nach dem was mit Abby geschehen ist.
"Erzähl mir deine Sicht der Dinge", fordert er mich auf und lehnt sich in seinem Stuhl zurück.
"Grace hat den Test mit mir gemacht", beginne ich und bemerke dass der Inspektor nicht antworten wird.
Das hier ist kein Dialog. Ich bin Verdächtigt und ich muss reden.
"Sie hat geweint und gesagt er sei positiv", fahre ich fort und schlucke.
"An dem Abend, habe ich mich mit Noah gestritten. Er hat mir vorgeworfen dass dieses Kind von mir ist", sage ich und mache eine kurze Pause um mich zu erinnern.
"Ich bin gegangen und habe wenig später einen Schrei gehört". beende ich meinen Satz und schlucke.
Die Erinnerung an diesen Schrei lassen alles in mir zu Eis erstarren.
"Weiter", sagt Mr. Brown und sieht mich streng an.
"Ich bin zu den anderen gelaufen, Grace lag bereits auf dem Boden", sage ich und umfasse meinen Körper um gegen die eisige Kälte anzukämpfen.
"Erzähl mir was mit Noah passiert ist", fordert er mich auf und ich spanne mich automatisch an.
Für einen Moment vermute ich, dass Mr. Brown etwas bemerkt hat doch dann streckt er sich nur und lehnt sich noch ein weiteres Stück nach hinten.
In meinem Kopf rattert es und ich hoffe mit aller Kraft, dass die anderen nicht erzählt haben was mich nun in Bedrängnis bringen könnte.
"Er war auch dort", sage ich leise und fahre mir mit meiner Hand durch die Haare.
Das dunkle Zimmer scheint immer kleiner zu werden, doch anstatt diesem Phänomen Beachtung zu schenken, bleibe ich bei meiner Lüge.
"Er hat den Mord an Grace gestanden und als er davon laufen wollte ist er auf dem nassen Boden ausgerutscht und hat sich den Kopf zerschlagen", sage ich und versuche meine Stimme zu kontrollieren, ehe mich das Zittern verraten kann.
"Was genau waren seine Worte?", hackt er nach und ich lasse mich nach vorne auf den Tisch fallen.
"Hören Sie, ich war in Panik", beginne ich doch der Inspektor bleibt dabei und erneut habe ich keine andere Wahl als zu lügen.
"Ich glaube, dass er-", beginne ich doch Mr. Brown unterbricht mich.
"Junger Mann. Dies ist ein Verhör, wie kommen sie auf die Annahme ich könnte mit einem "Ich glaube" etwas anfangen?", fragt er und ich raufe mir verzweifelt die Haare.
Ich habe keine Ahnung, ob Noah wirklich derjenige war der hinter Grace Tod steckt und dennoch sage ich gegen ihn aus.
"Ich bin sicher, dass er gesagt hat ich habe mit der Vermutung dass er sie umgebracht hat Recht", antworte ich und lasse angespannt etwas Luft aus meinen Lungen.
"Nun, wie kommen sie zu dieser Vermutung?", hackt er weiter nach und dreht an dem kleinen Rädchen seiner Gold-Uhr.
"Er hatte Angst, er wäre sein Leben lang an dieses Kind gebunden", beginne ich und sehe dem Inspektor lange in die Augen.
"Erklär mir doch bitte, wieso Grace gelogen hat?", fragt er dann und erneut beginnt sich alles um mich herum zu drehen.
"Gelogen?", flüstere ich und befürchte dass niemand auch nur einen Fetzen dieses Wortes gehört haben kann.
Der Inspektor atmet laut ein und wieder aus.
"Du brauchst mir nichts vormachen Jason. Ich kenne dich, und ich kenne deine Akte", sagt er dann und greift in seine Tasche.
Als ich sehe was er in der Hand hält, habe ich das Gefühl durchzudrehen.
"Wir haben nicht nur dich befragt", sagt er dann und schenkt mir ein Lächeln.
"Olivia war vor dir hier", fügt er hinzu.
Ich habe das Gefühl zu fallen.
Unaufhaltsam.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro