ᴋᴀᴘɪᴛᴇʟ 43 - ɪᴄʜ ᴡɪʟʟ ᴅɪʀ ᴇɪɴᴇ ɢᴇsᴄʜɪᴄʜᴛᴇ ᴇʀᴢäʜʟᴇɴ
Jaxon und Nora traten aus dem Clubhouse in den Kreis ihrer Familie. Vorsichtig stützten sich beide an dem Holzgeländer ab. Sie wirkten blass und auf ihren Brustkörben zeichneten sich die Umrisse von Verbänden ab. Neben ihnen positionierten sich sofort jeweils zwei Member und beobachteten sie aufmerksam.
»Was ist los Killian? Du siehst aus, als würden dir Tote gegenüberstehen«, raunte Jaxon leise.
»Das ist unmöglich. Ihr solltet tot sein.«
Jaxon lachte leicht, verstummte aber sofort wieder und krümmte sich. Sofort legte sich eine Hand auf seine Schulter, doch Jaxon winkte ab.
»Waren wir denke ich sogar für wenige Augenblicke und in Anbetracht der Schmerzen, wäre es vielleicht der einfachere Weg gewesen, aber ich denke auch, du verstehst langsam, dass wir es nicht so mit einfach haben«, erwiderte Jaxon und richtete sich wieder auf.
Collin lief zurück zu der Terrasse, seinem Sohn nickte er zu und Nora drückte er einen sanften Kuss auf die Schläfe.
»Es ist schon ein wirklich schlechter Scherz, dass du wirklich daran geglaubt hast, dass ich meine Familie einfach so ohne Weiteres opfern werde«, raunte Collin und stellte sich dabei zwischen Jaxon und Nora.
»Was habe ich falsch gemacht?«, fragte Killian, der langsam erkannte, dass er irgendwo falsch abgebogen war.
Collin seufzte.
»Du hast nach all den Jahren zwei Dinge nicht verstanden. Erstens. Es gibt zwei Arten von Loyalität. Die eine wird durch Macht, Geld und Angst hervorgerufen. Sie ist wirksam, aber – es gibt immer jemanden der mehr Macht, mehr Geld und mehr Angst verbreitet. Und dann gibt es die einzig wahre Loyalität, die die durch Liebe hervorgerufen wird. Sie ist wie eine Mauer, die von Arschlöchern, wie du eins bist, nicht mal einen Kratzer davon trägt. Und das Wichtigste, für sie geht man bis in den Tod.«
Killian nickte.
»Und zweitens?«
Collin lachte auf.
»Das soll dir meine Enkelin erklären.«
Im selben Moment wurde Killians Kopf zurückgerissen und Freya funkelte ihn an.
»Niemand. Aber auch wirklich niemand versucht der Familie Shield ans Bein zupissen.«
»NEIN«, schrie Aaron plötzlich los und riss sich endlich aus den Griffen von Tom und Liam, doch es war zu spät.
Freyas Arm schoss in die Höhe und im nächsten Moment riss die Schneide der Axt Killians Hals erbarmungslos auf. Die scharfe Klinge glitt durch seine Muskeln und trennte sie säuberlich in zwei Teile. Mit einem schnalzenden Geräusch klappte sein Kopf nach hinten und ein Schwall Blut ergoss sich über seinen Brustkorb.
Leise röchelnd, glitt er zu Boden. Seine Augen verdrehten sich bereits und ein letztes Zucken fuhr durch seinen Körper, bevor er leblos in seinem eigenen Blut zugrunde ging.
»Freya. Achtung!«, schrie Franzi ihr warnend entgegen.
Diese hob den Blick und schon sah sie Aaron auf sich zu stürmen. Im letzten Moment schleuderte sie die Axt zur Seite, bevor Aaron sie zu Boden riss.
Gemeinsam schlugen sie hart auf das Pflaster, wälzten sich einige Male umeinander, bis Aaron Freya unter sich fixiert hatte. Wut blitzte durch seine Augen. Sein Puls raste und in seinen Magen lag ein felsgroßer Stein.
»Du hast meine Mutter getötet!«, brüllte er ihr entgegen und verpasste ihr eine Ohrfeige, welche Freyas Kopf zur Seite fallen ließ.
Liam und Tom hatten ihn bereits gepackt, doch Freya hielt sie auf.
»Lasst ihn!«, forderte sie und sah Aaron dabei an.
Liam und Tom ließen widerwillig von ihm ab, blieben aber neben den beiden stehen.
Aaron vernahm nichts davon. Hass tobte durch seinen Körper und es war Zeit, diesen endlich freien Lauf zu lassen.
»Deine Eltern leben! Sie leben! Und dennoch musstest du Rache nehmen.«
Wieder schlug er auf Freya ein. Sie knurrte leise, ließ ihn aber gewähren.
»Ich habe alles verloren. ALLES! Und wofür? FÜR DEINE SINNLOSE RACHE!«
Wieder schlug seine flache Hand auf ihrer Wange ein, diesmal aber griff Freya danach und mit einer schnellen Bewegung riss sie ihn zur Seite, drehte sich und fixierte ihm am Boden.
»Bist du fertig?«, fragte sie ruhig, ohne dabei den Blick von ihm zu nehmen.
Er presste sich gegen sie, doch sie drückte seinen Körper so fest zu Boden, dass ihm nur noch Worte blieben.
»NEIN! Ich hasse dich. Ich hasse dich aus dem innersten meiner Seele. Ich weiß nicht, wie du noch in den Spiegel schauen kannst. Ich dachte Killian ist ein Monster, aber du hast mir gezeigt, dass ich falschlag. Du bist es. Du bist das Monster. Du. Du. Du. Nichts anderes zählt für dich. Du und deine beschissene Familie. Der Rest der Menschheit ist dir völlig egal.«
Freya atmete tief ein und nickte.
»So ist es.«
Tränen strömten über Aarons Gesicht, als er aufhörte sich gegen sie zu wehren. Die Anspannung verschwand gemeinsam mit dem Hass. Tiefe Trauer legte sich in sein Gesicht.
»Aaron, ich...«, wollte sich Freya erklären, doch Aaron würgte sie ab.
»Erspar es dir. Ich will nichts hören. Lass mich los. Ich will weg. Weg von dir. Weg von allem. Ich...«
Er hielt inne, als Freya sich ohne Weiteres erhob. Sie warf ihm einen letzten Blick zu, drehte sich ab und verschwand.
Zitternd rieb er sich übers Gesicht. Hilflos. Allein. Gebrochen. Langsam setzte er sich auf. Liam und Tom funkelten ihm garstig entgegen. Die Hände zu Fäusten geballt.
»Jungs«, hallte Jaxons Stimme über den Platz.
Knurrend zogen sich die beiden einige Schritte zurück.
Aaron hinterfragte es nicht. Er wollte nur noch weg von hier, auch wenn er nicht wusste, wohin. Denn alles, was er hatte, lag tot auf diesem Gelände.
Seine Familie. Seine Hoffnungen. Seine Liebe.
Zitternd stellte er sich langsam auf, als sich eine Hand auf seine Schulter legte. Eine unsagbare Wärme drang durch seinen Körper. Gefolgt von einem Geruch, der ihn über so viele Jahre geprägt hatte, dass er ihm einen Stich ins Herz versetzte.
Das war unmöglich.
Panik ergriff ihn, als er sich langsam drehte.
»Das kann nicht sein«, flüsterte er, als er die rehbraunen Augen seiner Mutter erfasste.
Sie schenkte ihm ein warmes Lächeln und zog ihn in eine feste Umarmung.
»Alles ist gut. Mir geht es gut Schatz. Ich bin hier.«
Aaron erwiderte die Umarmung zaghaft, als hätte er Angst, dass sie wieder verschwinden würde, wenn er sie zu stark berührte.
»Bist du es wirklich?«, wisperte er und vergrub sich in ihren langen dunklen Haaren, die nach Lebkuchen rochen. So wie sie es schon immer taten.
»Ja ich bin es wirklich«, erwiderte sie und strich ihm dabei über den Rücken.
»Ich bin hier. Bei dir und werde nie wieder gehen.«
Alles um Aaron begann sich zu drehen, als er endlich verstand, dass er da seine Mutter im Arm hielt. Er presste sie an sich. Spürte ihren Herzschlag. Spürte, dass sie lebte.
Minuten vergingen, in denen er einfach nur die Nähe zu seiner Mutter genoss. Langsam löste er sich von ihr und betrachtete sie.
»Geht es dir gut?«
Sie lächelte erneut.
»Ja, dank dieser Menschen hier.«
Aaron sah sie irritiert an.
»Was meinst du damit?«
Doch es war nicht seine Mutter, die ihm antwortete, sondern Liam. In seiner Stimme schwang Wut und jedes Wort zeigte, wie sehr er versuchte diese zu beherrschen.
»Es war Freya. Von Beginn an. Sie hat unseren Eltern den Hinweis gegeben. Falscher Weg. Vergangenheit. Du erinnerst dich? Sie haben alle schon nach deiner Mutter gesucht, während wir noch die Schläge in der verfickten Scheune ertragen haben. Freya war es, die alle zurückhielt. Glaubst du wirklich, dass wir die letzten Tage nicht wussten, wo ihr seid? Doch Freya hat es nicht zugelassen. Sie hat drei Tage nicht geschlafen, weil sie nach deiner Mutter gesucht hat. Sie war bereit dazu, ihre verdammte Rache zu begraben. Euch ziehen zu lassen. Alles für dich, du Arschloch.«
Liam ballte die Fäuste, doch anstatt seinen Frust freizulassen, wandte er sich ab und verschwand. Aaron sah ihm fassungslos nach.
»Das wusste ich nicht«, murmelte er.
Tom raufte sich die Haare. Sah Liam nach und richtete seinen Blick wieder zu Aaron.
»Fragen hätte geholfen. Willkommen in der Familie Shield, Arschloch!«
Aaron sah Tom nach, der sich daran machte, Liam zu folgen.
Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Freude vermischte sich mit Zorn. Zorn auf sich selbst. Die Worte, die er Freya an den Kopf geknallt hatte, schossen ihm durch den Kopf. Panisch suchte er das Gelände ab. Doch sie war verschwunden.
Ja, er hatte es nicht wissen können? Doch hatte sie ihm jemals Grund dazugegeben, ihr nicht trauen zu können. Hatte sie ihm jemals das Gefühl gegeben, dass sie dieses Monster war, als welches er sie gerade beschimpft hatte? Hatte sie auch nur eins dieser Worte verdient?
Er löste sich vollständig von seiner Mutter und sah sich erneut um. Unzählige Menschen hatten sich mittlerweile auf dem Gelände verteilt. Die Ersten begannen damit, Ordnung in das blutige Chaos zu bringen.
Liam und Tom standen im Kreis von Nora und Jaxon. Tranken. Lachten. Ungläubig schüttelte er den Kopf und lief los. Er musste mit Freya reden. Jetzt. Doch als er gerade an der Terrasse vorbeilief, trat Finn vor ihn und schüttelte den Kopf.
»Das würde ich an deiner Stelle lassen.«
Aaron sah an ihn vorbei, doch Nora zog seine Aufmerksamkeit auf sich.
»Gib ihr Zeit. Deine Worte waren heftig, aber wahr.«
Aaron runzelte die Stirn.
»Nein. Ich...«
Nora reichte ihm ihr Glas mit Jacky und zeigte auf den leeren Platz neben sich.
»Komm. Ich will dir eine Geschichte erzählen. Vielleicht verstehst du dann, was ich dir damit sagen möchte.«
Ungläubig, dass alle hier weitermachten, als hätte es die letzten Stunden nicht gegeben, ließ er sich neben Nora nieder, nahm einen Schluck Whiskey und sah sie an. Langsam hatte er das Gefühl, nichts von alle dem zu verstehen, was die letzten Wochen um ihm herum passiert war, und was hatte er noch zu verlieren, an einem Tag, an dem er scheinbar alles zurückgewonnen hatte?
Fortsetzung folgt...
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