13.| L i l l y
Grace steht so dicht neben mir, dass es mir fast die Sprache verschlägt. Immer wenn ich in ihrer Nähe bin, kreisen meine Gedanken nur um sie.
Mein Herz beginnt noch schneller zu schlagen und meine Hände beginnen zu schwitzen.
Als würde sie bemerken, wie es mir geht greif sie nach meiner Hand und drückt sie ganz fest.
All die angestaute Anspannung in mir löst sich und ich kann wieder freier atmen.
Jedes mal, wenn sie in meiner Nähe ist, ist es als würde sie mir einen riesigen Haufen Last von den Schultern nehmen, wofür ich Grace unheimlich dankbar bin.
Ein weiterer Grund, wieso es beinahe unmöglich ist, uns für diesen Sommer zu trennen. Jedes mal wenn ich daran denke, möchte es mein Kopf, und vor allem mein Herz nicht wahr haben.
Meine Stimme klingt entschlossen und stark, als ich die Worte ausspreche die ich eben noch verleugnet hatte.
"Ich liebe sie." , sage ich und es ist, als würde die Welt für einen Moment still stehen.
Als sei all das ein Traum, aus dem wir wieder aufwachen würden. Die bittere Realität vor unseren Augen.
Grace scheint keine Ahnung zu haben, wie sie reagieren soll. Ich drehe mich zu ihr und sehe sie an. In ihren Augen spiegeln sich meine.
"Ich..." , beginnt sie, doch als ihr Blick zu ihren Eltern wandert, bleiben Grace die Worte im Hals stecken.
Sie sehen Grace an, als würde unsere Zukunft von ihrer Antwort abhängen. Sie schauen zu mir, als sei ich der letzte Dreck und wertlos.
Eigentlich schwirrt in ihren Gedanken sicher die richtige Antwort, doch sie will nicht über Grace Lippen kommen und ich habe keine Ahnung aus welchem Grund.
Grace schaut zu mir und ihre Augen füllen sich mit Tränen. Sie glitzern und ein enttäuschtes Lächeln umspielt ihre Lippen.
"Ich muss packen." , flüstert sie und drängt sich an mir vorbei, Richtung Haustüre.
Ich bleibe zurück. Alleine und mit einem gebrochenen Herzen.
Still und wehrlos gegenüber den Blicken ihrer Eltern.
Ich sehe sie noch einmal an, bevor ich mich umdrehe und die Straße entlanglaufe, in Richtung unsere Wohnung.
Als ich weit genug entfernt bin, und sicher dass mich niemand sehen kann, reiße ich das kleine
Armband von meinem Handgelenk. Grace hatte es mir zu meinem letzten Geburtstag geschenkt. Die Worte die sie dabei gesagt hatte, hallen immer wieder in meinen Gedanken nach.
Sie haben jetzt keine Bedeutung mehr. Sie sind leer und wertlos. Genau wie ich es bin.
Als das Silber des Kettchens auf dem Boden aufprallt, fühlt es sich an, als ob eine riesige Last von mir abfällt.
Die nächsten Schritte bis zu meinem Zuhause, fühlen sich dennoch schwer an und ich bemerke, wie Tränen meine Wangen überströmen.
Das Salz juckt auf meiner Haut und hinterlässt eine sanfte Spur auf meinem Makeup.
Ich sehe unser Haus und beschleunige meine Schritte. Ich habe keine Lust, hier zusammenzubrechen.
Vielleicht hatte ich einfach auf die harte Art lernen müssen, dass man erst verletzt werden muss um zu wissen, wie wichtig einem der andere wirklich war.
Ich hole die Haustürschlüssel aus meiner Jackentasche und schließe die Türe auf.
"Mom?" , rufe ich und werfe mein Jacke über einen der Stühle.
Mein Blick fällt auf das Foto meines Vaters, das seinen Platz an unserem Kühlschrank hat.
Erneut bricht mein Herz, und langsam frage ich mich, wie ich überhaupt noch am Leben sein kann.
"Lilly!" , ruft meine Mom und kommt mir entgegen gelaufen.
Sie trägt meine kleine Schwester auf dem Arm und sieht erschöpft aus.
Ich gebe beiden einen Kuss auf die Stirn und bin mir sicher, dass meiner Mutter nicht entgangen ist, wie es mir wirklich geht.
"Was ist passiert?" , fragt sie und nimmt mich in ihre Arme.
Ich bemerke, wie der Stau an Tränen durch meine Augen bricht.
Mein Körper hebt und senkt sich unter all den Schluchzern und es füllt sich an, als würde ich in ein tiefes endloses schwarzes Loch fallen. Nur meine Mutter kann mich noch halten.
"Sie..." , beginne ich doch ich kann nicht reden. Die Worte wollen einfach nicht über meine Lippen kommen, und meine Mutter fragt auch nicht weiter nach.
Sie wiegt mich sanft in ihren Armen, wie sie es schon immer getan hat.
Sie tut es jetzt, und sie hat es getan als mein Dad davon gegangen war. Vielleicht hätte sie auch eine Umarmung gebraucht, doch sie hatte niemanden, der ihr diese gegeben hat.
Nicht einmal ich war für sie da, als sie es am meisten gebraucht hätte.
Es fühlt sich fast so schlimm an, wie als mein Vater gestorben ist.
Damals war ich durch die Hölle gegangen.
Ich hatte das Gefühl, dass ein Teil von mir einfach verschwunden ist.
Als wäre ich nicht mehr die Lilly, wie davor.
Als hätte man mich bestohlen, mir mein Herz geraubt.
"Alles ist gut." , flüstert meine Mutter, ehe sie auch in Tränen ausbricht.
Ich weiß nicht wieso sie weint.
Vielleicht weil sie mit mir fühlt. Vielleicht weil sie spüren kann, dass ich jemanden verloren habe. Weil sie genau weiß wie es ist, die Liebe seines Lebens aufgeben zu müssen.
Nur bei mir hatte Grace entschieden, bei meiner Mom war es das Schicksaal gewesen.
"Sie hat mich nie geliebt. " , wispere ich und sehe meine Mutter an.
Ihre Augen sind rot von all den Tränen und dem Schmerz.
"Menschen kommen und gehen." , sagt sie und zwingt sich zu einem Kleinen Lächeln.
Ich nicke.
Aber manchmal, da muss man sie festhalten.
Manchmal darf man sie nicht gehen lassen, denke, ich ehe ich mich mit einem "Danke" , von meiner Mutter löse und nach oben in mein Zimmer gehe.
Wieder einmal wird mir bewusst, wie sehr ich sie brauche.
Mit zitternden Fingern gebe ich ihren Namen in meinen Kontakten ein und drücke auf "anrufen."
Das leise Surren was ich höre, ruft erneut Tränen in mir aus.
Geh dran.
Bitte geh dran, flüstere ich in Gedanken und mache Fäuste um all die Anspannung abzugeben, die sie in mir auslöst.
Sie geht nicht dran, und mein Herz bricht erneut.
Ich bin mir ziemlich sicher, nie wieder leben zu können.
Nie wieder lieben zu können.
Niemanden ausser Grace.
Sie ist die Eine.
Sie und Niemand anderes.
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