ᴋᴀᴘɪᴛᴇʟ 38 - ᴄᴏʟʟɪɴ sʜɪᴇʟᴅ
Brennender Schmerz zog sich in Wellen durch Freyas Körper. Jegliches Gefühl aus ihren Armen war entschwunden und mit jeder Minute, die sie in dieser Scheune hing, wurde es schwieriger im Hier und Jetzt zu bleiben. Ein roter Film legte sich hinter ihre geschlossenen Augen und ihre Gedanken schweiften langsam ab.
»Freya?«
Die Stimme ihres Bruders holte sie abermals zurück, doch die Kraft, um ihre Augen zu öffnen, war längst versiegt.
»Hm«, gab sie leise von sich und vernahm sofort das kratzige Reißen in ihrer Kehle.
»Komm schon sie mich an«, forderte er.
Sanft wiegte ihr Kopf hin und her, kaum sichtbar, doch in Freya löste es sofort eine wilde Karussellfahrt aus.
»Los jetzt.«
Liams Stimme klang fest, dennoch konnte er die Sorge, welche darin mitschwang, nicht ganz verbergen.
Freya seufzte. Sie wusste, dass er keine Ruhe geben würde, bis sie ihn, wie die hundert Male davor, anschauen würde. Sie nahm sich einen Moment und konzentrierte sich auf ihren Körper. Ihre Beine zitterten und jede Muskelfaser schien an ihren Enden zu zerren. Ihre rechte Flanke pulsierte und fühlte sich geschwollen an.
Wenn das hier vorbei war, würde er dafür bezahlen.
Sie balancierte ihren Körper aus, richtete sich ein klein wenig mehr auf und hob behutsam den Kopf. Ein Schmerz schoss dabei durch ihre Rippen, doch diesmal unterdrückte sie den Reiz in ihrer Lunge. Die Lippen fest aufeinander gepresst, öffnete sie ihre Augen. Ein schummriges Bild zeigte sich ihr und es dauerte einige Herzschläge, bis sich die verschwommenen Umrisse zu einem gradlinigen Bild verformten. Angst stach ihr aus den stahlblauen Augen ihres Bruders entgegen und daran konnte auch sein Lächeln nichts ändern.
»Du wirst doch wohl nicht aufgeben?«
Freya vernahm die Provokation hinter diesen Worten und sie wusste, was sein Ziel dahinter war.
»Niemals«, keuchte sie leise.
»Wie lange sind wir schon hier?«
Liam deutete ein Schulterzucken an.
»Ich bin mir nicht sicher, aber zwei weitere Stunden sicher.«
Freya ließ ihren Blick schweifen und hielt an der Zelle von Aaron inne.
»Ist er wieder bei Bewusstsein?«
Liam folgte ihrem Blick und verharrte ebenfalls auf der dunklen Ecke in der Aaron sein musste.
»Er hat zumindest nicht geredet.«
Freya nickte leicht und legte den Kopf in den Nacken.
Schlagartig wurde die Tür aufgerissen und das dämmrige Licht über ihnen flackerte erneut auf.
Killian trat durch das Tor. In seinen Händen eindeutig Freyas Telefon. Auf den Lippen ein gehässiges Grinsen.
»Dann lasst den Spaß beginnen«, raunte er und im nächsten Moment hallte der piepende Ton eines Rufsignals durch die Stille der Scheune.
Liam und Freya legten gleichzeitig die Stirn in Falten. Beide schienen sich dieselbe Frage zu stellen.
Was zur Hölle tut er da?
Es dauerte einen Moment, doch dann zerriss eine Stimme den Raum, welche Liam und Freya die Luft anhalten ließ.
Killians Augen begannen vor lauter Freude zu leuchten und sein Grinsen wurde breiter.
»Collin Shield. Welch eine Ehre.«
»Wo sind meine Enkelkinder?«, fragte Collin kühl.
»Wohlbehalten unter meiner schützenden Hand.«
Ein drohendes Knurren schwang aus dem Lautsprecher und ließ Killian auflachen. Plötzlich nahm er das Handy näher an sein Gesicht und erneut entfuhr ihm ein lautes Lachen.
»Sag mal, hast du dein Shirt verkehrt herum an? Sag mir nicht, du wirst schon senil?«
Erst jetzt verstanden Liam und Freya, was hier vor sich ging. Killian hatte einen Videoanruf gestartet und dafür konnte es nur einen Grund geben. Ein leises Rascheln, kaum hörbar, drang leise in Freyas Ohr und im Augenwinkel sah sie, wie Aaron langsam aus seinem Schatten trat.
»Ich will sie sehen!«
Collins Stimme lenkte Freya wieder zu Killian, der immer noch grinste.
»Natürlich willst du das.«
Killian nickte leicht mit dem Kopf und sofort tauchte Derek neben ihm auf und schritt an Freyas Zelle.
Die rollte die Augen. Schwieg aber.
»Ich muss sagen, du hast dir alle Mühe bei der Ausbildung der beiden gegeben. Es muss wahnsinnig frustrierend für dich sein, dass sie dennoch in meiner Gewalt sind«, raunte Killian.
Ein lauter Knall fuhr durch die Scheune und Freya seufzte. Sie wusste, dass es wohl Jaxon gewesen war, der gerade etwas vor Wut zerschmettert hatte.
»Ich bringe dich um«, knurrte Collin kehlig.
Doch wieder lachte Killian nur auf.
»Ich denke nicht, dass du in der Position bist mir zu drohen.«
Und noch bevor Collin auf Killians Worte reagieren konnte, drehte er das Handy genau in Freyas Richtung. Sie sah in die vor Schrecken geweiteten Augen ihres Großvaters, doch ehe sie ihm beruhigende Worte zuwerfen konnte, wurde das Tor neben ihr aufgerissen und fast zeitgleich schlug Dereks Faust in Freyas Kiefer ein.
Es schleuderte ihren Kopf zur Seite, während Collins stimme aus den Lautsprechern brüllte.
»Du bist tot.«
Wild tanzende Punkte vernebelten Freyas Sicht. Der Schmerz in ihrem Schädel ließ sich nicht zentrieren. Sie spürte, wie ihr Körper langsam abschaltete. Sie schützen wollte.
Nein, schoss es ihr durch den Sinn und im selben Moment biss sie die Zähne so fest aufeinander, das sich erneut ein stechender Schmerz, wie eine heiße Klinge durch ihren Schädel zog.
Das Adrenalin verdrängte die Ohnmacht für einen kurzen Augenblick, doch mehr brauchte sie nicht. Sie riss den Kopf nach oben und starrte in das Handy.
»Falscher. Weg. Vergangenheit.«
Mehr brachte sie nicht über die Lippen, bevor die Dunkelheit vollends ausbrach und sie mit ihrer beruhigenden Kälte ummantelte. Der Schmerz fuhr aus ihrem Körper und die Dunkelheit erstickte ihre letzten Gedanken.
Liam starrte auf den bewusstlosen Körper seiner Schwester. Die Wut brodelte in ihm und er wollte nichts mehr, als sich aus den Fesseln reißen und schreien. Doch er hatte es verstanden. Er zog schwer die Luft ein und presste sie durch seine geschlossenen Zähne wieder heraus. Speichel sammelte sich in seinem Mund, Zorn flackerte in seinen Augen. Doch er schwieg und starrte Killian einfach nur an.
Dieser musterte ihn, doch das plötzliche Schweigen von Collin schien ihn mehr zu irritieren.
»Was ist los? Der King so schweigsam. Das ist ein ganz neues Bild von dir.«
Er starrte Collin über das Display an und wartete auf eine Reaktion. Doch auch Collin hatte sich gesammelt und sich aufgerichtet.
»Was willst du?«, fragte er ruhig.
Ein Zucken fuhr über Killians Lippen. Er schien einen Moment die Orientierung verloren zu haben. Doch es dauerte nicht länger als ein Wimpernschlag und schon lag ihm wieder ein breites Lächeln im Gesicht.
»Endlich stellst du die richtigen Fragen. Nun...«
Er hielt inne und sah zu Freya und Liam, bevor er wieder auf das Display starrte.
»Den Tod deines Kindes inklusive seiner bezaubernden Frau.«
Collin blickte regungslos in die kalten Augen von Killian.
»Jaxon und Nora?«
Killian rollte die Augen.
»Hast du sonst noch Kinder?«
Collin schüttelte den Kopf.
»Na also. Und du wirst sie erschießen.«
»Das ist krank«, erwiderte Collin.
Killian lachte.
»Warum? Du bist doch geübt darin Frauen und Kinder, ohne zu zögern, eine Kugel in den Kopf zu jagen. Also, sollte das doch keinerlei Problem darstellen, oder?«
Collin schwieg.
»Ich denke, du kennst mittlerweile meinen Standort und ihr werdet feststellen, dass ihr gute drei Stunden bis hierher braucht. Und damit ihr nicht auf blöde Ideen kommt, gebe ich euch ab jetzt genau eine Stunde. Habe ich bis dahin keinen Videoanruf von euch, bei dem ich die Hinrichtung live erleben kann, sterben deine Enkelkinder. Kommt ihr diesem Standpunkt hier zu nahe, sterben deine Enkelkinder. Nichts außer den Tod von Jaxon und Nora kann deine Enkel retten. Verstanden?«
Collin starrte in die Leere und nickte.
»Verstanden«, murmelte er und schon beendete Killian das Gespräch.
Stille war es, die Collin, Jaxon und Nora ummantelte. Keiner schien in diesem Moment die richtigen Worte zu finden, denn es gab keine, die ihre Empfindungen widerspiegeln konnten.
Tiefer Hass fraß sich durch Collins Venen, als er die Angst in Noras Augen vernahm. Sie sahen sich eine Weile an, bis er seinen Blick zu Jaxon richtete. Er stand am Ende des Raums zwischen den zerbrochenen Stuhlfragmenten. Er erkannte den gleichen Hass in dessen Augen flackern, wie er ihn selbst verspürte. Sie brauchten keine Worte, um zu wissen, dass sie das gleiche Ziel vor Augen hatten.
Collin erhob sich von seinem Stuhl und griff nach dem Saum seines Shirts. Im nächsten Moment stand er mit nacktem Oberkörper und kaltem Blick in dem Raum. Sorgsam drehte er sein Shirt herum und bedeckte seinen Körper, bevor er sich zu seinen Schuhen beugte und deren Schnürsenkel akkurat verband. Mit zwei schnellen Bewegungen löste er den Dutt auf seinen Kopf und fasste seine Haare zu einem enganliegenden Zopf zusammen.
Nora hatte sich ebenfalls erhoben und ging auf ihren Mann zu.
»Wir haben keine andere Wahl, oder?«
Jaxon schüttelte mit dem Kopf und zog Nora in seine Arme.
»Auge um Auge. Bis in den Tod«, murmelte sie leise und sog tief Jaxons beruhigenden Duft ein.
»Alles für die Familie«, erwiderte Jaxon, während Collin seine Waffe vor sich auf den Tisch legte.
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