15.| N o a h
Ich komme an meiner Schule an. Sie ist riesig und eine der Besten in London. Mein Vater hat sich damals für sie entschieden, da er auch hier war.
Eigentlich ist es mir nicht wichtig, welche Schule ich besuche, denn anstrengen tue ich mich sowieso nicht besonders. Aber auch das bemerkt mein Vater nicht.
Ich laufe durch die langen Gänge des Schulgebäudes. Es ist leer und man hört nur vereinzelt Leute sprechen. Ich beeile mich, zum Büro zu gelangen, denn ich habe keine Lust noch einem meiner Lehrer über den Weg zu laufen.
Als ich vor dem Büro meines Coaches stehe, atme ich noch einmal tief ein und aus.
Ich bin nervös, vielleicht sogar ein bisschen mehr als ich wirklich zugeben würde. Von diesem Gespräch hängt eigentlich meine gesamte Zukunft ab.
Wenn er mir noch eine Chance geben würde, hätte ich vielleicht noch die Möglichkeit auf ein Stipendium.
Ich öffne die Türe und sehe meinen Coach. Er steht vor einem Regal und sortiert dicke Ordner, die wahrscheinlich von oben bis unten mit Akten gefüllt sind.
Ich will wirklich nicht wissen, was alles in meiner steht.
"Hallo." , sage ich und räuspere mich einmal kurz. Mein Coach dreht sich zu mir um, und deutet mit einer kurzen Geste auf das Leder Sofa, das an der Wand steht.
Ich meine mich zu erinnern, dass es schon ziemlich alt ist, denn bereits in der sechsten Klasse hatte ich mich nach einer etwas wilderen Unterrichtsstunde dort hinsetzten müssen.
Ich muss kurz lachen, als ich an den kleinen Noah von vor sechs Jahren zurückdenke.
Auch damals, war ich ziemlich verrückt und selbstbewusst.
Ich habe immer das getan, was mir in den Sinn kam. Nicht selten, hat mich genau das in Schwierigkeiten gebracht.
"Du weißt sicher, wieso ich dich hergebeten habe." , sagt mein Coach und erneut rutsch mir mein Herz in die Hose. Eigentlich hatte ich mit einer Entschuldigung seinerseits gerechnet.
Ich hatte diesen Jungen nicht mit Absicht verletz, und es enttäusch mich dass er genau das von mir denkt.
"Vielleicht war es tatsächlich nicht absichtlich. Aber in letzter Zeit bis du immer wieder aufgefallen." , fährt er fort und mit einem verkniffenen Lächeln muss ich an die letzte Unterrichtsstunde zurückdenken.
Ich habe mich wirklich nicht von meiner Besten Seite gezeigt. Aber dafür direkt rausgeworfen zu werden, scheint mir doch etwas übertrieben.
"Nun, ich denke nicht dass es solch ein großes Problem darstellt, mich einfach wieder aufzunehmen." , sage ich beinahe trotzig und bemerke, wie meine Hände auf meinem Schoß zu zittern beginnen.
Es scheint nicht so, als würde diese Gespräch in die gewünschte Richtung verlaufen.
"Doch, genau dass denke ich." , sagt mein Coach und zerschlägt damit all meine Hoffnungen gewaltsam.
"Dann kann ich gehen." , sage ich wütend und es kostet mich all meine Kraft, nicht völlig durchzudrehen.
Mein Coach scheint genauso sauer zu sein, denn er sieht mich ausdrücklich an und seine folgenden Worte verletzten mich.
"Nein. Ich habe keine Ahnung, was mit dir los ist aber du wirst in ein Camp fahren. Über den Sommer. Vielleicht hast du dich danach wieder gefasst." , erklärt er und ich stehe ruckartig auf.
"Niemals. Mein Vater ist Anwalt, er wird Ihnen..." , beginne ich doch er schüttelt nur den Kopf.
"Dein Vater weiß von allem Bescheid. Er hat bereits zugestimmt." , sagt er und nun ist für mich eine Grenze erreicht.
Ich habe mich in diesem Gespräch schon genug bloßstellen und rechtfertigen müssen.
"Sie können mir gar nichts." , schreie ich, ehe ich das Büro verlasse und die Türe mit einem lauten Knall hinter mit schließe.
Als ich auf dem Flur stehe, bemerke ich dass die neugierigen Blicke der Lehrer mich geradezu durchlöchern.
"Was?" , frage ich genervt und laufe aus dem Gebäude Komplex. Ich habe keine Lust auf diese ganze Scheiße, denke ich und mache mich auf den Weg zum Baseball Platz.
Als ich dort bin, greife ich zu einem der Bälle.
Um ehrlich zu sein, habe ich keine Ahnung ob ich mich überhaupt hier aufhalten darf, aber in diesem Moment ist es mir eigentlich auch ziemlich egal.
Ich schmettere den Ball immer und immer wieder durch das Tor, und bei jedem weiteren mal, bemerke ich die Wut stärker, die sich in mir angestaut hat.
Ich bin wütend auf mich. Auf meinen Vater. Auf den Trainer und auf meine Mutter.
Eigentlich macht mich alles gerade wütend und am liebsten hätte ich laut geschrien, um all die Emotionen loszuwerden.
Ich lasse mich auf den kratzigen Kunstgrass Boden fallen und beginne zu schreien.
Ich tue es, weil ich keine Ahnung davon habe wie ich in so einer Situation sonst reagieren sollte.
Als keine Laute mehr aus meinem Mund kommen wollen, versuche ich aufzustehen, doch ich kann es nicht.
Mein Körper ist zu schwer, und meine Gedanken zu düster. Ich kann nicht aufstehen, und einfach weiter machen wie zuvor. Dafür habe ich zu viel verloren.
Und in all dem Chaos aus Gedanken, Emotionen und Stimmungen, kommt es mir vor als hätte ich auch mich aufgegeben.
Es ist, als hätte ich den kleinen Jungen in der sechsten Klasse gewaltig enttäuscht.
Bevor ich weiter darüber nachdenken kann, klingelt mein Handy. Eine neue Nachricht ist eingegangen, und um ehrlich zu sein, fürchte ich mich sie zu lesen.
Sie ist von meinem Vater. Ich soll augenblicklich nach Hause kommen. Was auch sonst.
Als Sohn eines so angesehenen Anwalts, hat man gefälligst seinen Pflichten nachzukommen.
Als ob es da bedeutsam oder wichtig ist, wie es einem geht. Gefühle waren nie ein Thema in unserer Familie.
Ich muss lachen, denn es erklärt einiges. Ich denke an die nackte Frau in dem Schlafzimmer zurück, die nicht meine Mutter war.
Mein Dad ist ein riesiges Arschloch, und ich bin mir sicher dass all seine Fehler irgendwann auf ihr zurückfallen werden.
Mit diesem Gedanken, mache ich mich auf den Weg nach Hause. Langsam wird es wieder kälter, doch ich habe kein Problem damit. Beschissener kann ein Sommer sowieso nicht mehr werden.
Zuhause angekommen, werfe ich meine Jacke über einen Stuhl und nehme mir ein Bier aus dem Kühlschrank. Eigentlich trinke ich nicht, aber heute weiß ich nicht, wie ich sonst überleben soll.
"Da bist du ja." , sagt mein Dad und sieht mich genervt an. "Siehst du was du davon hast?" , fragt er und ich muss augenblicklich lachen.
Ich hatte einem Gegenspieler eine runtergehauen. Er hatte mit einer fremden Frau geschlafen.
Er als Anwalt, sollte eigentlich wissen dass es für ihn schlechter steht.
"yep." , sage ich knapp und kippe den Rest des Bieres herunter. Es schmeckt widerlich bitter und genauso wie meine Gedanken sich gerade anfühlten.
"Was soll das heißen?", fragt mein Vater und ich habe keine Ahnung worauf er aus ist. Vielleicht auf Streit, aber ich habe keine Lust, ihm diesen Wunsch zu erfüllen.
Ich bin genug mit meinen eigenen Problemen beschäftigt.
"Genau das was ich gesagt habe. Ich sehe meine Fehler ein und du kannst in der zwischen Zeit weitere Blondinen aus der Kanzlei vögeln." , sage ich schlagfertig und drehe mich um.
Meinen Dad lasse ich alleine und mit heruntergefallener Kinnlade in der Küche stehen.
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